TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/18 2000/17/0044

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Veröffentlicht am 18.09.2000
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Index

L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
39/06 Rechtshilfe Amtshilfe;
40/01 Verwaltungsverfahren;
49/08 Amtshilfe Zustellung von Schriftstücken;

Norm

AVG §22;
ParkometerG Wr 1974;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen ;
Rechtsschutz Rechtshilfe Abgabensachen BRD 1955 Art1;
Rechtsschutz Rechtshilfe Abgabensachen BRD 1955 Art10;
Rechtsschutz Rechtshilfe Abgabensachen BRD 1955 Art4 Abs1;
Rechtsschutz Rechtshilfe Abgabensachen BRD 1955 Art4 Abs2;
VStG §24;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der S A, vertreten durch Dr. T u. a., Rechtsanwälte in P, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. Jänner 2000, Zl. UVS-05/K/18/4153/1999/3, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land (Bundeshauptstadt) Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Strafverfügung des Magistrats der Stadt Wien vom 28. Mai 1998 wurde der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe am 7. Jänner 1998 zu einer näher angeführten Zeit an einem näher umschriebenen Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien mit einem dem behördlichen Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeug die Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 iVm § 4 Abs. 1 des (Wiener) Parkometergesetzes, LGBl. für Wien Nr. 47/1974, in der geltenden Fassung, begangen; sie habe das Fahrzeug ohne für seine "Kennzeichnung" mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben abgestellt und dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

Aus einem bei der Magistratsabteilung 67 am 31. August 1998 eingelangten Schreiben der Beschwerdeführerin lässt sich entnehmen, dass dieser die genannte Strafverfügung zugekommen ist.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 5. Juli 1999 wertete die Behörde das oben erwähnte Schreiben als Einspruch gegen die Strafverfügung, ging von deren Hinterlegung (mit Wirkung der Zustellung) am 5. August 1998 und der Postaufgabe des Einspruches am 27. August 1998 aus und wies daher den Einspruch als verspätet zurück.

Dieser Bescheid wurde - eine nähere Zustellverfügung findet sich im Akt nicht - an die Beschwerdeführerin im direkten Postweg mittels internationalem Rückschein zugestellt und langte mit dem Vermerk "nicht abgeholt" am 4. August 1999 wieder beim Magistrat der Stadt Wien ein.

Danach richtete die Behörde erster Instanz ein Ersuchen um Zustellung des Bescheides an das Landesverwaltungsamt Berlin unter Berufung auf den Vertrag über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen. In diesem begehrte die Behörde die Zustellung zu eigenen Handen und führte aus, dass nach der österreichischen Rechtsordnung eine nachweisliche Zustellung zu eigenen Handen erforderlich sei, um Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Eine derartige Zustellung direkt durch die Post habe im gegenständlichen Fall nicht erfolgen können, da die Niederlegung des Schriftstückes veranlasst worden sei, wodurch keine rechtswirksame Zustellung vorliege.

In der Folge wies die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 11. Jänner 2000 die von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 5. Juli 1999 erhobene Berufung als verspätet zurück; der vor der belangten Behörde angefochtene Bescheid sei laut Zustellnachweis von einem Ersatzempfänger am 4. September 1999 persönlich übernommen worden, weshalb die Rechtsmittelfrist mit diesem Tag begonnen und am 18. September 1999 geendet habe. Da die vorliegende Berufung aber erst am 11. Oktober 1999 zur Post gegeben worden sei, sei sie im Sinne des § 63 Abs. 5 AVG verspätet eingebracht worden.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich erkennbar in ihrem Recht auf Behandlung ihrer Berufung der Sache nach verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird für Straferkenntnisse - anders als etwa für Strafverfügungen (vgl. § 48 Abs. 2 leg. cit.) oder Ladungsbescheide (vgl. § 41 Abs. 3 leg. cit.) - keine besondere Art der Zustellung angeordnet. Auch § 46 VStG schreibt keine Zustellung des Straferkenntnisses zu eigenen Handen vor.

Nach dem zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 22 zweiter Satz AVG ist bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe oder wenn es gesetzlich vorgesehen ist, die Zustellung zu eigenen Handen des Empfängers zu bewirken.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl. 96/17/0348), dass es sich bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Abgabe um eine der in Art. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955, erwähnten öffentlichen Abgaben, die von einer Gemeinde erhoben wird, handelt. Es ist daher die Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung nach diesem Vertrag und nicht nach dem Amts- und Rechtshilfevertrag BGBl. Nr. 526/1990 zu beurteilen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem erwähnten Erkenntnis vom 27. Oktober 1997 näher ausgeführt hat, ist auf Grund des erwähnten Vertrages, BGBl. Nr. 249/1955, die Zustellung im unmittelbaren Postweg zulässig.

Im Beschwerdefall konnte jedoch das erstinstanzliche Straferkenntnis nicht im unmittelbaren Postweg zugestellt werden; die Behörde hat daraufhin - wie erwähnt - die Zustellung zu eigenen Handen im Rechtshilfeweg angeordnet.

Nach Art. 4 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz- und Rechtshilfe in Abgabensachen sind jedoch Rechtshilfeersuchen von der ersuchenden Behörde an das örtlich zuständige Finanzamt des ersuchten Staates zu richten. Ihre Übermittlung und Entgegennahme erfolgt vorbehaltlich des Abs. 2 in der Bundesrepublik Deutschland durch die Oberfinanzdirektionen, in der Republik Österreich durch die Finanzlandesdirektionen.

Nach Abs. 2 leg. cit. können die Finanzämter Zustellungsersuchen, Mitteilungen über den Vollzug von Rechtshilfeersuchen und über ihre Rücknahme oder Einschränkung unmittelbar an das ersuchte Finanzamt übersenden. Entsprechendes gilt in dringenden Fällen auch für andere Rechtshilfeersuchen der Finanzämter.

Nach Art. 10 des soeben erwähnten Vertrages werden Zustellungen entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis des ersuchten Finanzamtes nachgewiesen, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergeben.

Im Beschwerdefall wurde der hier vorgezeichnete Weg nicht eingehalten, sodass schon aus diesem Grunde - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - keine wirksame Zustellung am 4. September 1999 erfolgte.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. September 2000

Schlagworte

Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000170044.X00

Im RIS seit

26.11.2001

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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