Entscheidungsdatum
08.05.2017Norm
WRG 1959 §23a Abs1Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Reinhold Köpfle über die Beschwerde der V AG, B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 29.09.2016, zu Recht erkannt:
Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit angefochtenem Bescheid wurde gemäß § 134 Abs 7 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 2015/1959 idgF, die Anwendung des § 23a WRG 1959 betreffend Talsperrenverantwortliche auf folgende Stauanlagen vorgeschrieben:
- Stauweiher A2 (Kraftwerk A2)
- Speicher A1/Ausgleichsbecken A (Kraftwerk A1)
- Ausgleichsbecken A1/Seitenspeicher B (Kraftwerk A1).
2. Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt sie im Wesentlichen vor, die gesetzlichen Voraussetzungen für diese Vorschreibung würden nicht vorliegen. Prinzipiell sehe § 23a Abs 1 WRG eine Verpflichtung zur Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen nur dann vor, wenn durch den Speicher ein Wasservolumen von > 500.000 m³ Wasser zurückgehalten werde oder dessen Höhe über Gründungssohle 15 m übersteige. Mit diesen Kriterien habe der Gesetzgeber eine klare Trennung vorgenommen und gleichsam einen „Normalfall“ definiert. Die Bestimmung des § 134 Abs 7 WRG sehe vor, dass eine Anwendung des § 23a WRG (Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen) nur dann und nur insoweit zulässig sei, als dies im Interesse der allgemeinen Sicherheit notwendig erscheine. Daraus sei zwanglos abzuleiten, dass der Gesetzgeber nur in ganz besonderen Einzelfällen und auch nur dann eine Vorgangsweise nach § 134 Abs 7 WRG als zulässig erklären habe wollen, wenn ein über den Normalfall hinausgehender, besonderer Bedarf dies tatsächlich erfordere. Eine solche Notwendigkeit im Interesse der allgemeinen Sicherheit möge im Einzelfall möglicherweise darin bestehen, dass von der Stauanlage im Vergleich zum Normalfall eine besondere Gefährdung ausgehe oder aber, dass unterhalb der Stauanlage im Vergleich zum Normalfall ein besonderes Schutzinteresse (zB Siedlungsgebiete, Besonderheiten der Unterliegerstrecke) bestehe. Für die im angefochtenen Bescheid genannten Anlagen bestehe eine solche Notwendigkeit im allgemeinen Sicherheitsinteresse jedoch nicht. Es obliege auch nicht der V als Anlagenbetreiberin, das Nichtbestehen der Notwendigkeit nachzuweisen, sondern vielmehr der Wasserrechtsbehörde, im Einzelfall ein allgemeines Sicherheitsinteresse und damit die Notwendigkeit der Bestellung von Talsperrenverantwortlichen für Kleinspeicheranlagen darzutun. Weder im angefochtenen Bescheid noch im beigelegten Schreiben des Talsperrenaufsichtsorgans des Landes Vorarlberg, auf welches im angefochtenen Bescheid Bezug genommen werde, sei näher erläutert, weshalb die angeordnete Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen im Interesse der allgemeinen Sicherheit bezogen auf die einzelne Speicheranlage notwendig sei. Die Behörde habe es unterlassen, schlüssig, nachvollziehbar und mit konkretem Bezug auf die einzelnen Stauanlagen darzulegen und zu begründen, warum die Anwendung des § 23a WRG geboten erscheine. Dies stelle auch einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Durch diese Vorgehensweise werde die V in ihrem subjektiven Recht verletzt, für Kleinspeicheranlagen keinen Talsperrenverantwortlichen bestellen zu müssen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht bestehen.
3.1. Aufgrund dieser Beschwerde hat die belangte Behörde eine weitere Stellungnahme des Talsperrenaufsichtsorgans des Landes eingeholt.
3.2. Darin führte das Talsperrenaufsichtsorgan hinsichtlich des Stauweihers A2 zusammengefasst aus, der nutzbare Stauinhalt betrage ca. 120.000 m3, die maximale Dammhöhe über Gründungssohle betrage ca 7,0 m. Nördlich des Norddammes befinde sich die B Straße (L X) sowie ein Betriebsgebiet. Ebenso verlaufe ein Geh- und Radweg entlang des nordseitigen Dammfußes. Östlich angrenzend an den Stauweiher befinde sich der Fußballplatz der Gemeinde A2 mit entsprechenden Infrastruktureinrichtungen.
Der Stauweiher A2 stelle bei einem Versagen des Dammbauwerkes mit Auslösung einer Flutwelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Im unmittelbaren Nahbereich des Dammbauwerkes befänden sich private und öffentliche Schutzgüter. Darüber hinaus wären bei einem Dammbruch das Krafthaus A und in weiterer Folge die B von einer Flutwelle betroffen. Der Stauweiher A2 werde als Anlage mit erheblichem Gefahrenpotential eingestuft. Im Vergleich zu anderen kleinen Talsperren und Speichern führe sowohl die Höhe über Gründungssohle als auch das zurückgehaltene Wasservolumen in Anbetracht der gefährdeten Schutzgüter zu einer Einstufung der Stauanlage mit erheblichem Gefährdungspotential. Aufgrund der unmittelbaren Betroffenheit von Personen, Objekten und Infrastruktureinrichtungen bei einem Dammbruch sei im Interesse der allgemeinen Sicherheit die Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen gemäß § 134 Abs 7 iVm § 23a WRG geboten und angemessen.
Zum Ausgleichsbecken A führte das Talsperrenaufsichtsorgan zusammengefasst aus, die maximale Höhe des Dammbauwerkes über der Gründungssohle betrage ca 10,20 m. Das nutzbare Volumen des Ausgleichsbeckens A betrage 350.000 m³. Über den Norddamm sowie die nordseitige Hälfte des Westdammes verlaufe ein überörtlicher Geh- und Radweg, der die B ca bei fkm XX mittels Brücke quere. Im unmittelbaren Nahbereich des Ausgleichsbeckens A seien abgesehen vom Entnahmebauwerk keine Gebäude oder Bauwerke, die bei einem Dammbruch gefährdet seien. Die B werde im gegenständlichen Abschnitt, sowie flussab des Ausgleichsbeckens A als Freizeit- und Erholungsraum intensiv genutzt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 08.09.2015 sei der V AG die wasserrechtliche Bewilligung zur Abgabe von Wasser in die B im Gefällsabschnitt vom Unterwasser des Kraftwerkes A2 bis zum Unterwasser des Kraftwerkes L im Kraftwerk A1 genehmigt worden. Die Abgabe von Wasser erfolge zur Durchführung von Freizeitaktivitäten in der B (zB Wildwasserrafting).
Bei einem Dammbruch des Ausgleichsbeckens A wäre mit einer Flutwelle in der B zu rechnen. Dabei wären – abgesehen vom betriebseigenen Personal der V AG – auch Benutzer des oben angeführten Geh- und Radweges sowie Erholungssuchende bzw Freizeitnutzer im Gewässerraum der B massiv gefährdet. Sowohl die Höhe über Gründungssohle als auch das zurückgehaltene Wasservolumen führe in Anbetracht der gefährdeten Schutzgüter zu einer Einstufung der Stauanlage mit erheblichem Gefahrenpotential. Aufgrund der unmittelbaren Betroffenheit von Personen, Objekten und Infrastruktureinrichtungen bei einem Gebrechen des Dammbauwerkes sei im Interesse der allgemeinen Sicherheit die Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen gemäß § 134 Abs 7 iVm § 23a WRG geboten und angemessen. Im Vergleich zu anderen kleinen Talsperren und Speichern führe sowohl die Höhe über Gründungssohle als auch das zurückgehaltene Wasservolumen in Anbetracht der gefährdeten Schutzgüter zu einer Einstufung der Stauanlage mit erheblichem Gefährdungspotential.
Zum Seitenspeicher B führte das Talsperrenaufsichtsorgan im Wesentlichen aus, dieser diene dem Schwallausgleich in der B und sei Anlagenteil des Kraftwerkes A1. Das nutzbare Volumen im Seitenspeicher B betrage 160.000 m3. Die maximale Dammhöhe über der Gründungssohle betrage ca 9,85 m.
Bei einem Dammbruch wäre eine Flutwelle in Verbindung mit Erosionserscheinungen im Gewässerbett der B zu befürchten. Aufgrund der intensiven Erholungs- und Freizeitnutzung im Gewässerraum der B sei mit der Gefährdung von Menschen und Infrastruktureinrichtungen zu rechnen. Rechtsufrig der B verlaufe auf der alten Wtrasse der überörtliche Radweg, welcher in Folge eines Dammbruches gefährdet wäre. Zudem sei zu bedenken, dass bei Außerbetriebnahme des Seitenspeichers B die Schwalldämpfung nicht mehr gegeben wäre bzw durch massive Einschränkungen der Betriebsweise der Kraftwerke A2 und A1 ausgeglichen werden müsste.
Aufgrund der unmittelbaren Betroffenheit von Personen, Objekten und Infrastruktureinrichtungen bei einem Gebrechen des Dammbauwerkes sei im Interesse der allgemeinen Sicherheit die Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen gemäß § 134 Abs 7 iVm § 23a WRG zur Überwachung des Seitenspeichers B geboten und angemessen. Im Vergleich zu anderen kleinen Talsperren und Speichern führe sowohl die Höhe über Gründungssohle als auch das zurückgehaltene Wasservolumen in Anbetracht der gefährdeten Schutzgüter zu einer Einstufung der Stauanlage mit erheblichem Gefährdungspotential.
3.3. Die V AG hat zur Stellungnahme des Talsperrenaufsichtsorgans im Wesentlichen vorgebracht, dass die Ausführungen des Talsperrenaufsichtsorgans zum Anlagenkonzept und zu potentiellen Gefahrensituationen grundsätzlich zutreffend seien. Allerdings sei zu bedenken, dass die genannte Bestimmung des § 134 Abs 7 WRG bereits mit der Wasserrechtsnovelle 1997 eingeführt worden sei. Seither hätten sich weder das Anlagenkonzept noch potentiell gefährdete Schutzgüter signifikant geändert. Sie hätten kein Verständnis dafür, dass ca 20 Jahre nach Inkrafttreten der betreffenden Bestimmung für kleine Stauanlagen ein Talsperrenverantwortlicher zu bestellen sein solle, ohne dass sich die Verhältnisse maßgeblich geändert haben.
Es bestünde auch für die genannten kleinen Stauanlagen keine nachvollziehbare Notwendigkeit, einen Talsperrenverantwortlichen zu bestellen. Insbesondere das Ausgleichsbecken A und der Seitenspeicher B lägen im Talboden unmittelbar neben der B. Bei einem Dammbruch würden keine größeren Abflüsse auftreten, als dies bei größeren natürlichen Hochwässern auch der Fall sei.
Darüber hinaus sei festzuhalten, dass es in der Natur der Sache liege, dass bei einem Gebrechen (Dammbruch) ein Wasseraustritt auch bei kleinen Stauanlagen erfolge. Dass bei den genannten Anlagen ein erhöhtes Sicherheitserfordernis in Bezug auf die Überwachung liege, wie dies bei der Überwachung bei großen Stauanlagen der Fall sei, könne daher nicht nachvollzogen werden. Bei den genannten kleinen Stauanlagen existieren weder ein besonderes, über den „Normalfall“ hinausgehendes Gefährdungspotential noch über die üblicherweise vorhandenen Schutzgüter/Nutzungen hinausgehende Schutzgüter oder sonstige Besonderheiten. Es bestehe daher keinerlei Notwendigkeit zur Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen.
Das Talsperrenaufsichtsorgan weise in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen jeweils geboten und angemessen sei. Gegen die Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen werde kein Einwand erhoben, es werde aber darauf hingewiesen, dass eine bescheidmäßige Bestellung eines Stauanlagenverantwortlichen im Sinne von § 23a iVm § 134 Abs 7 WRG gar nicht vorgesehen und damit unzulässig sei. Nach den zitierten Bestimmungen sei ausschließlich die Möglichkeit eröffnet, einen Talsperrenverantwortlichen zu bestellen. Das Wasserrechtsgesetz kenne den Begriff des Stauanlagenverantwortlichen nicht.
4. Am 12.12.2016 hat die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung mit der nach § 14 VwGVG erlassen, deren Spruch wie folgt lautet:
„Gemäß § 14 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sein Spruch zu lauten hat wie folgt:
‚Gemäß § 134 Abs 7 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 2015/1959 idgF, wird die Anwendung des § 23a WRG 1959 betreffend Talsperrenverantwortliche auf folgende Stauanlagen vorgeschrieben:
A) Stauweiher A2 (Kraftwerk A2)
B) Speicher A1/Ausgleichsbecken A (Kraftwerk A1)
C) Ausgleichsbecken A1/Seitenspeicher B (Kraftwerk A1)‘ “
5. Die Beschwerdeführerin hat rechtzeitig einen Vorlageantrag an das Landesverwaltungsgericht gestellt, welcher nicht näher begründet wurde.
6. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:
6.1. Die Bezirkshauptmannschaft B hat der Firma J & S mit Bescheid vom 14.01.1906 die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb einer Wasserkraftanlage an der B mit einer Wasserentnahme in B1 und der Wasserableitung zum Weiher A2 erteilt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 20.12.2002 wurde der V AG als Rechtsnachfolgerin die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkräfte der B und zwar von der Wasserfassung B1 bei Fluss-km YY in B1 bis zum Niveau des Krafthauses in A2 im Kraftwerk A2 erteilt (Wiederverleihung).
Überdies wurde der V AG mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 24.02.1989 die wasserrechtliche Bewilligung zur Ausnützung der Wasserkräfte der B im Gefälleabschnitt vom Unterwasser des Kraftwerkes A2 bis zum Unterwasser des Kraftwerkes L im Kraftwerk A1 sowie zur Beileitung des Lbaches in die Oberwasserführung dieses Kraftwerkes erteilt.
Mit Schreiben vom 21.05.1991 wurde das Detailprojekt "Flußbauliche Maßnahmen beim Ausgleichsbecken A, Jänner 1991" genehmigt.
Mit Schreiben vom 24.01.1992 wurde das Detailprojekt "Seitenspeicher B, März 1991" in der Fassung der Ergänzung "Seitenspeicher B, flußbauliche Maßnahmen, Mai 1991" genehmigt.
6.2. Stauweiher A2 (Kraftwerk A2):
Der Stauweiher A2 ist an der Bergseite durch den Kberg begrenzt. Die talseitige Beckeneinfassung ist als Erdschüttdamm mit einem Lehmdichtkern ausgeführt. Neben dem Einlaufbauwerk verfügt der Stauweiher A2 über einen Grundablass (Leerlaufleitung) sowie eine Hochwasserentlastung, die für eine Wassermenge von 32 m³/s bemessen ist. Der nutzbare Stauinhalt beträgt ca 120.000 m3. Die maximale Dammhöhe über Gründungssohle beträgt ca 7,0 m.
Im Dammvorland befinden sich Drainageleitungen, deren Schüttung kontinuierlich gemessen und aufgezeichnet wird. Mit geodätischen Kontrollmessungen wird die Lage und Höhe des Erdschüttdammes sowie des Einlaufbauwerkes in regelmäßigen Intervallen beobachtet.
Um die Verlandung des Stauweihers, der ursprünglich ein Gesamtvolumen von ca 185.000 m3 aufwies, zu verhindern, ist eine Nassbaggeranlage mit Ableitung des Wasser, Schlammgemisches in die B eingerichtet.
Nördlich des Norddammes befinden sich die B Straße (L X) sowie ein Betriebsgebiet. Ebenso verläuft ein Geh- und Radweg entlang des nordseitigen Dammfußes. Östlich angrenzend an den Stauweiher befindet sich der Fußballplatz der Gemeinde A2 mit entsprechenden Infrastruktureinrichtungen.
Im Wasserrechtsbescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 20.12.2002 wurde das Wasserbenutzungsrecht für den Betrieb der Kraftwerksanlage A2 wiederverliehen. In Spruchpunkt A/VI/a sind Vorschreibungen betreffend die Messung der Drainagewassermengen beim Stauweiher A2 sowie die geodätische Überwachung der Dammbauwerke des Stauweihers A2 enthalten. In den vorhin erwähnten Vorschreibungen ist die Beurteilung der Messwerte und des Bauwerksverhaltens sowie erforderlichenfalls die Veranlassung notwendiger Schritte durch den Talsperrenverantwortlichen vorgeschrieben.
Die Überwachung des Stauweihers A2 erfolgt im Rahmen einer jährlichen Begehung der Anlage durch das Talsperrenaufsichtsorgan des Landes im Beisein des Talsperrenverantwortlichen der I/V, des Beckenwärters sowie dem betroffenen Betriebspersonal der V AG.
Der Stauweiher A2 stellt bei einem Versagen des Dammbauwerkes mit Auslösung einer Flutwelle eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Im unmittelbaren Nahbereich des Dammbauwerkes befinden sich – wie oben erwähnt – private und öffentliche Schutzgüter. Darüber hinaus wären bei einem Dammbruch das Krafthaus A2 und in weiterer Folge die B von einer Flutwelle betroffen. Der Stauweiher A2 wird als Anlage mit erheblichem Gefahrenpotential eingestuft.
6.3. Speicher A1/Ausgleichsbecken A (Kraftwerk A1):
Die maximale Höhe des Dammbauwerkes über der Gründungssohle beträgt ca 10,20 m. Das nutzbare Volumen des Ausgleichsbeckens A beträgt 350.000 m³. Die Dammkonstruktion ist als Erdschüttdamm mit Innendichtung ausgeführt worden. Über den Norddamm sowie die nordseitige Hälfte des Westdammes verläuft ein überörtlicher Geh- und Radweg, der die B ca bei fkm XX mittels Brücke quert. Im unmittelbaren Nahbereich des Ausgleichsbeckens A sind abgesehen vom Entnahmebauwerk keine Gebäude oder Bauwerke, die bei einem Dammbruch gefährdet sind.
Die Überwachung des Ausgleichsbecken A erfolgt im Rahmen einer jährlichen Begehung der Anlage durch das Talsperrenaufsichtsorgan des Landes im Beisein des Talsperrenverantwortlichen der I/V, des Beckenwärters sowie Betriebspersonal der V AG.
Die B wird im gegenständlichen Abschnitt, sowie flussab des Ausgleichsbeckens A als Freizeit- und Erholungsraum intensiv genutzt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 08.09.2015 wurde der V AG die wasserrechtliche Bewilligung zur Abgabe von Wasser in die B im Gefällsabschnitt vom Unterwasser des Kraftwerkes A2 bis zum Unterwasser des Kraftwerkes L im Kraftwerk A1 genehmigt. Die Abgabe von Wasser erfolgt zur Durchführung von Freizeitaktivitäten in der B (zB Wildwasserrafting).
Bei einem Dammbruch des Ausgleichsbeckens A wäre mit einer Flutwelle in der B zu rechnen. Dabei wären – abgesehen vom betriebseigenen Personal der V AG – auch Benutzer des oben angeführten Geh- und Radweges sowie Erholungssuchende bzw Freizeitnutzer im Gewässerraum der B massiv gefährdet. Sowohl die Höhe über Gründungssohle als auch das zurückgehaltene Wasservolumen führt in Anbetracht der gefährdeten Schutzgüter zu einer Einstufung der Stauanlage mit erheblichem Gefahrenpotential.
6.4. Ausgleichsbecken A1/Seitenspeicher B (Kraftwerk A1):
Der Seitenspeicher B dient dem Schwallausgleich in der B und ist Anlagenteil des Kraftwerkes A1. Das nutzbare Volumen im Seitenspeicher B beträgt 160.000 m3. Die Dammkonstruktion ist als Erdschüttdamm mit Innendichtung ausgeführt. Die maximale Dammhöhe über der Gründungssohle beträgt ca. 9,85 m. Der Seitenspeicher B ist durch einen Zwischendamm von der B getrennt. Aufgrund von Eintiefungstendenzen in der B kam es in den vergangen Jahren zu inneren Erosionen im Dammkörper. Die Sanierung des Dammes wurde im Jahre 2015 erfolgreich durchgeführt.
Geodätische Kontrollen der Dammkrone, der Dammprofile sowie der Bauwerkpunkte werden jährlich durchgeführt. Ebenso erfolgt jährlich eine Kontrollbegehung durch den Talsperrenverantwortlichen der I/V in Anwesenheit des Talsperrenaufsichtsorgans des Landes.
Bei einem Dammbruch wäre eine Flutwelle in Verbindung mit Erosionserscheinungen im Gewässerbett der B zu befürchten. Aufgrund der intensiven Erholungs- und Freizeitnutzung im Gewässerraum der B ist mit der Gefährdung von Menschen und Infrastruktureinrichtungen zu rechnen. Rechtsufrig der B verläuft auf der alten Wtrasse der überörtliche Radweg, welcher in Folge eines Dammbruches gefährdet wäre. Zudem ist zu bedenken, dass bei Außerbetriebnahme des Seitenspeichers B die Schwalldämpfung nicht mehr gegeben wäre bzw durch massive Einschränkungen der Betriebsweise der Kraftwerke A2 und A1 ausgeglichen werden müsste. Zufolge der Höhe über Gründungssohle sowie des zurückgehaltenen Wasservolumens ist das Gefährdungspotential des Seitenspeichers B als erheblich zu bewerten.
6.5. Ergänzend wird Folgendes festgehalten:
Im Bereich der B befindet sich ca 500 m unterhalb des Seitenspeichers B der Campingplatz D-B. Ebenfalls befindet sich im Bereich des Bahnhofs L – unterhalb des Ausgleichsbeckens A – das Outdoor-Sportzentrum „H F“, bei welchem gelegentlich auch campiert wird. Bei dieser Outdoor-Sportanlage wird auch River Rafting betrieben. Im Bereich der B befindet sich auch der überregionale Radweg, der von E bis nach D-B verläuft. Dieser verläuft auf der ehemaligen Wtrasse. Der Radweg befindet sich ca sieben bis acht Meter oberhalb der B. In den Sommermonaten wird die B auch durch Badende genutzt. Ebenso sind ganzjährig Fischer in der B unterwegs. In E und in S sind Fußballplätze entlang der A situiert.
7. Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der Aktenlage, der Stellungnahme des Talsperrenaufsichtsorgans des Landes Vorarlberg vom 29.11.2016 sowie der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2016 als erwiesen angenommen.
7.1. In der mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin weiters vorgebracht, es sei unrichtig, dass sich das von den Kraftwerksanlagen ausgehende Gefährdungspotential für die Öffentlichkeit oder für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gewässerstrecke der B unterhalb der Anlagen qualitativ oder quantitativ erhöht habe. Das Gegenteil sei der Fall. So seien in der Vergangenheit Nutzungen und Aktivitäten der Wohnbevölkerung in der B weit häufiger gewesen. Der Gemeingebrauch am öffentlichen Gewässer B im Sinne des § 8 WRG wie Waschen, Baden, Sammeln von Steinen und Holz sei noch bis in die 1960er Jahre ebenso wie die Holztrifft weit verbreitet gewesen.
7.2. Das Talsperrenaufsichtsorgan hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend angegeben, der Begriff Stauanlagenverantwortlicher, den er in seiner Stellungnahme verwende, sei gleichbedeutend mit dem Begriff Talsperrenverantwortlicher im Sinne des Wasserrechtsgesetzes. Für die gegenständlichen Anlagen sei es erforderlich, einen Talsperrenverantwortlichen im Sinne des § 23a WRG 1959 zu bestellen. Die I/V-Gruppe habe noch andere kleine Stauanlagen, für die eine solche Vorschreibung nicht erforderlich sei.
Die Klassifizierung der Gefährdung bei Stauanlagen erfolge über den Leitfaden des BMLFUW „Mindestanforderungen an den Stauanlagenverantwortlichen von kleinen Stauanlagen“ idF vom 12/2009. Im Anhang 4 befinde sich die Zuordnungsmatrix zu den Gefährdungsklassen „erheblich“ und „gering“. Im Falle eines Dammbruches gehe er von einer Wasserstandshöhe > 0,5 m im Bereich der vorgenannten Nutzungen aus, wodurch Personen ohne Vorwarnung gefährdet würden. Entsprechend der Zuordnungsmatrix erfolge die Klassifizierung aller drei Stauanlagen mit erheblichem Gefährdungspotential. Es gehe darum, der Behörde gegenüber einen Verantwortlichen für die jeweilige Stauanlage bekanntzugeben, welcher der Behörde gegenüber für die Sicherheit der Stauanlage verantwortlich sei. Zur Anmerkung seitens der Beschwerdeführerin, dass der Betriebsleiter der Wasserkraftanlage sowohl für die Stauanlagen als auch für den gesamten Kraftwerksbetrieb verantwortlich sei, personelle Durchgriffsrechte habe und im Sinn des § 9 Abs 2 VStG für die gesamte Anlage verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, während im Gegensatz dazu der Talsperrenverantwortliche nicht nach § 9 Abs 2 VStG verantwortlich sei, führte das Talsperrenaufsichtsorgan aus, dass es nicht um die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung sondern um die Sicherheit der Stauanlage gehe. Dazu sei in Punkt 4.3.3. des Leitfadens angeführt, dass in Fragen der Sicherheit der Stauanlagen bzw in außergewöhnlichen Situationen der Stauanlagenverantwortliche befugt sein müsse, die für die Sicherheit der Anlage erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.
7.3. Seitens der Beschwerdeführerin wurde dazu angemerkt, dass der Stauanlagenverantwortliche in der Hierarchie dem Betriebsleiter untergeordnet sei, wohin hingegen der Talsperrenverantwortliche nach § 23a WRG weisungsunabhängig vom Betriebsleiter sei.
8. Das Talsperrenaufsichtsorgan kommt in seiner eindeutigen und schlüssigen Stellungnahme sowie in seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu dem Schluss, dass die betreffenden Stauanlagen der V AG – Stauweiher A2, Ausgleichsbecken A und Seitenspeicher B – ein erhebliches Gefährdungspotential aufweisen. Aufgrund der näher beschriebenen Situation insbesondere hinsichtlich Infrastruktureinrichtungen und Freizeitnutzung im Bereich um die angeführten Stauanlagen sowie unterhalb dieser ist dies auch plausibel. Diesen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. An der Einstufung der gegenständlichen Stauanlagen als Stauanlagen mit erheblichem Gefahrenpotential bestehen daher keine Zweifel.
9.1. Gemäß § 23a Abs 1 WRG ist für Talsperren und Speicher, Flusskraftwerke ausgenommen, deren Höhe über Gründungssohle 15 m übersteigt oder durch die eine zusätzliche Wassermenge von mehr als 500 000 m3 zurückgehalten wird, vom Wasserberechtigten ein fachlich qualifizierter, verlässlicher und mit der Anlage vertrauter Talsperrenverantwortlicher sowie eine entsprechende Stellvertretung schriftlich zu bestellen und der Bezirksverwaltungsbehörde, der Gewässeraufsicht sowie dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft bekanntzugeben. Der Talsperrenverantwortliche und seine Vertretung müssen dem technischen Führungsstab des Unternehmens angehören, die Befugnis haben, alle im Interesse der Talsperrensicherheit erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen, und in angemessener Frist leicht erreichbar sein.
Gemäß § 23a Abs 3 WRG hat der Talsperrenverantwortliche die Einhaltung der auf die Sicherheit der Talsperre Bezug habenden Vorschriften und Verwaltungsakte zu überwachen. Er hat festgestellte Mängel abzustellen, den Wasserberechtigten hierüber unverzüglich zu informieren und besondere Vorkommnisse der Wasserrechtsbehörde, der Gewässeraufsicht und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft unverzüglich mitzuteilen. Umfassende Berichte über die Stand- und Betriebssicherheit der Gesamtanlage sind der Gewässeraufsicht und dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft jährlich vorzulegen. Durch Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft können Aufgaben und Tätigkeit des Talsperrenverantwortlichen näher geregelt werden.
Nach § 134 Abs 7 WRG kann die Wasserrechtsbehörde, soweit dies im Interesse der allgemeinen Sicherheit notwendig erscheint, mit Bescheid die Anwendung der §§ 23a und 131 Abs 1 betreffend Talsperrenverantwortliche und Überwachung von Talsperren auch auf Talsperren und Speicher, deren Höhe über Gründungssohle 15 m nicht übersteigt oder durch die eine zusätzliche Wassermenge von weniger als 500 000 m3 zurückgehalten wird, sowie auf Flusskraftwerke vorschreiben.
9.2. Hinsichtlich Talsperren und Speicher unter 15 m Höhe oder mit weniger als 500.000 m³ Inhalt bestimmt § 134 Abs 7 WRG, dass soweit dies im Interesse der allgemeinen Sicherheit notwendig erscheint, die Wasserrechtsbehörde mit Bescheid die Anwendung des § 23a betreffend Talsperrenverantwortliche auch auf solchen „kleinen Stauanlagen“ sowie auf Flusskraftwerke vorschreiben kann. Aufgrund der steigenden Anzahl und der zunehmenden Größe „kleiner Stauanlagen“ (steigendes Gefährdungspotential) und des gestiegenen Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung sind heute im öffentlichen Interesse entsprechend angepasste Anforderungen an die Sicherheit – auch von „kleinen Stauanlagen“ – zu stellen. Im öffentlichen Interesse wird es daher als notwendig erachtet auch für „kleine Stauanlagen“ (Höhe ? 15 m, Volumen ? 500.000 m³), die ein Gefährdungspotential aufweisen, einen Stauanlagenverantwortlichen zu bestellen (vgl Handbuch Betrieb und Überwachung von „kleinen Stauanlagen“ mit länger dauernden Staubelastungen, Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Fassung 12/2009).
9.3. Eine Verpflichtung zur Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen besteht immer dann, wenn durch den Speicher ein Wasservolumen von ? 500.000 m³ Wasser zurückgehalten wird oder dessen Höhe über Gründungssohle 15 m übersteigt. Damit ist gesetzlich klargestellt, dass bei Stauanlagen dieser Größenordnung jedenfalls ein Talsperrenverantwortlicher zu bestellen ist, ohne dass es einer vorherigen Gefährdungsabschätzung bedarf. Bei „kleineren Stauanlagen“ ist hingegen eine Einzelfallbeurteilung erforderlich.
Eine solche Einzelfallbeurteilung liegt im gegenständlichen Fall vor. Auch wenn das Talsperrenaufsichtsorgan in seiner Stellungnahme alle drei gegenständlichen Stauanlagen beurteilt, kann nicht davon gesprochen werden, dass hier eine pauschale Beurteilung von kleineren Stauanlagen vorliegt. Das Talsperrenaufsichtsorgan hat die drei gegenständlichen Stauanlagen separat beurteilt und für diese jeweils das erforderliche Kriterium für ein erhebliches Gefährdungspotential aufgrund der jeweiligen spezifischen Situation im Umkreis bzw Unterliegerbereich der jeweiligen Stauanlage festgestellt. Zudem hat das Talsperrenaufsichtsorgan auch klargestellt, dass die I/V-Gruppe noch weitere kleinere Stauanlagen betreibt, für die eine solche Vorschreibung nicht erforderlich ist. Es liegt daher sehr wohl eine Einzelfallbeurteilung in allen drei gegenständlichen Fällen vor.
9.4. Aufgrund der unter Punkt 6. festgestellten Nutzungen im Bereich um sowie unterhalb der gegenständlichen Stauanlagen im Bereich der B bestehen Gefahren für die öffentliche Sicherheit und ist ein erhebliches Gefährdungspotential bei diesen Stauanlagen gegeben. Aufgrund ihrer Abmessungen (Stauweiher A2: Höhe = ca 7,00 m, Wassermenge = 120.000 m³; Ausgleichsbecken A: Höhe = 10,20 m, Wassermenge = 350.000 m³; Seitenspeicher B: Höhe = ca 9,85 m, Wassermenge = 160.000 m³) sind im Falle eines außergewöhnlichen Ereignisses (Dammbruch) Personen und Infrastruktureinrichtungen unmittelbar betroffen und ist von einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit auszugehen. Die Bestellung eines Talsperrenaufsichtsorgans im Sinne des § 23a WRG gemäß § 134 Abs 7 WRG wurde daher zu Recht angeordnet.
9.5. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausdehnung der Talsperrenüberwachung auf die gegenständlichen Stauanlagen nicht vorliegen würden, so ist anzumerken, dass das Talsperrenaufsichtsorgan das Vorliegen dieser Voraussetzungen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat. Diesen Ausführungen ist die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Vorschreibung eines Talsperrenverantwortlichen erst rund 20 Jahre nach Inkrafttreten der Bestimmung des § 134 Abs 7 WRG erfolgt ist, ohne dass sich die maßgeblichen Verhältnisse tatsächlich geändert haben, ist anzuführen, dass eine Anordnung zur Anwendung des § 23a WRG auf kleinere Anlagen gemäß § 134 Abs 7 WRG jederzeit, nicht nur im Bewilligungsbescheid erfolgen kann (Bumberger/Hinterwirth, WRG § 23a). Die Behörde kann daher jederzeit eine solche Vorschreibung vornehmen, sofern die Voraussetzungen dafür gegeben sind.
Wenn in diesem Zusammenhang weiter vorgebracht wird, dass sich das von den Kraftwerksanlagen ausgehende Gefährdungspotential für die Öffentlichkeit oder für Personen in der Gewässerstrecke der B unterhalb der Anlagen weder qualitativ noch quantitativ erhöht habe, so ist auszuführen, dass es auf eine Erhöhung oder Verringerung des Gefährdungspotentials gegenüber früher nicht ankommt. Dass ein entsprechendes Gefährdungspotential besteht, hat das Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben. So befinden sich unterhalb des Stauweihers A2 eine öffentliche Straße, ein Geh- und Radweg sowie ein Betriebsgebiet und der Fußballplatz der Gemeinde A2 mit entsprechenden Infrastruktureinrichtungen. Über Teile des Dammes des Ausgleichsbecken A verläuft ein überörtlicher Geh- und Radweg, unterhalb des Ausgleichsbeckens A befindet sich das Outdoor-Sportzentrum „H F“. Unterhalb des Seitenspeichers B befinden sich der öffentliche Geh- und Radweg und der Campingplatz B. Darüber hinaus finden unterhalb der betreffenden Stauanlagen zeitweise Freizeitnutzungen wie Fischen, Baden und River-Rafting in der B statt. Selbst wenn sich die Nutzung der B durch die Bevölkerung im Laufe der Zeit gewandelt hat, indem Tätigkeiten wie Entnahmen von Flusssteinen oder die Holztrifft zurückgegangen sind, so sind an deren Stelle andere Freizeitnutzungen – wie vorhin beschrieben – getreten. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass die Nutzung der B durch die Bevölkerung geringer geworden wäre. Aber selbst bei einer Verringerung solcher Nutzungen wäre aber nach wie vor ein entsprechendes Gefährdungspotential vorhanden. Auf das gestiegene Sicherheitsbedürfnis wurde bereits hingewiesen.
9.6. Soweit das Talsperrenaufsichtsorgan in seiner Stellungnahme den Begriff „Stauanlagenverantwortlicher“ verwendet hat, hat es in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass es diesen Betriff Synonym zum Begriff „Talsperrenverantwortlichen“ verwendet hat und damit jedenfalls einen Talsperrenverantwortlichen im Sinne des § 134 Abs 7 iVm § 23a WRG gemeint hat.
9.7. Was die Verantwortlichkeiten in der hierarchischen Struktur der I/V AG betrifft, hat der Vertreter der V AG in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass bei der V AG der Stauanlagenverantwortliche in der Hierarchie dem Betriebsleiter untergeordnet ist, wonach hingegen der Talsperrenverantwortliche nach § 23a WRG weisungsunabhängig vom Betriebsleiter ist. Diese hierarchische Struktur zeigt, dass der derzeitige Stauanlagenverantwortliche der V AG nicht unabhängig vom Betriebsleiter entsprechende Entscheidungen treffen kann, sondern sich den Weisungen des Betriebsleiters unterzuordnen hat. Gerade darin zeigt sich die Notwendigkeit, dass eine vom Betriebsleiter unabhängige Person in Form eines Talsperrenverantwortlichen erforderlich ist, zumal betriebliche Interessen im Einzelfall mit Sicherheitsinteressen, welche vom Talsperrenverantwortlichen zu vertreten sind, in Konflikt stehen können. Daran vermag auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Betriebsleiters nichts zu ändern. Für die gegenständlichen Stauanlagen, die ein erhebliches Gefährdungspotential aufweisen, ist daher zweifellos die Bestellung eines Talsperrenverantwortlichen erforderlich.
9.8. Nachdem die Anwendung des § 23a WRG gemäß § 134 Abs 7 WRG auf den Stauweiher A2, das Ausgleichsbecken A sowie den Seitenspeicher B im Interesse der öffentlichen Sicherheit als notwendig erscheint, war der Beschwerde keine Folge zu geben und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
10. Da sich die Beschwerde gegen den Ausgangsbescheid richtet (und sich ihre Begründung auf diesen beziehen muss), bleibt der Ausgangsbescheid auch Maßstab dafür, ob die Beschwerde berechtigt ist oder nicht (VwGH 17.12.2015, Ro 2015/08/0026). Aufgehoben, abgeändert oder bestätigt werden kann aber nur die – außer in Fällen einer Zurückweisung der Beschwerde – an die Stelle des Ausgangsbescheides getretene Beschwerdevorentscheidung (VwGH 14.09.2016, Ra 2015/08/0145). Ebenso wie mit der Abweisung der Beschwerde der Spruch des mit Beschwerde bekämpften Bescheides der belangten Behörde übernommen wird (vgl VwGH 22.10.2015, Ra 2015/16/0038), gilt dies auch für die Übernahme des Spruches eines mit Beschwerde angefochtenen Bescheides durch eine abweisende Beschwerdevorentscheidung bzw für die aufgrund eines dagegen erhobenen Vorlageantrages erfolgte Abweisung der Beschwerde (VwGH 25.01.2017, Ra 2016/12/0119).
Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war der Beschwerde keine Folge zu geben und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
11. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Talsperrenaufsichtsorgan, FreizeitnutzungAnmerkung
Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (28.02.2019, Ra 2017/07/0071) als unbegründet abgewiesen.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.435.9.2016.R15Zuletzt aktualisiert am
19.03.2019