Entscheidungsdatum
25.05.2017Norm
ASVG §42 Abs1Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Dietmar Ellensohn über die Beschwerde der B L, R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 14.03.2017, Zl X-9-2016/58961, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten wie folgt vorgeworfen:
„Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:
Als handelsrechtliche Geschäftsführerin der S u M L GmbH, Bstraße, R, haben Sie zu verantworten, dass diese Dienstgeberin der Vorarlberger Gebietskrankenkasse auf deren Anfrage vom 21.10.2016 fristgerecht keine Buchungs- bzw. Bewegungsdaten für die Periode 2011-2015 übermittelt hat, obwohl ein Dienstgeber gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) dazu verpflichtet ist, auf Anfrage des Versicherungsträgers längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen.
Tatzeit:
05.11.2016, bis 07.11.2016
Tatort:
Jahngasse 4, Dornbirn“
Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 42 Abs 1 Z 1 iVm § 111 Abs 1 Z 3 ASVG. Es wurde eine Geldstrafe von 1.000 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 154 Stunden festgesetzt.
2.1. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben.
2.2. Der Beschwerdeführerin wurde mit Beschluss vom 16.05.2017 eine Mängelbehebung nach § 13 Abs 3 AVG iVm § 3 Abs 2 Z 3 WTBG aufgetragen. Diesem Auftrag ist die Beschwerdeführerin zeitgerecht nachgekommen.
3. Gemäß § 42 Abs 1 Z 1 ASVG haben die Dienstgeber längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen. Weiters haben sie den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind. Die Versicherungsträger sind überdies ermächtigt, den Dienstgebern alle Informationen über die bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer zu erteilen, soweit die Dienstgeber diese Informationen für die Erfüllung der Verpflichtungen benötigen, die ihnen in sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Hinsicht aus dem Beschäftigungsverhältnis der bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer erwachsen.
Zufolge § 111 Abs 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.
Gemäß § 111 Abs 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 (nunmehr § 45 Abs 1 Z 4 und letzter Satz) des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Schutzzweck der Norm ist es sicherzustellen, dass versicherungspflichtig beschäftigte Personen auch im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß sozialversichert werden und die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig und vollständig abgeführt werden. Die Bestimmung dient einerseits dem Schutz der beschäftigten Person, andererseits der Wahrung der Ansprüche der Versichertengemeinschaft.
Aus den zugrunde liegenden Akten ist ersichtlich, dass die Vorarlberger Gebietskrankenkasse der S u M L GmbH, vertreten durch die E & F S OG, R, mit Schriftsatz vom 21.10.2016 aufgetragen hat, der VGKK binnen einer Woche die Buchungs- bzw Bewegungsdaten für die Gesamtperiode 2011 bis 2015 möglichst mittels E-Mail-Schreiben vorzulegen. Diesem Auftrag ist die Beschuldigte nicht zeitgerecht nachgekommen.
Wie sich aus der oben zitierten Bestimmung des § 42 Abs 1 ASVG ergibt, bestehen ua seitens des Dienstgebers die zwei Verpflichtungen
- einerseits längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen und
- andererseits den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind.
Laut angefochtenem Straferkenntnis wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, eine Verwaltungsübertretung nach § 111 ASVG dadurch begangen zu haben, dass sie ihrer Auskunftspflicht nicht nachgekommen sei, indem sie die erforderlichen Unterlagen nicht übermittelt hat.
Zu diesem Vorwurf ist festzuhalten, dass sich die im § 42 Abs 1 ASVG vorgesehene Pflicht zur Erteilung von Auskunft nicht auf die Vorlage von Unterlagen (wie beispielsweise Buchungs- bzw Bewegungsdaten) erstreckt. Dies ergibt sich insbesondere aus der unzweifelhaften gesetzlichen Formulierung, wonach der Dienstgeber lediglich „Auskunft ….. zu erteilen“ hat. Im Übrigen ist dies auch aus der weiteren in dieser Bestimmung vorgesehenen Verpflichtung ableitbar, wonach der Dienstgeber Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen während der Betriebszeit zu gewähren hat.
Im § 42 Abs 1 ASVG ist keine Verpflichtung dahingehend enthalten, dass der Dienstgeber Unterlagen vorzulegen hat. Vielmehr besteht seitens des Dienstgebers lediglich die Verpflichtung, „den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht ….. zu gewähren“. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergibt sich, dass diese Pflicht zur Einsichtsgewährung nur im Betrieb des Dienstgebers besteht; eine Pflicht zur Übermittlung von Unterlagen an die Gebietskrankenkassa durch den Dienstgeber ist der Bestimmung des § 42 Abs 1 ASVG nicht zu entnehmen (vgl UVS Steiermark 19.02.2001, 30.12-5/2001).
Schon aus diesem Grunde war spruchgemäß zu entscheiden.
4. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Sozialversicherung, Pflicht Auskunftserteilung, keine Pflicht Übermittlung UnterlagenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.336.2017.R8Zuletzt aktualisiert am
13.07.2017