Entscheidungsdatum
09.06.2017Norm
AVRAG 1993 §7b Abs3Text
Im Namen der Republik!
Erkenntnis
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Manfred Böhler über die Beschwerde des Finanzamtes F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft D vom 16.11.2016, Zl X-9-2016/43976, zu Recht erkannt:
Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und M E, D-G, folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:
„Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der J.F. S B GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der J. F S V GmbH & Co KG, D-T, Lstraße, ist, dafür verantwortlich, dass die J. F S V GmbH & Co KG die Beschäftigung der nachstehenden Arbeitnehmer, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich (H, Baustelle J V) entsandt wurden, nicht spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle gemeldet hat, obwohl Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden hat:
1. K M G, Arbeitsaufnahme: 02.05.2016,
2. S T, Arbeitsaufnahme: 25.04.2016,
3. H W, Arbeitsaufnahme: 27.06.2016, und
4. J M W, Arbeitsaufnahme: 09.05.2016.
Sie haben dadurch zu den Punkten 1. bis 4. jeweils eine Übertretung nach § 7b Abs 8 Z 1 iVm § 7b Abs 3 AVRAG begangen.
Es wird daher über Sie zu den Punkten 1. bis 4. jeweils gemäß § 7b Abs 8 AVRAG iVm § 20 VStG jeweils eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) in der Höhe von 250 Euro (16 Stunden) verhängt.“
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. Mit angefochtenem Bescheid wurde das gegen M E anhängige Verwaltungsstrafverfahren wegen vier Übertretungen nach § 7b Abs 8 Z 1 erster Fall iVm § 7b Abs 3 AVRAG eingestellt.
2. Gegen diesen Bescheid hat das Finanzamt F, F, Beschwerde erhoben. In dieser wird im Wesentlichen vorgebracht, es sei nicht von Bedeutung, ob interne Vereinbarungen im Betrieb getroffen worden seien. Unbestritten bleibe, dass kein verantwortlich Beauftragter der Behörde mitgeteilt worden sei. Nur eine solche Meldung befreie allenfalls ordentlich bestellte Geschäftsführer von ihrer Verantwortung. Nach der ständigen Judikatur zu § 9 VStG seien alle ex-lege-Organe strafbar. Es lägen auch nicht die Voraussetzungen für eine Einstellung nach § 45 Abs 1 VStG vor.
3. Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest: M E ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der J.F. S B GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der J. F S V GmbH & Co KG, D-T, Lstraße, ist. Die J.F. S V GmbH & Co KG hat die Arbeitnehmer K M G (Arbeitsaufnahme: 02.05.2016), S T (Arbeitsaufnahme: 25.04.2016), H W (Arbeitsaufnahme: 27.06.2016) und J M W (Arbeitsaufnahme: 09.05.2016) nach Österreich entsandt und diese in H auf der Baustelle J V beschäftigt, ohne dass für diese Personen spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme eine Meldung an die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und der Arbeitsvertragsrechts-Anpassungs-gesetz des Bundesministeriums für Finanzen gemäß § 7b Abs 3 AVRAG erstattet worden wäre.
Am 13.07.2016 um 09.05 Uhr hat auf der Baustelle in H, J V, eine Beschäftigungskontrolle durch die Finanzpolizei F stattgefunden. Im Zuge dieser Kontrolle wurden die obgenannten Arbeitnehmer auf dieser Baustelle bei Straßensanierungsarbeiten angetroffen. Vor Ort konnten keine ZKO3-Meldungen für die vier Arbeiter vorgelegt werden. Die ZKO3-Meldungen von G, T und H W sind am 28.06.2016 (mit einem dort angegebenen Arbeitsbeginn 04.07.2016) erstattet worden. Für J M W war zum Zeitpunkt der Kontrolle keine ZKO3-Meldung erstattet worden.
4. Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund der durchgeführten mündlichen Verhandlung als erwiesen angenommen.
Der Tag der jeweiligen Beschäftigungsaufnahme ergibt sich aus den mit den Arbeitnehmern am Kontrolltag aufgenommen Niederschriften. Dass die ZKO3-Meldungen nicht zeitgerecht erstattet worden sind, hat der Beschwerdeführer nicht bestritten.
5.1. Gemäß § 7b Abs 3 AVRAG idF vor der Novelle BGBl. Nr. 44/2016 haben Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs 1 (d.s. Arbeitgeber/innen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich) die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden.
Gemäß § 7b Abs 8 Z 1 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5.000 Euro, im Wiederholungsfall von 1.000 Euro bis 10.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs 1 die Meldung entgegen Abs 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet.
5.2. Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes steht fest, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht verwirklicht hat.
5.3. Der Beschwerdeführer hat mangelndes Verschulden geltend gemacht und ausgeführt, dass innerhalb der Geschäftsleitung G.K. allein für die Personalangelegenheiten der Gesellschaft verantwortlich und weisungsberechtigt sei. P.S. sei Personalleiter der Gesellschaft gewesen und direkt G.K. unterstellt gewesen. P.S. habe direkt und ausschließlich an G.K. berichtet. Er selbst sei in keiner Weise mit Personalangelegenheiten befasst gewesen. Er habe gegenüber G.K. sowie den Mitarbeitern regelmäßig betont, dass insbesondere die arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften bei Bauvorhaben eingehalten werden müssten. Die Personalthemen seien regelmäßig in den Geschäftsführersitzungen behandelt worden. Er habe die Personalführung von G.K. stichprobenartig kontrolliert. Bei der Geschäftsführersitzung vom 14.03.2016 habe er die Geschäftsleitung informiert, dass sie den gegenständlichen Auftrag bekommen hätten. Es sei vereinbart worden, dass G.K. den Personalleiter P.S. in Bezug auf die Umsetzung der Meldepflichten kontrolliere und über die erfolgreiche Umsetzung informiere. In der Geschäftsführersitzung vom 18.04.2016 habe G.K. mitgeteilt, dass alle Anmeldungen von der Personalabteilung vollzogen worden seien.
Die Zeugin S. K. hat diese Angaben des Beschwerdeführers im Wesentlichen bestätigt.
Zwar hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 16.05.2011, Zl 2009/17/0185, ausgesprochen, es könne nicht verlangt werden, dass ein nach der Geschäftseinteilung unzuständiges Vorstandsmitglied die im Verantwortungsbereich eines anderen Vorstandsmitgliedes tätigen Personen mit gleicher Intensität überwache, wie es dem nach der internen Geschäftseinteilung zuständigen Vorstandsmitglied obliegen würde. Die Kontrolltätigkeit des (unzuständigen) Vorstandsmitgliedes könne sich in der Regel daher nur darauf erstrecken, seinerseits stichprobenartig zu überwachen, ob maßgebliche Verwaltungsvorschriften beachtet werden oder nicht.
Im vorliegenden Fall steht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest, dass der Beschwerdeführer zwar den für Personalangelegenheiten zuständigen Geschäftsführer G.K., nicht aber den Personalleiter P.S. selbst stichprobenartig überprüft hat. Dazu wäre er aber nach der obzitierten Judikatur des VwGH verpflichtet gewesen. Auch die (ledigliche) Erteilung von Anordnungen an die Mitarbeiter ist in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Dasselbe gilt für den Umstand, dass bei der Geschäftsführersitzung vom 14.03.2016 eine Kontrolle des Personalleiters durch G.K. vereinbart worden ist und bei der Geschäftsführersitzung vom 18.04.2016 eine Mitteilung von G.K. über die von der Personalabteilung vollzogenen Anmeldungen erfolgt ist.
6. Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Schutzzweck der übertretenen Rechtsvorschrift besteht in der Sicherung des Wettbewerbs in der EU und im Schutz grundlegender Rechte von Arbeitnehmern.
Für die Strafbemessung ist hinsichtlich jeder Übertretung der erste Strafrahmen des § 7b Abs 8 Z 1 AVRAG (500 Euro bis 5.000 Euro) heranzuziehen, da kein Wiederholungsfall vorliegt.
Die Mindeststrafe kann nach § 20 VStG iVm § 38 VwGVG bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder wenn der Beschuldigte Jugendlicher ist.
Im vorliegenden Fall konnte die Mindeststrafe aus folgenden Gründen um die Hälfte unterschritten werden: Als mildernd war zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist. Weiters ist von Bedeutung, dass eine interne Aufgabenverteilung vorlag und der Beschwerdeführer mit den Personalangelegenheiten der Gesellschaft nicht betraut war.
Im Übrigen ist in der Anzeige festgehalten, dass als mildernd zu berücksichtigen sei, dass es sich um die erste Stelle der gegenständlichen Firma in Österreich handle und die Bereitschaft zur Klärung des Sachverhaltes seitens der Mitarbeiter sehr hoch gewesen sei.
Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers findet das Landesverwaltungsgericht die nunmehr festgesetzte Strafe schuld- und tatangemessen.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Entsendung Arbeitnehmer, MeldungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.933.2016.R3Zuletzt aktualisiert am
21.06.2017