TE Lvwg Erkenntnis 2017/7/6 LVwG-1-437/2017-R5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

06.07.2017

Norm

ParkabgabeG Vlbg 1987 §7 Abs1 lita
ParkabgabeG Vlbg 1987 §5 Abs2
VStG §5 Abs1

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Herzog über die Beschwerde des H H, D-L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Meinrad Einsle, Dr. Rupert Manhart, Dr. Susanne Manhart, Bregenz, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 28.04.2017, Zl X-9-2016/66904, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der die Tatumschreibung einleitende Hauptsatz wie folgt abgeändert wird: „Sie haben als Lenker des angeführten Fahrzeuges die Parkabgabe hinterzogen,“.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag von 10 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten hinsichtlich des Fahrzeuges vorgeworfen, dass mit dem angeführten Fahrzeug eine Verkürzung der Parkabgabe bewirkt worden sei, indem für das Abstellen dieses mehrspurigen Fahrzeuges die in diesem Bereich vorgeschriebene Parkabgabe nicht entrichtet worden sei. Als Tatzeit wurde 15.11.2016, 11.37 Uhr, und als Tatort B, Jstraße, angeführt. Die Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 7 Abs 1 lit a des Parkabgabegesetzes. Es wurde eine Geldstrafe von 40 Euro verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 44 Stunden festgesetzt.

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, dass er in Deutschland wohnhaft sei und auch sein Fahrzeug dort zugelassen habe. Er habe am 15.11.2016 kein passendes Kleingeld vorrätig gehabt, um gleich nach dem Abstellen des Fahrzeuges einen Parkschein bei einem Parkautomaten zu lösen. Aus diesem Grund habe er sich unverzüglich nach dem Abstellen des Fahrzeuges in die Stadtschneiderei begeben, um Geld zu wechseln. Unmittelbar danach habe er sich zum Parkautomaten begeben, um ein Parkticket zu lösen, als er bereits das Parkaufsichtsorgan bei seinem Fahrzeug angetroffen habe. Der gesamte Vorgang habe nur wenige Minuten, sicherlich jedoch weniger als zehn Minuten gedauert, in denen ein Fahrzeug auch ohne Parkabgabe zu entrichten gehalten werden dürfe.

Er sei behindert und verfüge über einen Schwerbehindertenausweis, ausgestellt vom Zentrum Bayern Familie und Soziales und über einen Behindertenausweis der Republik Österreich, ausgestellt vom Bundessozialamt, Landesstelle Vorarlberg. Er sei gehbehindert und daher nicht in der Lage, Fußwege sehr schnell zurückzulegen. Er habe daher für den Fußweg in die Stadtschneiderei und zurück möglicherweise länger gebraucht als ein gesunder Lenker. Dies könne ihm aber nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Selbst wenn das Tatbild im vorliegenden Fall vollendet wäre, sei das Wechseln in passendes Münzgeld als Rechtfertigungsgrund anzusehen, weil nicht jedem Lenker, insbesondere nicht einem ortsunkundigen Lenker, zugemutet werden könne, im Vorhinein das passende Münzgeld bereitzuhalten. Es treffe ihn daher kein Verschulden an einem allfälligen Verstoß gegen das Parkabgabegesetz. Es treffe ihn auch kein Verschulden, falls er für den Geldwechselvorgang längere Zeit gebraucht haben sollte, weil er gehbehindert sei. Keinesfalls habe er länger als zehn Minuten zum Geldwechseln gebraucht. Nach § 1 Abs 3 StVO gelte als Parken nur ein Abstellen des Fahrzeuges für mehr als zehn Minuten. Unterhalb dieses Zeitraumes sei überhaupt keine Parkabgabe zu entrichten.

Er habe zum Beweis seines Vorbringens beantragt, das zuständige Parkaufsichtsorgan als Zeugin einzuvernehmen. Diese Einvernahme sei von der Behörde unterlassen worden. Es sei lediglich eine abstrakte Stellungnahme der Verwaltungspolizei angefordert worden.

Im Übrigen sei eine Ermahnung gemäß § 45 VStG völlig ausreichend, um ihn von weiteren Delikten derselben Art abzuhalten. Das Verschulden sei äußerst gering, wenn nicht überhaupt zu verneinen. Er sei verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten.

3.              Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest: Der Beschuldigte stellte am 15.11.2016 um 11.37 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen in B in der Jstraße, Höhe HNr X, ab, ohne die dafür vorgeschriebene Parkabgabe zu entrichten.

4.              Dieser Sachverhalt wird auf Grund der Aktenlage als erwiesen angenommen. Er ist im Übrigen unstrittig.

5.              Nach § 1 Abs 1 Parkabgabegesetz, LGBl Nr 2/1987 zuletzt geändert durch LGBl Nr 65/1998, werden die Gemeinden ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr eine Abgabe nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben. Als Abstellen im Sinne dieses Gesetzes gelten gemäß § 1 Abs 2 leg cit das Halten und Parken im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften.

Nach § 3 Abs 1 Parkabgabegesetz, LGBl Nr 2/1987, ist zur Entrichtung der Abgabe der Lenker verpflichtet.

Nach § 5 Abs 2 Parkabgabegesetz, LGBl Nr 2/1987, ist die Abgabe bei Beginn des Abstellens fällig.

Nach § 7 Abs 1 lit a Parkabgabegesetz, LGBl Nr 2/1987 zuletzt geändert durch LGBl Nr 57/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu 300 Euro zu bestrafen, wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Abgabe hinterzieht oder verkürzt.

Nach der eindeutigen Rechtslage ist der Kraftfahrzeuglenker zur Entrichtung der Parkabgabe bereits bei Beginn des Abstellens des Kraftfahrzeuges verpflichtet, wozu nicht nur das Parken, sondern auch das Halten im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften zählt. Die Besorgung des dafür erforderlichen Kleingeldes bewirkt keinen Aufschub der Zahlungsverpflichtung. Es kann daher dahingestellt bleiben, wie viele Minuten der Beschuldigte (allenfalls auch wegen einer Gehbehinderung) gebraucht hat, um nach dem Geldwechseln zum abgestellten Kraftfahrzeug zurückzukehren. Somit war auch eine zeugenschaftliche Einvernahme des eingeschrittenen Überwachungsorganes dazu entbehrlich. Der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung wurde vom Beschuldigten bereits verwirklicht, als er sein Kraftfahrzeug auf der gebührenpflichtigen Verkehrsfläche abstellte und sich vom Fahrzeug ohne Entrichtung der Parkabgabe entfernte.

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Das Beschwerdevorbringen, wonach den Beschuldigten kein Verschulden treffe, wird nicht geteilt. Von einem Verkehrsteilnehmer, der sein Kraftfahrzeug auf einer gebührenpflichtigen Verkehrsfläche abstellen möchte, muss verlangt werden, dass er das dafür notwendige Kleingeld mit sich führt. Dies kann auch von einem ortsunkundigen Verkehrsteilnehmer verlangt werden, der in ein Stadtzentrum einfährt. Wenn sich der Beschuldigte das notwendige Kleingeld erst besorgen musste, nachdem er sein Kraftfahrzeug auf einer gebührenpflichtigen Verkehrsfläche abstellte, muss er sich vorwerfen lassen, dass er die Nichtentrichtung der Parkabgabe fahrlässig herbeigeführt hat (vgl auch die bereits im Straferkenntnis zutreffend zitierte VwGH-Entscheidung vom 26.01.1998, 96/17/0354).

6.              Gemäß § 19 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die vom Beschuldigten übertretene Bestimmung dient der effizienten Bewirtschaftung des vorhandenen Abstellraumes für mehrspurige Fahrzeuge. Dieses öffentliche Interesse hat der Beschuldigte nicht bloß unerheblich verletzt. Hinsichtlich des Verschuldens wird von Fahrlässigkeit ausgegangen. Die Unbescholtenheit des Beschuldigten, zumindest in Vorarlberg, ist als strafmildernd zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

Unter Würdigung des vorgetragenen Sachverhaltes findet das Landesverwaltungsgericht die von der Behörde festgesetzte Strafe schuld- und tatangemessen, selbst wenn vom Vorliegen ungünstiger persönlicher Verhältnisse ausgegangen werden müsste.

7.   Nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrecht-lich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG kann die Behör-de dem Beschuldigten im Fall der Z 4, anstatt die Einstellung zu verfügen, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Von geringem Verschulden ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Tä-ters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldge-halt zurückbleibt (vgl VwGH 06.11.2012, 2012/09/0066, zu der vergleichbaren Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG idF vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013). Es ist im vorliegenden Fall nicht zu erkennen, inwiefern das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Dem Antrag, den Beschuldigten lediglich zu ermahnen, konnte daher nicht entsprochen werden.

8.              Die Änderungen im Spruch des behördlichen Straferkenntnisses dienen der Präzisierung des Tatvorwurfes.

9.              Gemäß § 25a Abs 4 VwGG ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten nach Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde. Im vorliegenden Fall durfte eine Geldstrafe von bis zu 300 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden. Auch wurde im Erkenntnis nur eine Geldstrafe von 40 Euro ausgesprochen. Eine Revision wegen Verletzung in Rechten gemäß Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG ist daher nicht zulässig.

Schlagworte

Parkabgabe, Münzgeld, Geldwechseln, Fahrlässigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.437.2017.R5

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten