TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/11 LVwG-1-447/2017-R3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.08.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

11.08.2017

Norm

32006R0561 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8 Abs2
KFG 1967 §134 Abs1
VStG §20

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Böhler über die Beschwerde des A B, D-M, vertreten durch RA Dr. Bernhard Haid, Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft D vom 09.05.2017, Zl X-9-2016/17312, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der vorgeworfenen zwei Tatvorwürfe nur eine einzige Verwaltungsübertretung nach § 134 Abs 1 KFG iVm Art 8 Abs 1 und 2 EG-VO 561/2006 begangen hat und wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs 1b KFG eine Geldstrafe (im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe) in der Höhe von 300 Euro (60 Stunden) verhängt wird.

Gleichzeitig wird der erste Tatvorwurf wie folgt ergänzt: „Die Ruhezeit war vom 03.03.2016, 17.52 Uhr, bis 04.03.2016, 04.18 Uhr“; der zweite Tatvorwurf wird wie folgt ergänzt: „Die Ruhezeit war vom 14.03.2016, 21.31 Uhr, bis 15.03.2016, 08.35 Uhr“. Weiters hat in der Tatbildumschreibung die Wortfolge „Tatzeit: 15.03.2016, 10:55 Uhr“ zu entfallen.

Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens verringert sich auf 30 Euro.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen und wurden über ihn folgende Strafen verhängt:

" Sie haben nachstehende Verwaltungsübertretung(en) begangen:

Fahrzeug: XXX, YYY

1.  Sie haben als Fahrer des angeführten Kraftfahrzeuges, welches zur Güterbeförderung im Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3.5 t übersteigt, folgende Übertretungen begangen:

    - Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, obwohl der Fahrer zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen darf. Die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden wurde dabei berücksichtigt. Die drei reduzierten täglichen Ruhezeiten wurden konsumiert. Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 03.03.2016 um 03:25:00 Uhr. Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 11 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit nicht gestattet ist, betrug somit 09 Stunden und 33 Minuten.

    Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.

2.  - Es wurde festgestellt, dass Sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen Ruhezeit eine tägliche Ruhezeit von mindestens 9 zusammenhängenden Stunden eingehalten haben, wobei die zulässige 3-malige Verkürzung der Ruhezeit pro Woche auf jeweils 9 zusammenhängende Stunden berücksichtigt wurde.

    Beginn des 24-Stundenzeitraumes am 14.03.2016 um 05:27:00 Uhr. Die unzureichende tägliche Ruhezeit von weniger als 9 Stunden, bei der die reduzierte tägliche Ruhezeit gestattet ist, betrug somit 07 Stunden und 56 Minuten.

    Dies stellt daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG i.d.g.F. einen schwerwiegenden Verstoß dar.

Tatzeit:

15.03.2016, 10:55 Uhr

Tatort:

H, A14, Höhe KM, Raststätte R

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.  § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

2.  § 134 Abs. 1 KFG i.V.m. Art. 8 Abs. 1 und 2 EG-VO 561/2006

Wegen dieser/diesen Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Zu

Geldstrafe

falls diese uneinbringlich

Gemäß

 

Euro

ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

 

1

200,00

40 Stunden

§ 134 Abs. 1b KFG

2

200,00

40 Stunden

§ 134 Abs. 1b KFG

Zu

Freiheitsstrafe

Gemäß

 

 

 

Ferner haben Sie zu bezahlen:

Betrag

Für

Euro

 

40,00

Strafverfahrenskosten gemäß § 64 Abs.1+2 VStG

Zu zahlender Gesamtbetrag (Strafe/Barauslagen):

Euro    440,00“

2.              Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser bringt er im Wesentlichen vor, aus dem Gutachten des Amtssachverständigen ergebe sich, dass vom 01.03.2016, 17.43 Uhr, bis 02.03.2016, 05.20 Uhr, eine Tagesruhezeit von 11 Stunden 38 Minuten und vom 14.03.2016, 21.31 Uhr, bis 15.03.2016, 08.35 Uhr eine Tagesruhezeit von 11 Stunden 5 Minuten eingehalten worden sei, weshalb der tatsächlich geforderte Ruhezeitblock von 11 Stunden für eine unverkürzte tägliche Ruhezeit sogar um 38 Minuten und der Ruhezeitblock einer erlaubten verkürzten Ruhezeit von 9 Stunden um 2 Stunden und 5 Minuten übertroffen worden sei. Unter Berücksichtigung dieser Ruhezeitblöcke sei weder eine Übermüdung noch eine Gefährdung des Betroffenen oder anderer Verkehrsteilnehmer gegeben gewesen. Aus diesem Grund sei auch eine Strafherabsetzung unter Anwendung des § 20 VStG heranzuziehen. Es handle sich um ein fortgesetztes Delikt.

3.   Die hier maßgeblichen Rechtsvorschriften der Verordnung (EG) Nr 561/2006 lauten:

„Artikel 8

(1)  Der Fahrer muss tägliche und wöchentliche Ruhezeiten einhalten.

(2)  Innerhalb von 24 Stunden nach dem Ende der vorangegangenen täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit muss der Fahrer eine neue tägliche Ruhezeit genommen haben. Beträgt der Teil der täglichen Ruhezeit, die in den 24-Stunden-Zeitraum fällt, mindestens 9 Stunden, jedoch weniger als 11 Stunden, so ist die fragliche tägliche Ruhezeit als reduzierte tägliche Ruhezeit anzusehen.

(3)  Eine tägliche Ruhezeit kann verlängert werden, so dass sich eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit oder eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit ergibt.

(4)  Der Fahrer darf zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten höchstens drei reduzierte tägliche Ruhezeiten einlegen.“

4.              Das Landesverwaltungsgericht hat im Gegenstand eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Auf Grund des Ergebnisses dieser mündlichen Verhandlung steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass der Beschuldigte die ihm nunmehr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat.

5.   Nach § 134 Abs 1a KFG sind Übertretungen ua der Artikel 5 bis 9 und 10 Abs 4 der Verord-nung (EG) Nr 561/2006 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 auch dann als Verwaltungs-übertretung strafbar, wenn die Übertretung nicht im Inland, sondern auf einer Fahrtstrecke inner-halb des Geltungsbereiches dieser Bestimmungen begangen worden ist (Art 2 Abs 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr 561/2006). Als Ort der Übertretung gilt in diesem Falle der Ort der Betre-tung im Inland, bei der die Übertretung festgestellt worden ist. Von einer Bestrafung ist jedoch abzusehen, wenn die Übertretung im Bundesgebiet nicht mehr andauert und der Lenker nach-weist, dass er wegen dieses Deliktes bereits im Ausland bestraft worden ist.

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde offenbar der Zeitpunkt der Kontrolle fälschlicherweise als Tatzeit bezeichnet. Der § 134 Abs 1a KFG enthält jedoch nur eine Sonderbestimmung für den Tatort, nicht aber für die Tatzeit, weshalb der Zeitpunkt der Kontrolle zu entfallen hatte.

6.   Nach § 134 Abs 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer ua den Artikeln 5 bis 9 sowie 10 Abs 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr 561/2006 oder der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 zuwiderhandelt.

Nach § 134 Abs 1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr 561/2006 und (EG) Nr 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG, idF der Richtlinie 2009/5/EG, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstö-ße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Fall eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro zu betragen.

Im vorliegenden Fall liegt jeweils ein schwerwiegender Verstoß vor (vgl Anhang III der Richtlinie 2006/22/EG).

Unter Hinweis auf die obigen Ausführungen steht für das Landesverwaltungsgericht fest, dass der Beschuldigte die ihm mit diesem Erkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat.

7.   Gemäß § 19 VStG iVm § 38 VwGVG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die vom Beschuldigten übertretene Vorschrift soll gewährleisten, dass Lenker von Schwerfahrzeugen nur dann am Straßenverkehr teilnehmen, wenn sie auch die entsprechenden Ruhezeiten hatten und ihre Aufmerksamkeit und Konzentration nicht durch zu lange Lenkzeiten ohne entsprechende Lenkpausen beeinträchtigt wird. Der Beschuldigte hat durch sein Verhalten das durch die übertretene Norm geschützte Interesse der Verkehrssicherheit erheblich gefährdet.

Wenn auch im gegenständlichen Fall keine nachteiligen Folgen der Tat bekannt geworden sind, so ist aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes die mit diesem Erkenntnis über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe gerechtfertigt, zumal der Beschuldigte zwei Taten zu verantworten hat.

Als Verschulden wird Fahrlässigkeit angenommen. Erschwerungs- bzw Milderungsgründe sind keine hervorgekommen.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen hat der Beschwerdeführer keine Angaben gemacht. Das Landesverwaltungsgericht würde die verhängte Geldstrafe bei einer Person mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ungefähr 1.200 Euro nicht als überhöht ansehen. Bei einer Einschätzung der diesbezüglichen Verhältnisse des Beschuldigten, der Berufskraftfahrer ist, gelangt das Landesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass dieser jedenfalls nicht schlechter gestellt ist als die erwähnte Vergleichsperson.

8.              Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, es lägen die Voraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung vor, da die tatsächlichen Ruhezeitblöcke eingehalten worden seien, ist Folgendes festzuhalten: Durch die fehlende Ruhezeit im 24-Stunden-Zeitraum hatte der Beschwerdeführer den Vorteil, an beiden Tagen länger zu fahren. Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes kann somit im vorliegenden Fall keine außerordentliche Strafmilderung zur Anwendung gelangen.

9.   Nach § 45 Abs 1 Z 4 VStG idF BGBl I Nr 33/2013 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

Nach § 45 Abs 1 letzter Satz VStG kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4, anstatt die Einstellung zu verfügen, unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Von geringem Verschulden ist nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (vgl VwGH 06.11.2012, 2012/09/0066, zu der vergleichbaren Bestimmung des § 21 Abs 1 VStG idF vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013).

Es ist nicht zu erkennen und wird auch vom Beschwerdeführer nicht näher dargetan, inwiefern das tatbildmäßige Verhalten im gegenständlichen Fall erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Es kann somit nicht von einem bloß geringfügigen Verschulden ausgegangen werden, weshalb die Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG nicht zur Anwendung gelangt. Dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass zwei Taten vorliegen und die Unterschreitung der Ruhezeit jeweils nicht unerheblich ist.

10.             Der Vorwurf laut Straferkenntnis, wonach der Beschwerdeführer zwei Übertretungen zu verantworten habe, war dahingehend abzuändern, dass lediglich eine Übertretung vorliegt, da es sich im vorliegenden Fall um ein fortgesetztes Delikt handelt, zumal die beiden Übertretungen innerhalb von zwei Wochen liegen (vgl VwGH 91/19/0200).

11.             Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ruhezeit, Kraftfahrer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.1.447.2017.R3

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten