Entscheidungsdatum
29.09.2017Norm
GSpG 1989 §56a Abs3Text
Beschluss
Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde der A, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Ruth, Innsbruck, gegen den „Bescheid“ der Bezirkshauptmannschaft B vom 21.04.2017, den Beschluss gefasst:
Gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
Begründung
1. In der angefochtenen Erledigung wurde Folgendes entschieden:
„Am 20.05.2016 wurde durch Organe der Bundespolizei und Finanzpolizei mit Beginn um 20.30 Uhr im Rahmen einer Glückspielaktion im Lokal „S", in H, Hstraße, eine Kontrolle nach dem Glückspielgesetz durchgeführt.
Die Behördenvertreterin der Bezirkshauptmannschaft B drohte am 11.05.2016 gemäß § 56a Abs. 1 GSpG die Betriebsschließung an. Die schriftliche Androhung der Betriebsschließung erging an die beiden Eigentümer C P und D S und wurde ihnen eigenhändig zugestellt. Zudem erging diese Information an die vermeintlichen Lokalbetreiber, R A sowie A F und wurde ihnen eigenhändig zustellt.
Eine weitere Kontrolle nach dem Glückspielgesetz fand am 04.04.2017, um 22.06 Uhr, durch Organe der Bundespolizei und Finanzpolizei statt. Im Zuge der Kontrolle wurde die Betriebsschließung des Lokals „S" durch die Behördenvertreterin mündlich verfügt und in weiterer Folge das Lokal „S", um 23.55 Uhr versiegelt.
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergeht folgender
Spruch
Gemäߧ 56a Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 des Glücksspielgesetzes, BGBI. Nr. 620/1989, i.d.g.F., wird die Betriebsschließung des Lokals „S", in H, Hstraße, verfügt.“
2. Gegen diese Entscheidung hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:
„IV. Beschwerdegründe
„Dezidiert festzuhalten ist, dass ein wirksamer Betriebsschließungsbescheid nicht vorliegt.
Am 11.05.2017 wurde an die BH B eine Eingabe folgenden Inhaltes gerichtet, welche bisher bis dato ohne jedweder Reaktion seitens der belangten Behörde verblieb:
„Sehr geehrte Damen und Herren!
Am 04.04.2017 kam es in H, Hstraße, zu einer Amtshandlung nach dem Glücksspielgesetz, bei welcher auch eine Schließung des Betriebes verfügt wurde.
Ich vertrete rechtsfreundlich in dieser Sache die A, wie auch bereits aus der ein- gebrachten Maßnahmenbeschwerde bekannt sein dürfte.
Bekanntlich wird dieses Lokal von meiner Mandantin betrieben; auch die bei der Amtshandlung vor Ort angetroffene Mitarbeiterin ist bekanntlich bei meiner Mandantin als Dienstnehmerin gemeldet. Meiner Mandantin wurde jedoch bis dato kein Bescheid über eine Betriebsschließung zugestellt, was freilich auch klar ist, da die gesetzlichen Voraussetzung für eine derartige Maßnahme nicht vorliegen.
Eine mündlich verfügte Betriebsschließung ist daher bereits ex lege aufgehoben. Und dennoch wurden die Siegel nicht entfernt und die Schlüssel des Lokals nicht rückübergeben. Eine derartige Vorgehensweise ist für mich nicht nachvollziehbar.
Ich habe Sie daher aufzufordern, die Siegel umgehend zu entfernen und mitzuteilen, wo die Schlüssel abzuholen sind.
Der Vollständigkeit halber verweise ich darauf, dass natürlich auch in Betracht gezogen wurde, dass allfällig ein Anschlag an der Amtstafel der BH B erfolgt ist. Dies war aber bei einer Nachschau anlässlich einer Verhandlung am 27.04.2017 vor dem LVWG Vorarlberg nicht der Fall. Die Aushänge wurden fotografisch festgehalten und fand sich betreffend H nur ein Aushang zu einem anderen Lokal, (dafür allerdings zu ein und demselben Lokal in B gleich zwei Aushänge(?)); des Weiteren auch ein Aushang betreffend einer Einziehung von Glücksspielgeräten (wobei darauf hingewiesen wird, dass ohne jedweder Angabe, um welche Geräte es sich handelt, eine rechtswirksame Bekanntmachung nach dem ZustG wohl kaum vorliegt).
Wie nun eine neuerliche Nachschau an der Amtstafel ergab, ist nun ein mit 21.04.2017 datiertes Schreiben betreffend das Gegenstandslokal ausgehängt; dieses ist laut Stempel bereits seit 21.04.2017 ausgehängt. Wie kann das nun aber sein? Mein Mitarbeiter kann an Eides statt erklären, dass dieses Schreiben am 27.04.2017 nicht an der Amtstafel ausgehängt war!
Ich ersuche um rasche Antwort, wie es möglich ist, dass an der Amtstafel ein Aushang mit 21.04.2017 bescheinigt ist, am 27.04.2017 dieser Aushang aber nicht an der Amtstafel war.
Jedenfalls kann auch in Anbetracht dessen eine rechtswirksame Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel nicht erfolgt sein (dies abgesehen davon, dass die Voraussetzungen für eine solcherartige Zustellung ohnehin nicht gegeben waren).
Des Weiteren ersuche ich höflich in den Gegenstandsakt Einsicht zu gewähren durch Übersendung des Aktes in elektronischer Form gegen Kostenbekanntgabe; insbesondere um Übermittlung des - wenn auch nicht rechtswirksamen - Bescheides auf Betriebsschließung.
Besten Dank für Ihre Bemühungen im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Patrick Ruth"
Auf dieses Vorbringen wird im Rahmen dieser Beschwerde vollinhaltlich verwiesen.
Eine Betriebsschließung liegt nicht vor.
Dies scheint die belangte Behörde jedoch offenbar nicht ernstlich zu kümmern. Ebenso wenig wird es offenbar seitens der belangten Behörde für erforderlich angesehen, dazu Stellung zu nehmen, wie eine Bekanntmachung gemäß § 25 Zustellgesetz am 21.04.2017 erfolgt sein soll, an der Amtstafel ein entsprechender Aushang am 27.04.2017 nicht vorgelegen hat.
In der Sache ergänzend:
1.
Wie allein schon aus dem Normtext unmissverständlich (vgl. VwGH Ro 2016/09/0002) hervorgeht, ist jede Anordnung gemäß § 56a Abs. 3 GSpG an den Betriebsinhaber zu richten.
Ein „Verfügungsberechtigter eines Grundstücks" hat mit einem Betriebsinhaber nicht das Geringste zu tun.
Auch aus diesem Grund liegt eine wirksame Schließung offensichtlich nicht vor.
2.
Schließlich ist zwingende Voraussetzung einer Betriebsschließung, dass vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert wurde, was gegenständlich nicht geschah.
3.
Bereits die Betriebsschließung nach § 56a GSpG für sich allein, ohne einer der Schließung zugrundeliegenden rechtskräftigen Verurteilung, beschneidet die Grundrechte und ist sowohl verfassungs- als auch unionsrechtswidrig. Verstärkend tritt hinzu, dass der Betriebsschließung kein Verfahren zugrunde liegt. Der gravierende Eingriff in das Eigentumsrecht, die Erwerbsfreiheit sowie in die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit der Beschwerdeführerin steht mit dem verfolgten Ziel des Monopolschutzes des Bundes in einem krassen Missverhältnis und vermag diesen Grundrechtseingriff nicht zu rechtfertigen.
4.
Die Vornahme einer Betriebsschließung gemäß § 56a GSpG stellt eine gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot verstoßende Sanktion dar; diesbezügliche strafbewehrte Verbote sind nicht anwendbar:
Das GSpG ist evident unionsrechtswidrig (vgl. für viele LVwG OÖ vom 24.04.2017, Zl. LVwG-411787/6/Gf/Mu-411788)“
3. Verfahrensverlauf:
3.1. Mit Schreiben vom 30.05.2017 wurde von der belangten Behörde die gegenständliche Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht vorgelegt. In diesem Schreiben wurde folgender Hinweis ausgeführt:
„Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung lag der Bezirkshauptmannschaft B ein gültiger Mietvertrag datiert mit 23.09.2015, zwischen C P, D S (Eigentümer) und I A L vor. Jedoch teilte der Eigentümer P C gegenüber dem Finanzamt B mit, dass die Firma A in den Mietvertrag, mit Vereinbarung vom Juli 2016, mit allen Rechten und Pflichten eingetreten sei. Dieser Vertrag lag jedoch zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung weder dem Finanzamt B noch der Bezirkshauptmannschaft B schriftlich vor. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte daher von Seiten der Bezirkshauptmannschaft B nicht abschließend festgestellt werden, wer Verfügungsberechtigter/Betriebsinhaber über das im Betreff genannten Lokal ist. Aufgrund dessen wurde am 21.04.2017 die Zustellung des Betriebsschließungsbescheides durch Anschlag an der Amtstafel vorgenommen. Der Betriebsschließungsbescheid wurde bis dato nicht an die A, vertreten durch Dr. RA Patrick Ruth, übermittelt, da die Aktivlegitimation nicht nachgewiesen werden konnte.“
3.2. Aus der gegenständlich bekämpften Entscheidung der belangten Behörde vom 21.04.2017 ergibt sich auszugsweise Folgendes:
„…
Die Firma I A L hat daher als Unternehmer im Standort „S“ H, Hstraße, zumindest in der Zeit vom 20.05.2016 bis 04.04.2017 verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG auf eigene Rechnung und eigenes Risiko veranstaltet, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte. Die Firma I A L hat dadurch, dass sie seit zumindest 20.05.2016 bis 04.04.2017 die gegenständlichen Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen veranstaltet hat, selbstständig und nachhaltig eine Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen entfaltet und daher als Unternehmer iSd § 2 Abs 2 GSpG gehandelt.
Die Behördenvertreterin der Bezirkshauptmannschaft B ordnete am 11.05.2016 gemäß § 56a Abs 1 GSpG schriftlich die Betriebsschließung an. Das Schreiben über die Androhung der Betriebsschließung wurde an die beiden Grundstückseigentümer C P und D S sowie an die vermeintlichen Lokalbetreiber, R A sowie A F und wurde ihnen nachweislich zugestellt.
…
Im Zuge des Betriebsschließungsverfahren betreffend Lokal „S“ wurden diverse Erhebungen dahingehend angestellt, an wen (Verfügungsberechtigter) der Betriebsschließungsbescheid zuzustellen ist.
Die Angestellte vor Ort, M Z, verweigerte die Aussage. Somit konnte abschließend nicht erhoben werden, wer Veranstalter, Eigentümer und Inhaber (Lokalbetreiber) ist.
Laut Mietvertrag (gültig von 01.11.2015 bis 31.10.2025) zwischen den Eigentümern, P C und S D, wird das Lokal an die I A L in Großbritannien vermietet. Der Geschäftsführer ist G F. Der Eigentümer P gab bekannt, dass die Firma A in den Mietvertrag mit Vereinbarung vom Juli 2016 mit allen Rechten und Pflichten eingetreten ist.
...
Es konnte des Weiteren zu der Firma A keine Zustelladresse erhoben werden. Eine mögliche Zustelladresse des Geschäftsführers ist der Behörde nicht bekannt.“
Die Bezirkshauptmannschaft B hat im Zuge der Betriebsschließung am 04.04.2017 folgende behördliche Information deutlich sichtbar im Bereich des Eingangsbereichs zum Gebäude angebracht: „der Eigentümer der Geräte, der Veranstalter, der Verfügungsberechtigte und der Betriebsinhaber werden hiermit aufgefordert, sich binnen zwei Wochen bei der Bezirkshauptmannschaft B zu melden. Erfolgt diese Meldung durch den Eigentümer der Geräte, dem Veranstalter, dem Verfügungsberechtigten und Betriebsinhaber nicht binnen dieser Frist oder sind die genannten Personen zwar bekannt, aber unbekannten Aufenthalts, wird ohne ihr weiteres Anhören entschieden.
…
Die Bezirkshauptmannschaft B hat somit alle ihr möglichen Erhebungen angestellt, zum einen den Verfügungsberechtigten selbst und zum anderen dessen Zustelladresse in Erfahrung zu bringen. Da vonseiten der Bezirkshauptmannschaft B kein Verfügungsberechtigter über diesen Standort H, Hstraße, erhoben werden konnte, hat die Zustellung des Betriebsschließungsbescheides gemäß § 56a Abs 3 durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.
…
Aufgrund der Unklarheit, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt iSd § 56a Abs 3 GSpG über die Räumlichkeiten hat, wurde der gegenständliche Bescheid w.o. adressiert. Die diesbezüglichen Ermittlungen ergaben bislang keine Ergebnisse bzw konnte keine Parteistellung glaubhaft gemacht werden.“
4. Folgender Sachverhalt steht fest:
Aus der Zustellverfügung der gegenständlich bekämpften Entscheidung vom 21.04.2017 ergibt sich, dass diese „An die Verfügungsberechtigten des Lokals „S“ (Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 56a Abs 3 GSpG)“ ergehen soll.
Weder aus der Adressierung, dem Spruch, noch aus der Begründung der genannten Entscheidung ergibt sich – neben den in der Zustellungsverfügung genannten Verfügungsberechtigten des Lokals „S“– erkennbar ein Adressat, an welchen sich die Entscheidung richten soll.
5. Dieser Sachverhalt wird auf Grund der Aktenlage als erwiesen angenommen. Darüber hinaus ist er unbestritten.
6. Gemäß § 56a Abs 1 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl Nr 620/1989, idF BGBl I Nr 118/2016, kann die Behörde ohne vorausgegangenes Verfahren, aber nicht ohne vorher zur Einstellung der entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes veranstalteten oder durchgeführten Glücksspiele aufgefordert zu haben, an Ort und Stelle die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes verfügen, so der begründete Verdacht besteht, dass im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet oder durchgeführt werden, und mit Grund anzunehmen ist, dass eine Gefahr der Fortsetzung besteht. Von einer Betriebsschließung ist Abstand zu nehmen, wenn eine weitere Gefährdung der Interessen des Glücksspielmonopols durch andere geeignete Vorkehrungen, wie die Stilllegung von Einrichtungen, Beschlagnahmen oder sonstige Maßnahmen, mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Gemäß Abs 2 leg cit sind bei der Erlassung einer Verfügung nach Abs 1 bestehende Rechte soweit zu schonen, als dies ohne Gefährdung der Ziele dieses Bundesgesetzes möglich ist. Eine Verfügung nach Abs 1 ist unverzüglich aufzuheben, wenn feststeht, dass der Grund für ihre Erlassung nicht mehr besteht.
Gemäß Abs 3 leg cit ist über eine Verfügung nach Abs 1 binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die Verfügung als aufgehoben gilt. Ein Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen.
Vorliegend hat sich daher ergeben, dass die belangte Behörde den gegenständlichen „Betriebsschließungsbescheid“ an die Verfügungsberechtigten des Lokals „S“ durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 56a Abs 3 GSpG zustellen wollten.
Fraglich ist allerdings, ob es sich gegenständlich bei den in der Zustellverfügung genannten Personen (An die Verfügungsberechtigten des Lokals „S“) um individuell bestimmte, taugliche Adressaten handelt.
Ein Bescheid richtet sich wesensgemäß an eine oder mehrere individuell bestimmte Personen. Dabei handelt es sich gemäß § 8 AVG um die Parteien, die dem Verfahren als künftiger Adressaten des Bescheides beizuziehen waren und denen gegenüber der Bescheid auch erlassen werden muss, um die intendierten Rechtswirkungen zu entfalten. Bei einem individuellen Adressatenkreis handelt es sich um ein konstitutives Merkmal des Bescheides, weil der Bescheid nach herrschender Ansicht von der Verordnung nach dem Kriterium des Adressatenkreises abzugrenzen ist. Der hoheitlich-normativen und außenwirksamen Erledigung einer Verwaltungsbehörde kommt daher definitionsgemäß keine Bescheid-, sondern Verordnungsqualität zu, wenn sie sich nicht an individuell bestimmte Personen, sondern an die Allgemeinheit oder einen nach Gattungsmerkmalen abstrakt beschriebenen Personenkreis richtet. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof die allgemeine Aussage getroffen, dass nicht die Bezeichnung einer Erledigung durch die Verwaltungsbehörde (zB als Verordnung) für die Beurteilung als Verordnung oder als Bescheid ausschlaggebend ist, sondern, ob sie sich ihrem Inhalt nach an (eine) bestimmte Person(en) oder einen nach generellen Merkmalen umschriebenen Personenkreis richtet.
Aus dem Bescheid muss hervorgehen, an wen er sich richtet, da jede individuelle Norm an eine oder mehrere bestimmte Person(en) adressiert sein muss. Die mit der „Personenumschreibung“ getroffene Wahl des Normadressaten ist notwendiges Inhaltserfordernis eines jeden Bescheides. Anders gewendet zählt auch die Benennung (zumindest) einer (tauglichen) Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechts in förmlicher Weise gestalten will bzw die Träger der bescheidförmig begründeten Rechte und Pflichten sein soll, zu jenen – damit konstitutiven – Merkmalen, deren Fehlen einen Bescheid erst gar nicht entstehen lässt, also absolut nichtig macht.
Zwar begründen §§ 58ff AVG nicht ausdrücklich die Pflicht, im Bescheid den Adressaten zu nennen, sie ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes aber schon aus den sachlichen Gegebenheiten, insbesondere im Hinblick auf eine allfällige Vollstreckung. Nach dem Verwaltungsgerichtshof gehört die Bezeichnung des Normadressaten überdies zum normativen Spruchinhalt iSd § 59 Abs 1 AVG, sodass der Bescheid die (natürliche oder juristische) Person, an die er ergeht, im Spruch zu nennen hat. Gleichzeitig stellt es nach seiner stetigen Rechtsprechung keinen (gemeint wohl: keinen wesentlichen) Verstoß gegen § 59 AVG dar, wenn die Behörde im Spruch zwar den Verpflichteten zunächst abstrakt (zB als Eigentümer einer Liegenschaft) bezeichnet, dann aber erst in der Zustellverfügung diejenige physische oder juristische Person benennt, auf welche sich der Spruch bezieht.
Die Bezeichnung des Adressaten hat mit dem in der richtigen Form gebrauchten Namen der betroffenen Person zu erfolgen, weil es in der bestehenden Rechtsordnung der Name ist, durch den eine Person von der anderen unterschieden wird.
Eine Firma selbst kann mangels Rechtspersönlichkeit nicht Bescheidadressat sein. Während sie bei einem Einzelhandelskaufmann nur das Unternehmen kennzeichnet, dessen Rechtsträger der Kaufmann als physische Person ist, wird mit der Firma einer juristischen Person oder einer Personenhandels- oder einer Erwerbsgesellschaft das betreffende, mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete Gebilde bezeichnet.
An die Bezeichnung des Bescheidadressaten sind insofern keine strengen Anforderungen zu stellen, als es für die Gültigkeit des Bescheides (bzw für die Wirksamkeit gegenüber einer Person) hinreicht, dass der Adressat der Erledigung insgesamt eindeutig entnommen werden kann. Es reicht allerdings nicht hin, dass der Adressat aus dem Zustellnachweis hervorgeht, weil dieser keinen Bestandteil der (schriftlichen) Erledigung bildet. Diesem Erfordernis ist daher bei schriftlicher Ausfertigung Rechnung getragen, wenn aus der Zusammenschau von Adressierung bzw Bescheidkopf, Spruch, Begründung und Zustellverfügung im Zusammenhang mit den anzuwendenden Rechtsvorschriften eindeutig erkennbar ist, welchem individuell bestimmten Rechtsträger gegenüber die Behörde einen Bescheid erlassen wollte. Als entscheidend für die normative Wirkung der Erledigung wird also angesehen, dass für die Beteiligten des Verfahrens als Betroffene des „Bescheides“ sowie für die Behörde und in weiterer Folge für den Verwaltungsgerichtshof die Identität der Bescheidadressaten zweifelsfrei feststeht. Bleibt der (bzw bleiben – im Mehrparteienverfahren – alle) Adressat(en) unklar, dann liegt kein Bescheid vor. Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann anzunehmen, wenn der Name der Adressaten erst ermittelt werden müsste, zB weil sie lediglich als „ehemalige Gesellschafter“ einer KG oder als „Fischereiberechtigte“ eines bestimmten Sees bezeichnet werden.
Als Adressat eines Bescheides kommt nur eine – individuell bestimmte – Person im rechtlichen Sinn, also jemand, dessen Rechte oder Pflichten durch die individuelle Norm gestaltet oder festgestellt werden können, in Betracht. Positiv formuliert ist daher Voraussetzung für die Entstehung eines Bescheides, dass zumindest einem Adressaten in Bezug auf den Gegenstand des Bescheides Rechts- und damit auch Parteifähigkeit zukommt, weil dieser ansonsten ins Leere ginge. Negativ formuliert fehlt einer als Bescheid intendierten Erledigung, die sich (ausschließlich) an eine Nichtperson richtet, der normative Gehalt, sie ist also mangels eines tauglichen Adressaten kein Bescheid, sondern „ein rechtliches Nichts“ (dazu siehe Hengstschläger/Leeb, AVG² § 56 Rzlen 34 bis 36, 41 bis 43, 45, 47 bis 49 und 55 (Stand 01.07.2005, rdb.at)).
Aus dem ob zitierten § 56a Abs 3 GSpG ergibt sich, dass ein Bescheid auch dann als erlassen gilt, wenn eine Zustellung an den Verfügungsberechtigten an dessen Unternehmenssitz oder an der Betriebsstätte nicht möglich ist. Die Zustellung des Bescheides kann in einem solchen Fall durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen. Aus der vorliegenden Entscheidung der belangten Behörde ergibt sich weder aus dem Spruch, der Begründung, noch aus der Zustellverfügung ein gegenständlich ausreichend individuell bestimmter und tauglicher Adressat. Aus der Begründung der Entscheidung ergibt sich zwar, dass die Firma I A L vom 20.05.2016 bis 04.04.2017 (der 04.04.2017 war der Tag der weiteren Glücksspielkontrolle) verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs 4 GSpG auf eigene Rechnung und eigenes Risiko veranstaltet haben soll, jedoch ergibt sich auch aus der Entscheidung, dass einer der Eigentümer (des Geschäftslokales) – C P – bekannt gegeben habe, dass die Firma A in den Mietvertrag mit Vereinbarung Juli 2016 mit allen Rechten und Pflichten eingetreten sei. So kann aus der Begründung der Entscheidung nicht eindeutig abgeleitet werden, wer nun tauglicher Adressat des gegenständlichen „Bescheides“ sein könnte. Auch die in diesem Zusammenhang darüber hinausgehenden Vorbringen bzw Wiedergaben in der Begründung der gegenständlichen Entscheidung können nicht dazu führen, dass ein ausreichend individualisierter und schlussendlich tauglicher Adressat im Sinne des oben ausgeführten abgeleitet werden könnte. Schließlich ergibt sich aus der Zustellverfügung, dass die vorliegende Entscheidung an die Verfügungsberechtigten des Lokales „S“ (Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 56a Abs 3 GSpG) ergehen soll.
Aus alledem lässt sich daher feststellen, dass durch die vorliegende Bezeichnung des Adressaten, nämlich die Verfügungsberechtigten des Lokales „S“, kein individuell bestimmter und somit tauglicher Adressat im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Es ist kein Adressat erkennbar bzw ist eine diesbezügliche Identität der oder des Bescheidadressaten nicht zweifelsfrei feststellbar. Da somit eine wesentliche Voraussetzung für die Entstehung eines Bescheides – die Entscheidung richtet sich gegen eine Nichtperson – fehlt, ist der vorliegende „Bescheid“ ins Leere ergangen und stellt dieser nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes „ein rechtliches Nichts“ dar.
An diesem Ergebnis können auch die Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung ihrer Entscheidung, wonach die belangte Behörde somit alle ihr möglichen Erhebungen angestellt habe, um zum einen den Verfügungsberechtigten selbst und zum anderen dessen Zustelladresse in Erfahrung zu bringen sowie, da vonseiten der belangten Behörde kein Verfügungsberechtigter über diesen Standort erhoben haben werde können, habe die Zustellung des Betriebsschließungsbescheides gemäß § 56a Abs 3 durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen, nichts ändern. Wesentlich ist, dass auch bei einer öffentlichen Bekanntmachung iSd § 56a Abs 3 GSpG ein ausreichend individuell bestimmter und tauglicher Adressat anzugeben ist, an welchen der Bescheid durch öffentliche Bekanntmachung ergehen soll.
Da nun feststeht, dass vorliegend kein Bescheid entstanden bzw die als Bescheid intendierte Erledigung ins Leere ergangen ist, ist die durch die A, H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Patrick Ruth, eingebrachte Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis ist nicht mehr auf das Vorbringen der A in ihrer Beschwerde sowie auf die Stellungnahmen der A vom 03.07.2017 und jener der belangten Behörde vom 31.08.2017 einzugehen.
Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.
7. Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheidadressat, öffentliche BekanntmachungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGVO:2017:LVwG.440.4.2017.R7Zuletzt aktualisiert am
12.10.2017