TE Lvwg Erkenntnis 2017/8/28 LVwG-2017/14/1949-1

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Veröffentlicht am 28.08.2017
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Entscheidungsdatum

28.08.2017

Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §111 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Klaus Dollenz über die Beschwerde von Frau AA, wohnhaft in Adresse 1, Y, gegen das Straferkenntnis der Bürgermeisterin der Stadt Y vom 13.07.2017, Zl ****,

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG iVm § 38 VWGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

2.       Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat die Beschwerdeführerin als weitere Kosten als Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens 20 % der verhängten Geldstrafe, das ist im gegenständlichen Fall Euro 73,00 zu bezahlen.

3.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführerin nach einem Zustellversuch am 17.07.2017 am 18.07.2017 durch Hinterlegung das Straferkenntnis der Bürgermeisterin mit folgendem Spruch zugestellt wurde.

„Sie sind unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der AA KG mit Sitz der Unternehmensleitung in Adresse 2, Y.

In dieser Eigenschaft haben Sie es zu verantworten, dass die AA KG als Dienstgeberin entgegen § 33 Abs. 2 ASVG Ihrer Verpflichtung, einen in der Unfallversicherung (Teilversicherung) pflichtversicherten, geringfügig beschäftigten Dienstnehmer vor Arbeitsantritt bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse anzumelden, nicht nachgekommen ist. Die AA KG hat den Dienstnehmer, und zwar

Herrn BB, geb. xx.xx.xxxx,

als Kellner jedenfalls am 08.04.2017 um 20:35 Uhr in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen (ein die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG nicht übersteigendes) Entgelt und somit lediglich als in der Unfallversicherung pflichtversicherte (teilversicherte) geringfügig beschäftigte Person beschäftigt, ohne diesen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger (EE, Adresse 3, Y) angemeldet zu haben.

Sie, Frau AA, haben dadurch als unbeschränkt haftende Gesellschafterin und somit satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenes Organ der AA KG folgende Verwaltungsübertretung(en) zu verantworten:

§111 Abs. 1 Z. 1 (erster Fall) iVm § 33 Abs. 2 und § 33 Abs. 1 ASVG iVm § 9 Abs. 1 VStG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß §

365,00

2 Tagen

§ 111 Abs. 2 ASVG iVm § 20 VStG

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

36,50 Euro

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe / Kosten / Barauslagen) beträgt daher

401,50

Euro“

Das Straferkenntnis wurde innerhalb der Abholfrist beim Postamt nicht behoben und wieder an die Bürgermeisterin der Stadt Y am 03.08.2017 retourniert.

Am 04.08.2017 wurde eine Zustellüberprüfung an die Beschwerdeführerin versendet, welche am 16.08.2017 persönlich beim Stadtmagistrat erschien. Ihr wurde eine Kopie des Straferkenntnisses überreicht und eine Rechtsmittelbelehrung erteilt und sie darauf hingewiesen, dass der 16.08.2017 der letzte Tag für die Erhebung einer Beschwerde ist.

Hierauf langte innerhalb der Rechtsmittelfrist bei der Bürgermeisterin der Stadt Y nachangeführte Beschwerde ein:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich die Straferkenntnis ZL. **** nicht akzeptiere und Einspruch erhebe.

Begründung:

?   Wie bereits auch Protokolliert ist Herr BB nicht als Kellner bei DD - Kegelclub W beschäftigt... Herr BB ist ein Bekannter und war an diesem Tag selbst als Gast in unserem Lokal... Durch die Bekanntschaft hat mein Mann CC volles Vertrauen an Herrn BB und hat ihm das Lokal für höchstens eine Stunde anvertraut, damit er mich mit unserem Kind zum Hochzeit bringen kann..

?   Herr BB sollte in dieser Zeit nur Kaffee trinken. Sonst wurden ihm keine Aufgaben zugeteilt..

?   Als das Kontrollorgan vor Ort war befand sich mein Mann CC bereits am Rückweg zum Lokal und war auch nach dem Anruf vom Herrn BB innerhalb vom 5 min bereits vor Ort.

Ich möchte Sie nochmals Bitte diese Tatsachen zu berücksichtigen.

Hochachtungsvoll"

In weiterer Folge wurde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

Aus dem vorgelegten Akt lässt sich entnehmen, dass von der Finanzpolizei, Finanzamt Y eine Anzeige erstattet wurde, wonach am 08.04.2017 um 20.35 Uhr durch Organe der Finanzpolizei (FF und GG) eine Beschäftigungskontrolle im Lokal DD – Kegelclub U durchgeführt wurde. In diesem Lokal befindet sich ein Restaurant welches von der AA KG (Bestandzeitraum seit 28.04.2016) betrieben wird. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin ist die Beschwerdeführerin. CC ist ihr Ehemann und Kommanditist. Beim Betreten des Lokals konnten die Finanzbeamten wahrnehmen, dass hinter der Bar sich ein Mann befand, der einem Gast einen Kaffee zubereitete und diesen anschließend servierte. Bei dieser Person hat es sich um BB, wohnhaft in Z, Adresse 4 gehandelt.

CC gab an, dass er seinen „Cousin“ CC vertrete, der sich gerade auf einer Hochzeitsfeier befinde.

Im vorgelegten Akt befindet sich ein Vermerk der Finanzpolizei durch einen Finanzbeamten aufgenommen, wonach am 20.03.2017 um 12.15 Uhr eine männliche Person Folgendes anzeigte:

„Zudem weiß ich auch, dass im Lokal DD im U am Samstag am Abend wenn viel los ist CC ohne Anmeldung zur Sozialversicherung arbeiten. In diesem Lokal ist oft eine Musikveranstaltung.“

Die Kontrolle des Finanzamtes ist offensichtlich im Zusammenhang mit dieser Anzeige erfolgt.

Nach § 111 Abs 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes 1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Nach § 111 Abs 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

Nach § 33 Abs 1 ASVG habe der Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Nach § 33 Abs 2 AVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Bei der angelasteten Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG. Nach dieser Gesetzstelle ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

In der von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde wird die Rechtsfertigung betreffend den Schuldvorwurf aufrechterhalten. Die Bürgermeisterin der Stadt Y hat sich mit der Verantwortung ausführlich auseinandergesetzt. Diese ist in ihrer Entscheidung davon ausgegangen, dass Herr BB nicht Cousin sondern „Kirve“, eine Art Taufpate des Sohnes der älteren Schwester von Herrn CC ist und kein verwandtschaftliches Verhältnis besteht. Die Beschwerdeführerin spricht in ihrer Beschwerde davon, dass Herr BB ein Bekannter ist. Das Vorliegen eines Nichtverschuldens konnte von der Beschwerdeführerin nicht bescheinigt werden.

Anlass für die Kontrolle des Finanzamtes Y, Finanzpolizei war der Hinweis, dass CC wenn viel los ist, ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung, arbeite. Dabei handelt es sich um den Ehegatten der Beschwerdeführerin und kann noch eine fallweise Aushilfe – ohne Anmeldung zur Sozialversicherung - im Betrieb mit ehelichen Beistandspflichten gerechtfertigt werden. Eine Überbindung dieser ehelichen Beistandspflicht auf andere Personen ist jedoch nicht zulässig und kommt der vorliegenden Beschwerde im Hinblick auf die gegebene Sach- und Rechtslage keine Berechtigung zu.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Klaus Dollenz

(Richter)

Schlagworte

Keine Anmeldung bei der Sozialversicherung; keine eheliche Beistandspflicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.14.1949.1

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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