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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Elke Ponschab in St. Peter in der Au, vertreten durch Dr. Peter Ponschab, Rechtsanwalt in Wien I, Teinfaltstraße 4, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. April 1997, Zl. RU1-V-97024/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (Mitbeteiligte Partei: Mobilkom Austria AG in Wien XX, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien I, Singerstraße 17-19), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der Mitbeteiligten in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Rechtsvorgänger der Mitbeteiligten beantragte am 13. November 1989 bei der Bezirkshauptmannschaft Amstetten die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines 30 m hohen Antennenmastes auf seinem Grundstück Nr. 273/2, EZ. 526, KG St. Peter in der Au. Der im Instanzenzug ergangene Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. März 1993 wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1995, Zl. 93/05/0103, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil kein bundeseigenes "Gebäude" Gegenstand des Bauvorhabens war, sodass die in erster Instanz eingeschrittene Bezirkshauptmannschaft unzuständig war.
Mit Bescheid vom 29. Juli 1996 erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde St. Peter in der Au der Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten auf Grund des Ergebnisses der Bauverhandlung die Bewilligung zur Errichtung eines Antennentragemastes für Funkanlagen des öffentlichen Personenrufdienstes und des Autotelefondienstes.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin, die als Anrainerin schon zuvor Einwendungen erhoben hatte, Berufung. Dieser Berufung gab der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Peter in der Au mit Bescheid vom 7. Jänner 1997 Folge und "behob den angefochtenen Bescheid zur Gänze". In der Begründung wurde auf verschiedene eingeholte Gutachten zur Frage der Auswirkung elektromagnetischer Felder eingegangen und ausgeführt, dass unter dem Gesichtspunkt der Vorsorge für die allgemeine Bevölkerung schon der Verdacht einer gesundheitlichen Beeinflussung ausreiche, zumal der betreffende Funkturm sich in unmittelbarer Nähe von Kindergärten, einer Schule und eines Pensionistenheimes befände, also von Bevölkerungsgruppen, die des Schutzes der Gemeinde in gesundheitlichen Fragen besonders bedürften.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die Landesregierung der Vorstellung der Mitbeteiligten Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat. Die Vorstellungsbehörde verwies auf § 62 Abs. 2 in Zusammenhalt mit § 118 Abs. 8 und 9 der N.ö. BauO 1976, wonach der Nachbar einen Rechtsanspruch darauf hätte, dass im Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens alle Anordnungen getroffen würden, die Belästigungen der Nachbarn hintanhalten würden; ein absoluter, zu einer Versagung des Bauvorhabens führender Immissionsschutz bestehe jedoch nicht. Daher hätte die Baubehörde nicht mit einer Versagung der Baubewilligung, sondern nur mit der allfälligen Vorschreibung entsprechender Auflagen vorgehen dürfen. Nach Auseinandersetzung mit den vorliegenden Gutachten kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass eine Gesundheitsgefährdung durch die geplante Sendeanlage bei Einhaltung der Ö-NORM S 1120 ausgeschlossen werden könne. Der Mitbeteiligten sei somit zu Unrecht die Baubewilligung versagt worden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Mitbeteiligte, eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass das Vorhaben der gegebenen Widmung "Bauland-Kerngebiet" widerspreche. Ein Antennentragemast sei eine Baulichkeit für einen Betrieb, deren Errichtung nur in einem als solchen gewidmeten Betriebsgebiet und nicht in einem Kerngebiet zulässig sei. Es handle sich auch nicht um ein öffentliches Gebäude, sodass nur eine Sonderwidmung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 des Nö. Raumordnungsgesetzes in Betracht komme. Es liege aber weder eine Widmung als Betriebsbaugebiet noch als Bauland-Sondergebiet vor.
Dem hält die belangte Behörde zu Recht die Bestimmung des § 16 Abs. 3 Nö. ROG 1976 (in der Fassung LGBl. Nr. 8000-10; ROG) entgegen: Danach können, soferne die besondere Zweckbindung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 ROG dies nicht ausschließt, erforderlichenfalls in allen Nutzungsarten auch Bauwerke und Einrichtungen zur Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfes, der öffentlichen Sicherheit sowie für die religiösen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse zugelassen werden.
Ein Antennentragemast für das Mobilfunknetz muss als Bauwerk zur Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen des täglichen Bedarfes angesehen werden. Es handelt sich um ein Bauwerk im Sinne des § 2 Z. 5 Nö. BauO 1976 (wie auch § 4 Z. 3 Nö. BauO 1996); bei der auch schon im Zeitpunkt des Berufungsbescheides gegebenen Verbreitung der Nutzung von Mobilfunkanlagen kann nicht in Abrede gestellt werden, dass mit diesem Bauwerk Dienstleistungen des täglichen Bedarfes erbracht werden. Die behauptete Widmungswidrigkeit liegt daher nicht vor.
Das Schwergewicht der Beschwerde liegt auf der von der Beschwerdeführerin befürchteten Immissionsbeeinträchtigung durch das Vorhaben. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in einer Reihe von Erkenntnissen mit der Abgrenzung des Kompetenztatbestandes "Fernmeldewesen" zu den von den Baubehörden zu vollziehenden Angelegenheiten befasst. Zuletzt wurde im Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/05/0173, gleichfalls einen Antennentragemast für das Mobilfunknetz betreffend, seine Rechtsprechung unter Hinweis auf die Vorjudikatur dahingehend zusammengefasst, dass die Baubehörde gesundheitliche Belange in Zusammenhang mit einer Fernmeldeanlage aus kompetenzrechtlichen Gründen nicht prüfen dürfe. Im hier relevanten Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde galt noch das Fernmeldegesetz 1993; auch das am 1. August 1997 in Kraft getretene Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997, sieht im § 67 Abs. 2 vor, dass bei der Errichtung und dem Betrieb von Funkanlagen und Endgeräten u.a. der Schutz des Lebens und die Gesundheit von Menschen gewährleistet sein müssen.
Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zu Recht den abweisenden Bescheid des Gemeinderates behoben, wobei es eines Eingehens auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigung nicht bedurfte, weil dieser Gesichtspunkt (Schutz des Lebens und der Gesundheit gegenüber den von einer Fernmeldeanlage typischerweise ausgehenden Gefahren) von der Bundeskompetenz "Fernmeldewesen" erfasst ist und es sich dabei nicht um einen der Landeskompetenz "Baurecht" zuzuordnenden Gesichtspunkt handelt (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 94/05/0352).
Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 19. September 2000
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenBewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4VwRallg7 Antennentragemast für das MobilfunknetzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997050153.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009