Entscheidungsdatum
07.09.2017Index
L82007 Bauordnung Tirol;Norm
BauO Tir 2011 §26Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Gerald Schaber über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, vertreten durch die BB Rechtsanwalt GmbH, Adresse 2, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 21.02.2017, Zahl ****,
zu Recht erkannt:
1. Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 27.07.2017, Zl. ****, berichtigt mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 31.07.2017, Zl. ****, wurde der CC GmbH mit Sitz in W die Baubewilligung zur Errichtung eines Ferienappartementhauses auf GSt ****, KG Y, erteilt.
Mit Eingabe vom 10.02.2017 beantragte der Beschwerdeführer erstens die Zustellung des im Bauverfahren zu Zahl **** ergangenen Baubewilligungsbescheides und zweitens die Zustellung einer schriftlichen Aktenkopie.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 17 Abs 1 AVG als unzulässig zurück. Begründend führte die Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer im betreffenden Verfahren keine Parteistellung als Nachbar zukomme, da sein Grundstück nicht unmittelbar an den Bauplatz GSt ****, KG Y, angrenze und die Grenzen seines Grundstückes auch nicht zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 Metern zu einem Punkt der Bauplatzgrenze des GSt **** liege. Da dem Beschwerdeführer nie eine Parteistellung zugekommen sei, könne er sich auch nicht darauf berufen, im Verfahren „übergangen“ worden zu sein. Der Beschwerdeführer sei nicht Partei, sodass ihm daraus folgend auch kein Recht auf Akteneinsicht zukomme.
In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer, seine Eigenschaft als Partei im Verfahren zu **** festzustellen, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem Antrag auf Übermittlung des Baubewilligungsbescheides und der Übermittlung einer Aktenkopie vollinhaltlich stattgegeben werde sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und in eventu den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines ergänzenden Bescheides zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen. Als Beschwerdegrund machte der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides geltend und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass sein Grundstück innerhalb von 15 Metern zur Bauplatzgrenze und innerhalb von 50 Metern zu einem Punkt der baulichen Anlage liege, sodass eine Parteistellung nach § 26 Abs 2 TBO gegeben sei. Der Beschwerdeführer sei weder von der mündlichen Bauverhandlung verständigt worden noch sei eine Kundmachung in besonderer Form erfolgt. Der Beschwerdeführer sei daher übergangene Partei und berechtigt seine Parteirechte, sohin das Recht auf Akteneinsicht in Anspruch zu nehmen. Die Zurückweisung des Antrages auf Akteneinsicht und Übermittlung des Baubewilligungsbescheides sei sohin rechtswidrig.
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Bauakt, insbesondere in den dort einliegenden Vermessungsplan der DD GmbH vom 02.02.2015 und Einsichtnahme in das Grundbuch.
Wie sich aus dem Grundbuchsstand ergibt, war der nunmehrige Beschwerdeführer zum Zeitpunkt des Bauverfahrens Alleineigentümer des GSt .*** KG Y und ist es auch nach wie vor.
Das Grundstück des Beschwerdeführers, GSt .***, KG Y, grenzt nicht unmittelbar an den Bauplatz GSt ****, KG Y, an und die Grenzen seines Grundstückes liegen in keinem Punkt innerhalb eines Abstandes von 15 Metern zu einem Punkt der Bauplatzgrenze. Diese Feststellung gründet sich unzweifelhaft auf den dem Baugesuch angeschlossenen Lageplan nach § 24 TBO der DD GmbH, auf dem die Abstandslinie von 15 Metern farblich kenntlich gemacht ist und dem eindeutig entnommen werden kann, dass der Abstand zwischen den beiden genannten Grundstücken mehr als 15 Meter beträgt.
III. Rechtslage:
Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 161/2013, lautet wie folgt:
„§ 17
(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.
(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.
(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.
(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.“
Die entscheidungswesentliche Bestimmung der Tiroler Bauordnung – TBO 2011, LGBl Nr 57/2011 idF LGBl Nr 32/2017, lautet wie folgt:
„§ 26
Parteien
(1) Parteien im Bauverfahren sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter.
(2) Nachbarn sind die Eigentümer der Grundstücke,
a) die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 15 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen und
b) deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 50 m zu einem Punkt der baulichen Anlage oder jenes Teiles der baulichen Anlage, die (der) Gegenstand des Bauvorhabens ist, liegen.
Nachbarn sind weiters jene Personen, denen an einem solchen Grundstück ein Baurecht zukommt.
[…]“
IV. Erwägungen:
Gemäß § 17 Abs 1 AVG können Parteien soweit in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, bei der Behörde in die Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen.
Das von § 17 AVG eingeräumte subjektive Recht auf Akteneinsicht steht nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu. Im Hinblick auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren ist sohin Voraussetzung für die Gestattung der Akteneinsicht, dass der die Akteneinsicht begehrenden Person in dem betreffenden abgeschlossenen Verfahren Parteistellung zugekommen ist. Ob einer Person in einem bestimmten Verfahren Parteistellung zukommt, regelt grundsätzlich § 8 AVG im Zusammenhang mit den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften (vgl VwGH 30.01.2014, 2012/05/0011)
Gemäß § 26 Abs 1 TBO sind der Bauwerber, die Nachbarn und der Straßenverwalter Parteien im Bauverfahren. Nachbarn iSd § 26 Abs 2 TBO sind die Eigentümer der Grundstücke, die unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 15 Metern zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen und deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines horizontalen Abstandes von 50 Metern zu einem Punkt der baulichen Anlage oder jenes Teiles der baulichen Anlage, die (der) Gegenstand des Bauvorhabens ist, liegen.
Das Verfahren, in dessen Akten der Beschwerdeführer Einsicht begehrt, hat die von der Fa. CC GmbH mit Bauansuchen vom 10.02.2015 beantragte Bewilligung der Errichtung eines Ferienappartementhauses auf dem GSt ****, KG Y, zum Gegenstand. Dem Vorhaben wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 28.07.2015, Zl ****, berichtigt mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 31.07.2015, Zl ****, die Baubewilligung erteilt.
Da sich das Grundstück des Beschwerdeführers, GSt .*** KG Y, nicht innerhalb eines Umkreises von 15 Metern zu einem Punkt der Bauplatzgrenze des GSt **** KG Y befindet, ist der Beschwerdeführer nicht Nachbar iSd § 26 Abs 2 TBO und somit auch nicht Partei des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens.
Mangels Parteistellung hat der Beschwerdeführer sohin auch kein Recht auf Einsicht in die Akten des gegenständlichen Baubewilligungsverfahrens. Die belangte Behörde hat daher zu Recht den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Akteneinsicht mangels Parteistellung zurückgewiesen.
Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid lediglich über die Gewährung von Akteneinsicht normativ abgesprochen, sodass das Landesverwaltungsgericht Tirol nur berechtigt war, über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des (eigenständigen) Antrages auf Akteneinsicht abzusprechen und nicht auch über den von der belangten Behörde noch unerledigten Antrag des Beschwerdeführers auf Zustellung des Baubewilligungsbescheides. Dieser Umstand bedingt auch, dass das Landesverwaltungsgericht Tirol über den im Beschwerdebegehen gestellten Antrag auf Feststellung der Parteistellung des Beschwerdeführers im Bauverfahren nicht zu entscheiden hatte.
In Ansehung der Vorgaben des § 44 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Der maßgebliche Sachverhalt steht unbestritten fest. Es waren keinerlei Fragen der Beweiswürdigung, sondern ausschließlich Rechtsfragen zu klären. Die Akten lassen nicht erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache erwarten ließe. Dem Entfall der Verhandlung stand weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Gerald Schaber
(Richter)
Schlagworte
Akteneinsicht; Parteistellung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.42.1977.1Zuletzt aktualisiert am
05.10.2017