TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/19 LVwG-2017/40/1811-1

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Veröffentlicht am 19.09.2017
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Entscheidungsdatum

19.09.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §31

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Mag. Hannes Piccolroaz über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 26.06.2017, Zl ****,

zu Recht erkannt:

1.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Strafverfügung der Landespolizeidirektion Tirol vom 23.02.2017, dem Beschwerdeführer zugestellt durch Hinterlegung am 28.02.2017, wurde dem Beschuldigten eine Verwaltungsübertretung nach § 37a iVm § 14 Abs 8 FSG vorgeworfen.

Dagegen hat der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte rechtzeitig Einspruch erhoben und wurde in der Folge das nunmehr angefochtene Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Tirol vom 26.06.2017, Zl ****, erlassen.

Darin wurde dem Beschuldigten wie folgt vorgeworfen:

„1. Sie haben am 23.11.2015 um 17:05 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen **** in Z Y, Adresse 2 auf Höhe ***b – A-Brücke gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt des Blutes 0,5 g/l (0,5 Promille) oder mehr bzw. der Atemluft 0,25 mg/l oder mehr betragen hat.

Der Alkoholgehalt der Atemluft betrug 0,37mg/l.

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 37a i.V.m. § 14 Abs 8 FSG

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 600,00 sowie ein Beitrag zu den Verfahrenskosten in Höhe von € 60,00, sohin insgesamt € 660,00, verhängt.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers, in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, der Beschuldigte habe die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen. Die Formulierung im Spruch „oder mehr“ sei unklar und dahingehend widersprüchlich, dass zusätzlich ein Alkoholgehalt von 0,37 mg/l vorgeworfen werde.

Es entspreche dem rechtsstaatlichen Prinzip, dass einem Beschuldigten genau bzw hinreichend bestimmt eine Verwaltungsübertretung vorgeworfen werde. Es werde zudem die vorgeworfene Übertretung ausdrücklich bestritten.

Die vom Beschuldigten am Tattag konsumierten Getränke (3 kleine Bier) hätten ohnehin nicht zu einem derartig hohen Atemluftalkohol geführt. Es sei daher davon auszugehen, dass das von den einschreitenden Beamten verwendete Messgerät entweder nicht richtig funktioniert habe, oder von den Beamten nicht ordnungsgemäß und entsprechend den Verwendungsbestimmungen verwendet worden sei.

Abschließend wurde beantragt das Landesverwaltungsgericht Tirol wolle in Stattgebung der Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben, in eventu in Stattgebung der Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird, in eventu in Stattgebung der Beschwerde das angefochtene Straferkenntnis aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung sowie zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen, in eventu die Geldstrafe entsprechend herabsetzen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen.

II.      Beweiswürdigung:

Der vorstehende Sachverhalt ergibt sich zur Gänze aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu Zahl **** sowie aus dem Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu Zahl 2017/40/1811.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden.

III.    Rechtslage:

Für den vorliegenden Sachverhalt sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl I Nr 120/1997 idgF, relevant:

„§ 14

(8) Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

§37a

Wer entgegen der Bestimmung des § 14 Abs. 8 ein Kraftfahrzeug in Betrieb nimmt oder lenkt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern nicht auch ein Verstoß gegen § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 vorliegt, mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis 3700 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Strafbemessung sind auch der Grad der Alkoholisierung und die Häufigkeit der Verstöße zu berücksichtigen.“

Weiters sind folgende Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idgF, wesentlich:

„§ 31

(1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

§ 32

(2) Verfolgungshandlung ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

…“

IV.      Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Nach § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Im Gegenstandsfall begann die einjährige Verfolgungsverjährungsfrist ab dem Tatzeitpunkt, sohin am 23.11.2015, zu laufen und endete sie daher am 23.11.2016.

Nach der Aktenlage stellt die erste gegen den Beschuldigten gesetzte Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs 2 VStG die Strafverfügung vom 23.02.2017 dar, welche nicht mehr innerhalb der einjährigen Verfolgungsfrist erfolgte.

An dieser Stelle wird angemerkt, dass für die Verfolgungsverjährung, anders als für die Strafbarkeits- und die Vollstreckungsverjährung, keine Hemmung vorgesehen ist.

Es ergibt sich somit, dass gegenüber dem Beschwerdeführer innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde. Es war daher der Beschwerde schon wegen eingetretener Verfolgungsverjährung stattzugeben und war daher nicht näher auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen.

Insgesamt war spruchgemäß zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Hannes Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

keine taugliche Verfolgungshandlung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.40.1811.1

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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