Entscheidungsdatum
26.09.2017Index
81/01 Wasserrechtsgesetz;Norm
WRG 1959 §138Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Alexander Spielmann über die Beschwerde von BB und CC, beide Adresse 1, Y, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. DD, Adresse 2, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 19.07.2017, Zl ****,
zu Recht:
1. Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass die Anträge von BB und CC vom 20.03.2017 und 11.07.2017 als unzulässig zurückzuweisen sind.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof, Judenplatz 11, 1010 Wien, erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Die Beschwerde bzw die Revision ist durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von € 240,- zu entrichten.
Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I Zur Vorgeschichte:
Mit Bescheid vom 14.06.2016, Zl ****, hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde Y der AA GmbH, Adresse 3, W, die Baubewilligung für den Abbruch und den Neubau eines Wohnhauses auf Gst Nr **1, KG Y-Stadt, nach Maßgabe näher bezeichneter Einreichunterlagen und unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Bereits mit Bescheid vom 19.01.2016, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y der AA GmbH die mit 31.12.2036 befristete wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Oberflächen-entwässerungsanlage auf Gst Nr **1, KG Y-Stadt, unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Mit Schriftsatz vom 28.07.2016 hat die EE GmbH der Behörde mitgeteilt, dass die Oberflächenentwässerungsanlage in der projektierten und bewilligten Form nicht umgesetzt werden könne. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat in weiterer Folge die AA GmbH mit Schriftsatz vom 09.08.2016, Zl ****, aufgefordert, ein geändertes Projekt für die Oberflächenentwässerung zur wasserrechtlichen Bewilligung einzureichen.
Mit Schreiben vom 11.10.2016 hat die AA GmbH zur Entsorgung der auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, anfallenden Oberflächenwässer überarbeitete Unterlagen vorgelegt und um die Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung ersucht.
Mit Schriftsatz vom 22.12.2016 haben BB und CC, beide vertreten durch die FF Rechtsanwälte GmbH, Adresse 4, GG, beantragt, die Bezirkshauptmannschaft Y möge als zuständige Wasserrechtsbehörde auf Grundlage des § 138 WRG 1959 umgehend die Einstellung der auf Gst Nr **1, KG Y-Stadt, durchgeführten Maßnahmen verfügen sowie der AA GmbH ? als der für die durchgeführten baulichen Maßnahmen verantwortlichen Bauherrin ? die Umsetzung näher bezeichneter Sanierungsmaßnahmen auftragen. Im Wesentlichen haben die Antragswerber dazu vorgebracht, dass durch die Art der von der AA GmbH zu vertretenden Bauführung sämtliche unterirdische Wässer auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, die bisher im Umfeld diffus in das Tal abgesickert seien, in die Baugrube des Bauvorhabens auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, geleitet und dort an der Sohle gesammelt worden seien. Dieses Wasser sei in weiterer Folge in die Hinterfüllung des Kellers ihres Hauses auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, eingedrungen und habe entsprechende Schäden verursacht.
Mit Bescheid vom 31.01.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y dem Antrag von BB und CC vom 22.12.2016 keine Folge gegeben. Die Behörde hat im Wesentlichen argumentiert, auch wenn sich möglicherweise die Baumaßnahme und Bauführung auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, auf das Nachbargrundstück der Antragsteller ausgewirkt hätten, führe dies nicht automatisch zu einer Bewilligungspflicht gemäß § 32 WRG 1959 und sei von einer Bewilligungspflicht im gegenständlichen Fall auch nicht auszugehen. Die Erteilung eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 setze das Vorliegen einer ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung durchgeführten Maßnahme voraus. Dieses Tatbestandsmerkmal sei aber nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid haben BB und CC, beide vertreten durch die FF Rechtsanwälte GmbH, Beschwerde erhoben und beantragt, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge der Beschwerde Folge geben und in der Sache selbst entscheiden, „somit umgehend die Einstellung der auf Grundstück Nr. **1, EZ **, KG Y-Stadt, durchgeführten Maßnahmen verfügen, sowie die in Kapitel 6 der baugeologischen Beurteilung der II gmbh (Dr. JJ) vom 15.12.2016 […] genannten Sanierungsmaßnahmen auftragen“.
Zwischenzeitlich hat die Bezirkshauptmannschaft Y der AA GmbH mit Bescheid vom 19.07.2017, Zl ****, die mit Schreiben vom 11.10.2016 beantragte wasserrechtliche Bewilligung für die vorgesehene Entsorgung der anfallenden Dach- und Oberflächenwässer unter Vorschreibung von Auflagen erteilt und das dafür erforderliche Wasserbenutzungsrecht zur Einleitung von 1,26 l/s Niederschlagswässer in den Wernerbach befristet bis 31.12.2037 verliehen.
Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 03.08.2017, Zl LVwG-2017/37/0657-13, wurde die Beschwerde von BB und CC gegen den Bescheid vom 31.01.2017 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Ergebnis folgendes ausgeführt: „Die AA GmbH hat auf der Grundlage der rechtskräftigen baubehördlichen Bewilligung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Y vom 14.06.2016, Zl ****, ab Juli 2016 mit den Bauarbeiten auf dem Gst Nr **1, GB **** Y-Stadt, begonnen und eine Baugrube ausgehoben. Die Wasserwege der über das Gst Nr **1, GB **** Y, in Richtung des im Miteigentum der Beschwerdeführer stehenden Gst Nr **1, GB **** Y-Stadt, unterirdisch verlaufenden isolierten Wasserstränge wurden im Zuge der Bauführung unterbrochen. Es kam daher zum Anschneiden von Hang- und Schichtenwässern, die über Entlastungsbohrungen in der Spritzbetonwand in die Baugrube gelangten. Das mit der Bauführung verbundene Anschneiden dieser Hang- und Schichtenwässer unterlag nicht der Bewilligungspflicht nach § 10 Abs 2, § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 und verstieß auch nicht gegen das Verbot des § 39 WRG 1959. Die Voraussetzungen für die Erteilung des von den Beschwerdeführern geforderten Auftrages nach § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 sind somit nicht erfüllt. Darüber hinaus lassen sich die von den Beschwerdeführern geforderten Maßnahmen mit § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 nicht begründen.“
II Verfahren betreffend des angefochtenen Bescheides:
In Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der AA GmbH auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, haben BB und CC, diesmal vertreten durch Rechtsanwalt Dr. DD, mit Schreiben vom 20.03.2017 bei der Bezirkshauptmannschaft Y als Wasserrechtsbehörde den Antrag auf „amtswegige Überprüfung“ gestellt, „ob für die Errichtung der gegenständlichen Stützmauer und dem damit verbunden Eingriff in den Grundwasserhaushalt, insbesondere infolge der damit verbundenen Änderungen des Verlaufs des Grundwassers und dem unkontrollierten Versickern des Grundwasser in der Baugrube, eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist; dies nach Durchführung eines Lokalaugenscheins unter Beziehung der Einschreiter und eines Amtssachverständigen.“
Mit Schreiben von Rechtsanwalt Dr. DD vom 11.07.2017 wurde dieser Antrag wie folgt ergänzt: „Ich fordere Sie daher auf, mir umgehend mitzuteilen, ob und welche Veranlassungen von der BH Y bisher getroffen wurden, um weitere Schädigungen und unkontrollierte Wassereintritte in die Liegenschaft meiner Mandanten zu verhindern bzw. den gesetzwidrigen Eingriff in den Grundwasserverlauf durch die Eigentümerin der Liegenschaft in Y, Adresse 5, zu ahnden. Weiters fordere ich Sie auf, unverzüglich sämtliche notwendigen Schritte, die behördlicherseits möglich sind, einzuleiten und durchzuführen, um einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen, insbesondere jedoch um das unkontrollierte Eindringen von Grundwasser, das nun infolge der von der Eigentümerin der Liegenschaft Adresse 5 veranlassten Abgrabungen des Hanges am Rande der Liegenschaft Adresse 5 austritt, dessen natürlicher Verlauf dadurch massiv verändert wurde und das bekanntermaßen auch nicht versickern kann (siehe Verfahren ****), über die Baugrube bzw. über die Liegenschaft Adresse 5in das Grundstück meiner Mandanten, Y, Adresse 1, zu beenden.“
Mit Bescheid vom 19.07.2017, Zl ****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Anträgen vom 20.03.2017 und 11.07.2017 keine Folge gegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass keine wasserrechtliche Zuständigkeit für die gegenständliche Schadensproblematik am Grundstück der Einschreiter gegeben sei. Es handle sich um eine rein zivilrechtliche Angelegenheit.
Gegen diesen Bescheid haben BB und CC, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. DD, mit Schreiben vom 18.08.2017 fristgerecht Beschwerde erhoben und beantragt, dass Landesverwaltungsgericht Tirol möge
„a) feststellen, dass für das Projekt der Firma AA GmbH, das von dieser auf dem Grundstück GST-NR **1 der KG Y-Stadt verwirklicht wird, insoweit es dabei zu Abgrabungen des Hanges und der Errichtung einer Spritzbetonwand mit Abflussbohrungen gekommen ist, eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist
b) die Firma AA GmbH gegen die Bestimmungen des WRG 1959 verstoßen hat, weil es eine Bewilligung gemäß lit. a) nicht eingeholt hat,
c) die Liegenschaftseigentümerin und Bauherrin AA GmbH gemäß § 138 WRG 1959 dazu verhalten, auf ihre Kosten die Spritzbetonwand und die Abgrabungen zu beseitigen und auf ihre Kosten den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, oder - in eventu -
d) den angefochtenen Bescheid aufheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückverweisen.“
Mit Parteiengehör vom 30.08.2017, Zl LVwG-2017/44/1976-1, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol festgehalten, dass sich seit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 03.08.2017, Zl LVwG-2017/37/0657-13, weder die Sach- noch die Rechtslage entscheidungsrelevant geändert hat, weshalb der Antrag der Beschwerdeführer auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ist.
Dazu haben BB und CC, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. DD, mit Schreiben vom 15.09.2017 im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Bezirkshauptmannschaft Y im Verfahren zur Zl **** in erster Instanz nur mit der Entsorgung der Oberflächenwässer, nicht aber mit der Erschließung der Hang- und Schichtwässer durch die Spritzbetonwand und deren Errichtung beschäftigt habe. In ihrer Entscheidung vom 31.01.2017 habe sich die Bezirkshauptmannschaft Y nur mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit § 32 WRG 1959 anzuwenden sei, nicht aber mit der Frage, ob ein Tatbestand des § 10 WRG 1959 durch die Errichtung der Spritzbetonwand verwirklicht werde. Das Landesverwaltungsgericht Tirol habe in seiner Entscheidung vom 03.08.2017 lediglich ausgesprochen, dass das mit der Bauführung verbundene Anschneiden der Hang- und Schichtwässer nicht wasserrechtlich bewilligungspflichtig sei. Es habe jedoch nicht darüber geurteilt, ob für die Errichtung der Spritzbetonwand mit den Entlastungsbohrungen und die damit unmittelbar verbundenen Auswirkungen auf das Hang- und Schichtwasser eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre. Schließlich erfolge gerade durch diese Mauer ein massiver Eingriff in den natürlichen Verlauf der Hang- und Schichtwässer. Der Antrag der Beschwerdeführer vom 20.03.2017 beziehe sich auf die amtswegige Überprüfung, ob für die Errichtung der Spritzbetonwand mit dem damit verbundenen Eingriff in den Grundwasserhaushalt eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist.
III Erwägungen:
III/1 Zum Feststellungsbegehren:
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit auch Feststellungsbescheide zu erlassen, sofern hiefür entweder eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Anordnung vorliegt, oder ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben oder aber die Feststellung im rechtlichen Interesse einer Partei erforderlich ist und die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen. Ein Feststellungsbescheid ist jedenfalls dann nicht zulässig, wenn die für die Feststellung maßgebende Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgezeichneten Verwaltungsverfahrens zu entscheiden ist, wobei insbesondere auch die Möglichkeit der Erlassung eines Leistungsbescheides der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides entgegensteht. Behauptet ein Nachbar, die Ausführung eines Bauvorhabens bewirke seine Gefährdung, und beantragt er die Erlassung eines Feststellungsbescheides betreffend einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht, so kann die genannte Frage vor dem Hintergrund dieser Judikatur schon deswegen nicht zum Gegenstand eines selbständigen Feststellungsbescheides gemacht werden, weil es dem Nachbarn freisteht, die aus der begehrten Feststellung resultierende wasserrechtliche Bewilligungspflicht des Bauvorhabens dadurch zum Gegenstand eines Leistungsbescheides zu machen, dass er als Betroffener iSd § 138 WRG 1959 die Beseitigung der ohne die seiner Ansicht nach erforderliche wasserrechtliche Bewilligung eigenmächtig vorgenommenen Neuerungen nach § 138 Abs 1 lit a WRG 1959 verlangt (vgl VwGH 25.10.1994, 92/07/0102).
Der im konkreten Fall begehrte Feststellungsbescheid des Inhaltes, dass die von der AA GmbH auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, durchgeführte Abgrabung des Hanges und Errichtung einer Spritzbetonwand wasserrechtlich bewilligungspflichtig ist, ist im WRG 1959 nicht vorgesehen. Nachdem für seine Erlassung auch kein im rechtlichen Interesse der Beschwerdeführer begründeter Anlass gegeben ist, ist der Antrag der Beschwerdeführer vom 20.03.2017 als unzulässig zurückzuweisen (vgl VwGH 24.10.1995, 94/07/0183).
III/2 Zum Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes:
Anbringen von Beteiligten, die die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, sofern die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs 2 bis 4 findet. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV Teiles – also auch des § 68 AVG – sinngemäß anzuwenden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zum VwGVG jedoch bereits ausgesprochen, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen grundsätzlich nicht mehr in merito entschieden werden darf. Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens, wobei die Grundsätze eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens allgemein anzuwenden sind. Dieser Grundsatz ist daher auch dann zu beachten, wenn § 17 VwGVG eine sinngemäße Anwendung des IV Teils des AVG und damit des § 68 Abs 1 AVG im Rahmen des VwGVG nicht vorkehrt. Fest steht nach der Judikatur weiters, dass auch die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts mit ihrer Erlassung rechtskräftig wird, wobei alle Parteien eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens einen Rechtsanspruch auf Beachtung der eingetretenen Rechtskraft haben. Im Zusammenhang mit diesem Grundsatz ist die einschlägige Rechtsprechung zu § 68 AVG in sinngemäßer Weise heranziehbar. Daraus ist abzuleiten, dass über ein und dieselbe Rechtssache nur einmal rechtskräftig zu entscheiden ist (ne bis in idem). Mit der Rechtskraft ist die Wirkung verbunden, dass die mit der Entscheidung unanfechtbar und unwiderruflich erledigte Sache nicht neuerlich entschieden werden kann (Wiederholungsverbot). Einer nochmaligen Entscheidung steht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen. Zudem folgt aus dem Gedanken der materiellen Rechtskraft grundsätzlich eine Bindungswirkung an eine behördliche Entscheidung (vgl VwGH, 24.05.2016, 2016/03/0050).
Bei der Prüfung des Vorliegens der entschiedenen Sache ist auch vom Verwaltungsgericht von der rechtskräftigen Vorentscheidung – gegenständlich vom Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 03.08.2017, Zl LVwG-2017/37/0657-13 – auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit derselben nochmals zu überprüfen. Identität der Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber der früheren Entscheidung weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dieser tragende Grundsatz soll in erster Linie die wiederholte Aufrollung einer bereits entschiedenen Sache (ohne nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage) verhindern. Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Rechtssache, über die bereits mit einer formell rechtskräftigen Entscheidung abgesprochen wurde, mit der nunmehr vorliegenden – gegenständlich dem Antrag vom 11.07.2017 auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes – bestimmt. Auf dem Boden der Rechtsprechung hat auch das Verwaltungsgericht dann, wenn der bei ihm in Beschwerde gezogene verwaltungsbehördliche Bescheid nach den vorstehenden Grundsätzen zu Unrecht eine Sachentscheidung beinhaltete, im Rahmen seiner Prüf- und Entscheidungsbefugnis einen Antrag wegen entschiedener Sache zurückzuweisen (vgl VwGH, 24.05.2016, 2016/03/0050).
Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 11.07.2017 einen Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes betreffend der von der AA GmbH auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, durchgeführten Abgrabung des Hanges gestellt. In der anhängigen Beschwerde vom 18.08.2017 wurde diesbezüglich beantragt, das Landesverwaltungsgericht möge die AA GmbH gemäß § 138 WRG 1959 dazu verhalten, auf ihre Kosten die Spritzbetonwand und die Abgrabungen zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen.
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat jedoch bereits mit Erkenntnis vom 03.08.2017, Zl LVwG-2017/37/0657-13, entschieden, dass das mit der Bauführung der AA GmbH auf dem Gst Nr **1, KG Y-Stadt, verbundene Anschneiden von Hang- und Schichtwässern, die über Entlastungsbohrungen in der Spritzbetonwand in die Baugrube gelangen, nicht der Bewilligungspflicht nach § 10 Abs 2 und § 32 Abs 2 lit c WRG 1959 unterliegt und auch nicht gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstößt, sodass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 nicht erfüllt sind. Unstrittig hat sich seit der Erlassung des Erkenntnisses vom 03.08.2017 weder die Sach- noch die Rechtslage entscheidungsrelevant geändert, sodass einer nochmaligen Entscheidung in dieser Sache das Prozesshindernis der res iudicata entgegensteht.
Sofern die Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 15.09.2017 dagegen argumentieren, dass sich die Bezirkshauptmannschaft Y in erster Instanz nicht entsprechend mit der rechtlichen Beurteilung der Spritzbetonwand auseinandergesetzt habe, ist klarzustellen, dass sich die entschiedene Sache auf das rechtskräftige Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts vom 03.08.2017 bezieht. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat sich das Landesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung abschließend mit dem Anschneiden der Hang- und Schichtwässern im Rahmen der gegenständlichen Bauführung und dem damit verbundenen Ableiten der Wässer über Entlastungsbohrungen in der Spritzbetonwand auseinandergesetzt. Es steht daher rechtskräftig fest, dass durch die gegenständliche Abgrabung des Hanges und Errichtung der Spritzbetonwand kein wasserrechtlicher Bewilligungstatbestand und kein wasserrechtliches Verbot verwirklicht wurde und daher kein Vorgehen nach § 138 WRG 1959 zulässig ist. Somit ist auch der Antrag der Beschwerdeführer vom 11.07.2017 als unzulässig zurückzuweisen.
Der Beschwerde ist daher kein Erfolg beschieden. Jedoch ist der angefochtene Spruch dahingehend zu berichtigen, dass über die Anträge der Beschwerdeführer vom 20.03.2017 und 11.07.2017 nicht inhaltlich zu entscheiden ist.
IV Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Alexander Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Hangwässer; Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes; Feststellunginteresse; entschiedene Sache;Anmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 26.09.2017, Z LVwG-2017/44/1976-4, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 26.06.2018, Z Ra 2017/07/0125 bis 0126-8, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2017:LVwG.2017.44.1976.4Zuletzt aktualisiert am
07.08.2018