TE Lvwg Erkenntnis 2017/9/28 LVwG-2017/32/0240-10

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Entscheidungsdatum

28.09.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GewO 1994 §84a
GewO 1994 §84e
AVG §17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von 1) BB, MBA, CC, DD, alle vertreten durch RA Dr. EE, LL.M., Adresse 1, Y, sowie über die Beschwerde der Gemeinde Z, vertreten durch den Bürgermeister FF, dieser vertreten durch GG, Rechtsanwälte in X, Adresse 2, gegen den Bescheid den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 19.12.2016, Zahl ****

zu Recht erkannt:

1.   Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden kann.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt, Beschwerdevorbringen, Vorverfahren, mündliche Verhandlung:

Die Gemeinde V, BB, MBA, CC, und DD, damals alle vertreten durch GG, Rechtsanwälte in X, Adresse 2, haben bei der Bezirkshauptmannschaft W beantragt, ihnen die Einsichtnahme in das Sicherheitskonzept der AA GmbH, Adresse 3, Z zu gewähren.

Mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W vom 19.12.2016, ****, wurde dieser Antrag mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Dagegen haben BB, MBA, CC, und DD, nunmehr vertreten durch RA Dr. EE, LL.M., Adresse 1, Y, zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und darin wie folgt ausgeführt:

„In umseits näher bezeichneter Rechtssache haben die Beschwerdeführer, BB, M.B.A, Frau CC und Frau DD Herrn Rechtsanwalt Dr. EE, Rechtsanwalt in Y, Adresse 1, Vollmacht erteilt.

Der einschreitende Rechtsanwalt beruft sich gemäß § 10 I AVG (§ 8 RAO) auf die ihm erteilte Bevollmächtigung und begehrt sämtliche Zustellungen zu seinen Händen.

Gegen den Bescheid der BH W (als Gewerbebehörde) vom 19.12.2016, Zl. **** vom 19.12.2016, der Rechtsanwaltskanzlei GG am 22.12.2016 zugestellt, wird nunmehr, binnen offener Frist, erhoben Nachfolgende

BESCHWERDE

an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Diese Beschwerde erfährt nachfolgende Ausführung:

A Allgemeine Angaben

1. Angefochtener Bescheid

Angefochten wird der Bescheid der BH W vom 19.12.2016, ****.

2. Belangte Behörde

Belangte Behörde ist nach den Vorschriften über die sachliche, funktionale und persönliche Zuständigkeit, sowie die örtliche Zuständigkeit die BH W.

Sie ist in dem vorliegenden Fall als Gewerbebehörde I. Instanz in „sonstigen Gewerbeangelegenheiten“ auf der Grundlage entsprechender verfahrensrechtlicher Fragestellungen (§17 AVG) tätig geworden.

3. Angaben zur Rechtzeitigkeit

Der vorliegende Bescheid wurde am 22.12.2016 zugestellt.

Die Beschwerdefrist endet daher am 19.01.2017.

Diese am 17. Jänner 2017 zur Post gegebene Beschwerde ist damit rechtzeitig.

4. Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Ausdrücklich beantragt wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Sinne des § 24 VwGVG.

5. Angaben zur Rechtswidrigkeit

Der vorliegende Bescheid leidet an Rechtswidrigkeit seines Inhaltes wegen Verletzung von Vorschriften des materiellen Rechtes, insbesondere des Gemeinschaftsrechtes, sowie an Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen müssen.

6. Verletzte Rechte (Art. 30,132 B-VG)

Die maßgeblichste Rechtsverletzung des vorliegenden Bescheides liegt darin, dass die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Akteneinsicht in den Akt/die Akten der bestehenden Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei verletzt worden sind. Die umweltinformationsrechtlichen Umstände, die eine rechtlich andere Natur haben, werden gesondert geltend gemacht werden und sind damit auch nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hier ist nur die Frage der Gewährung der Akteneinsicht in den/die BA-Akten der mitbeteiligten Partei gegenständlich.

Diese Rechtsverletzung wiegt insbesondere deshalb besonders schwer, weil die Einschreiter als Bewohner bzw. Eigentümer von Liegenschaften, die von dem Betrieb der Fa. AA GmbH unmittelbar betroffen sind „Seveso lll-Gebiet“ massiv in ihren Grundrechten berührt werden, dies im Besonderen in Bezug auf die gegebenen grundrechtlichen Belange der Umweltinformation.

7. Angaben zur Vergebührung

Die vorliegende Beschwerde wurde im Sinne der geltenden gesetzlichen Bestimmungen ordnungsgemäß vergebührt.

Mit der Postfassung dieser Beschwerde reist der entsprechende Nachweis der Vergebührung (Zahlungsbeleg) von € 30,00, der bar einbezahlt worden ist.

8. Anträge

Im Beschwerdeverfahren wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid im Sinne einer Stattgebung des in Akteneinsicht gerichteten Antrages gestellt.

In eventu wird ein Aufhebungsantrag mit dem Inhalt gestellt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache an die belangte Behörde zur Neuschöpfung eines Beschlusses zurück zu verweisen.

B Sachverhalt

1. Grundlagen

1.1. Übersicht

Die einschreitenden Nachbarn sind Eigentümer und/oder Bewohner von Liegenschaften, die sich, aufgrund des Betriebes der Fa. AA in einer Zone befinden, die man als "Seveso III Gebiet" bezeichnet. Das hat zu Folge, dass die Liegenschaften nur noch beschränkt bebaut und benutzt werden können und in Bezug auf deren Verkehrsfähigkeit in einem beträchtlichen Rahmen eingeschränkt sind. Das bedeutet eine - massive - Beschränkung des Eigentums und damit der Rechte und der Vermögenswerte der Einschreiter, die als eine Eigentumsbeschränkung sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Die Einschreiter haben weder eine Entschädigung hiefür erhalten, noch genießen sie rechtliche Sicherheit in Bezug auf die tatsächliche Nutzung oder doch Nutzbarkeit der ihrem Eigentum stehenden Liegenschaften.

Voraus geschickt werden darf also dass der antragsgegenständliche Betrieb sich in einem Bereich befindet, der nach den Bestimmungen des TROG 2016 in einer so genannten Seveso III - Zone liegt; dieser Umstand ist allen Behörden bekannt.

Da es sich bei einer solchen Festlegung um eine Festlegung handelt, die aus der konkreten Tätigkeit hervor geht, und keine eigentliche Frage der Raumordnung ist, ist diese auch in dem Gewerbeverfahren, wie zu zeigen sein wird, von einer zentralen Bedeutung.

Während nämlich die klassischen Maßnahmen der Raumordnung solche sind, bei denen aufgrund der voraus schauenden Planung der Gemeinde1 Maßnahmen gesetzt werden, die den Zielen der örtlichen Raumplanung2 entsprechen, geht es in einem Falle, wie dem hier vorliegenden darum, dass der Landesgesetzgeber - der ratione constitutionis3 zuständig ist - die Seveso-Ill Richtlinie4 in das Landesrecht umgesetzt hat.5 6

1.2. Seveso III Betriebe

unterliegen nach den Bestimmungen des Gesetzes und des Unionsrechts bestimmten Regelungen.

________________

1 Art 118 B-VG

2 § 27 TROG

3 Art 15 B-VG

4 Richtlinie 2012/18/EU

5 Tiroler Seveso Ill-Anpassungsgesetz, LGBl 187/20 14 ,

6 Bislang wurde das Gesetz einmal beim VfGH angefochten, der aber eine ausreichende rechtliche Betroffenheit der Ast verneint hat: G56/2016

Im Sinne des Art 3 (18) gehören die Nachbarn unionsrechtlich zu der betroffenen Öffentlichkeit:

„die betroffene Öffentlichkeit“ die von einer Entscheidung übereinen der Sachverhalte gemäß Artikel 15 Absatz 1 betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle einschlägigen, nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse;

Art 8 RL sieht vor, dass der Betreiber einer solchen Anlage ein Sicherheitskonzept zur Verhütung schwerer Unfälle zu erstellen hat.

Die weiteren Bestimmungen der RL bestimmen die Notwendigkeit der Errichtung von Plänen und Programmen, Sicherheitsberichten und dergleichen.

2. Rechte nach der Richtlinien

Die Richtlinie bestimmt, dass die Öffentlichkeit die folgenden Rechte hat:

Artikel 22

Zugang zu Informationen und Vertraulichkeit

(1) Die Mitgliedstaaten veranlassen, dass die zuständige Behörde im Interesse der

Transparenz jegliche gemäß dieser Richtlinie vorliegende Information jeder natürlichen oder juristischen Person auf Antrag gemäß der Richtlinie 2003/4/EG zur Verfügung stellen muss.

(2) Die nach dieser Richtlinie, einschließlich nach Artikel 14, erforderliche Weitergabe von Informationen kann von der zuständigen Behörde zurückgewiesen oder beschränkt werden, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 4 der Richtlinie 2003/4/EG erfüllt sind.

(3) Die Weitergabe der vollständigen der zuständigen Behörde vorliegenden Informationen im Sinne von Artikel 14 Absatz 2 Buchstaben b und c kann von dieser zuständigen Behörde unbeschadet Absatz 2 dieses Artikels verweigert werden, wenn der Betreiber beantragt hat, dass bestimmte Teile des Sicherheitsberichts oder des Verzeichnisses gefährlicher Stoffe aus Gründen gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2003/4/EG nicht offengelegt werden. Die zuständige Behörde kann aus denselben Gründen entscheiden, dass bestimmte Teile des Berichts oder Verzeichnisses nicht offengelegt werden. Nach Einwilligung dieser Behörde legt der Betreiber in solchen Fällen der zuständigen Behörde einen geänderten Bericht oder ein geändertes Verzeichnis vor, in dem diese Teile ausgeklammert sind.

Artikel 23

Zugang zu Gerichten

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

a) jeder Antragsteller, der gemäß Artikel 14 Absatz 2 Buchstaben b oder c oder Artikel 22 Absatz 1 dieser Richtlinie um Auskunft ersucht, gemäß Artikel 6 der Richtlinie 2003/4/EG eine Überprüfung der Handlungen oder Unterlassungen einer zuständigen Behörde hinsichtlich eines der artigen Auskunftsersuchens beantragen kann;

b) Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften in Fällen gemäß Artikel 15 Absatz 1 dieser Richtlinie Zugang zu den in Artikel 11 der Richtlinie 2011/92/EU eingerichteten Überprüfungsverfahren haben.

Die Umsetzung im innerstaatlichen Bereich ist im Wege des UIG und der UIG der Länder erfolgt.

Aus den unionsrechtlichen Vorschriften folgt, dass die hier angedeuteten Möglichkeiten sich zu informieren, einen weiteren Personenkreis betreffen, als der, der sich aus der konkreten Möglichkeit zu einer Akteneinsicht ergibt; den haben nur die Parteien.

Daraus folgt ein gestuftes Konzept der Möglichkeiten, sich an einem Verfahren zu beteiligen oder aber Informationen von einem Verfahren und dessen Inhalt zu bekommen; so verhält sich das auch in dem hier vorliegenden Fall.

Das Konzept verläuft so:

a) unionsrechtlich kommt bereits der in Frage kommenden Öffentlichkeit ein Informationsrecht zu, der aber nach Umsetzungsrecht zu vollziehen ist, wobei den Bestimmungen der RL zudem die Wirkung zukommt, dass diese auch für die Auslegung der bestehenden Bestimmungen heran zu ziehen sind.

b) die Frage, ob jemand einen Anspruch hat, in die BA-Akten und deren Bestandteile Einsicht zu nehmen, ist nach den Bestimmungen über die Akteneinsicht zu klären und nach diesen zu beurteilen.

c) Dabei kommt einer verfassungskonformen Auslegung eine besondere Bedeutung zu, die auch hier eine Rolle spielt.

Dass hier Parteien des Verfahrens einen konkreten Antrag auf Akteneinsicht stellen ist daher auch in dem Sinne der umweltinformationsrechtlichen Vorschriften stringent.7

__________________________

7 Ra 2015/03/0038

Im vorliegenden Fall war der Revisionswerberin die von ihr gewünschte Information - nämlich der Spruch, die Sachverhaltsfeststellungen und die rechtliche Beurteilung eines Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien - gerade nicht unmittelbar zugänglich. Das in den Gesetzesmaterialien zum W r AuskunftspflichtG 1988 angeführte und vom VwG dazu herangezogene Beispiel, wonach das Auskunftsbegehren einer Partei als mutwillig zu betrachten sei, wenn sich die Partei durch Akteneinsicht umfassend über eine Angelegenheit informieren könnte, kann sich nur au f eine zu gewährende Einsicht in Verfahrensakten beziehen, in dem der Auskunftswerber selbst Partei ist, wie dies etwa § 17 AVG betreffend Verwaltungsverfahren vorsieht. Das geht insbesondere

C Rechtlicher Rahmen

1. Einordnung

Unbestritten und auch durch die entsprechende Umsetzungsgesetzgebung als solches erkenntlich gemacht ist, dass der gegenständliche Betrieb ein „Seveso III Betrieb“ ist.

Diese „Einordnung“ hat nun mehrere entsprechende Voraussetzungen, aber auch mehrere entsprechende tatsächliche und rechtliche Konsequenzen.

Maßgeblich in dieser Hinsicht ist, dass die Einschreiter ein wesentliches rechtliches Interesse daran haben, in den vorliegenden Akt der BA- Genehmigungen des Betriebes der AA Einsicht zu nehmen:

a) weil sie als Nachbarn Partei aller entsprechenden Verfahren waren bzw. hätten sein müssen8 9. Gerade wenn und weil jemand an einem Verfahren Partei ist, war oder hätte sein müssen, hat er ein Recht darauf in den ganzen Akt Einsicht zu nehmen.10 Die ganze BA ist eine Einheit - das ist ein tragender Grundsatz der rechtlichen Einordnung der BA.11 Wenn aber die Anlage eine Einheit bildet,

______________

daraus hervor, dass an der einschlägigen Stelle das Wort "Partei" und nicht dem Begriff "Auskunftswerber" verwendet wird, mit dem sowohl das Wr AuskunftspflichtG 1988 als auch die Gesetzesmaterialien an jeder anderen Stelle eine Person bezeichnen, die ein Auskunftsbegehren an ein Organ des Landes oder der Gemeinde Wien richtet.

8 Allein die Klärung der Fragestellung, ob die Nachbarn zurecht oder zu Unrecht in der Vergangenheit einem Verfahren nicht beigezogen worden sind, reicht dazu aus, ihnen bei einer verfassungskonformen Auslegung der Bestimmungen Parteistellung zuzuerkennen:

2013/06/0176

Hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nach § 24 Krnt BauO 1996 gegeben sind, kommt den bf Nachbarn - bei gebotener verfassungskonformer Auslegung - Parteistellung zu (Hinweis Erkenntnisse vom 17. November 2004, 2004/04/0132, ergangen zum vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 359 b Abs. 1 GewO 1994, und vom 23. Februar 2012, 2008/07/0012, zu § 50 AWG 2002, mit Hinweisen auf das E des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 2001, G 87/00, VfSlg 16103, zur Gewerbeordnung 1994). Das damit verbundene Recht auf Akteneinsicht ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, die Rechtsansicht der Behörde hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 24 Krnt BauO 1996 beurteilen zu können (Hinweis E des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2000, G 9 7 /0 0 , VfSlg 16049, zur Gewerbeordnung 1994).

9 Dem entspricht auch die ältere Rsp, wenn eine Parteistellung nicht auszuschließen ist:

1988/63

Unterlassenes Parteiengehör in einer mündlichen Verhandlung wird durch später gewährte Akteneinsicht und Gelegenheit zur Stellungnahm e geheilt.

10 1568/48

Ein Recht zur Akteneinsicht steht nur den an einem bestimmten Verwaltungsverfahren beteiligten Parteien zu.

11 Ro 2015/04/0002

Unter einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 ff GewO 1994 ist die Gesamtheit jener Einrichtungen zu verstehen, die dem Zweck des Betriebes eines Unternehmens gewidmet sind und in einem örtlichen dann müssen umso mehr auch die Verfahren zu ihrer gesamthaften Bewilligung eine Einheit bilden.12 Sie können dann ebenso wenig teilbar sein, wie die Verfahren, die zu der Bewilligung geführt haben. Daher ist in der Rechtsordnung auch vorgesehen, dass AE auch in Verfahren zu gewähren ist, die bereits abgeschlossen sind.13

___________________

Zusammenhang stehen. Nicht die einzelnen Maschinen, Geräte oder die beim Betrieb vorkommenden Tätigkeit bilden den Gegenstand der behördlichen Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage im Sinne der §§ 74 ff GewO 1994, sondern die gesamte gewerbliche Betriebsanlage, die eine Einheit darstellt (Hinweis E vom November 2007, 2005/04/0300, mwN). Dies ändert jedoch nichts daran, dass Gegenstand eines (Änderungs-)Genehmigungsverfahrens nach § 81 GewO 1994 nur die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage zu sein hat, nicht jedoch die geänderte Betriebsanlage insgesamt (Hinweis E vom 27. Oktober 2014 2013/04/0095, mwN). Änderungen nach § 81 Abs. 2 Z 5 und 7 GewO 1994, die gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 anzuzeigen sind, müssen im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1994 geeignet sein, die im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen. Die Beurteilung, ob eine solche Eignung gegeben ist, erfordert in der Regel keine sachverständige Prüfung, sondern kann auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückgegriffen werden.

12 2007/04/0114

Nach dem Wortlaut des § 358 Abs. 1 GewO 1994 obliegt der Behörde nur die Feststellung, "ob" die Anlage (die, soweit sie der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist, eine Einheit bildet) der Genehmigung bedarf. Hingegen ist es nicht Aufgabe der Behörde, im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 konkrete, im Antrag nicht bezeichnete Teile einer Betriebsanlage festzustellen, die die Genehmigungspflicht bewirken, zumal es Aufgabe des Inhabers der Betriebsanlage ist, die Teile seiner Anlage im Genehmigungsansuchen und in der zugehörigen Betriebsbeschreibung zu bezeichnen (vgl. auch § 358 Abs. 2 GewO 1994).

13 2012/05/0011

2. Gemäß § 17 Abs. 1 AVG können die Parteien, soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

3.1. Das von § 17 AVG eingeräumte subjektive Recht auf Einsicht in die Akten eines Verwaltungsverfahrens soll den Parteien die Möglichkeit geben, sich durch unmittelbaren Einblick in die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens selbst eine Meinung zu bilden und dadurch genaue Kenntnis vom Gang des Verfahrens und von den Entscheidungsgrundlagen der Behörde zu erlangen. Dieses Recht steht somit in engem Zusammenhang mit dem Recht auf Gehör. Es steht nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu, auch den sogenannten übergangenen Parteien (bereits vor der Erhebung von Einwendungen, die die Wiedererlangung der Parteistellung bewirken) und Formalparteien, nicht aber den Parteien eines anderen Verfahrens, für deren Rechtsverfolgung die Einsicht in die Akten eines Verfahrens, in dem sie nicht Partei sind bzw. waren, von Bedeutung wäre. Im Hinblick auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren ist sohin Voraussetzung für die Gestattung der Akteneinsicht, dass der die Akteneinsicht begehrenden Person dem betreffenden abgeschlossenen Verwaltungsverfahren Parteistellung zugekommen ist. Ob einer Person in einem bestimmten Verfahren Parteistellung zukommt, regelt grundsätzlich § 8 AVG im Zusammenhang mit den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 2013, Zl. 2012/10/0002, mit zahlreichen weiteren Nachweisen, und das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1991, Zl. 90/01/0143).

Aus § 17 Abs. 4 AVG ergibt sich, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber den Parteien eines anhängigen Verfahrens eine Verfahrensanordnung im Sinn von § 63 Abs. 2 AVG darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gem acht werden kann. Ist hingegen über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukommt oder deren Parteistellung sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren bezogen hat, oder ist das betreffende Verwaltungsverfahren nicht mit Bescheid abzuschließen, so hat die Verweigerung der Akteneinsicht durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erfolgen, der im Instanzenzug bekämpft werden kann (s. hiezu für viele andere das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2013, mwN, sowie den hg. Beschluss vom 30. September 2011, Zl. 2007/11/0210).

b) daher ihre Rechte weiter gehen als jene Rechte, die sich aus der RL ergeben

c) sie in ihren Grundrechten berührt sind

d) daher in dem Sinne des § 17 AVG auch aus diesem Grund ein rechtliches

Interesse an der Akteneinsicht haben.

2. Folgerungen

2.1 Keine Teilung der BA und deren Bewilligungen und deren Betrieb

Eine „Teilung“ der in Rede stehenden Betriebe in „unterschiedlich“ zu beurteilende Betriebe, je nach den Rechtsvorschriften, die auf sie zur Anwendung gelangen, ist eine direkte Rechtsfolge der Diversifikation der Rechtsvorschriften, die derartige Anlagen betreffen.

Vor allem unter dem Eindruck des europäischen Anlagenrechtes ist in diesem Zusammenhang Voraussetzungen und Bestimmungen für die Führung solcher Betriebe, aber auch zu deren inhaltlicher Einstufung massiv diversifiziert, das heißt aufgefächert.

In dem Rahmen dieser Auffächerung von wesentlicher Bedeutung ist es, dass unterschiedliche Rechtsvorschriften für unterschiedliche Betriebe gelten, wobei diese Rechtsvorschriften nicht bloß die materielle Voraussetzung der Ausübung der Erwerbsfreiheit betreffen, sondern auch „flankierende“ Bestimmungen beinhalten.

_____________________

Dabei kommt das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens - unter den sonstigen Beschränkungen - unabhängig davon zu, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben. Die Partei ist daher auch nicht verpflichtet zu begründen, zu welchem Zweck sie Akteneinsicht benötigt. Eine Beschränkung des Rechts auf Akteneinsicht kann sich gemäß § 17 Abs. 1 AVG aus dem betreffenden Materiengesetz ("soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist") bzw. gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit. zur Wahrung der dort genannten Interessen ergeben (s. hiezu das zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2013).

3.2. Bei der Frage, ob Akteneinsicht in einem abgeschlossenen Verfahren gewährt wird, kommt es sohin darauf an, dass der die Akteneinsicht begehrenden Person in diesem beendeten Verwaltungsverfahren Parteistellung iSd § 8 AVG in Zusammenhalt mit allfälligen materiengesetzlichen Bestimmungen zugekommen ist oder wäre. Dass dafür die Parteistellung, wie die Beschwerdeführerin meint, das ganze nach der BO geführte Bauverfahren über bestanden haben muss, kann daraus nicht abgeleitet werden, hat der Verwaltungsgerichtshof doch vielfach auch im Falle präkludierter oder übergangener Parteien ein Recht auf Akteneinsicht angenommen (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/06/0058, sowie das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 2013). Auch sonst lässt sich der BO keine über § 17 Abs. 1 AVG und die hg. Rechtsprechung hinausgehende Einschränkung des subjektiven Rechts auf Akteneinsicht entnehmen.

3.3. Anknüpfend an eine Parteistellung im abgeschlossenen Verfahren muss das Recht auf Akteneinsicht auch auf den Rechtsnachfolger des in diesem Verfahren die Parteistellung genießenden Rechtsvorgängers übergehen. Schließlich muss sich ein allfälliger Rechtsnachfolger des Grundstückseigentümers aufgrund der dinglichen Wirkung von Bescheiden, die sich auf unbewegliches Gut beziehen, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage Verfahrenshandlungen seines Rechtsvorgängers in Verwaltungsverfahren, die das Grundstück betreffen oder betroffen haben, zurechnen lassen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0020, mwN).

3.3.1. Die Feststellungen hinsichtlich der Parteistellung der Rechtsvorgänger der mitbeteiligten Parteien in den Baubewilligungsverfahren betreffend die im verbesserten Antrag angesprochenen Baulichkeiten wurden von der Beschwerdeführerin zu keinem Zeitpunkt und auch nicht im hg. Beschwerdeverfahren in Abrede gestellt. Ausgehend davon hat die belangte Behörde zutreffend angenommen, dass den Mitbeteiligten bezüglich dieser Bauverfahren das Recht auf Akteneinsicht iSd § 17 AVG gewährt werden muss.

Vor allem letztere wurden unter dem Eindruck der europäischen Rechtsentwicklung - massiv verändert.

Das hat zur Folge, dass die Frage der Erstellung der entsprechenden Konzepte und Berichte betreffend den gegenständlichen Betrieb Fragen der Errichtung und des Betriebes der BA sind und daher die Rechte der Nachbarn berühren.14

2.2 Information

Es ist - in modernen, offenen und transparenten Gesellschaften - anerkannt, dass je nach dem wachsenden Grat einer möglichen Gefährdung durch einen Betrieb, wie dies hier der Fall ist, nicht nur die Informationsnotwendigkeiten und -erfordernisse der betroffenen Bevölkerung als Anrainer, als Ausdruck eines konkreten Sicherheitsbedürfnisses, zu schützen sind, sondern, dass eine klare, offene, die jeweiligen Rechtsgüter abwägende „Kommunikation“ eine der zwingenden Voraussetzungen der gesellschaftlichen Akzeptanz bzw. Toleranz von Umständen sind, wie etwa in dem vorliegenden Fall dadurch gegeben sind, dass ein Unternehmen einen Betrieb führt, der - objektiv - als gefährlich gilt.

Derartige gefährliche Betriebe werden nicht nur von der nationalen Gesetzgebung erfasst, sondern bilden - darüber hinaus - auch Teil des sekundären Unionsrechtes, mithin also der abgeleiteten Rechtsetzung der Europäischen Rechtsetzungseinrichtungen.

3. Akteneinsicht

Die Akteneinsicht ist ein in § 17 AVG geregeltes Recht.

Es spricht für den visionären Weitblick der Redaktoren des AVG 1925, dass die - späterhin innerhalb Mitteleuropa rezipierten Bestimmungen des AVG so „elastisch“ sind, dass sie als Ergänzung bzw. verfahrensrechtliche Grundlage beinahe eines jeden Materiengesetzes zeitlos herangezogen werden können.

Wie schon die Bestimmung des Parteibegriffes in § 8 AVG zwar keinen eigenständigen normativen Gehalt in Hinblick auf die konkrete Beurteilung der Frage hat, ob jemand als Partei eines Verwaltungsverfahrens zu gelten hat oder nicht, aber doch dazu geeignet ist, in Zusammenhalt mit den jeweiligen Bestimmungen des materiellen Verwaltungsrechtes genau auszuleuchten, wem diese Rechtsstellung zukommt, verhält sich dies auch mit der Akteneinsicht.

______________________

14 § 84 I Abs 4 GewO

(4) Unbeschadet des Abs. 2 hat die Behörde die Inbetriebnahme oder das Weiterführen des Betriebs mit Bescheid ganz oder teilweise zu untersagen, wenn die vom Betriebsinhaber getroffenen Maßnahmen zur Verhütung schwerer Unfälle oder zur Begrenzung von Unfallfolgen nach dem Stand der Technik (§ 71a) eindeutig unzureichend sind oder wenn der Betriebsinhaber Maßnahmen im Sinne des § 84k Abs. 6 nicht oder nicht vollständig setzt. Gleiches gilt, wenn der Betriebsinhaber die nach diesem Abschnitt erforderlichen Mitteilungen, Berichte oder sonstigen Informationen nicht fristgerecht übermittelt und deshalb eine Beurteilung des Betriebs nach dem Stand der Technik nicht gewährleistet ist. Die Untersagung ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Auch die Akteneinsicht verknüpft nicht konkrete Fragen eines materiell rechtlichen Normenbestandes mit der Befugnis, in einen konkreten Akt Einsicht nehmen zu dürfen sondern knüpft die Akteneinsicht an das Vorliegen eines Rechtes bzw. eines rechtlichen Interesses um zB von einem bloß vorliegenden wirtschaftlichen medialen oder redaktionalen Interesses zu trennen.

Damit ist also die Frage aufgeworfen, wie das rechtliche Interesse beschaffen sein muss kraft dessen eine Partei Akteneinsicht in einem bestimmten Verwaltungsvorgang gewinnen kann:

Hier steht außer Streit, dass die in Rede stehenden Antragsteller allesamt Nachbarn zu der vorliegenden Betriebsanlage sind, das heißt, bei ordnungsgemäßer Auslegung der rechtlichen Bestimmungen schon den bisherigen Verwaltungsverfahren als Parteien hätten beigezogen werden müssen.

Sie haben also einen primären Anspruch auf Akteneinsicht schon deshalb, weil sie Nachbarn im Sinne des § 74 der GewO sind und damit jederzeit - das heißt von einem konkreten Verfahren völlig unabhängig dazu berechtigt sind, über Art, Ausmaß Umfang und Bedingungen des Geschäftsbetriebes einer Betriebsanlage die gewerbebehördlich bewilligungspflichtig ist, in Kenntnis zu setzen.

Die gegenteilige Meinung kann durch nichts begründet werden.

Es ist nämlich auch bei einer Rechtsgüterabwägung, die hier zweifelsfrei vorzunehmen ist, völlig uneinsichtig, wie es möglich sein könnte, dass die Einschreiter des Nachbarn, allem durch die Zonierung ihrer Liegenschaften als in einem Seveso III-Bereich gelegen erhebliche Vermögenseinbußen auf sich nehmen müssen, ihnen aber auf der anderen Seite dann nicht einmal das Recht zustehen dürfte, sich darüber zu vergewissern, welche rechtlichen Rahmenbedingungen bzw. Koordinaten der Betrieb den sie zu dulden haben, einhalten muss.

In diesem Zusammenhang ergibt also schon die Auslegung nach den Bestimmungen des innerstaatlichen Rechtes zwingend, dass die Verweigerung der Akteneinsicht in den gegenständlichen (Gesamt-) Akt rechtswidrig war.

D Anträge

Damit wird gestellt der

ANTRÄGE

das LVwG Tirol wolle in Stattgebung dieser Beschwerde

1. den angefochtenen Bescheid der BH W vom 19.12.2016, Zl. **** dahingehend abändern, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht Folge gegeben werde und den Bf Akteneinsicht in alle, die Bewilligung(en) der bestehenden Betriebsanlagebetreffenden Akten Einsicht gewährt werde;

2. in eventu: den angefochtenen Bescheid der BH W vom 19.12.2016, Zl. **** dahingehend abändern, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht in der Weise Folge gegeben werde dass den Bf Akteneinsicht in alle, die Bewilligung(en) der bestehenden Betriebsanlage betreffenden Akten mit Ausnahme jener Aktenstücke gewährt werde, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse betreffen;

3. in eventu: den angefochtenen Bescheid der BH W vom 19.12.2016, Zl. **** dahingehend abändern, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht in der Weise Folge gegeben werde dass den Bf Akteneinsicht in alle nach den Bestimmungen der GewO zu erstellenden Berichte und Konzepte gewährt werden, im Besonderen in jene Unterlagen und Konzepte, die den internen und den externen Sicherheitsbericht betreffen;

4. in eventu: den angefochtenen Bescheid der BH W vom 19.12.2016, Zl. **** dahingehend abändern, dass dem verfahrenseinleitenden Antrag auf Gewährung der Akteneinsicht Folge gegeben werde.

5. in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Neuschöpfung eines Bescheides an die Behörde I. Instanz zurückverweisen.

6. eine mündliche Verhandlung anberaumen

7. Akteneinsicht in den Verfahrensakt gewähren“

Die Gemeinde Z hat, vertreten durch den Bürgermeister FF, dieser vertreten durch GG, Rechtsanwälte in X, Adresse 2, ebenfalls Beschwerde erhoben und darin wie folgt ausgeführt:

„In umseits näher bezeichneter Rechtssache hat die Beschwerdeführerin Frau Dr. JJ, Rechtsanwältin in X, Adresse 2, mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und erhebt diese hiermit für die Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W, Gewerbebehörde, vom 19.12.2016, GZ ****, der Vertreterin der Beschwerdeführerin zugestellt am 22.12.2016, sohin binnen offener Frist, gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 iVm Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG nachstehende

B E S C H W E R D E

an das Landesverwaltungsgericht Tirol.

Der vorangeführte Bescheid wird in seinem gesamten Umfang wegen Rechtswidrigkeit, insbesondere wegen Vorliegens von Verfahrensmängeln sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Die Beschwerdeführerin ist durch den gegenständlich angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Akteneinsicht und Informationsaustausch (zwischen den Behörden) verletzt.

Nachdem der angefochtene Bescheid der Beschwerdeführervertreterin am 22.12.2016 zugestellt wurde, ist die gegenständliche Beschwerde auch rechtzeitig, nämlich innerhalb der gesetzlichen Frist von 4 Wochen ab Zustellung, eingebracht.

I. Bisheriger Verlauf und Sachverhalt:

Vor dem Hintergrund, dass die Bewohner bzw. Eigentümer von Liegenschaften in unmittelbarer Nähe der mitbeteiligten Partei aufgrund eines SEVESO III Betriebes in ihren Grundrechten berührt werden und darüber hinaus ein außerordentlich hohes Gefährdungspotential von der Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei ausgeht, war die hier ausgewiesene Rechtsvertreterin vorerst mit der rechtsfreundlichen Vertretung von BB MBA, CC, DD und der hier gegenständlichen Beschwerdeführerin beauftragt, Akteneinsicht zu nehmen. Diesem Auftrag ist die ausgewiesene Rechtsvertreterin nach entsprechender Terminsvereinbarung am 24.06.2016 nachgekommen und hat unter Berufung auf die erteilten Vollmachten nur im eingeschränkten Ausmaß Einsicht über den mehrere tausend Seiten umfassenden Akt erhalten.

Inspektionsberichte betreffend die Sicherheitsüberprüfungen der mitbeteiligten Partei sowie das bei der Behörde aufliegende Sicherheitskonzept (dicker Ordner in rot) wurde von der Akteneinsicht hinsichtlich der ursprünglich vertretenen Anrainer BB MBA, CC und DD ausgenommen. Dies mit dem Hinweis darauf, dass im Sicherheitskonzept zahlreiche Telefonnummern, Privatadressen etc. von Mitarbeitern der mitbeteiligten Partei enthalten wären; diese Informationen allerdings dem „Datenschutz" unterliegen würden.

Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde die Akteneinsicht mit der mündlichen Begründung verweigert, dass die Protokolle der Sicherheitsüberprüfung sowie das Sicherheitskonzept ohnehin der Beschwerdeführerin bereits vorliegen müssten bzw übermittelt worden wären.

Noch während der vorgenommenen Akteneinsicht wurde vom Mitarbeiter der ausgewiesenen Rechtsvertreterin bei der Gemeinde Z diesbezüglich nachgefragt. Der zuständige Amtsleiter bzw. Bürgermeister war zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht anwesend. Nach einem weiteren telefonischen Kontakt vom 29.06.2016 wurde nochmals mit dem Amtsleiter sowie mit dem Bauamtsleiter und dem Bürgermeister der Beschwerdeführerin Rücksprache gehalten. Dies mit dem Ergebnis, dass weder das Sicherheitskonzept noch die entsprechenden Sicherheitsberichte der mitbeteiligten Partei im Gemeindeamt aufliegen. Aufgrund dieses Umstandes wurde sodann am 30.06.2016 um ergänzende Akteneinsicht sowie um Anfertigung von Kopien des Sicherheitskonzeptes sowie der Sicherheitsberichte ersucht. Am 05.07.2 016 wurde ein weiterer Termin zur Abholung der angefertigten Kopien vereinbart. Bei diesem Termin teilte der bei der belangten Behörde zuständige Sachbearbeiter abweichend von der vorangegangenen Begründung mit, dass nach „Seveso III" die Beschwerdeführerin kein Recht auf Akteneinsicht betreffend der weiteren Unterlagen (Sicherheitskonzept, Sicherheitsberichte, etc.) habe.

Aufgrund der Verweigerung der Akteneinsicht wurde letztlich mit 21.09.2016 nochmals förmlich der Antrag auf Akteneinsicht gestellt, welcher mit dem hier bekämpften Bescheid abermals versagt wurde.

Aus einer im Zuge der Akteneinsicht (wohl aus Sicht der belangten Behörde versehentlich) kopierten und übergebenen Niederschrift eines Sicherheitsberichts vom 09.06.2016 (Beil./l) ergibt sich allerdings, dass die Beschwerdeführerin an Überprüfungen nach Abschnitt 8a der Gewerbeordnung 1994 bereits in der Vergangenheit teilgenommen hat und ihr entsprechend der geltenden Rechtslage eine „Parteistellung" eingeräumt wurde. Die Verwehrung der Akteneinsicht hinsichtlich Beschwerdeführerin ist daher jedenfalls zu Unrecht erfolgt, was in der Folge noch näher ausgeführt wird.

Beweis:         Niederschrift der belangten Behörde betreffend Prüfung des Sicherheitskonzeptes der mitbeteiligten Partei vom 09.06.2015 (Beil./l);

ZV RA Mag. KK, p.A. Adresse 4, X;

ZV Ing. LL, Bauamtsleiter, p.A. Beschwerdeführerin;

ZV MM, Amstleiter, p.A. Beschwerdeführerin;

PV.

II. Beschwerdegründe:

1) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Die belangte Behörde übergeht im Rahmen ihrer Begründung unter anderem gänzlich, dass die Beschwerdeführerin im eigenen Wirkungsbereich für die Bekämpfung örtlicher Katastrophen zuständig ist (§ 3 Tiroler Katastrophenmanagementgesetz). Die belangte Behörde setzt sich mit den Agenden der Beschwerdeführerin und den damit einhergehenden Informations- und Auskunftspflichten ua. gem. § 19 Tiroler KatastrophenmanagementG nicht auseinander. Dass die Beschwerdeführerin schon aufgrund ihrer im eigenen Wirkungsbereich verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben (Art. 118 B-VG) nicht den Anspruch auf Akteinsicht bzw. ein entsprechendes rechtliches Interesse hat, bleibt im angefochtenen Bescheid unerörtert.

Die Pflicht, einen Bescheid schlüssig zu begründen, stellt keinen Selbstzweck dar (VWGH 22.12.1993; 90/13/0160).

Mangels jeglicher Begründung in Bezug auf die Ausführungen im Antrag auf Akteneinsicht vom 21.09.2016 liegt insoweit ein Begründungs- bzw. Verfahrensmangel des angefochtenen Bescheides vor.

2. unrichtige rechtliche Beurteilung:

Die belangte Behörde kommt zusammengefasst zum Schluss, dass die Erstellung eines Sicherheitskonzeptes unter die Bestimmungen des Abschnittes 8a der Gewerbeordnung 1994 fällt. Das Sicherheitskonzept unterliege nicht der Genehmigungspflicht und komme daher eine Parteistellung der Beschwerdeführerin nicht in Betracht. Demnach bestehe auch kein Anspruch auf Akteneinsicht in das Sicherheitskonzept.

Dies ist (auch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin zu erfüllenden Aufgaben im eigenen und übertragenen Wirkungsbereich) in mehrfacher Hinsicht verfehlt:

a) Recht auf Akteneinsicht gemäß der Richtlinie 2012/18/EU vom 04.07.2012 (Seveso III) in Verbindung mit der Richtlinie 2003/4/EG vom 28.01.2003 (Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen):

Aus Art. 22 Abs. 1 der RL 2012/18/EU ergibt sich, dass die zuständige Behörde im Interesse der Transparenz jegliche gemäß dieser Richtlinie vorliegende Information jeder natürlichen oder juristischen Person auf Antrag gemäß der RL 2003/4/EG zur Verfügung stellen muss.

Art. 8 leg. cit. normiert die Verpflichtung von sogenannten "Seveso III-Betrieben" ein Konzept zur Verhütung schwerer Unfälle vorzulegen (Sicherheitskonzept). Daraus ist unzweifelhaft abzuleiten, dass das Sicherheitskonzept eine „Information gemäß dieser Richtlinie" darstellt und damit in die Informationspflicht gem. Art. 22 Abs. 1 der RL 2012/18/EU fällt.

Es ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob die Informationspflicht auch gemäß der Richtlinie 2003/4/EG besteht.

Diese Richtlinie über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen dient insbesondere dem erweiterten Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen. Nach Pkt. (8) der Präambel der vorgenannten Richtlinie muss wiederum gewährleistet werden, dass jede natürlich oder juristische Person ohne Geltendmachung eines Interesses ein Recht auf Zugang zu bei Behörden vorhandenen oder für diese bereit gehaltenen „Umweltinformationen" hat.

„Umweltinformationen" werden gemäß Präambel Pkt. (10) der RL 2003/4/EG dahingehend definiert, dass Informationen zu folgenden Bereichen davon umfasst sind: Zustand der Umwelt; Faktoren, Maßnahmen oder Tätigkeiten, die Auswirkungen auf die Umwelt haben oder haben können oder die dem Schutz der Umwelt dienen; (...) außerdem Informationen über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit (...). Dass das Sicherheitskonzept des gegenständlichen Seveso-III Betriebes fundamentale Informationen in Bezug auf mögliche oder tatsächliche Auswirkung auf Umwelt, Sicherheit etc. enthält, dürfte unstrittig sein.

Die Voraussetzungen nach Art. 22 Abs. 1 der RL 2012/18/EU auf Akteneinsicht der Beschwerdeführerin sind deshalb jedenfalls gegeben.

Eine Einschränkung der Akteneinsicht nach Abs. 2 des Art. 22 der Richtlinie zu Seveso III Betrieben greift ebenfalls nicht ein. Keiner der in Art. 4 RL 2003/4/EG genannten Tatbestände, welche eine Einschränkung oder Ausnahme vom Zugang zu Umweltinformationen rechtfertigen würde, ist im konkreten Fall erfüllt. Auch wurde keiner dieser Tatbestände im angefochtenen Bescheid als Begründung herangezogen.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die in den Abs. 1 und 2 des Art. 4 genannten Ausnahmen eng auszulegen sind und im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe zu berücksichtigen ist (Art. 4 Abs. 2 nach lit. h, RL 2003/4/EG).

Die weiteren Einschränkungen des Art. 22 Abs. 3 RL 2012/18/EU sind ebenso hier nicht relevant.

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Informationsverpflichtung gemäß Art. 22 RL 2 012/18/EU in Verbindung mit der RL 2003/4/EG jedenfalls gegeben sind und die belangte Behörde der Beschwerdeführerin rechtswidrig das Recht auf Akteneinsicht verwehrt hat.

b) Recht auf Akteneinsicht und Informationsaustausch aufgrund hoheitlicher Aufgaben der Beschwerdeführerin:

Nach dem oben angeführten Recht auf Akteneinsicht der Beschwerdeführerin auf Grundlage der Richtlinien 2012/18/EU in Verbindung mit RL 2003/04/EG, wobei dort ein (rechtliches) Interesse gar nicht von Nöten ist, hat die Beschwerdeführerin auch aufgrund

ihrer verfassungsrechtlich vorgesehenen Aufgaben ein Recht auf Akteneinsicht.

Das B-VG weist den Gemeinden als Selbstverwaltungskörper sowohl eigene als auch übertragene Aufgaben zu. In den eigenen Wirkungsbereich fallen „alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden'" (Art. 118 Abs. 2 B-VG). Mit Imperium ausgestattet handeln die Gemeinden daher vor allem in den Bereichen der Sicherheits-, Gesundheits-, Straßen-, Flurschutz-, Bau- und Feuerpolizei, der Verwaltung gemeindlicher Verkehrsflächen und der örtlichen Raumplanung.

Im übertragenen Wirkungsbereich hat jede Gemeinde aufgrund von Bundes- oder Landesgesetzen Vollziehungsaufgaben zu erledigen. Dazu zählen insbesondere auch die örtliche Sicherheitsverwaltung sowie der Katastrophenschutz. Gemäß § 3 des Tiroler Katastrophenmanagementgesetzes ist für die Vorbereitung und die Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung örtlicher Katastrophen der Bürgermeister zuständige Behörde. Die entsprechenden Gemeinden haben Katastrophenschutzpläne zu erarbeiten. Weiters hat die Gemeinde die Gemeindebewohner in regelmäßigen Abständen über Maßnahmen zum Schutz vor Katastrophen zu informieren. Es bestehen insbesonders Informations- und Mitwirkungspflichten.

Die Behörden haben sich bei der Vorbereitung und der Durchführung der Abwehr und der Bekämpfung von Katastrophen gegenseitig umfassend zu informieren (§ 19 Tiroler Katastrophenmanagementgesetzes).

Weiters ist im Tiroler Katastrophenschutzmanagementgesetz in § 25 nochmals ausdrücklich festgehalten, dass die Aufgaben der Gemeinde nach diesem Gesetz solche des eigenen Wirkungsbereiches sind.

Zur Erfüllung der verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben des eigenen sowie übertragenen Wirkungsbereiches, ist die Informationserteilung betreffend eines innerhalb des eigenen Wirkungsbereichs bzw. Gemeindegebiets ansässigen „Seveso III Betriebes" jedenfalls notwendig. Ohne entsprechende Informationen können diverseste Aufgaben des eigenen sowie übertragenen Wirkungsbereichs nicht wahrgenommen und erfüllt werden.

Neben den sich beispielsweise aus dem Tiroler Katastrophenmanagementgesetz ergebenen Recht auf Information und Akteneinsicht ist bspw. auch die örtliche Raumplanung ausdrücklich auch im Abschnittes 8a der Gewerbeordnung 1994 festgehalten, dass zur Sicherstellung der Wahrnehmung der Aufgaben im Bereich der Flächenausweisung und Flächennutzung entsprechende Mitteilungen an die örtliche Raumplanung zuständigen Behörden (hier Gemeinde) weiterzuleiten sind. Ohne Kenntnis der entsprechenden Gefahren und allfälligen Auswirkungen auf die umliegenden Grundstücke (auch im Falle eines Betriebsunfalls auf dem Gelände der mitbeteiligten Partei) ist ua. eine geordnete örtliche Raumplanung sowie die Erfüllung der Aufgaben als Katastrophenschutzbehörde nicht möglich. Das Sicherheitskonzept etc. ist daher für die Beschwerdeführerin zur Erfüllung ihrer (hoheitlichen) Aufgaben von hoher Relevanz.

Die Beschwerdeführerin hat demnach auch aufgrund der ihr übertragenen hoheitlichen Aufgaben ein Recht auf Informationsaustausch sowie insbesondere das Recht auf vollständige Akteneinsicht.

c) Parteistellung der Beschwerdeführerin:

Wie unter Pkt. I ausgeführt, wurde die Beschwerdeführerin bereits in der Vergangenheit zu Sicherheitsüberprüfungen der mit beteiligten Partei nach Abschnitt 8a der GewO 1994 beigezogen (siehe Beilage./I).

Demgemäß ist die belangte Behörde anlässlich der vorgenommenen Akteneinsicht selbst davon ausgegangen, dass das Sicherheitskonzept sowie die entsprechenden Berichte ohnehin bereits bei der Beschwerdeführerin aufliegen würden. Bei einer fehlenden „Parteistellung" wäre die Beschwerdeführerin auch in der Vergangenheit nicht zu entsprech

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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