TE Lvwg Erkenntnis 2017/3/22 LVwG 30.30-5/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2017
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Entscheidungsdatum

22.03.2017

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §137 Abs1
GewO 1994 §137 Abs6 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin
Mag. Schmalzbauer über die Beschwerde des A F,
geb. am xx, vertreten durch DDr. C G, T, G-S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.11.2015, GZ: 0545992014/0010,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.   Gemäß § 50 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der Beschwerde

stattgegeben,

das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG eingestellt.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 26.11.2015, GZ: 0545992014/0010, wurde A F, geb. am xx, Tgasse , L, vorgeworfen, er habe als unbeschränkt haftender Gesellschafter der I S KG mit Sitz in G, E Weg, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, dass die genannte Gesellschaft zumindest von 22.10.2014 bis zumindest 20.03.2015 im Internet auf ihrer Homepage www.S.at durch das Anbieten von Aufnahme der Schadensmeldung und Weiterleitung an das Versicherungsunternehmen, Prüfung des Versicherungsvertrags auf Leistungen, Prüfung auf etwaiger unberechtigter Ablehnung des Versicherungsunternehmens, Geltendmachung von Leistungen aufgrund der Tarife, Abrechnungsinformation und Bestätigung der korrekten Abrechnung, etc., das reglementierte Gewerbe der Versicherungsvermittlung (Versicherungsagenten, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten) an einen größeren Kreis von Personen angeboten habe, was der Ausübung des Gewerbes gemäß § 1 Abs 4 2. Satz GewO 1994 gleichzuhalten sei, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Er habe dadurch die Rechtsvorschriften in § 366 Abs 1 Z 1 iVm §§ 1 Abs 4 2. Satz,
5 Abs 1, 94 Z 76 und 137 Abs 1 der Gewerbeordnung 1994 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 400,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer als unbeschränkt haftender Gesellschafter der I S KG die ihm vorgeworfene Übertretung der Gewerbeordnung die Ausübung des Gewerbes „Versicherungsvermittlung (Versicherungsagenden, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten) durch das Anbieten im Internet auf der Homepage www.S.at an einen größeren Kreis von Personen zu verantworten habe. Der Beschwerdeführer sei nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe Versicherungsvermittlung gewesen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die Wirtschaftskammer keine positive Stellungnahme abgegeben habe und die genannte Firme deshalb noch keine Gewerbeberechtigung besitze, sei unerheblich.

Es sei richtig, dass die Tätigkeiten der Schadensregulierung ein freies Gewerbe sei, jedoch habe der Beschwerdeführer durch das Anbieten der Aufnahme von Schadensmeldung und Weiterleitung an das Versicherungsunternehmen, Prüfung des Versicherungsvertrags auf Leistungen, Prüfung etwaiger unberechtigter Ablehnungen des Versicherungsunternehmens, Geltendmachung von Leistungen aufgrund der Tarife, Abrechnungsinformation und Bestätigung der korrekten Abrechnung, etc. das reglementierte Gewerbe der Versicherungsvermittlung (Versicherungsagenden, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten) an einen größeren Kreis von Personen angeboten, was der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten sei.

Bei der Strafbemessung wurde als mildernd die bisherige Unbescholtenheit und als erschwerend nichts gewertet.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige und in formaler Hinsicht zulässige Beschwerde mit dem Antrag, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

Dem Beschwerdeführer sei bis zur Zustellung der Strafverfügung gänzlich unbekannt gewesen, dass mit der Gestaltung der Homepage und Onlinestellung durch die I S KG eine Verwaltungsübertretung begangen worden wäre. Er hätte sonst alles Erdenkliche getan, damit das nicht geschehe.

Die angebotene Tätigkeit falle gar nicht unter das Gewerbe der Versicherungsvermittlung. Es sei eine bloße Schadensregulierung angeboten worden und mit keiner Silbe die Vermittlung von Versicherungsverträgen, die eine typische Tätigkeit des Versicherungsvermittlers sei, angeboten worden. Die Tätigkeit der Schadensregulierung im Auftrag eines Versicherungsunternehmens sei aber nach Art. 2 Z 3 der Richtlinie 2002/92/EG explizit keine Versicherungsvermittlung. Es wären zumindest auch die Ausnahmen des § 137 Abs 5 und Abs 6 GewO zu prüfen gewesen. Sofern nicht ein Zusammenhang mit Vermittlungstätigkeiten bestehe, könne die Tätigkeit der Schadensregulierung nur als einem freien Gewerbe zugeordnet werden. Vermittlungstätigkeit sei nie ausgeübt worden, auch auf der Homepage finde sich nie auch nur ein Hinweis, dass Versicherungsvermittlungstätigkeiten angeboten würden.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite werde vorgebracht, dass nicht einmal fahrlässiges Handeln vorgelegen sei, da die I S KG über eine Auskunft der Wirtschaftskammer Steiermark verfüge, wonach die Tätigkeit der Schadensregulierung keine Tätigkeit des reglementierten Gewerbes Versicherungsvermittlung bilde. Auch sei weder auf seine Rechnung und Gefahr noch auf jene der I S KG eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet worden.

Bezüglich der Strafhöhe werde geltend gemacht, dass € 400,00 angesichts der geringen Schädlichkeit des Verhaltens zu hoch sei.

Für die mündliche Verhandlung werde ein Sachverständiger zu laden sein, der bestätige, dass die ausgeübten Tätigkeiten keine Versicherungsvermittlung bildeten. Abschließend wurde die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers und Zusendung eines Vermögensbekenntnisses verlangt.

Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 04.02.2016,
GZ: LVwG 99.30-19/2016-3, wurde der Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß
§ 40 Abs 1 VwGVG abgewiesen.

Sachverhalt:

Die I S KG, Firmenbuchnummer X, mit Sitz in E-Weg, G, wurde am 22.10.2014 ins Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftender Gesellschafter der I S KG ist seit 22.10.2014 A F. Kommanditist ist M K.

M K war von 01.04.2001 bis 30.06.2008 Gewerbeinhaber des freien Gewerbes „Vermittlung von Verträgen zwischen befugten Vermögensberatern und deren Auftraggebern unter Ausschluss jeder Beratung über den Inhalt derartiger Verträge bzw. die aufgrund derartiger Verträge von den Vermögensberatern zu erbringende Leistungen“ (Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister: Register 617, Gewerberegisternummer: 6398).

A F war nie Gewerbeinhaber eines Gewerbes (GISA-Abfrage vom 04.03.2015 durch die belangte Behörde).

Eine Abfrage der belangten Behörde am 11.12.2014 im GISA ergab, dass an der Adresse E-Weg, G, kein Gewerbe angemeldet war.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 16.02.2015,
GZ: A2-57720/2014, wurde gemäß § 340 Abs 3 GewO iVm § 137c Abs 3 GewO festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des am 31.10.2014 durch die I S KG angemeldeten reglementierten Gewerbes „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent gemäß § 94 Z 76 GewO 1994“ nicht vorliegen und wurde die Ausübung des Gewerbes untersagt.

Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die I S KG mit Mitteilung vom 30.12.2014 aufgefordert worden sei, den genauen Standort der Gewerbeausübung und zumindest ein Agenturverhältnis bekannt zu geben. Dieser Aufforderung sei aber bis dato nicht nachgekommen worden. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes lägen daher nicht vor.

Mit Schreiben der Wirtschaftskammer Steiermark vom 29.09.2014 wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, dass M G das Gewerbe „Versicherungsvermittlung“ ausübe, ohne hierzu berechtigt zu sein. Als Beweis wurde auf die Homepage www.S.at verwiesen. Der Anzeige lag ein Internetausdruck der Seite www.S.at vom 29.09.2014 bei.

Auf Nachfrage der belangten Behörde teilte M G mit, dass er in Zukunft bei der I S KG beschäftigt sein werde, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer M K sei.

Auf der Homepage www.S.at wird M G als Leitung des Schadenmanagements angegeben und es werden folgende Leistungen angeboten:

?    „Aufnahme der Schadensmeldung und Weiterleitung an das Versicherungsunternehmen.

?    Prüfung des Versicherungsvertrags auf Leistungen.

?    Prüfung etwaiger unberechtigter Ablehnungen des Versicherungsunternehmens.

?    Geltendmachung von Leistungen aufgrund der Tarife.

?    Anforderungen notwendiger Unterlagen und Weiterleitung an das Versicherungsunternehmen.

?    Echtzeitinformation an Sie über unser Schadensmanagementportal.

?    Abrechnungsinformation und Bestätigung der korrekten Abrechnung“

Unter „Beispiele“ steht auf der Homepage zu lesen:

„Streitigkeiten zwischen Versicherungsnehmer und Versicherungsunternehmen sind in der Praxis nicht selten. Dazu verweisen wir auf folgende Beispielsfälle. Unser Unternehmen kann Sie zu solchen oder vielen anderen vergleichbaren Fällen unterstützen:

Darunter steht: „Wir verstehen uns als Schnittstelle unseres Kunden gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Unser Team hat langjährige Erfahrung in der Versicherungsbranche und der professionellen Schadensabwicklung. Oft gibt es unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Kunden/Makler/Agentur. Wir sind für sie zuständig, die Leistungen, die das Versicherungsunternehmen laut den Bedingungen und der Gesetzeslage zu erbringen hat, für sie durchzusetzen. Ein professionelles Team steht Ihnen zur Verfügung und hilft Ihnen, Ihre Rechte geltend zu machen.“

Im Impressum der Homepage scheint als Eigentümer und Herausgeber die I S KG, E-Weg, G, ohne Firmenbuchnummer-Angabe auf.

Der Beschwerdeführer wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 24.02.2016 aufgefordert, die in der Beschwerde angeführte Auskunft der Wirtschaftskammer Steiermark vorzulegen. Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung nicht nach.

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Akt der belangten Behörde sowie den Gegenstandsakt und das Ergebnis der am 18.04.2016 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Beschwerdeführer nicht erschienen ist.

Der Vertreter des Beschwerdeführers schilderte in der Verhandlung die von der I S KG entfalteten Tätigkeiten glaubwürdig, nämlich, dass die I S KG keinerlei gewerbliche Tätigkeit entfaltet, sondern sich zuerst um ein Agenturverhältnis bemüht, dieses jedoch nicht bekommen habe. Daraufhin habe die I S KG begonnen, die Homepage zu erstellen. Der vorgeworfene Tatzeitraum sei richtig. Die I S KG habe zu diesem Zeitpunkt keine Schadensregulierung durchgeführt. Die Aufgabe des Beschwerdeführers hätte eine Betätigung zur Erzielung eines kleinen Nebeneinkommens sein sollen. Der Beschwerdeführer beziehe sein Einkommen als Kraftfahrer bei der Firma P. Er habe keine Ausbildung im Versicherungsbereich. Operativ hätte Herr K tätig sein sollen, der sich im Versicherungsbereich auskenne. Diese Angaben sind mit dem Vorbringen in der Beschwerde und dem Akteninhalt gut in Einklang zu bringen.

Rechtliche Beurteilung:

Art. 131 Abs 1 B-VG bestimmt, dass soweit sich aus Abs 2 und 3 dieser Bestimmung nichts anderes ergibt, über Beschwerden nach Art. 130 Abs 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder entscheiden.

Entsprechend der Bestimmung des Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

§ 38 VwGVG:

„Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.“

§ 1 der Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der die Gewerbeordnung 1973 wiederverlautbart wird (Gewerbeordnung 1994 – GewO), BGBl. 194/1994, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 81/2015:

„(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

(5) Die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, liegt auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

(6) ...“

§ 94 Z 76 GewO:

„Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

76. Versicherungsvermittlung (Versicherungsagent, Versicherungsmakler   und Beratung in Versicherungsangelegenheiten)“

§ 137 GewO:

„(1) Bei der Tätigkeit der Versicherungsvermittlung handelt es sich um das Anbieten, Vorschlagen oder Durchführen anderer Vorbereitungsarbeiten zum Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Abschließen von Versicherungsverträgen oder das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfüllung, insbesondere im Schadensfall. Es kann sich dabei insbesondere um Versicherungsagenten- oder um Versicherungsmaklertätigkeiten im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG), BGBl. Nr. 2/1959, in der geltenden Fassung, und des Maklergesetzes, BGBl. Nr. 262/1996, in der geltenden Fassung, handeln.

(2) Nach diesem Bundesgesetz kann die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung - entsprechend der tatsächlichen Beziehung zu Versicherungsunternehmen - in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ erfolgen und zwar im Umfang einer Gewerbeberechtigung nach § 94 Z 75 oder Z 76 oder als Nebengewerbe. Bei einem Nebengewerbe kann es sich entweder um ein sonstiges Recht im Rahmen einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz im Sinne des § 32 Abs. 6 oder um eine Nebentätigkeit zur Ergänzung von im Rahmen einer Hauptberufstätigkeit auf Grund eines anderen Gesetzes gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen handeln.

(2a) Nebengewerbliche Tätigkeiten im Sinne des Abs. 2 sind nur soweit zulässig, als

1.

ein zwingender und wirtschaftlich sinnvoller enger Zweckzusammenhang mit dem Hauptinhalt des jeweiligen Geschäftsfalles besteht,

2.

ein zwingender und wirtschaftlich sinnvoller enger Zweckzusammenhang zwischen den vermittelten Versicherungsverträgen und dem Haupttätigkeitsinhalt des Gewerbetreibenden besteht und

3.

im Rahmen des jeweiligen Geschäftsfalles der Umsatzerlös aus der Versicherungsvermittlung einen Anteil von 20vH des Umsatzerlöses aus dem damit verbundenen Hauptgeschäftsfall nicht überschreitet.

Ein Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung kann bis spätestens 31. Dezember 2008 neu begründet werden.

(3) Die Bestimmungen über Versicherungsvermittlung gelten in gleicher Weise für die Rückversicherungsvermittlung.

(4) Sonstige Ausübende selbstständiger, nicht gewerblicher Berufe dürfen ohne eine entsprechende Gewerbeberechtigung zu begründen, Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung nicht vornehmen.

(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 und der §§ 137a bis 138 und die sonstigen Bestimmungen über Versicherungsvermittlung finden keine Anwendung auf Personen, die Vermittlungsdienste für Versicherungsverträge anbieten, wenn sämtliche nachstehenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

für den betreffenden Versicherungsvertrag sind nur Kenntnisse des angebotenen Versicherungsschutzes erforderlich,

b)

bei dem Versicherungsvertrag handelt es sich nicht um einen Lebensversicherungsvertrag,

c)

der Versicherungsvertrag deckt keine Haftpflichtrisiken ab,

d)

die betreffende Person betreibt die Versicherungsvermittlung nicht hauptberuflich,

e)

die Versicherung stellt eine Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware bzw. der Erbringung einer Dienstleistung durch einen beliebigen Anbieter dar, wenn mit der Versicherung Folgendes abgedeckt wird:

aa)

das Risiko eines Defekts, eines Verlusts oder einer Beschädigung von Gütern, die von dem betreffenden Anbieter geliefert werden oder

bb)

Beschädigung oder Verlust von Gepäck und andere Risiken im Zusammenhang mit einer bei dem betreffenden Anbieter gebuchten Reise, selbst wenn die Versicherung Lebensversicherungs- oder Haftpflichtrisiken abdeckt, vorausgesetzt, dass die Deckung zusätzlich zur Hauptversicherungsdeckung für Risiken im Zusammenhang mit dieser Reise gewährt wird und

f)

die Jahresprämie übersteigt nicht 500 Euro, und der Versicherungsvertrag hat eine Gesamtlaufzeit, eventuelle Verlängerungen inbegriffen, von höchstens fünf Jahren.

(6) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 und der §§ 137a bis 138 und die sonstigen Bestimmungen über Versicherungsvermittlung finden weiters keine Anwendung, wenn

1.

beiläufig Auskünfte erteilt werden, die im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit stehen, die nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrages zu unterstützen,

2.

die berufsmäßige Verwaltung der Schadensfälle eines Versicherungsunternehmens oder die Schadensregulierung und Sachverständigenarbeit im Zusammenhang mit Schadensfällen erfolgt.“

§ 137a GewO:

„(1) Versicherungsvermittler ist jede natürliche oder juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung gegen Vergütung aufnimmt oder ausübt. Tätigkeiten gelten nicht als Versicherungsvermittlung, wenn sie von einem Versicherungsunternehmen oder einem Angestellten eines Versicherungsunternehmens, der unter der Verantwortung des Versicherungsunternehmens tätig wird, ausgeübt werden.

(2) ...“

§ 137b GewO:

„(1) Der Einzelunternehmer oder im Falle von Gesellschaften (§ 9 Abs. 1) wenigstens ein Drittel aller dem Leitungsorgan eines Unternehmens angehörenden Personen, die für die Versicherungsvermittlung verantwortlich sind, sowie alle direkt bei der Versicherungsvermittlung mitwirkenden Beschäftigten haben die dazu erforderliche fachliche Eignung zu besitzen. Diese kann entweder durch den Befähigungsnachweis für die Gewerbe Versicherungsvermittlung oder Gewerbliche Vermögensberatung oder gemäß § 19 durch einschlägige Ausbildungsgänge oder durch adäquate Verwendungszeiten erfüllt werden.

(2) Bezüglich der direkt bei der Versicherungsvermittlung mitwirkenden Beschäftigten genügt der Nachweis über interne Einschulungen im Hinblick auf die vertriebenen Produkte oder vergleichbare Ausbildungen.

(3) Wird die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung ausschließlich in der Form Versicherungsagent ausgeübt und werden weder Prämien noch für den Kunden bestimmte Beträge in Empfang genommen und erfolgt die Tätigkeit aufgrund eines Nebengewerbes, so kann die fachliche Eignung, sofern eine Verordnung nach
§ 18 dies vorsieht, durch eine Bestätigung des Versicherungsunternehmens (der Versicherungsunternehmen) über eine Ausbildung, die den Anforderungen im Zusammenhang mit den vertriebenen Produkten entspricht, erfolgen.

(4) bis (7) ...“

§ 137f GewO:

„(1) Versicherungsvermittler haben im Geschäftsverkehr als solche aufzutreten. Die bei der Versicherungsvermittlung verwendeten eigenen Papiere und Schriftstücke haben deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile Namen und Anschrift, die GISA-Zahl sowie die Bezeichnung „Versicherungsvermittler“ zu enthalten.

(2) Für Versicherungsvermittler ausschließlich in der Form „Versicherungsagent“, gilt Abs. 1 mit dem Unterschied, dass sie als solche aufzutreten und Papiere und Schriftstücke deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile den Hinweis „Versicherungsagent“ und alle Agenturverhältnisse zu enthalten haben.

(3) Für Versicherungsvermittler ausschließlich in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“, gilt Abs. 1 mit dem Unterschied, dass sie als solche aufzutreten und Papiere und Schriftstücke deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile den Hinweis „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ zu enthalten haben.

(4) Gewerbetreibende, die das Recht zur Versicherungsvermittlung auf Grund einer Berechtigung zur Gewerblichen Vermögensberatung (§ 94 Z 75) besitzen, haben im Geschäftsverkehr und auf Papieren und Schriftstücken deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile hinzuweisen, dass sie zur Versicherungsvermittlung bezüglich Lebens- und Unfallversicherungen berechtigt sind. Erfolgt die Tätigkeit ausschließlich in der in Abs. 2 oder in Abs. 3 genannten Form, hat der Hinweis sinngemäß Abs. 2 oder Abs. 3 zu berücksichtigen.

(5) Gewerbetreibende, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung als Nebengewerbe bzw. als ein eingeschränktes Gewerbe angemeldet haben, haben im Geschäftsverkehr und auf Papieren und Schriftstücken deutlich sichtbar im Kopf oder in der Fußzeile auf das Nebengewerbe bzw. auf das eingeschränkte Gewerbe hinzuweisen. Erfolgt die Tätigkeit ausschließlich in der in Abs. 2 oder in Abs. 3 genannten Form, hat der Hinweis sinngemäß Abs. 2 oder Abs. 3 zu berücksichtigen.

(6) Besteht eine Berechtigung zum Empfang von Prämien für das Versicherungsunternehmen oder von für den Kunden bestimmten Beträgen, so ist auch dies im Sinne von Abs. 1 bis 5 deutlich zu machen.

(7) Der Versicherungsvermittler ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass dem Versicherungskunden bei Abschluss jedes ersten Versicherungsvertrags und nötigenfalls bei Änderung oder Erneuerung des Vertrags folgende Informationen vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden gegeben werden:

1.

seinen Namen und seine Anschrift;

2.

in welches Register er eingetragen wurde und auf welche Weise sich die Eintragung überprüfen lässt;

3.

ob er eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH an den Stimmrechten oder am Kapital eines bestimmten Versicherungsunternehmens hält;

4.

ob ein bestimmtes Versicherungsunternehmen oder dessen Mutterunternehmen an seinem Unternehmen eine direkte oder indirekte Beteiligung von über 10 vH der Stimmrechte oder am Kapital hält;

5.

Angaben über Beschwerdemöglichkeiten betreffend die Versicherungsvermittlung.

(8) Bei einem Beratungsgespräch hat der Versicherungsvermittler entweder in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ tätig zu werden. Im Hinblick auf jeden einzelnen angebotenen Vertrag hat der Versicherungsvermittler vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden diesem mitzuteilen:

1.

ob er seinen Rat gemäß Absatz 9 auf eine ausgewogene Marktuntersuchung stützt, oder

2.

ob er vertraglich gebunden ist und entweder

a)

verpflichtet ist, Versicherungsvermittlungsgeschäfte bezüglich des vertragsgegenständlichen Versicherungsprodukts ausschließlich mit einem Versicherungsunternehmen zu tätigen.

In diesem Fall teilt er dem Kunden auf Nachfrage auch die Namen allfälliger sonstiger Versicherungsunternehmen mit, an die er vertraglich gebunden ist, wobei der Kunde über dieses Recht zu informieren ist oder

b)

zwar nicht verpflichtet ist, Versicherungsvermittlungsgeschäfte bezüglich des vertragsgegenständlichen Versicherungsprodukts ausschliesslich mit einem Versicherungsunternehmen zu tätigen, aber seinen Rat wegen seiner vertraglichen Bindungen nicht auf eine ausgewogene Marktuntersuchung
(Z 1) stützt.

In diesem Fall teilt er dem Kunden auch die Namen der Versicherungsunternehmen mit, mit denen er Versicherungsgeschäfte tätigen darf und auch tätigt.

(9) Teilt der Versicherungsvermittler dem Kunden mit, dass er auf der Grundlage einer objektiven Untersuchung berät, so ist er verpflichtet, seinen Rat auf eine Untersuchung im Sinne von § 28 Z 3 des Maklergesetzes, BGBl. Nr. 262/1996, in der geltenden Fassung von auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen zu stützen. Im Fall von Abs. 8 Z 2 lit. b gilt dies eingeschränkt auf die Versicherungsverträge, die von den Versicherungsunternehmen, für die der Versicherungsvermittler Versicherungsgeschäfte tätigen darf und auch tätigt, angeboten werden.“

§ 137g GewO:

„(1) Der Versicherungsvermittler hat den Kunden, abgestimmt auf die Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags, entsprechend den Angaben, Wünschen und Bedürfnissen des Kunden zu beraten. Bei Abschluss eines Versicherungsvertrags hat der Versicherungsvermittler vor Abgabe der Vertragserklärung des Kunden, insbesondere anhand der vom Kunden gemachten Angaben, zumindest dessen Wünsche und Bedürfnisse sowie die Gründe für jeden diesem zu einem bestimmten Versicherungsprodukt erteilten Rat genau anzugeben.

(2) Die Verpflichtungen gemäß Abs. 1 und gemäß § 137f Abs. 7 und 8 bestehen nicht bei der Vermittlung von Versicherungen für Großrisiken im Sinne von Art. 13 Nr. 27 der Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (Neufassung),
ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2009 S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2014/51/EU, ABl. Nr. L 153 vom 22.05.2014 S. 1
und bei der Rückversicherungsvermittlung.“

Gemäß § 94 Z 76 GewO handelt es sich beim Gewerbe „Versicherungsvermittlung (Versicherungsagenden, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten) um ein reglementiertes Gewerbe. Bei der Schadensregulierung handelt es sich hingegen um ein freies Gewerbe.

Die I S war im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht Gewerbeinhaberin des Versicherungsvermittlergewerbes, aber auch keines anderen Gewerbes. Von der allgemeinen Regel des § 5 Abs 1 GewO, wonach Anmeldungsgewerbe auf Grund der Anmeldung ausgeübt werden dürfen, besteht für das Gewerbe der Versicherungsvermittlung eine abweichende Regelung in
§ 137c Abs. 3 letzter Satz GewO, wonach - und eben anders als nach
§ 5 Abs 1 GewO - dieses Gewerbe erst mit der Eintragung "ausgeübt" werden darf (VwGH 26.10.2010, Zl. 2008/04/0191).

Dem Spruch des in Beschwerde gezogenen Bescheides und dem Ermittlungsverfahren der belangten Behörde ist nicht zu entnehmen, wieso die belangte Behörde entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren davon ausgeht, dass das reglementierte Versicherungsvermittlungsgewerbe und nicht etwa das freie Gewerbe Schadensregulierung ausgeübt wurde. Die belangte Behörde hat die Anzeige der Wirtschaftskammer ohne weitere Auseinandersetzung in das Straferkenntnis übernommen.

Gemäß § 137 Abs 2 GewO kann die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung – entsprechend der tatsächlichen Beziehung zum Versicherungsunternehmen – in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ erfolgen (VwGH 14.04.2011, Zl 2008/04/0209), und zwar im Umfang einer Gewerbeberechtigung gemäß § 94 Z 75 oder Z 76 GewO oder als Nebengewerbe (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung, RZ 9ff zu § 137). An diese Unterscheidung zwischen Versicherungsagent und Versicherungsmakler sind unterschiedliche Berechtigungen und unterschiedliche Anforderungen geknüpft (vgl. etwa § 137b Abs 3, § 137f Abs 2 und Abs 3 und Abs 8 GewO und die in der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Zugangsvoraussetzungen für die reglementierten Gewerbe Versicherungsagent, Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten sowie die Berechtigung zur Versicherungsvermittlung bei der Gewerblichen Vermögensberatung, BGBl II Nr. 156/2010, geregelten unterschiedlichen fachlichen Qualifikationserfordernisse).

In der Gewerbeordnung 1994 ist eine genaue inhaltliche Abgrenzung zwischen den verschiedenen Formen des Gewerbes der Versicherungsvermittlung, „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ sowie „Versicherungsagent“, nicht enthalten.

Tätigkeiten der Vermittlung von Versicherungsverträgen im engeren Sinn können zivilrechtlichen Tätigkeiten als Versicherungsagent im Sinn des Versicherungsvertragsgesetzes oder Tätigkeiten als Versicherungsmakler im Sinn des Maklergesetzes sein. Zentral ist die Beziehung zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittler, die auch die Unterscheidung zwischen Versicherungsmaklertätigkeiten und Versicherungsagententätigkeiten ausmacht. Es wird verdeutlicht, dass die Begrifflichkeit der Gewerbeordnung mit der des Zivilrechts übereinstimmt. Allenfalls das Mitwirken im Schadensfall oder Tätigkeiten ohne Bezug zu einer Vermittlung im engen Sinn können außerhalb der genannten zivilrechtlichen Figuren liegen und dennoch Umfang eines der zu regelnden Gewerbe sein. § 137 GewO übernimmt die umfassende Definition der Versicherungsvermittlung der Richtlinie als Grundlage einer korrekten Umsetzung in das Gewerberecht (EB zu § 137 GewO, 616
BlgNR XXII. GP).

Versicherungsmakler ist nach § 26 Abs 1 Maklergesetz, wer als Handelsmakler Versicherungsverträge vermittelt. Handelsmakler ist nach § 19 Abs 1 Maklergesetz, wer als Makler gewerbsmäßig Geschäfte über Gegenstände des Handelsverkehrs vermittelt. Gemäß § 43 Abs 1 Versicherungsvertragsgesetz ist Versicherungsagent, wer von einem Versicherer ständig damit betraut ist, für diesen Versicherungsverträge zu vermitteln oder zu schließen. Der Versicherungsagent ist vertraglich gebundener Versicherungsvermittler im Sinn des Art. 2.7 der Richtlinie 2002/92/EWG.

Eine Schadensregulierung oder Schadensabwicklung beschreibt definitionsgemäß den gesamten Ablauf nach einem Schaden, bei dem um Schadenersatz gestritten wird. Die beiläufige Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einer anderen beruflichen Tätigkeit, sofern diese Tätigkeit nicht zum Ziel hat, den Kunden beim Abschluss oder der Handhabung eines Versicherungsvertrags zu unterstützen, oder die berufsmäßige Verwaltung der Schadensfälle eines Versicherungsunternehmens oder die Schadensregulierung und Sachverständigenarbeit im Zusammenhang mit Schadensfällen gelten ebenfalls nicht als Versicherungsvermittlung (Art. 2 Z 3 RL 2002/92/EG; so auch § 137 Abs 5 und 6 GewO).

Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer vor, das Gewerbe der Versicherungsvermittlung ausgeübt zu haben, trifft jedoch selbst keine Unterscheidung dahingehend, ob sie davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer das Gewerbe in der Form Versicherungsmakler und Beratung in Versicherungsangelegenheiten oder in der Form des Versicherungsagenten ausgeübt hat (§ 137 Abs 2 GewO). Die im Spruch aufgezählten Tätigkeiten enthalten keinen Hinweis darauf, dass vom Beschwerdeführer der Abschluss eines Versicherungsvertrages intendiert war.

Dafür, dass die vom Beschwerdeführer vertretene I S KG das Gewerbe der Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent ausüben wollte, spricht die Gewerbeanmeldung der Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent, wobei die Gewerbeausübung mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 16.02.2015 untersagt wurde. Wesentliches Merkmal für die Ausübung des Gewerbes der Versicherungsvermittlung in der Form des Versicherungsagenten ist – wie oben ausgeführt – die Gewerbeausübung im Rahmen eines Agenturvertrages. Der Abschluss eines Agenturvertrages mit einer Versicherung durch die I S KG erfolgte im Tatzeitraum nicht. Aber weder die im Internet angekündigten Leistungen noch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde bieten einen Hinweis auf die Ausübung einer Versicherungsagententätigkeit. Ein solcher Vorhalt ist weder dem Straferkenntnis noch dem Akt der belangten Behörde zu entnehmen. Soweit die belangte Behörde die Ausübung des Gewerbes der Versicherungsvermittlung in der Form des Versicherungsmaklers offenlässt, ist darauf hinzuweisen, dass Kennzeichen eben des Maklers ist, im Rahmen eines Maklervertrages tätig zu werden. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit den auf der Homepage angebotenen Leistungen wird klar, dass der Beschwerdeführer nicht aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung (Maklervertrag) für einen Auftraggeber Geschäfte mit einem Dritten vermittelt, ohne ständig damit betraut zu sein. Auch der Vorhalt der Vermittlung von Verträgen im Rahmen eines Maklervertrages ist weder dem Straferkenntnis noch der Ankündigung im Internet zu entnehmen.

Nach § 137 Abs 6 Z 2 GewO finden die Bestimmungen über die Versicherungsvermittlung unter anderem dann keine Anwendung, wenn die Schadensregulierung im Zusammenhang mit Schadensfällen erfolgt. Nach dem im Internet angekündigten Leistungskatalog der I S KG zielen diese auf einen Zeitpunkt ab, in dem der Versicherungsvertrag bereits abgeschlossen wurde und indem der Schadensfall bereits eingetreten ist. Der Schadensregulierer wird erst nach Eintritt des Schadens tätig wird und die Ankündigungen des Beschwerdeführers im Internet stellen auf diesen Zeitpunkt ab, sie setzen den Eintritt des Schadens geradezu voraus und bieten schadensregulierende Tätigkeiten an. Dem Vorhalt im Straferkenntnis ist nicht zu entnehmen, ob bzw. inwieweit die Schadensregulierung nicht im Zusammenhang mit Schadensfällen erfolgen solle und daher von der Ausnahme in § 137 Abs 6 Z 2 GewO nicht erfasst sein kann. Im Übrigen dürfen die dem Beschwerdeführer vorgehaltenen Tätigkeiten auch durch andere Berufsgruppen, wie etwa Rechtsanwälte, etc. berechtigterweise angeboten werden.

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Sie bildet den den Deliktstatbestand erfüllenden Sachverhalt. Es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind (VwGH 29.10.2015, Ra 2015/07/0097). Es darf kein Zweifel daran bestehen, wofür der Täter bestraft worden ist
(VwGH 23.04.2008, Zl. 2005/03/0243). Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat hat sich am jeweils in Betracht kommenden Tatbild zu orientieren (VwGH 25.02.1992, Zl. 91/04/0285), die Frage ihrer Übereinstimmung mit den Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG ist folglich in jedem konkreten Fall einzeln zu beurteilen (VwGH 07.09.2009, 2008/07/0067).

Angesichts dieses strengen Konkretisierungsgebotes in Bezug auf die im Spruch eines Straferkenntnisses zu enthaltende, als erwiesen angenommene Tat nach
§ 44a Z 1 VStG, welches auch der Hintanhaltung der Gefahr einer Doppelbestrafung dient (VwGH 11.06.2001, Zl. 98/02/0031), war insofern von einer zu unkonkreten Umschreibung der vorgeworfenen Tat im Sinne des § 44a Z 1 VStG auszugehen, kommt es doch – wie ausgeführt – bei einer allfälligen Verwirklichung des in Rede stehenden Tatbildes darauf an, dass dem Tatvorwurf zu entnehmen ist, wieso die belangte Behörde zum Schluss gelangt ist, dass und wenn ja in welcher Form das reglementierte Versicherungsvermittlergewerbe im Sinn von § 94 Z 76 GewO ausgeübt wird.

Im Ergebnis war daher der Beschwerde Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis im Hinblick auf die nicht taugliche Verfolgungshandlung und die somit mangelnde Zulässigkeit der Konkretisierung des Tatvorwurfes (§ 31 VStG) durch das Verwaltungsgericht aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
§ 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Versicherungsvermittlung, Anwendbarkeit, Schadensfall, Eintritt, Zusammenhang, Schadensregulierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.30.30.5.2016

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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