TE Lvwg Erkenntnis 2017/3/29 LVwG 30.10-3235/2016

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Veröffentlicht am 29.03.2017
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Entscheidungsdatum

29.03.2017

Index

90/02 Kraftfahrgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

KDV 1967 §1c Abs1
VStG 1991 §44a Z1
KFG 1967 §4 Abs5

Text

 

 

 

 

 

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Clement über die Beschwerde des Herrn Dr. C B, geb. am xx, vertreten durch Dr. C B, Rechtsanwalt, Bstraße, W, in eigener Sache, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hartberg-Fürstenfeld vom 06.10.2016, GZ: BHHF-15.1-3056/2016,

z u R e c h t e r k a n n t :

I. Gemäß § 50 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz
(im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde zu Spruchpunkt 1.) des Straferkenntnisses als unbegründet

abgewiesen.

Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Zustellung bei sonstiger Exekution einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerde-verfahrens in der Höhe von € 16,00 zu leisten.

II. Gemäß § 50 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde zu den Spruchpunkten 2.) und 3.) des Straferkenntnisses stattgegeben, das angefochtenen Straferkenntnis zu diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1
Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG

eingestellt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Lenker, obwohl es ihm zumutbar gewesen sei, vor Antritt der Fahrt sich nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hätte, da festgestellt worden sei, dass das Fahrzeug insgesamt zu drei Punkten nicht den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entsprochen hätte.

Zu Punkt 1.) ist festgestellt worden, dass die Karosserieteile soweit durchgerostet oder korrodiert waren, dass die Festigkeit beeinträchtigt gewesen sei. Die Einstiege links und rechts bei der Trittstufe, sowie rechts hinten außen seien durchgerostet gewesen.

Verletzte Rechtsvorschriften:

§ 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG

Geldstrafe: € 80,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 134 Abs 1 KFG.

Zu Punkt 2.) ist festgestellt worden, dass die Sitzpolster des Fahrersitzes stark beschädigt gewesen wären.

Verletzte Rechtsvorschriften:

§ 102 Abs 1 iVm § 4 Abs 2 KFG

Geldstrafe: € 50,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit 10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 134 Abs 1 KFG.

Zu Punkt 3.) ist festgestellt worden, dass das Gurtband des Sicherheitsgurtes beschädigt gewesen wäre.

Verletzte Rechtsvorschriften:

§ 102 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 5 KFG

Geldstrafe: € 80,00 (im Falle einer Uneinbringlichkeit 16 Stunden Ersatzfreiheits-strafe) gemäß § 134 Abs 1 KFG.

Weiters wurden die Verfahrenskosten von € 30,00 gemäß § 64 Abs 2 VStG zur Bezahlung vorgeschrieben.

Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die vorgeworfenen Tatbestände nicht vorliegen würden. Das Fahrzeug habe im Kontrollzeitpunkt über einen aufrechten TÜV verfügt, woraus sich für den Benützer die Vermutung der Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges ergeben hätte. Für versteckte Mängel könne der Beschuldigte nicht verantwortlich sein. Als Nicht-Kraftfahrzeugtechniker sei es ihm nicht möglich die Relevanz eines Schadensbildes als nicht verkehrs- und betriebssicher zu ermessen. Durch die Beschädigung des Sitzpolsters des Fahrersitzes sei weder die Fahrerposition beeinträchtigt gewesen noch seien sonst irgendwelche Folgen für Verkehrs- oder Betriebssicherheit ableitbar. Dem jeweiligen Lenker sei nicht zumutbar und möglich, jeweils vor Fahrtantritt den Unterbau des Fahrzeuges zu kontrollieren, dies mangels der technischen Voraussetzungen einer Reparaturgrube oder einer Hebebühne und mangels Kenntnisse Flugrost von angerosteten Fahrzeugbauteilen zu unterscheiden. Das Fahrzeug habe einen geringen Kilometerstand aufgewiesen und sei wenig in Verwendung gestanden, sodass auf eine erhöhte Abnützung nicht geschlossen habe werden können. Die Unzulässigkeit einer Doppelbestrafung wird eingewandt. Das Verfahren sei einseitig mangelhaft geblieben und die Geldstrafe nicht dem Unrechtsgehalt entsprechend bemessen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich beantragt.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 08.02.2017 kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:

Der Beschwerdeführer lenkte am 31.01.2016 um 14.05 Uhr den verfahrensgegenständlichen LKW Ford Transit mit dem polizeilichen Kennzeichen (D) X von Wien nach Kärnten und kam es auf dem Verkehrskontrollplatz I, StrKm x der A2, zu einer routinemäßigen Kontrolle. Das Fahrzeug wies einen Kilometerstand von 127.767 km auf. GI K P führte eine Sichtkontrolle durch und stellte Roststellen an der Seite bei den Türschwellen fest. Bei der technischen Überprüfung des Fahrzeuges durch Mechanikermeister G T wurden die im Straferkenntnis detailliert festgehaltenen Mängel festgestellt und die diesbezüglichen Fotos angefertigt.

Die Einstiege links und rechts bei der Trittstufe sowie rechts hinten außen
waren soweit durchgerostet oder korrodiert, sodass die Festigkeit der Karosserie-teile beeinträchtigt war. Der Sitzpolster beim Fahrersitz war stark beschädigt. Das Gurtband des Sicherheitsgurtes war beschädigt.

Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass sich die getroffenen Feststellungen im Wesentlichen auf die Aussage des einvernommenen Zeugen G T im Zusammenhalt mit den aussagekräftigen Lichtbildern sowie den Berichten über die Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG stützen. Der Zeuge hat als KFZ-Mechaniker eine 12jährige Berufserfahrung. Das Fahrzeug ist erstmals im Oktober 2001 zugelassen worden und war anlässlich der Kontrolle im Jänner 2016 bereits 15 Jahre alt. Die Angaben des Beschwerdeführers, dass ihm die Durchrostungen mangels technischer Kenntnisse und mangels einer Hebebühne nicht haben auffallen können, sind nicht glaubwürdig. Wie aus den Lichtbildern klar und deutlich ersichtlich, handelt es sich um keine versteckten Mängel, sondern insbesondere die Durchrostung am Einstieg links und rechts bei den Trittstufen sind für jedermann optisch wahrnehmbar gewesen, somit auch für den Lenker vor Fahrtantritt. Dafür spricht auch, dass sie dem Zeugen GI K P bei der Sichtkontrolle aufgefallen sind.

In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszu-
gehen, dass gemäß § 102 Abs 1 KFG der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen kann, wenn er sich – soweit dies zumutbar ist – davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht.

Es ist offenkundig, dass vom Betrieb eines Kraftfahrzeuges aufgrund seiner spezifischen Beschaffenheit besondere Gefahren ausgehen. Das KFG ist eine Verwaltungsvorschrift zum Schutz der Verkehrs- und Betriebssicherheit auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Entspricht der Zustand eines zum Verkehr zugelassenen Fahrzeuges nicht den gesetzlichen Bestimmungen, dann ergibt sich aus § 103 Absatz 1 KFG die Pflicht des Zulassungsbesitzers, alle ihm zumutbaren Maßnahmen vorzukehren, um die Verwendung des Fahrzeuges im öffentlichen Verkehr durch Dritte zu verhindern (VwGH 29.04.1987, 87/03/0045, ÖJZ 1988/185). Den Lenker hingegen trifft die Verpflichtung sich vor Fahrtantritt zu überzeugen , ob das Fahrzeug den in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Allenfalls hat er die Inbetriebnahme zu unterlassen. Der Zulassungsbesitzer haftet für die Einhaltung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG (VwGH 14.03.1984, 83/03/0272). Absatz 1 enthält keine Regelung, der zufolge der Zulassungsbesitzer im Vergleich zum Lenker etwa nur in zweiter Linie dafür verantwortlich wäre, dass das Fahrzeug den entsprechenden Vorschriften entspricht (VwGH 16.01.1985, 83/03/0141). Dem Zulassungsbesitzer kommt daher über den Zustand des Fahrzeuges eine nach § 134 KFG 1967 verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Überwachungsfunktion zu, welche ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt darstellt. Da somit vom Zulassungsbesitzer eine unterschiedliche Handlung nämlich die Überwachungsfunktion und Sorgetragung, dass das Fahrzeug nur in gesetzeskonformen Zustand im öffentlichen Verkehr verwendet wird, verlangt wird und der Lenker sich erst vor Antritt der Fahrt davon zu überzeugen hat, dass das von ihm verwendete Fahrzeug ungeachtet der Verpflichtung des Zulassungsbesitzers den Vorschriften des KFG entspricht, liegt keine Doppelbestrafung vor und sind die Strafen gemäß § 22 VStG im Sinne des Schutzes der Verkehrs- und Betriebssicherheit nebeneinander zu verhängen.

Zur objektiven Verwirklichung der einzelnen Delikte wird wie folgt ausgeführt:

Mit der Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV) wurden Bestimmungen über die Durchführung der besonderen Überprüfung und wiederkehrenden Begutachtung von Fahrzeugen sowie über die Prüfung von Fahrtenschreibern, Kontrollgeräten und Geschwindigkeitsbegrenzern festgelegt. Diese Verordnung enthält somit keine Strafbestimmungen, sondern ausdrücklich Bestimmungen, die sich an das Prüforgan richten und den Vorgang der Prüfung regeln. So ist in
§ 10 Abs 5 PBStV ausdrücklich festgehalten, dass bei Prüfungen an Ort und Stelle gemäß § 58 KFG 1967 bezüglich der Mängelbeurteilung nach Abs 2 und 3 sowie Anlage 6 vorzugehen ist und im darüber ausgestellten Gutachten bei den festge-stellten Mängel jeweils anzugeben ist, ob der Mangel für den Lenker vor Antritt bzw. während der Fahrt erkennbar war und ob der Mangel in die Verantwortung des Zulassungsbesitzers fällt. Der Mängelkatalog enthält die häufigsten Mängel und ihre Zuordnung in eine der Mängelgruppen.

§ 10 Abs 2 Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung (PBStV), BGBl. II Nr. 78/1998, idF BGBl. II Nr. 240/2008, lautet:

„(2) Es sind folgende Mängelgruppen zu unterscheiden, wobei Vorschriftsmängel nur bei Fahrzeugprüfungen gemäß § 56 KFG 1967 oder bei Fahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3 500 kg in Betracht zu ziehen sind:

1. Ohne Mängel:

Fahrzeuge, die keine Mängel aufweisen, die nicht übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen und die den gesetzlichen Vorschriften entsprechen.

2. Leichte Mängel (LM):

Fahrzeuge mit Mängeln, die keinen nennenswerten Einfluss auf die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges haben, nicht übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen und bei denen eine kurzzeitige Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften hingenommen werden kann. Diese Fahrzeuge weisen dann die Voraussetzung zur Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs 5 KFG 1967 bzw. der Bestätigung gemäß § 57 Abs 6 KFG 1967 auf. Bei Fahrzeugen mit leichten Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass diese Mängel behoben werden müssen.

3. Schwere Mängel (SM):

Fahrzeuge mit Mängeln, die die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges beeinträchtigen oder Fahrzeuge, die übermäßigen Lärm, Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen. Diese Fahrzeuge weisen nicht die Voraussetzung zur Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a Abs 5 KFG 1967 bzw. der Bestätigung gemäß § 57 Abs 6 KFG 1967 auf. Bei Fahrzeugen mit schweren Mängeln ist der Fahrzeuglenker oder Zulassungsbesitzer darauf hinzu-weisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und diese Mängel bei der nächsten in Betracht kommenden Werkstätte behoben werden müssen.

4. Mängel mit Gefahr im Verzug (GV):

Fahrzeuge mit Mängeln, die zu einer direkten und unmittelbaren Gefährdung der Verkehrssicherheit führen oder mit denen eine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Rauch, üblem Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursacht werden. Der Lenker des Fahrzeuges ist darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug auf Grund des festgestellten Mangels nicht verkehrs- und betriebssicher ist und eine weitere Verwendung des Fahrzeuges eine direkte und unmittelbare Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellt. Solche Mängel sind umgehend zu beheben. Wird ein solcher Mangel im Zuge einer Prüfung an Ort und Stelle gemäß § 58 KFG 1967 festgestellt, so sind im Sinne des § 58 Abs 2 letzter Satz KFG 1967 Zulassungsschein und Kennzeichentafeln abzunehmen.

5. Vorschriftsmangel (VM):

Diese Position ist nicht vorschriftsmäßig bzw. entspricht nicht dem genehmigten Zustand. Diese Fahrzeuge weisen nicht die Voraussetzungen zur Erlangung einer Begutachtungsplakette gemäß § 57a KFG 1967 oder der Bestätigung gemäß
§ 57 Abs 6 KFG 1967 auf. Bei Fahrzeugen mit Vorschriftsmängeln ist der Fahrzeuglenker bzw. Zulassungsbesitzer darauf hinzuweisen, dass das Fahrzeug umgehend in einen vorschriftskonformen Zustand zu versetzen ist. Gegebenenfalls hat der Zulassungsbesitzer die Änderung am Fahrzeug dem zuständigen Landeshauptmann gemäß § 33 KFG 1967 anzuzeigen.“

Zu Punkt 1.) und 2.) des Straferkenntnisses ist festzuhalten, dass sich die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen auf § 4 Abs 2 KFG stützen, wonach Kraftfahrzeuge und Anhänger so gebaut und ausgerüstet sein müssen, dass durch ihren sachgemäßen Betrieb weder Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer, noch Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, noch übermäßiger Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Verunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstehen. Sie müssen so gebaut und ausgerüstet sein, dass der Lenker, beförderte Personen und andere Straßen-benützer bei Verkehrsunfällen möglichst geschützt sind.

Die Einstiege links und rechts bei den Trittstufen des Lkw sowie rechts hinten außen waren soweit durchgerostet oder korrodiert, dass die Festigkeit der Karosserie beeinträchtigt worden ist. Aus diesem Tatvorhalt zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar, dass dadurch Gefahren für den Lenker oder beförderte Personen beim sachgemäßen Betrieb entstanden sind und der Beschwerdeführer auch diesen Tatvorwurf im Sinne der obigen Ausführungen im Rahmen seiner Kontrollfunktion zu verantworten hat. Hier kann keinesfalls von einer überspannten Sorgfaltspflicht die Rede sein, da diese Durchrostungen anhand der vorgelegten Lichtbilder für jeden Laien sichtbar und offenkundig waren und ebenfalls nicht plötzlich auftreten, sondern bei ordnungsgemäßer Wartung und Kontrolle optisch erkennbar waren.

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung a l l e r Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Diese Ausführungen fehlen im Spruch, weil er offen lässt inwiefern der Beschwerdeführer einen der mehreren Tatbestände des § 4 Abs 2 KFG 1967 verwirklicht haben soll.

Zu Punkt 2.) des Straferkenntnisses wurde lediglich festgestellt, dass der Sitzpolster des Fahrersitzes stark beschädigt war, was sich aus den Lichtbildern eindeutig verifizieren lässt. Jedoch inwieweit diese Beschädigung des Sitzpolsters dazu geführt hat, dass durch den sachgemäßen Betrieb eine Gefahr für den Lenker oder beförderte Personen oder für andere Straßenbenützer, Beschädigungen der Straße oder schädliche Erschütterungen, übermäßig Lärm, Rauch, übler Geruch, schädliche Verunreinigungen oder vermeidbare Beschmutzungen anderer Straßenbenützer oder ihrer Fahrzeuge entstanden sind, bleibt offen.

Zu Punkt 5.) des Straferkenntnisses:

§ 4 Abs 5 KFG lautet wie folgt:

Kraftfahrzeuge der Klassen M1 und N1 sowie Spezialkraftwagen, Kraftfahrzeuge der Klassen M2 und M3 (Omnibusse), ausgenommen Omnibusse, die sowohl für den Einsatz im Nahverkehr als auch für stehende Fahrgäste konstruiert sind, N2, N3 und sofern sie über einen Aufbau verfügen dreirädrige Kleinkrafträder (Klasse L2e), dreirädrige Kraftfahrzeuge (Klasse L5e), vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge (Klasse L6e), und schwere vierrädrige Kraftfahrzeuge im Sinne der Verordnung (EU) 168/2013 (Klasse L7e), müssen für jeden Sitzplatz mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sein, die hinsichtlich ihrer Befestigung am Fahrzeug der Bauart des Fahrzeuges entsprechen; dies gilt jedoch nicht für

1.   Feuerwehr- und Heeresfahrzeuge,

2.   Sitze, die nicht quer zur Fahrtrichtung angeordnet sind,

3.   nur zur gelegentlichen Benützung bestimmte Notsitze, die bei Nichtbenützung umgeklappt sind und die nicht mit Verankerungspunkten für Sicherheitsgurte ausgestattet sind.

Gemäß § 1c Abs 1 KDV 1967 müssen Sicherheitsgurte für erwachsene Personen den Anhängen der Richtlinie 77/541/EWG in der Fassung der Richtlinie 2005/40/EG, ABl. Nr. L 255 vom 30. September 2005, S 146, oder der ECE-Regelung Nr. 16 entsprechen.

Im Hinblick auf den Tatvorwurf, dass das Gurtband des Sicherheitsgurtes beschädigt war, kann nicht erkannt werden inwieweit durch die Beschädigung des Gurtbandes der Sicherheitsgurt einerseits nicht mehr der Richtlinie entsprochen hat, andererseits wurde auch nicht festgestellt, dass die Befestigung am Fahrzeug nicht der Bauart des Fahrzeuges entsprochen hat und fehlt im Tatvorwurf auch die Konkretisierung, welches Gurtband der verschiedenen Sitze oder ob alle Gurtbänder nicht entsprochen haben. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bezieht sich ausdrücklich auf § 4 Abs 5 KFG. Unter Punkt 7.1.2 des Mängelkataloges zur Prüf- und Begutachtungsstellenverordnung, Anlage 6, ist der Zustand der Sicherheits-gurte/Gurtschlösser beschrieben, wobei auch hier nicht die Beschädigung eines Gurtbandes aufgelistet ist, sondern nur allgemein die Beschädigung des Sicherheitsgurtes. § 4 Abs 5 KFG stellt aber ausdrücklich auf die Befestigung am Fahrzeug ab. Es wurde auch nicht festgestellt, inwieweit das offensichtlich laut Lichtbild an den Rändern bereits eingerissene Gurtband allenfalls nicht mehr die volle Belastbarkeit aufweist. Der Beschwerdeführer hat diesen Tatvorwurf daher nicht zu verantworten.

Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 102 Abs 1 KFG darf der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug erst in Betrieb nehmen, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug und ein mit diesem zu ziehender Anhänger sowie deren Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprechen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Ver-schuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorge-pflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Als mildernd ist die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zu werten, Erschwerungsgründe liegen keine vor. Als Verschuldensform ist, wie bereits ausgeführt, Fahrlässigkeit gegeben. Die von der Behörde zu Punkt 1.) des Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe von € 80,00 ist schuld- und tatangemessen im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Übertretung. Auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten sind nicht geeignet die Strafhöhe herabzusetzen, zumal sich diese ohnedies im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens des § 134 Abs 1 KFG von bis zu € 5.000,00 bewegen.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zu Spruchpunkt I. für das Beschwerde-verfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses der belangten Behörde durch das Verwaltungs-gericht dieser Beitrag mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, festzusetzen ist.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Kraftfahrzeuge, Bauart, Sicherheitsgurte, Befestigung, Entsprechung, Beschädigung, Konkretisierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.30.10.3235.2016

Zuletzt aktualisiert am

14.07.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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