TE Lvwg Beschluss 2017/4/10 LVwG 50.32-3440/2016

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2017
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.04.2017

Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Steiermark
L82006 Bauordnung Steiermark
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
27/02 Notare

Norm

BauG Stmk 1995 §41 Abs3
ABGB §531
GKG 1970 §1 Abs1
GKG 1970 §1 Abs3

Text

 

 

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Dr. Rotschädl über die Beschwerde der Verlassenschaft nach der am 18.07.2016 verstorbenen C U,
geboren am xx, zuletzt wohnhaft gewesen in: Aweg, G; eingebracht durch die erbantrittserklärten Erben R W, geboren am xx sowie M U, geboren am xx, beide vertreten durch Dr. F Un, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz vom 07.11.2016, GZ: A17-BPV-039002/2016/0006, betreffend eines Beseitigungsauftrages gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG, den nachstehenden

B E S C H L U S S

gefasst:

I. Gemäß § 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig

z u r ü c k g e w i e s e n .

II. Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.  Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.11.2016 (GZ: A17-BPV-039002/2016/0006) wurde „Herrn M L, als Nachlassverwalter von C U“ der Auftrag erteilt, die auf der Liegenschaft mit der GSt-Nr. .x, KG W, errichtete bauliche Anlage, nämlich die Einfriedung an der östlichen Grundgrenze zum Grundstück mit der
GSt-Nr. x in einer Länge von ca. 42,00 Metern und einer Höhe von ca. 1,50 Metern binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides zu beseitigen. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass aufgrund einer Erhebung vor Ort am 25.05.2016 festgestellt worden sei, dass auf dem im Spruch angeführten Grundstück eine Einfriedung errichtet worden sei, die nicht den gesetzlichen Anforderungen gemäß
§ 43 Abs. 4 Stmk. BauG entsprechen würde. Die ca. 1,50 Meter und ca. 42 Meter lange blickdichte Einfriedung an der östlichen Grundgrenze zum Nachbargrundstück
GSt-Nr. x werde hinsichtlich ihrer gestalterischen Bedeutung dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht gerecht. Gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG habe die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Die Vorschriftswidrigkeit resultiere im gegenständlichen Fall aus der Beeinträchtigung des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.  Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende fristgerechte Beschwerde des „Verlasses nach der am 18.07.2016 verstorbenen C U“, der zusammengefasst zu entnehmen ist, dass C U die Eigentümerin der Liegenschaft mit der
GSt-Nr. .x, EZ X, KG W gewesen sei. Am 18.07.2016 sei diese verstorben. Zu den Erben seien R W und M Uberufen worden. Diese hätten eine Erbserklärung abgegeben. Am angeführten Grundstück sei eine Einfriedung errichtet worden, die 1,50 Meter hoch und ca. 42 Meter lang und blickdicht sei. Da die Einfriedung aus Sicht der Beschwerdeführerin dem Straßen-, Orts- und Landschaftsbild durchaus entsprechen würde, hätte die belangte Behörde keinen Beseitigungsauftrag erlassen dürfen. Das Verfahren sei mangelhaft geführt worden; der Bescheid sei rechtswidrig.

3.  Die belangte Behörde hat die gegenständliche Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht am 20.12.2016 zur Entscheidung vorgelegt. Mit hg. Erledigung vom 02.01.2017 wurden die Verfahrensparteien über die Anhängigkeit des Verfahrens beim Landesverwaltungsgericht Steiermark in Kenntnis gesetzt.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht dann nicht in der Sache selbst, wenn die Beschwerde wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen ist.

Die Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen bilden, soweit sie nicht höchstpersönlicher Art sind, gemäß § 531 ABGB dessen Verlassenschaft. Mit dem Tod setzt die Verlassenschaft als juristische Person die Rechtsposition des Verstorbenen
gemäß § 546 ABGB fort. Mit der Einantwortung folgt der Erbe der Rechtsposition der Verlassenschaft gemäß § 547 ABGB nach.

Gemäß § 810 Abs. 1 ABGB hat der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Einigen sich die Personen, denen gemeinschaftlich die Rechte nach § 810 ABGB zukommen, über die Art der Vertretung oder einzelne Vertretungshandlungen nicht oder ist ein Verfahren über das Erbrecht einzuleiten, so hat das Verlassenschaftsgericht erforderlichenfalls einen Verlassenschaftskurator zu bestellen. Die Vertretungbefugnis anderer Personen endet mit der Bestellung des Verlassenschaftskurators.

Gemäß § 143 Außerstreitgesetz ist das Verlassenschaftsverfahren von Amts wegen einzuleiten, sobald ein Todesfall durch eine öffentliche Urkunde oder sonst auf unzweifelhafte Weise bekannt wird.

Gemäß § 1 Abs. 1 lit a und b Gerichtskommissärsgesetz (GKG) haben die Notare in Verlassenschaftssachen die Todesfallaufnahme und die mit dieser im Zusammenhang stehenden unaufschiebbaren Maßnahmen sowie die anderen im Zuge einer Verlassenschaftsabhandlung erforderlichen Amtshandlungen zu besorgen. Bei Besorgung der ihm durch Gesetz oder Auftrag übertragenen Amtshandlungen handelt der Notar
gemäß § 1 Abs. 3 GKG als Gerichtskommissär, er ist Beamter im Sinne des Strafgesetzes.

Gemäß § 41 Abs. 3 hat die Behörde hinsichtlich vorschriftswidriger baulicher Anlagen oder sonstiger Maßnahmen einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Der Auftrag ist ungeachtet eines Antrages auf nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung oder Anzeige gemäß
§ 33 Abs. 1 Stmk. BauG zu erteilen. Der Auftrag zur Beseitigung von konsenslosen und konsenswidrigen baulichen Maßnahmen trifft den jeweiligen Eigentümer respektive Rechtsnachfolger der Baulichkeit, unabhängig davon, wer die Herstellung vorgenommen hat.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist Folgendes festzuhalten:

Ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag ist nach dem Ableben des Eigentümers der zu beseitigenden baulichen Anlage gemäß § 546 ABGB an die Verlassenschaft als juristische Person zu richten, die durch die erbantrittsberechtigten Erben oder einen Verlassenschaftskurator vertreten wird. Nach rechtskräftiger Einantwortung ist ein Beseitigungsauftrag gemäß § 547 ABGB an die Erben zu richten, die der Rechtsposition der Verlassenschaft nachfolgen.

Der beschwerdegegenständliche Beseitigungsauftrag ist an „Herrn M L, als Nachlassverwalter von Frau C U“ ergangen. Mag. M L ist im Verlassenschaftsverfahren nach der am 18.07.2016 verstorbenen C U, weder Vertreter der Verlassenschaft noch Erbe, sondern agiert als Gerichtskommissär, der die im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung notwendigen Amtshandlungen gemäß § 1 Abs. 1 lit a und lit b GKG zu besorgen hat.

Da der beschwerdegegenständliche Beseitigungsauftrag gegenüber dem Gerichtskommissär und nicht gegenüber der Verlassenschaft der verstorbenen Eigentümerin der baulichen Anlage erlassen wurde, kann dieser weder gegenüber der Verlassenschaft noch gegenüber den nach der Einantwortung nachfolgenden Erben eine rechtliche Wirkung entfalten. Mangels Beschwerdelegitimation der Verlassenschaft war die Beschwerde daher gemäß
§ 28 Abs. 1 iVm. § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt II – Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beseitigungsauftrag, Eigentümer, Rechtsnachfolger, Verlassenschaft, Erbe, Vertreter, Verlassenschaftskurator, Gerichtskommissär

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2017:LVwG.50.32.3440.2016

Zuletzt aktualisiert am

27.07.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten