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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des A E in A, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 19a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. April 2000, Zl. uvs-2000/9/007-4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 3. Jänner 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten LKW-Zuges am 17. November 1999 in der Zeit von 20.00 Uhr bis 21.30 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Kufstein-Kiefersfelden über die Inntalautobahn A 12 und die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. in der Absicht, die Fahrt über den Brennerpass nach Italien fortzusetzen, durchgeführt, und dabei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine ordnungsgemäß ausgefüllte österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (genannt Ökokarte) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ordnungemäß ermöglicht (genannt Ecotag) mitgeführt, und auf Verlangen der Kotrollorgane der Zollwacheabteilung Brenner MÜG am 17. November 1999 um 21.30 Uhr bei der Hauptmautstelle Schönberg, Autobahnkilometer 10,8, im Gemeindegebiet von Schönberg i.St. zur Prüfung vorgelegt. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a, b und Art. 2 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 3298/94 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 begangen. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 iVm § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen mit der Maßgabe, dass es statt "des LKW-Zuges" zu lauten habe: "des Sattelkraftfahrzeuges".
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 (mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992 übernommen wurden, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neun Mitgliedsstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifiziert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385)) und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 30. Juli 1996 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission vom 30. Juli 1996, in Betracht. Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiets Österreichs
"die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('Ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um einen Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...".
Nach Art. 2 Abs. 1 leg.cit wird - soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt - die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet. Die Ökopunkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. Anstelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission, ABl. Nr. L 073 vom 22. März 2000, S. 9, die sowohl eine Ergänzung des Art 1 als auch eine Änderung des Art 2 leg.cit vorsieht, ist im Grunde des § 1 Abs. 2 VStG auf den Beschwerdefall jedenfalls nicht anzuwenden, erfolgte dieses Inkrafttreten doch in Anbetracht der von der belangten Behörde unbestritten schon am 6. April 2000 durchgeführten mündlichen Verhandlung erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides.
2.2. Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des Vorbringens, dass eine Vorlagepflicht in dem besagten Sinn nur gegenüber einer Behörde, nicht aber gegenüber dem vorliegend eingeschrittenen Organ bestehe, und hinsichtlich des Einwandes, die genannten Verordnungen würden sich nur an den Fahrer eines Lastkraftwagens, nicht aber eines Sattelfahrzeuges richten, jenem, der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0225, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese Entscheidung verwiesen.
2.3. Unter dem Gesichtspunkt der nicht ausreichenden Konkretisierung der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Übertretung im Sinne des § 44 a VStG rügt die Beschwerde ferner, dem Beschwerdeführer hätte genau vorgehalten werden müssen, worin seine konkrete Handlung bzw. Unterlassung gelegen sei, die wohl darin zu sehen sei, dass die verwendete Ökokarte in festzuhaltenden Punkten (z.B. Tag der Einreise, Gewichtsangabe usw.) nicht richtig und vollständig ausgefüllt gewesen sei. Der Spruch des bekämpften Bescheides umschreibe eigentlich nur die "verba legalia".
Auch dieses Vorbringen geht fehl. Hinsichtlich des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Deliktes ist die oben unter 1.1. genannte - die Formulierung des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission (vgl. oben 2.1.) aufgreifende - Umschreibung des dem Beschwerdeführer angelasteten Verhaltens im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG hinreichend bestimmt, zumal in Ansehung dieser Umschreibung (im Zusammenhalt mit den Angaben betreffend Tatort und Tatzeit) keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder für die Gefahr einer Doppelbestrafung des Beschwerdeführers - der im Übrigen weder einen solchen Anhaltspunkt noch eine solche Gefahr konkret dargetan hat - gegeben ist.
2.4. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe sich nicht mit seinem Vorbringen auseinander gesetzt, wonach ihm von Seiten seines Arbeitgebers die Ökokarte, so wie sie sich im Akt befinde, ausgefüllt mitgegeben worden sei und er sich auf die Richtigkeit dieser Ökokarte verlassen habe, da es auch bei früheren Fahrten keine Probleme gegeben habe, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass die Verpflichtungen nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission den Beschwerdeführer selbst als einen eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker - nicht aber seinen Arbeitgeber - treffen. Er hätte sich von daher keinesfalls darauf verlassen dürfen, dass die ihm (behauptetermaßen) von seinem Arbeitgeber übergebene Ökokarte von diesem im Sinne der unter 2.1. genannten Vorschriften ordnungsgemäß ausgefüllt wurde. Dass dem Beschwerdeführer die insofern als unvollständig anzusehende Ausfüllung der Ökokarte, als die Angabe des Tages der Einreise gefehlt habe, nicht erkennbar gewesen sei, wird in der Beschwerde im Übrigen nicht vorgebracht.
2.5. Der Beschwerdeführer rügt weiters, die belangte Behörde habe sich mit seinem Vorbringen nicht auseinander gesetzt, er habe, als er bei der Einreise die Ökokarte entwerten habe wollen, feststellen müssen, dass beide Entwertungsautomaten (in Kiefersfelden) defekt gewesen seien. Die Entwertung der Ökokarte mittels Automat hätte denselben Zweck wie die eigenhändige Entwertung, weil dadurch sichergestellt gewesen wäre, dass die Karte und die Punkte nicht noch ein zweites Mal verwendet werden könnten. Auch dieser Einwand geht fehl, gibt es doch vorliegend keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer auf Grund des von ihm behaupteten Defektes der Entwertungsautomaten nicht in der Lage gewesen wäre, das fehlende Datum des Tages der Einreise in der Ökokarte händisch einzutragen, und - im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 (vgl oben 2.1.) - die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf der Ökokarte durch seine Unterschrift zu entwerten.
2.6. Wenn der Beschwerdeführer seine Ansicht, die Anwendung des § 20 VStG (erkennbar: 1. Fall) sei gerechtfertigt, darauf gestützt hat, dass er sich "auf seinen Arbeitgeber verlassen" habe können, und dass er "die Ökokarte und die Ökopunkte mittels eines zur Verfügung gestellten Automaten entwerten" habe wollen, ist er auf die Ausführungen oben unter 2.4. und 2.5. zu verweisen, aus denen sich ergibt, dass die ins Treffen geführte Gesichtspunkte nicht zugunsten des Beschwerdeführers ausschlagen, und diese schon deshalb nicht geeignet sind, Milderungsgründe im Sinne dieser Bestimmung abzugeben. Schließlich werden die vom Beschwerdeführer gegen die Höhe der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe unter Berücksichtigung der Strafobergrenze vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Weder die für das - zudem einen schwer wiegenden Unrechtsgehalt aufweisende (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0225) - Delikt nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 vorgesehene Höchststrafe vom S 100.000,--, noch die hiefür in § 23 Abs. 2 leg.cit. vorgesehene Mindeststrafe von S 20.000,--, die nach dem § 20 VStG auch bis zur Hälfte unterschritten werden kann, indizieren, dass "vom Strafausmaß her in den den Gerichten vorbehaltenen Kriminalbereich eingegriffen wird" (vgl. aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 27. September 1989, Slg. Nr. 12.151, und vom 29. November 1995, Slg. Nr. 14.361; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0074, mwH); im Übrigen hat im Beschwerdefall ohnehin ein Tribunal in einem Verfahren im Sinne des Art. 6 EMRK über die gegen den Beschwerdeführer erhobene strafrechtliche Anklage entschieden.
2.7. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 20. September 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030199.X00Im RIS seit
02.01.2001Zuletzt aktualisiert am
20.07.2012