TE Lvwg Erkenntnis 2017/6/14 405-4/1099/1/4-2017

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Veröffentlicht am 14.06.2017
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Entscheidungsdatum

14.06.2017

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat durch den Richter Mag. Erwin Ziermann über die Beschwerde von Frau AB AA, 5020 Salzburg, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AF AE, AG-Straße, LL, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 27.01.2017, Zahl 30308-369/151329-2016,

zu Recht e r k a n n t :

I.     Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als gemäß § 45 Abs 1 Z 4 letzter Satz VStG unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Verhaltens anstatt der Verhängung einer Geldstrafe eine Ermahnung ausgesprochen wird.

Der Schuldspruch wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der angelastete Tatort „auf Höhe des Objektes EE-Weges XY“ zu lauten hat.

II.    Gemäß § 64 Abs 2 VStG und § 52 Abs 8 VwGVG entfallen die Kostenbeiträge für das Verfahren vor der belangten Behörde und für das Beschwerdeverfahren.

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG die ordentliche Revision der revisionslegitimierten Formalpartei und der belangten Behörde nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; eine Revision des Beschwerdeführers ist nach § 25a Abs 4VwGG ex lege unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang und Beschwerdevorbringen:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschwerdeführerin vorgeworfen, sie habe den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen ZZ (A), am 28.10.2016, zwischen 10:23 Uhr und 10:55 Uhr, in MM, auf Höhe Objekt EE-Weg QQ, auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr geparkt, obwohl nicht mindestens 2 Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei geblieben seien.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 24 Abs 3 lit d StVO wurde über die Beschwerdeführerin gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) verhängt.

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin die angelastete Übertretung. Insbesondere führt sie aus, es handle sich bei der gegenständlichen Straße um keine Durchzugsstraße und handle es sich beim EE-Weg um eine Privatstraße. Die Straße weise eine Breite von zumindest 6,30 Meter auf und stelle sie lediglich eine „dienstbarkeitsrechtlich abgesicherte Zufahrt“ zu den dortigen Objekten dar. Das Abstellen ihres Fahrzeuges habe nicht „nach sich geführt, dass (gemeint wohl: nicht) zumindest zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben sind“. Sie habe durch ihr Verhalten keine Verwaltungsübertretung begangen.

3. In der Sache wurde am 04.05.2017 eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durchgeführt.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

1. Die Beschwerdeführerin parkte den in Rede stehenden PKW am 28.10.2016, zwischen 10:23 Uhr und 10:55 Uhr, in MM auf dem EE-Weg, neben der Gartenmauer des dort befindlichen Wohnhauses mit gelber Fassade, welches dem Objekt XY gegenüber steht.

Beim EE-Weg handelt es sich um eine Sackgasse, welche aus der PP-Straße abzweigt und als Zufahrt zu mehreren Wohnhäusern dient.

Nach dem gegenständlichen Objekt befinden sich in dieser Sackgasse (Richtung Nordwesten) lediglich noch 3 weitere Wohnhäuser, zu welchen über den EE-Weg zugefahren wird. Die Durchfahrt durch diese Straße ist nicht möglich.

Im tatörtlichen Bereich hat der EE-Weg eine Fahrbahnbreite von 6,10 Metern. Der PKW der Beschwerdeführerin (VW Golf GTI, Baujahr 2014) hat eine Breite von 2 Metern (mit ausgeklappten Außenspiegeln). Der abgestellte PKW stand ca 30 Zentimeter neben der Gartenmauer am rechten Fahrbandrand, in Fahrtrichtung Nordwesten (vgl Lichtbild).

Foto entfernt

2. Der als erwiesen angenommene Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, insbesondere aus dem im Akt einliegenden (vom Privatanzeiger angefertigten) Lichtbild, sowie aus den Ergebnissen des durchgeführten Ortsaugenscheins.

III.    Rechtslage:

1. Gemäß § 1 Abs 1 StVO gilt dieses Bundesgesetz für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

2. Eine Straße ist gemäß § 2 Abs 1 StVO eine für den Fußgänger- oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den in ihrem Zuge befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen.

3. Gemäß § 24 Abs 3 lit d StVO ist das Halten und Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr verboten, wenn nicht mindestens 2 Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben.

4. In der Bestimmung des § 2 Abs 1 Z 5 StVO wird ein Fahrstreifen im Sinne dieses Bundesgesetzes als „ein Teil der Fahrbahn, dessen Breite für die Fortbewegung einer Reihe mehrspuriger Fahrzeuge ausreicht“, definiert.

5. In § 9 Abs 1 der Bodenmarkierungsverordnung werden Richtgrößen für durch Sperrlinien bzw Leitlinien getrennte Fahrstreifen genannt (Mindestbreite von 2,6 Metern), die aber unterschritten werden dürfen, wenn es die Verkehrsverhältnisse erlauben und die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird (vgl Pürstl, StVO – ON 14.00, § 2 StVO, Anm 9).

6. Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind.

IV. Rechtliche Beurteilung:

1. Im gegenständlichen Fall blieb unbestritten, dass der EE-Weg eine für den Fahrzeug- und Fußgängerverkehr bestimmte Landfläche (Straße) darstellt.

Die in der Beschwerde vorgetragene Behauptung, dass diese Straße im Privateigentum stehe, ist für das gegenständliche Verfahren nicht relevant. Entscheidend ist lediglich, dass die Straße von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden kann. Diese Benützbarkeit ist fallbezogen schon deshalb gegeben, weil die Straße nach dem äußeren Anschein zur allgemeinen Benützung freisteht, zumal sie weder abgeschrankt, noch als Privatstraße gekennzeichnet ist, und auch keine Hinweistafeln vorhanden sind, welche auf eine Beschränkung des öffentlichen Verkehrs hindeuten (vgl auch VwGH 19.12.2006, 2006/02/0015).

Der gegenständliche EE-Weg stellt daher eine Straße mit öffentlichem Verkehr iSd

§ 1 StVO dar, auf welche die Bestimmung des § 24 StVO anwendbar ist.

2. Da die Fahrbahnbreite im tatörtlichen Bereich 6,10 Meter beträgt und das Beschuldigtenfahrzeug - mit einer Breite von 2 Metern - etwa 30 Zentimeter neben der Gartenmauer abgestellt war, verblieb auf der gegenständlichen Fahrbahn mit Gegenverkehr lediglich eine Restbreite von 3,80 Meter für den Fließverkehr, sodass von zwei verbleibenden Fahrstreifen keine Rede sein kann.

Da es für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 24 Abs 3 lit d StVO nicht erforderlich ist, dass durch das geparkte Fahrzeug der fließende Verkehr konkret behindert wird (vgl VwGH 15.03.1989, 88/03/0138, 0139), hat die Beschwerdeführerin den objektiven Tatbestand der in Rede stehenden Bestimmung erfüllt. Es ist ihr auch zumindest fahrlässiges Verhalten anzulasten.

3. Die Spruchkorrektur war erforderlich und auch zulässig, weil der Beschwerdeführerin die richtige Tatortbezeichnung („auf Höhe des Objektes EE-Weges XY“) in der rechtzeitig gesetzten Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 06.12.2016) angelastet wurde.

4. Die Bestimmung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG betreffend das Absehen von einer Strafe ist auch vom Verwaltungsgericht anzuwenden. Es war daher fallbezogen zu prüfen, ob die in dieser Norm genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur genannten Bestimmung in mehreren Entscheidungen (vgl zB VwGH 28.02.2017, Ra 2016/11/0164; 05.05.2014, Ro 2014/03/0052) ausgesprochen, dass diese im Wesentlichen dem § 21 Abs 1 VStG (alte Fassung) entspricht, sodass die gesicherte diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übernommen werden kann.

Die Bestimmung kommt also dann zur Anwendung, wenn die genannten Voraussetzungen - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - kumulativ vorliegen (vgl zB VwGH 09.09.2016, Ra 2016/02/0118 mwN) bzw wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind (vgl VwGH 28.02.2017, Ra 2016/11/0164).

5. Das durch die übertretene Norm strafrechtlich geschützte Rechtsgut ist das öffentliche Interesse an der Verkehrssicherheit und einer Hintanhaltung von Verkehrs-stockungen auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr. Es soll dem fließenden Fahrzeugverkehr das problemlose Befahren einer Fahrbahn im Gegenverkehr ermöglicht werden.

Die Bedeutung des genannten Rechtsgutes ist zwar an sich nicht gering, fallbezogen war dieses Rechtsgut im tatörtlichen Bereich jedoch von geringer Bedeutung, weil es sich beim EE-Weg um eine Sackgasse handelt, welche nach dem Tatort Richtung Nordwesten (nur) der Zufahrt zu 3 weiteren Objekten dient.

Aufgrund der konkreten Verkehrsverhältnisse und der gegebenen örtlichen Situation hat die Beschwerdeführerin durch ihr Verhalten weder das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit, noch die Gefahr einer Verkehrsstockung verursacht.

Die Intensität der Rechtsgutbeeinträchtigung ist im vorliegenden Fall daher gering.

Die unbescholtene Beschuldigte hat die Übertretung leicht fahrlässig begangen.

Die leichte Fahrlässigkeit induziert geringfügiges Verschulden. Im vorliegenden Fall bleibt das tatbildmäßige Verhalten der Beschuldigten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung grundsätzlich typisierten Unrechts- und Schuldgehalt (welcher auf die Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit und die Gefahr einer Verkehrsstockung durch ein rechtswidriges Parken abstellt) erheblich zurück (vgl zB auch VwGH 21.12.2001, 2001/02/0090).

Die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG sind daher erfüllt und konnte somit von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

6. Aus spezialpräventiven Erwägungen war jedoch eine Ermahnung der Beschwerdeführerin auszusprechen, um sie in Hinkunft von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art wirkungsvoll abzuhalten. Diese Entscheidung gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG ist eine Ermessensentscheidung und hängt von einer auf den Einzelfall abzustellenden spezialpräventiven Prognose ab. Die bloße Verfahrenseinstellung (ohne bescheidmäßige Ermahnung) scheint fallbezogen zur Erreichung des Präventionszwecks vor allem auch deshalb nicht geeignet, weil die Beschwerdeführerin meint, sie habe die Übertretung gar nicht begangen und seien ohnehin 2 Fahrstreifen für den Fließverkehr freigeblieben.

7. Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Übertretungen gemäß § 24 StVO und zur Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG nicht ab. Eine Revision der Beschwerdeführerin ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG ex lege nicht zulässig, weil in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO lediglich eine Geldstrafe von € 726,- verhängt werden durfte und im angefochtenen Erkenntnis nur eine Geldstrafe von € 50,- verhängt wurde.

Schlagworte

Parken in Sackgasse, zwei nicht freibleibende Fahrstreifen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2017:405.4.1099.1.4.2017

Zuletzt aktualisiert am

10.07.2017
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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