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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des W H in H, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ernst Stolz, Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 23. März 2000, Zl. 1-0034/00/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 29. September 1999 um 09.20 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten LKW-Zug auf der A 14 Rheintal Autobahn, Fahrtrichtung Deutschland, Höhe km 0,6, gelenkt - nachdem er sich zuvor zwischen 08.00 Uhr und 09.00 Uhr mit diesem LKW-Zug beim Zollamt Hohenems zur Ausreise in die Schweiz gestellt habe, aber wegen fehlender Ausfuhrpapiere (Vorabfertigung) wieder zurück nach Lindau geschickt worden sei - ohne die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, obwohl er die Absicht gehabt habe, eine Transitfahrt durch Österreich durchzuführen:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,
"b) einen Umweltdatenträger (ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermöglicht habe,
c) geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktebefreite Fahrt gehandelt habe,
d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt gehandelt habe und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zweck eingestellt worden sei."
Er habe hiebei eine Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1955 iVm Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) 3298/94 idF der Verordnung (EG) 1524/96, begangen, weshalb eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 23. März 2000 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, "dass in der Tatumschreibung nach dem Buchstaben 'b)', 'c)' und 'd)' jeweils das Wort 'oder' einzufügen ist".
2. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde (zu der der Beschwerdeführer wiederum eine Äußerung abgegeben hat) erwogen:
2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiets Österreichs
"die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist im Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('Ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um einen Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ...".
Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission, ABl. Nr. L 073 vom 22. März 2000, S. 9, ist im Grunde des § 1 Abs. 2 VStG auf den Beschwerdefall jedenfalls nicht anzuwenden, wurde doch das in Rede stehende Straferkenntnis erster Instanz nach Ausweis der vorgelegten Akten noch im Dezember 1999 und damit vor dem besagten Inkrafttreten erlassen.
2.2. Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, sein tatbildmäßiges Verhalten sei gemäß § 5 Abs. 2 VStG wegen Unkenntnis der Verwaltungsvorschriften entschuldigt, da dieses unverschuldet gewesen sei und er - da er zuvor ausschließlich mit der Auslieferung von Waren innerhalb Deutschlands auszuliefern betraut gewesen sei - das unerlaubte Verhalten ohne Kenntnis dieser Verwaltungsvorschriften nicht habe einsehen können. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass es dem Beschwerdeführer als einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker oblegen wäre, sich zuvor auf geeignete Weise mit den einschlägigen Rechtsnormen - die entgegen der Beschwerde nicht auf einer nur in Österreich geltenden Rechtsvorschrift, die außerhalb Österreichs gänzlich unbekannt wäre, sondern auf dem Gemeinschaftsrecht beruhen - vertraut zu machen (vgl. aus der hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014). Daran vermag auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer erst unterwegs (nach einer telefonischen Mitteilung während einer Fahrtunterbrechung in Deutschland) den Entschluss fasste, eine Transitfahrt durch Österreich durchzuführen, nichts zu ändern.
2.3. Auf dem Boden der hg. Rechtsprechung (vgl. wiederum das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen für die Strafe vorlägen, fehl, liegt doch im Beschwerdefall die für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG erforderliche Voraussetzung, dass das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, im Hinblick darauf nicht vor, dass er sich (wie schon erwähnt) als ein eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführender Lenker zuvor auf geeignete Weise mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut hätte machen müssen.
2.4. Weiters meint der Beschwerdeführer, dass vom § 20 VStG Gebrauch zu machen gewesen wäre. Er habe in Unkenntnis des Gesetzes gehandelt; selbst wenn dieses Handeln nicht unverschuldet gewesen wäre, kämen die von ihm ins Treffen geführten Entlastungsgründe zumindest einem Schuldausschließungsgrund nahe; ferner sei der Beschwerdeführer völlig unbescholten und habe darüber hinaus ein Geständnis abgelegt. Es lägen somit drei bedeutende Milderungsgründe vor, denen keinerlei Erschwerungsgründe gegenüber stünden, weswegen die Voraussetzungen für ein Herabgehen unter die Mindeststrafe um die Hälfte gemäß § 20 VStG vorlägen. Auch dieser Einwand ist nicht zielführend. Das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe in Unkenntnis des Gesetzes gehandelt, geht schon aus den aus Punkt 2.2. ersichtlichen Erwägungen fehl. Weiters übersieht der Beschwerdeführer, dass er auf frischer Tat betreten wurde, sodass ihm der Milderungsgrund des reumütigen Geständnisses nicht zugute kommen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0225).
Ferner wiegt der Unrechtsgehalt der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verwaltungsübertretung schwer, handelt es sich doch um einen Verstoß gegen Normen, die den Schutz der Umwelt und die Gesundheit der vom Transitverkehr betroffenen Bevölkerung gewährleisten sollen (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0224). Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtsirrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gekommen ist, dass der einzige zu berücksichtigende Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen noch kein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe im Sinne des § 20 VStG bedeutet.
2.5. Auf dem Boden des Gesagten sind auch die Verfahrensrügen nicht zielführend, die belangte Behörde hätte den Beschwerdeführer (im Rechtshilfeweg) und näher angegebene Zeugen vernehmen müssen, da diese Auskunft darüber hätten geben können, dass der Beschwerdeführer bislang "noch niemals eine Transitfahrt durch oder nach Österreich durchgeführt" habe und daher mit den einschlägigen Vorschriften nicht vertraut gewesen sei und auch "nicht abstrakt" mit derartigen Vorschriften gerechnet habe.
2.6. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
2.7. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2000
Schlagworte
Erschwerende und mildernde Umstände Allgemein Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030151.X00Im RIS seit
07.12.2001