Rechtssatznummer
1Entscheidungsdatum
21.06.2017Norm
ApG §9Rechtssatz
* Nach Ansicht des LVwG OÖ ergibt sich insbesondere daraus, dass die im Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2011, 2010/10/0248, geforderte Glaubhaftmachung der Wahrscheinlichkeit der Errichtung der Betriebsstätte (innerhalb des gemäß § 9 Abs. 2 ApG festzusetzenden Standortes) bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Konzessionsantrag zu beurteilen ist, diese Glaubhaftmachung ausschließlich zur Festlegung des Ausgangspunktes der Bedarfsfeststellung i.S.d. § 10 ApG dient und diese Festlegung aus Gründen der Verfahrenseffektivität wahrscheinlich sein muss, dass den Antragstellern dadurch die Möglichkeit eingeräumt wird, eine entsprechende Verfügungsberechtigung gleichsam noch bis zum Schluss des Verfahrens beibringen zu können. Dies trägt nämlich zum einen der lebensnahen, primär ökonomisch geprägten Grundhaltung eines über das Apothekenlokal Verfügungsberechtigten Rechnung, wonach es diesem in der Regel gleichgültig sein wird, welcher konkreten Person er dieses vermieten wird; ihm kommt es im Interesse der Möglichkeit der langfristigen Aufrechterhaltung des Dauerschuldverhältnisses vorwiegend darauf an, dass der präsumtive Mieter über die erforderliche Konzession verfügt. Zum anderen dient diese Sichtweise auch insofern der Verfahrenseffektivität, als eine vorzeitige, jedoch allenfalls ungerechtfertigte Ausscheidung eines Antragstellers aus dem Kreis konkurrierender Mitbewerber wirksam verhindert wird. Würde nämlich von mehreren (ansonsten die sachlichen Voraussetzungen des § 10 ApG erfüllenden) Anträgen jener, dem die zeitliche Priorität zukommt (und dem sohin durch Konzessionserteilung zu entsprechen wäre), deshalb eliminiert, weil mit diesem nach Auffassung der Behörde die Verfügungsberechtigung nicht ausreichend glaubhaft gemacht werden konnte, dann müssten, wenn sich die behördliche Sichtweise ex post als unzutreffend herausstellt, sämtliche aufeinander aufbauende Verfahren gleichsam wieder rückabgewickelt werden, sofern zwischenzeitlich bereits dem zeitlich sekundär gereihten Antragsteller die Konzession erteilt worden ist. Um derartige, allenfalls auch amtshaftungs- und/oder schadenersatzrechtliche Konsequenzen von vornherein hintan-zuhalten, gilt es sohin, ein prozessuales Auseinanderdriften der eine Verfahrensgemeinschaft bildenden konkurrierenden Konzessionswerber auf der Ebene des Behördenverfahrens weitestmöglich zu vermeiden. Eine Ausscheidung eines von mehreren konkurrierenden Konzessionsansuchen aus dem Grund der mangelnden Glaubhaftmachung der Verfügungsmöglichkeit über die in Aussicht genommene Apothekenbetriebsstätte ist daher nur dann zulässig, wenn das Erlangen bzw. das Bestehen einer solchen Berechtigung als absolut ausgeschlossen erscheint. Ob zu jenem Zeitpunkt, zu dem die belangte Behörde die Entscheidung zu treffen hat, welchem der konkurrierenden Antragsteller die Konzession zu erteilen ist, mit Gewissheit davon auszugehen ist, dass der Bf. keinesfalls eine Möglichkeit zur Verfügung über die in Aussicht genommen Betriebsstätte zukommt, lässt sich jedenfalls gegenwärtig noch nicht abschätzen. So könnte bspw. das zwischen der verfügungsberechtigten GmbH und der erstmitbeteiligten Partei bestehende Mietverhältnis bis dahin wieder aufgelöst oder Letztere insolvent werden etc. Andererseits hätte den Umstand, dass die Bf. für den Fall, dass die Apothekenkonzession ihr zu erteilen sein sollte, allenfalls deshalb über die in Aussicht genommene Betriebsstätte nicht zivilrechtlich verfügungsberechtigt sein könnte, weil dem ein aufrechtes Mietverhältnis zwischen der verfügungsberechtigten GmbH und der erstmitbeteiligten Partei entgegen stehen könnte, nicht die belangte Behörde, sondern – so der Sukkus aus dem Erkenntnis des VwGH vom 31.3.2011, 2010/10/0248 – die vielmehr die Beschwerdeführerin selbst zu vertreten.
* Daher war der vorliegenden Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben. Davon ausgehend wird die belangte Behörde den Antrag der Bf. in ihre Entscheidung über mehrere, in Bezug auf dieselbe Betriebsstätte konkurrierende Konzessionsgesuche mit einzubeziehen und über diesen eine neue Sachentscheidung zu treffen haben. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf den – wenngleich in einem anderen Konnex ergangenen – Schlussantrag der EuGH-Generalanwältin Sharpston vom 9. März 2017 zu C-685/15, insbesondere auf dessen RN 60. Wenn § 10 Abs. 7 ApG vor diesem Hintergrund festlegt, dass zur Frage des Bedarfes an einer neu zu er-richtenden öffentlichen Apotheke (zwingend) ein Gutachten der österreichischen Apothekerkammer einzuholen ist, so dürfte sich diese Bestimmung wohl als unionsrechtswidrig erweisen, weil die Apothekerkammer kaum als ein unabhängiger Sachverständiger i.S. dieses Schlussantrages qualifiziert werden kann.
Schlagworte
Apothekenbetriebsstätte; Glaubhaftmachung; konkurrierendes Konzessi-onsansuchen, Ausscheidung; VerfahrensgemeinschaftAnmerkung
Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGOB:2017:LVwG.050088.9.Gf.MuZuletzt aktualisiert am
23.08.2017