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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des W in W, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 17. Juli 2000, Zl. LGSW/Abt. 10-AlV/1218/56/2000-3896, betreffend Verlust der Notstandshilfe gemäß § 49 Abs. 2 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste Wien vom 19. April 2000 wurde unter Berufung auf § 49 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer wegen Unterlassung einer Kontrollmeldung für die Zeit vom 27. Jänner 2000 bis 23. März 2000 keine Notstandshilfe erhalte. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer die für den 27. Jänner 2000 vorgeschriebene Kontrollmeldung nicht eingehalten habe und sich erst am 24. März 2000 wieder gemeldet habe.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Darin behauptete er - nach der vom Beschwerdeführer nicht angezweifelten Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im angefochtenen Bescheid - im Wesentlichen die Zuweisung unpassender Vermittlungsvorschläge. Ein weiterer triftiger Grund für das Kontrollmeldeversäumnis sei, dass er am 27. Jänner 2000 einen "alters- und krankheitsbedingten Migräneanfall/Kreislaufschwächeanfall" gehabt habe und den ganzen Tag wegen der Kopfschmerzen im abgedunkelten Zimmer habe liegen müssen, sodass es ihm in diesem Zustand völlig unmöglich gewesen sei, außer Haus bzw. zum Telefon zu gehen, um den Kontrollmeldetermin wahrzunehmen bzw. telefonisch abzusagen. Ein weiterer triftiger Grund, die Kontrollmeldung unterlassen zu haben, liege darin, dass ihm das Arbeitsmarktservice die beantragte Kontrollmeldungsnachsicht verweigere.
Im Zuge des Berufungsverfahrens habe der Beschwerdeführer - so die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides - auf entsprechende Anfragen der belangten Behörde angegeben, der 24. März 2000 sei der erste Werktag gewesen, an dem er trotz Einnahme des Medikamentes Pantoloc am Vormittag keinen "Schindel" gehabt habe und gänzlich beschwerdefrei gewesen sei. Er könne über den Schwindelanfall vom 27. Jänner 2000 keine ärztliche Bestätigung vorlegen, da zu ihm kein Arzt nach Hause gekommen sei. Den Hausarzt habe er nicht verständigen können, weil dieser in der Früh keine Ordination habe. Der Beschwerdeführer habe jedoch den Notarzt angerufen, welcher telefonisch Anweisungen gegeben habe. Der Schwindelanfall sei um ca. 12.00 Uhr wie üblich abgeklungen und der Beschwerdeführer sei dann wieder völlig beschwerdefrei gewesen. Schwindelanfälle würden auch an Tagen, für welche keine Kontrollmeldungen vorgeschrieben seien, auftreten, doch wäre ein Zusammenhang mit den vorgeschriebenen Kontrollmeldeterminen wegen der psychischen Labilität des Beschwerdeführers durchaus möglich. Die Erfahrung des Beschwerdeführers zeige, dass er gegen das Auftreten der Nebenwirkungen dadurch Vorkehrungen treffen könne, dass er sich nach dem Frühstück und nach der Einnahme von Pantoloc sofort wieder ins Bett lege und bis 12.00 Uhr liegen bleibe. Der Beschwerdeführer habe mit dem Internisten Dr. O., der seinerzeit Pantoloc verordnet habe, Kontakt aufgenommen und die Auskunft erhalten, dass es kein gleich starkes Medikament wie Pantoloc gebe. Auch schwächere Mittel würden bei ihm jedoch dieselben Nebenwirkungen hervorrufen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Sie begründete ihre Ansicht, dass kein triftiger Entschuldigungsgrund für das Versäumen der Kontrollmeldung vorliege, damit, dass der Beschwerdeführer die Behauptung der Zuweisung von unpassenden Vermittlungsvorschlägen nicht näher konkretisiert habe und derartige Vorschläge im Übrigen den Beschwerdeführer nicht davon entbinden könnten, die vom Arbeitsmarktservice vorgeschriebenen Kontrollmeldetermine einzuhalten. Die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers seien kein triftiger Entschuldigungsgrund. Habe der Beschwerdeführer in der Berufung angegeben, es sei ihm in seinem Zustand völlig unmöglich gewesen, außer Haus bzw. zum Telefon zu gehen, um den Kontrollmeldetermin wahrzunehmen bzw. telefonisch abzusagen, so spreche er in seinem Schreiben vom 24. März 2000 sehr wohl von einem Telefonat mit dem Notarzt an dem bezeichneten Tag. Den Angaben des Beschwerdeführers werde im Übrigen mangels Vorlage einer ärztlichen Bestätigung kein Glauben geschenkt, weil es der belangten Behörde lebensfremd erscheine, dass bei einer angeblich nahezu vier Wochen anhaltenden gesundheitlichen Beeinträchtigung kein Arzt konsultiert werde, der dann auch eine entsprechende Bestätigung hätte ausstellen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, er sei wegen seines hohen Alters am Arbeitsmarkt nicht mehr vermittelbar. Das Arbeitsmarktservice terrorisiere ihn mit Kontrollmeldungsterminen. Wenn der Beschwerdeführer solche Kontrollmeldungstermine versäume, so stelle die belangte Behörde den Bezug der Notstandshilfe ein, obwohl der Beschwerdeführer noch vor Erlassung des Erstbescheides gesundheitliche Beeinträchtigungen als triftigen Entschuldigungsgrund fernmündlich und dann auch noch schriftlich bekannt gebe.
Die Beweiswürdigung der belangten Behörde betreffend das Nichtvorliegen eines triftigen Entschuldigungsgrundes bekämpft der Beschwerdeführer mit dem Argument, er habe zwar bei den ersten Anzeichen des Auftretens der Medikamentennebenwirkungen gerade noch den Notarzt telefonisch verständigen können, weitere Telefonate (nämlich mit dem Arbeitsmarktservice) seien ihm jedoch nicht möglich gewesen, weil die "Nebenwirkungen dann in voller Stärke ausgebrochen" (Hervorhebung im Original) seien. Der Beschwerdeführer habe sehr wohl ärztliche Bestätigungen vorgelegt, nämlich das ärztliche Gutachten vom 11. November 1999 sowie Bestätigungen vom 29. Juni 1999 und vom 9. Mai 2000, worin die Hausärztin immer wieder generell bestätigt habe, dass der Beschwerdeführer über Schwindel und Kopfschmerzen nach der Einnahme von Pantoloc klage. Die Bestätigung eines Arztes über Nebenwirkungen in einem bestimmten Zeitpunkt könne der Beschwerdeführer nicht beibringen, weil während der Zeit der Nebenwirkungen kein Arzt anwesend gewesen sei.
Die vom Beschwerdeführer erwähnte ärztliche Stellungnahme vom 11. November 1999 hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausreichend berücksichtigt. Demnach könnten die vom Beschwerdeführer geschilderten Drehschwindelanfälle durch Blutdruckschwankungen, wie sie häufig durch blutdrucksenkende Medikamente auftreten, verursacht sein. Dem Beschwerdeführer wurde von dem betreffenden Arzt geraten, sich mit seiner Internistin zum Zwecke der Umstellung der Therapie in Verbindung zu setzen. Ein derartiger Umstellungsversuch sei dem Beschwerdeführer auch zumutbar.
Der Verwaltungsgerichtshof kann gemäß § 41 Abs. 1 VwGG die Beweiswürdigung der belangten Behörde insoweit nur eingeschränkt überprüfen, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Denkvorgang der Behörde zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat und ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1974, Slg. NF Nr. 8619/A, und vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Der Verwaltungsgerichtshof kann somit wohl die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung, nicht aber ihre konkrete Richtigkeit nachprüfen (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, zu § 41, Seite 551, wiedergegebene Judikatur).
Die Argumentation der belangten Behörde, die sich im Wesentlichen auf die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers über seine Fähigkeit, an dem Kontrollmeldetag Telefonate durchzuführen, und auf das Unterbleiben des Einholens einer ärztlichen Bestätigung stützt, begegnet keinen Bedenken. Dies auch vor dem Hintergrund der insgesamt mehr als 30 Beschwerden, die der Beschwerdeführer seit dem Beginn des Jahres 1995 in den Angelegenheiten seiner Bezüge nach dem AlVG an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet hat und in denen er mit großteils gleich lautenden Argumentationslinien darzulegen versucht, dass die Nichteinhaltung der Kontrollmeldungen nicht zu dem zeitweisen Ausschluss vom Bezug der Notstandshilfe führen dürfte. Zu den vom Beschwerdeführer behaupteten Nebenwirkungen des Medikamentes Pantoloc in Form von Migräneanfällen bzw. Kreislaufschwächeanfällen, die den Beschwerdeführer daran hindern würden, die vorgeschriebenen Kontrollmeldetermine wahrzunehmen, ist im gegebenen Zusammenhang auch auf das hg. Erkenntnis vom 29. März 2000, Zl. 97/08/0464, zu verweisen, in dem festgestellt wurde, dass den in seiner Gesamtheit zu betrachtenden bisherigen Verhaltensweisen und Erklärungen des Beschwerdeführers bei der Nichtwahrnehmung bisher vorgeschriebener Kontrollmeldungen keine ernsthaften, einer Überprüfung zu unterziehenden Entschuldigungsgründe entnommen werden können.
Da die Beweiswürdigung der belangten Behörde sich als frei von einer durch den Verwaltungsgerichtshof wahrnehmbaren Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Eine Entscheidung über die vom Beschwerdeführer beantragte Verfahrenshilfe und eine Entscheidung über seinen Antrag, der vorliegenden Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, waren daher entbehrlich.
Wien, am 20. September 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000080123.X00Im RIS seit
10.01.2001