TE Vwgh Erkenntnis 2000/9/20 2000/03/0265

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Veröffentlicht am 20.09.2000
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1N;
E3R E07204030;
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;
59/04 EU - EWR;

Norm

11994N/PRO/09 EU-Beitrittsvertrag Prot9 Art1 litc;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 lita;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art2 Abs2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z2 idF 1998/I/017;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des JM in N, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Konrad Ferner, MMag. Dr. Stefan Hornung und Dr. Walter Wienerroither, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. Mai 2000, Zl. uvs-2000/7/007-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 3. Mai 2000 zur Last gelegt, er habe als Lenker eines näher beschriebenen LKW-Zuges am 15. September 1999 in der Zeit von 07.00 Uhr bis 08.05 Uhr eine Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich auf der Strecke vom Kontrollposten Autobahngrenzübergang Brenner über die Brennerautobahn A 13 bis zur Hauptmautstelle Schönberg bei Autobahnkilometer 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg, in der Absicht, die Fahrt über die Inntalautobahn A 12 und den Autobahngrenzübergang Kufstein-Kiefersfelden nach Deutschland fortzusetzen durchgeführt und dabei kein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine auf die konkrete Fahrt Bezug habende österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt (genannt Ökokarte) mitgeführt, wie dies anlässlich einer Kontrolle durch Kontrollorgane des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrabteilung, am 15. September 1999 um 08.05 Uhr an der Hauptmautstelle Schönberg bei Autobahnkilometer 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät Ecotag sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil der im LKW angebrachte Umweltdatenträger für die Durchreise durch Österreich unberechtigterweise auf ökopunktebefreite Fahrt gestellt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 593/1996 i. d.F. BGBl. I Nr. 17/1998 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 lit. a und lit. b und Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 1524/96, begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Hiezu wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe von Italien kommend in Kufstein die Firma F. angefahren, habe hier etliche Paletten Plastikteile dazugeladen und sei anschließend nach Deutschland gereist. Zielpunkt der Sammelladung sei ein Ort in Deutschland gewesen, sodass die durch Österreich erfolgte Fahrt als Transitfahrt zu betrachten sei, für die Ökopunkte erforderlich gewesen seien. Eine Abbuchung von Ökopunkten durch den im Fahrzeug angebrachten Umweltdatenträger sei nicht erfolgt, weil dieser zum Zeitpunkt der Einreise nach Österreich auf ökopunktebefreite Fahrt eingestellt gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der - im Beschwerdefall anzuwendenden - Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' (ecotag) bezeichnet wird; oder

c) die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Unter einer "Transitfahrt" ist im Sinne des Art. I lit. c des der Akte über die Bedingungen des Beitritts (u.a.) der Republik Österreich und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (EU-Beitrittsakten) beigefügten Protokolls Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995, eine Fahrt durch österreichisches Hoheitsgebiet zu verstehen, bei der Ausgangs- und Zielpunkt außerhalb Österreichs liegen.

Der Beschwerdeführer bringt vor, eine Fahrt, bei der das Fahrzeug entweder eine vollständige Ladung in Österreich absetze oder aufnehme, sei gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 von der Entrichtung der Ökopunkte befreit, und zwar ungeachtet der Strecke, über die die Einreise des Fahrzeugs nach Österreich oder die Ausreise erfolge. Im vorliegenden Fall habe "sohin" im Zeitpunkt der Überschreitens der Grenze tatsächlich keine Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten bestanden. Der Beschwerdeführer sei nämlich - von Italien kommend - beauftragt gewesen, bei der Firma F. in Kufstein zu laden. Diese Firma werde wöchentlich zweimal angefahren, um Transportgut für die Firma K. in A. (Bundesrepublik Deutschland) abzuholen. Üblicherweise erfahre man erst in Kufstein, welche Menge zu laden sei. Es werde daher erst hier entschieden, ob um- oder zugeladen werde bzw. ob die bereits geladene Fracht "allenfalls entladen" werde.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission gemäß ihrem Art. 2 am 20. Tag nach ihrer (am 22. März 2000 erfolgten) Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, somit am 11. April 2000 in Kraft getreten ist. Da eine Änderung der Rechtslage während des Verwaltungsstrafverfahrens nur dann von Relevanz sein kann, wenn diese Änderung spätestens im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses erfolgt ist (vgl. § 1 Abs. 2 VStG), dies auf den vorliegenden Fall aber unzweifelhaft nicht zutrifft, vermag der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf die genannte Verordnung eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon aus diesem Grunde nicht aufzuzeigen.

Den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die in Rede stehende Fahrt habe ihren Ausgangspunkt in Italien und ihren bestimmungsgemäßen Zielpunkt in Deutschland gehabt, tritt der Beschwerdeführer mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen nicht entgegen. Dass nämlich in Kufstein die Entscheidung getroffen hätte werden können, die für Deutschland bestimmte Fracht zu entladen und stattdessen eine andere Fracht nach Deutschland zu bringen, ändert nichts am bestimmungsgemäßen Zielpunkt der Fahrt. Wenn die belangte Behörde daher auf dem Boden dieser Feststellungen zur Auffassung gelangte, bei der Fahrt habe es sich um eine ökopunktepflichtige Transitfahrt im Sinne der vorgenannten Bestimmung gehandelt, so ist das nicht als rechtswidrig zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer wendet gegen den angefochtenen Bescheid weiters ein, er habe über Weisung seines Dienstgebers und weil er selbst davon ausgegangen sei, dass keine Verpflichtung zur Entrichtung von Ökopunkten bestanden habe, das Ecotag-Gerät auf "ökopunktebefreite Fahrt" eingestellt. Es falle ihm daher, wenn überhaupt, ein nur sehr geringer Sorgfaltsverstoß zur Last, der jedem LKW-Fahrer passieren könne; die subjektive Tatseite sei somit nicht erfüllt.

Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass es sich bei der ihm zur Last gelegten Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handelt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0119, und die dort zitierte Vorjudikatur), dem Vorbringen des Beschwerdeführers aber nicht zu entnehmen ist, er habe ein zur Glaubhaftmachung, es treffe ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden, taugliches Vorbringen erstattet. Denn zum einen war es Sache des Beschwerdeführers, sich als ein eine Transitfahrt vornehmender LKW-Lenker über die Rechtsvorschriften betreffend eine Transitfahrt in Österreich zu unterrichten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 2000, Zl. 99/03/0473), und zum anderen schließt der Hinweis, der Beschwerdeführer habe über "Weisung seiner Dienstgeberin" gehandelt, ein Verschulden des Beschwerdeführers nicht aus (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1996, Zl. 94/04/0214, und die dort zitierte Vorjudikatur). Im Übrigen räumt der Beschwerdeführer selbst ein, ihm falle ein - wenn auch seines Erachtens nur sehr geringer - Sorgfaltsverstoß zur Last.

Soweit der Beschwerdeführer rügt, der Spruch des angefochtenen Bescheides lasse nicht erkennen, welches Verhalten dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde und die Bescheidbegründung lasse Feststellungen vermissen, denen entnommen werden könne, von welchen Sachverhaltsannahmen die belangte Behörde ausgegangen sei, so ergibt sich aus der - oben wiedergegebenen - Darstellung von Spruch und Begründung des angefochtenen Bescheides, dass dieser Vorwurf unzutreffend ist. Mit seinem weiteren Vorbringen, die belangte Behörde habe die ihr nach § 13a AVG obliegende Manuduktionspflicht verletzt, indem sie den Beschwerdeführer darauf hinzuweisen unterlassen habe, dass die von ihm gemachten Angaben unzureichend seien, und ihn auch nicht angeleitet habe, Beweisanträge (z.B. auf Einvernahme seines Arbeitgebers) zu stellen, zeigt der Beschwerdeführer schon deshalb keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf, weil sich die Manuduktionspflicht des § 13a AVG auf Verfahrenshandlungen und deren Rechtsfolgen bezieht; nicht hingegen sind die Behörden des Verwaltungsverfahrens im Grunde dieser Bestimmung verhalten, den Parteien Unterweisungen zu erteilen, wie sie ihr Vorbringen inhaltlich zu gestalten oder welche konkreten Beweisanträge sie zu stellen hätten, um einen von ihnen angestrebten Erfolg zu erreichen (vgl. die bei Walter/Thienel, VerwaltungsverfahrensgesetzeI2 (1998), 362 f, referierte hg. Judikatur).

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. September 2000

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2 Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000030265.X00

Im RIS seit

23.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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