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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des J L in S, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 5. April 2000, Zl. KUVS-K1-179/5/2000, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 31. August 1999
"gegen 08.57 Uhr das Sattelkraftfahrzeug RE-HK 8300/RE-KH 7007 (D) von Deutschland kommend in Richtung Italien gelenkt, ohne als Fahrer des angeführten Sattelkraftfahrzeuges auf dieser im Hoheitsgebiet Österreichs durchgeführten Transitfahrt im grenzüberschreitenden gewerbsmäßigen Güterbeförderungsverkehr - wie dies am 31.08.1999 gegen 08.57 Uhr anlässlich einer Zollkontrolle auf der Südautobahn (A 2) auf Höhe des Parkplatzes Greuth festgestellt wurde, ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von ÖKO-Punkten, die in der erforderlichen Anzahl auf die ÖKO-Karte aufgeklebt und durch Unterschrift oder Stempel entwertet sein müssen, für die betreffende Fahrt (ÖKO-Karte) oder ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der ÖKO-Punkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird oder die in Art. 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine ÖKO-Punkte benötigt werden oder geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist, mitzuführen, und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, da Sie weder eine ÖKO-Karte, noch einen Umweltdatenträger verwendet, noch Nachweise für eine ökopunktbefreite Fahrt mitgeführt und vorgelegt haben."
Er habe dadurch § 23 Abs. 1 Z. 8 in Verbindung mit §§ 1, 7 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995, BGBl. Nr. 593, in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, Art. 15 und 24 Abs. 4 "BGBl. 823/1992" und Art. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 verletzt. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 in Verbindung mit
Abs. 2 Güterbeförderungsgesetz 1995 wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 67 Stunden) verhängt. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass die vom Beschwerdeführer unternommene Fahrt nicht als Transitfahrt deklariert gewesen sei und es zu keiner Abbuchung von Ökopunkten gekommen sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission lauten:
"Artikel 1
(1) Der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs hat die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:
a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'Ökokarte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder
c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder
d) geeignete Unterlagen aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist.
...
Artikel 2
(1) Soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, wird die erforderliche Anzahl von Ökopunkten auf die Ökokarte aufgeklebt und entwertet. Die Ökopunkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die Ökopunkte als auch auf das die Ökopunkte tragende Blatt erstreckt. An Stelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.
..."
Die am 11. April 2000 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission ist im Beschwerdefall nicht anzuwenden.
Der Beschwerdeführer stellt nicht in Abrede, dass er eine Transitfahrt unternommen habe und dass es zu keiner Abbuchung der Ökopunkte durch den in dem von ihm gelenkten Fahrzeug eingebauten Umweltdatenträger gekommen sei. Er bestreitet auch nicht, dass der Umweltdatenträger bei der anlässlich der Anhaltung vorgenommenen Kontrolle die Deklaration "ökopunktebefreite Fahrt" aufgewiesen habe.
Bei diesem Sachverhalt begegnet die Annahme keinen Bedenken, dass der Umweltdatenträger bei der vom Beschwerdeführer durchgeführten Transitfahrt i.S. von Art. 1 Abs. 1 lit. b iVm Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3294/94 idF der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 nicht benutzt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/03/0089). Da ferner unbestritten ist, dass auch die Tatbestände der lit. a, c und d des Art. 1 Abs. 1 der genannten Verordnung nicht gegeben waren, konnte die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum von der Erfüllung des objektiven Tatbestandes der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung ausgehen.
Da es sich bei dieser Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG handelt, wäre es nach dem 2. Satz der genannten Bestimmung Sache des Beschwerdeführers gewesen, sein mangelndes Verschulden glaubhaft zu machen. Hiefür wäre es erforderlich gewesen, initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, und das betreffende Vorbringen durch Beibringung von Beweismittel bzw. Stellung konkreter Beweisanträge zu untermauern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1989, Zl. 89/02/0017).
Diesen Voraussetzungen wurde das vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren erstattete Vorbringen zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht gerecht. Der Beschwerdeführer berief sich im Wesentlichen darauf, dass er den Grenzübergang bei der Einreise ordnungsgemäß durchfahren habe und dass der Umweltdatenträger auf "Transitfahrt" eingestellt gewesen sei. Es könne sohin nur ein technischer Mangel am Umweltdatenträger, am "ÖKO-Punkte-Balken Grenzübergang Saalbrücke" oder am elektronischen Kontrollgerät des Kontrollorganes vorgelegen haben. Dass keine Ökopunkte abgebucht worden seien, sei für den Beschwerdeführer nicht überprüfbar gewesen. Zum Beweis dafür, dass an einem der genannten Geräte ein technischer Mangel vorliege, wurde die Einholung eines technischen Gutachtens beantragt, "weiters zum Beweis dafür, dass das ÖKO-Punkte-Gerät im Fahrzeug des Beschuldigten bei ordnungsgemäßer Fahrt durch den Abbuchungsbalken automatisch auf Transitfahrt umschaltet und sohin ein Durchfahren des Abbuchungsbalkens mit einem auf ÖKO-Punkte-befreite Fahrt umgestellten Gerät aus technischer Sicht nicht möglich ist, außer es liegt ein Mangel eines dieser Geräte vor".
Ferner brachte der Beschwerdeführer vor, dass ein Umfahren des ÖKO-Punkte-Balkens beim Grenzübergang Saalbrücke nicht möglich sei, weil die Platzverhältnisse zu eng seien.
Dazu ist Folgendes zu bemerken:
Gemäß Art. 1 Abs. 2 erster Satz der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 werden die Umweltdatenträger gemäß den in Anhang F aufgeführten technischen Spezifikationen hergestellt, programmiert und angebracht. Art. 2 Abs. 2 zweiter Unterabsatz dieser Verordnung ordnet an, dass bei Fahrzeugen, die mit einem Umweltdatenträger versehen sind und im bilateralen Verkehr eingesetzt werden, der Umweltdatenträger so eingestellt werden muss, dass ersichtlich ist, dass vor der Einfahrt in österreichisches Hoheitsgebiet keine Transitfahrt durchgeführt wird. In Anhang F der genannten Verordnung heißt es unter anderem:
"Transitdeklaration
Der Fahrzeugdatenträger hat über eine Eingabemöglichkeit zur Deklaration einer Ökopunkt-befreiten Fahrt zu verfügen.
Der Status dieser Deklaration muss entweder am Fahrzeugdatenträger klar ersichtlich sein oder es muss die Möglichkeit geben, ihn in eine definierte Ausgangsstellung zu versetzen. In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass für die Bewertung im System nur der Status zum Zeitpunkt der Einreise herangezogen wird."
Mit diesen Bestimmungen ist die Darstellung des Beschwerdeführers, dass ein Durchfahren des Abbuchungsbalkens mit einem auf ökopunktebefreite Fahrt umgestellten Gerät aus technischer Sicht nicht möglich sei, nicht vereinbar. Schon aus diesem Grund erübrigte sich die Einholung des zu diesem Thema beantragten Sachverständigengutachtens.
Soweit der Beschwerdeführer Mängel an den angeführten Geräten behauptet hat, die durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erwiesen werden könnten, hat er jede nähere Konkretisierung dieser Mängel unterlassen. Die bloße Behauptung nicht näher spezifizierter Mängel, für deren Annahme die Aktenlage nicht die geringste Grundlage bietet, ist zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens nicht geeignet. In einem solchen Fall läuft die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens auf einen Erkundungsbeweis hinaus, zu dessen Aufnahme die Behörde nicht verpflichtet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1990, Zl. 89/03/0225).
Im Übrigen kann nicht angenommen werden, dass eine von der belangten Behörde veranlasste Überprüfung des in dem vom Beschwerdeführer gelenkten Fahrzeug eingebauten Umweltdatenträgers oder des Kontrollbalkens bei der Kontrollstelle Saalbrücke durch einen Sachverständigen Aufschlüsse über allfällige Mängel dieser Geräte in dem im Beschwerdefall maßgebenden Einreisezeitpunkt hätte erbringen können, ergibt sich doch aus der von der Dienstgeberin des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegten, vom Bundesamt für Güterverkehr in München stammenden "Fax-Information über aktuellen elektronischen Ökopunkteverbrauch" vom 4. Oktober 1999, dass nach dem gegenständlichen Einreisezeitpunkt ordnungsgemäße Abbuchungen von Ökopunkten für Transitfahrten desselben Fahrzeuges an derselben Kontrollstelle stattgefunden haben. Für die Annahme, dass hiebei andere Geräte als im Beschwerdefall zum Einsatz gelangt sind, fehlt jeder Anhaltspunkt.
Auch von der Durchführung eines Lokalaugenscheins zum Beweis dafür, dass bei der Kontrollstelle Saalbrücke eine Umfahrung des Kontrollbalkens nicht möglich sei, konnte die belangte Behörde Abstand nehmen, ohne ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit zu belasten, ist der Beschwerdeführer doch jeden objektiven Anhaltspunkt für die Annahme schuldig geblieben, dass er tatsächlich über diese Kontrollstelle eingereist ist.
Schließlich teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, dass der Lenker eines Lastkraftwagens vor der Einreise in das Hoheitsgebiet Österreichs jedenfalls verpflichtet ist, sich im Falle der Benutzung eines Umweltdatenträgers von dessen korrekter Einstellung zu überzeugen. Unterlässt er dies, fällt ihm eine als Verschulden zu qualifizierende Sorgfaltsverletzung zur Last. Wenn der Beschwerdeführer jedoch vorbringt, es würde eine Überspannung des Sorgfaltsmaßstabes darstellen, würde man von jedem Lkw-Lenker verlangen, bei der Einreise die Funktionstüchtigkeit des Umweltdatenträgers und des Kontrollbalkens zu überprüfen, übersieht er, dass ihm der Vorwurf, eine derartige Überprüfung unterlassen zu haben, von der belangten Behörde nicht zur Last gelegt wurde.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. September 2000
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2Beweiswürdigung Wertung der BeweismittelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000030181.X00Im RIS seit
17.09.2001Zuletzt aktualisiert am
03.08.2018