TE Bvwg Beschluss 2017/10/16 W114 2172598-1

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Veröffentlicht am 16.10.2017
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Entscheidungsdatum

16.10.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
Horizontale GAP-Verordnung §23
MOG 2007 §6
VwGVG §14 Abs1
VwGVG §15 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W114 2172598-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard DITZ als Einzelrichter aufgrund des Vorlageantrages vom 20.09.2016 über die Beschwerde vom 31.05.2016 von XXXX, XXXX, XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2865945010, nach Beschwerdevorentscheidung vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4173954010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben, die Beschwerdevorentscheidung behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die AMA zurückverwiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang

1. XXXX, XXXX, XXXX, BNr. XXXX, (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) stellten elektronisch einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2015.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid der AMA vom 28.04.2016, AZ II/4-DZ/15-2865945010, wurden den Beschwerdeführern – auf der Grundlage von 19,90 Zahlungsansprüchen – für das Antragsjahr 2015 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt, davon EUR XXXX als Basisprämie, EUR XXXX als Greeningprämie und EUR XXXX als gekoppelte Stützung.

Diese Entscheidung wurde von der AMA am 20.05.2016 versendet und am 23.05.2016 an die Beschwerdeführer zugestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 31.05.2016 Beschwerde. Begründend führten die Beschwerdeführer aus, dass bei der Alm mit der BNr. XXXX (im Weiteren: XXXX) keine anteilige Futterfläche angerechnet worden sei. Grund dafür sei ein technisches Problem bei der Übermittlung der Feldstückliste des MFA 2015 gewesen. Nach Ticketanfrage Nummer XXXX sei das Problem gelöst geworden und die Feldstückliste sanktionsfrei nacherfasst worden.

4. Mit Abänderungsbescheid der AMA vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4173954010, wies die AMA den Beschwerdeführern 19,8975 Zahlungsansprüche zu und gewährte Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 in Höhe von EUR XXXX, davon EUR XXXX als Basisprämie, EUR XXXX als Greeningprämie und EUR XXXX als gekoppelte Stützung.

5. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung vom 31.08.2016, AZ II/4-DZ/15-4173954010, haben die Beschwerdeführer fristgerecht einen Vorlageantrag gestellt.

6. In einem "Report - Direktzahlungen 2015 - Berechnungsstand:

07.11.2016" wies die AMA darauf hin, dass sich anhand der aktuell vorliegenden Daten ein neues Berechnungsergebnis für die Direktzahlungen ergebe. Die für die XXXX beantragte anteilige Almfutterfläche sei seitens der AMA berücksichtigt und als beihilfefähig ermittelt worden.

7. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht am 06.10.2017 die Beschwerde, den Vorlageantrag und die Verfahrensunterlagen zur Entscheidung vor.

In der Beschwerdevorlage führte die AMA ergänzend Folgendes aus:

"In der vorliegenden Sache liegt aus Sicht der AMA ein Anwendungsfall des § 28 (3) VwGVG vor. Die Aktenlage hat sich dahingehend geändert, dass der AMA Unterlagen nachgereicht wurden. Diese Unterlagen wurden sowohl formal als auch inhaltlich geprüft und könnten von der AMA zu einer stattgebenden Beurteilung der Beschwerde führen, wäre die AMA noch zuständig. Eine Entscheidung durch die AMA selbst würde zu einer wesentlichen Beschleunigung des Verfahrens führen.

Sachverhalt:

Bei der Übermittlung der Feldstücksliste der Alm XXXX für das Antragsjahr (AJ) 2015 hat es ein technisches Problem gegeben, daher konnte für die Alm keine Fläche als beantragt berücksichtigt werden. Wie im Report (Berechnungsstand: 07.11.2016) dargelegt, konnte das technische Problem gelöst und die Almfutterfläche könnte nun als beantragt berücksichtigt werden."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang dieser Entscheidung wird zu Feststellungen dieser Entscheidung erklärt.

Ergänzend wird festgestellt, dass die AMA den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zur Berücksichtigung anteiliger Almfutterflächen in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend ermittelt und insbesondere in der Beschwerdevorentscheidung darüber nicht abgesprochen hat.

Die AMA hat jedoch in Vorbereitung der Übermittlung der Verfahrensunterlagen sehr klar und nachvollziehbar dargelegt, dass auch sie der Auffassung ist, dass dem Antrag der Beschwerdeführer auf Berücksichtigung der anteiligen Almfutterfläche stattzugeben sei.

Das erkennende Gericht schließt sich dieser Auffassung an.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Partei bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Artikel 39 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 39

Prüfung der Fördervoraussetzungen

(1) Die Förderfähigkeit landwirtschaftlicher Parzellen wird mit geeigneten Mitteln überprüft. Diese Überprüfung umfasst gegebenenfalls auch eine Prüfung der Anbaukultur. Hierzu wird erforderlichenfalls die Vorlage entsprechender zusätzlicher Belege verlangt.

(2) Bei Dauergrünland, das abgeweidet werden kann und einen Teil der etablierten lokalen Praktiken darstellt, wo Gräser und andere Grünfutterpflanzen traditionell nicht in Weidegebieten vorherrschen, kann der Verringerungskoeffizient gemäß Artikel 32 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 gegebenenfalls auf die gemäß Artikel 38 der vorliegenden Verordnung vermessene beihilfefähige Fläche angewendet werden. Wird eine Fläche gemeinsam genutzt, so teilen die zuständigen Behörden diese entsprechend der Nutzung oder den Nutzungsrechten auf die einzelnen Begünstigten auf.

[ ]."

Artikel 23 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft mit horizontalen Regeln für den Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (Horizontale GAP-Verordnung), BGBl. II Nr. 100/2015, lautet:

"Artikel 23

Besondere Vorschriften für bestimmte Nutzungen

(1) Als Stichtag, zu dem die beihilfefähigen Flächen für die Nutzung der Zahlungsansprüche dem Betriebsinhaber gemäß Art. 33 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 zur Verfügung stehen müssen, wird der 9. Juni des jeweiligen Antragsjahres bestimmt.

( )

(4) Gemeinsam genutzte Almflächen werden unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 1, 2 und 4 der Direktzahlungs-Verordnung 2015 entsprechend der Anzahl der ordnungsgemäß gemeldeten und mindestens 60 Tage gealpten Tiere (Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde), ausgedrückt in RGVE, anteilig den einzelnen Betriebsinhabern zugeteilt. Werden Tiere auf mehrere Almen aufgetrieben, so erfolgt eine Zuteilung der Tiere auf die Alm, wo sie am längsten aufgetrieben werden. Vorzeitig abgetriebene Tiere können anerkannt werden, wenn sie wieder aufgetrieben oder durch Tiere derselben Kategorie ersetzt werden, sofern die Unterbrechung der Alpungsdauer nicht mehr als zehn Kalendertage beträgt und die Meldung binnen 15 Tagen ab Wiederauftrieb erfolgt. Gleiches gilt für die Meldung von Tierbewegungen von einer Alm auf eine andere Alm. Diese Regelung ist sinngemäß auch für Gemeinschaftsweideflächen anzuwenden."

Zur Zurückverweisung:

§ 28 Abs. 2 und 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) lautet:

"(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist."

3.2. Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für den Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greening-prämie"), abgelöst.

1. Das technische Problem bei der Übermittlung der Feldstückliste der XXXX konnte von der AMA gelöst werden, sodass die Almfutterfläche als beantragt berücksichtigt werden konnte.

2. Der Amtswegigkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit verpflichten die Behörde, von Amts wegen ohne Rücksicht auf Vorträge, Verhalten und Behauptungen der Parteien die entscheidungserheblichen Tatsachen zu erforschen und deren Wahrheit festzustellen. Der Untersuchungsgrundsatz verwirklicht das Prinzip der materiellen (objektiven) Wahrheit, welcher es verbietet, den Entscheidungen einen bloß formell (subjektiv) wahren Sachverhalt zu Grund zu legen. Vor dem Hintergrund des Amtswegigkeitsprinzips und dem Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, hätte die AMA den wahren Sachverhalt hinsichtlich der Berücksichtigung der anteiligen Almfutterfläche somit ermitteln müssen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, 2. Teilband, Wien 2005, Manz Verlag, § 39 Rz 3ff).

Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts. Dies deckt sich auch mit den Ausführungen der AMA im Vorlageschreiben an das Bundesverwaltungsgericht.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH vom 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zur Zurückverweisung etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Schlagworte

amtswegige Ermittlungspflicht, Behebung der Entscheidung,
Berechnung, Bescheidabänderung, Beschwerdevorentscheidung,
Direktzahlung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelhaftes
Ermittlungsverfahren, mangelnde Sachverhaltsfeststellung,
Mehrfachantrag-Flächen, Neuberechnung, Prämienfähigkeit,
Prämiengewährung, Vorlageantrag, Zahlungsansprüche,
Zurückverweisung, Zuteilung, Zuweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W114.2172598.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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