TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/16 W271 2162426-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.10.2017
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Entscheidungsdatum

16.10.2017

Norm

B-VG Art.133 Abs4
DSG 2000 §4 Z14
ECG §7 Abs2
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2003 §107 Abs3
TKG 2003 §107 Abs5
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
TKG 2003 §92
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §45 Abs1
VStG 1950 §45 Abs1 Z4
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §38
VwGVG §44 Abs3
VwGVG §50 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2
VwGVG §52 Abs6

Spruch

W271 2162426-1/8E

W271 2162575-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Dr. Anna Walbert-Satek als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX(Erstbeschwerdeführer) und 2.) XXXX (Zweitbeschwerdeführer), beide vertreten durch Biedermann & Belihart Rechtsanwälte OG, gegen die Straferkenntnisse des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 05.05.2017, BMVIT-631.540/0826-III/FBW/2016, mit denen gegen die Geschäftsführer der XXXX(belangte Gesellschaft), XXXX, und somit als für diese nach außen vertretungsbefugten Personen:

1.) XXXX, sowie gegen

2.) XXXX,

jeweils eine Geldstrafe von 300,-- Euro gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003, (sowie im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden) verhängt wurde, zu Recht:

A)

I. Die Beschwerden werden gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und die bekämpften Straferkenntnisse werden mit der Maßgabe bestätigt, dass die verletzte Rechtsvorschrift wie folgt lautet: "§ 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 ,BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 102/2011" und die Strafsanktionsnorm wie folgt lautet: "§ 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003, BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 134/2015".

II. Gemäß § 52 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 VwGVG hat der Erstbeschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 60,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

III. Gemäß § 52 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 6 VwGVG hat der Zweitbeschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von EUR 60,-- (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

IV. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die belangte Gesellschaft für die dem Erstbeschwerdeführer in Spruchpunkt II. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zu ungeteilter Hand.

V. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG haftet die belangte Gesellschaft für die dem Zweitbeschwerdeführer in Spruchpunkt III. auferlegten Kosten des Strafverfahrens im angeführten Ausmaß zu ungeteilter Hand.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit zwei gleichlautenden Schreiben vom 22.03.2017, GZ BMVIT-631.540/0826-III/FBW/2016, forderte das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland (belange Behörde) die nunmehrigen Beschwerdeführer, 1) XXXX (Erstbeschwerdeführer) und 2)

XXXX (Zweitbeschwerdeführer) zur Rechtfertigung auf. Den nunmehrigen Beschwerdeführern wurde zur Last gelegt, als im Tatzeitpunkt als Geschäftsführer der XXXX tätige Personen, somit als deren außenvertretungsbefugte Organe und gemäß § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche, für folgende Tat einzustehen zu müssen: Vom genannten Unternehmen aus sei am 03.11.2016, 15:32 Uhr, eine E-Mail von der E-Mail-Adresse XXXX, somit elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung für die Dienstleistungen des genannten Unternehmens, an den Empfänger XXXX (XXXX) gesendet worden, ohne dass dieser davor eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt habe. Die XXXX (belangte Gesellschaft) wurde im Hinblick auf § 9 Abs. 7 VStG mit Schreiben vom 22.03.2017 dem Verfahren beigezogen.

2. In Antwort auf die Aufforderung zur Rechtfertigung übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter der nunmehrigen Beschwerdeführer eine Rechtfertigung sowie E-Mail-Korrespondenz zwischen XXXX und der belangten Gesellschaft. In der Rechtfertigung vom 05.04.2017 wurde ausgeführt, eine Einwilligung sei nicht erforderlich, wenn der Absender die Kontaktinformationen im Zusammenhang mit dem Verkauf bzw. einer Dienstleistung erhalten hat und die Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen erfolgt. Seit einer Bitte seitens XXXX gegenüber der belangten Gesellschaft zur Legung eines Angebots sei dieser beim Unternehmen registriert und die verfahrensgegenständliche Nachricht sei für ein ähnliches Produkt erfolgt. Herrn XXXX sei ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, durch einfaches "Anklicken" mittzuteilen, dass seine Kontaktinformationen nicht mehr genutzt werden sollen.

Die am 06.04.2017 der belangten Behörde von den Beschwerdeführern übermittelte Korrespondenz enthält drei E-Mails:

i) E-Mail vom 17.09.2013 Uhr, von XXXX an Herrn XXXX (E-Mail-Adresse des Adressaten nicht sichtbar), das auszugsweise lautet: "Sehr geehrter Herr XXXX, Danke für Ihre Anfrage. Kann das Angebot auch an dieselbe Adresse gerichtet werden? Vielen Dank."

ii) E-Mail vom 17.09.2013, von XXXX an XXXX, das lautet: "Ja, bitte!"

iii) E-Mail vom 24.09.2013, von XXXX, das auszugsweise lautet: "Sehr geehrter Herr XXXX! Vielen Dank für Ihre Anfrage! Anbei sende ich Ihnen das Offert für die Winterbetreuung in der XXXX. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung."

3. Mit E-Mail vom 04.05.2017 von XXXX an die belangte Behörde bestätigte dieser, ein Angebot bei der XXXX eingeholt zu haben; der Zusendung eines Newsletters habe er nicht zugestimmt.

4. Daraufhin erließ die belangte Behörde gegen den Erstbeschwerdeführer und den Zweitbeschwerdeführer die gegenständlichen (gleichlautenden) Straferkenntnisse vom 05.05.2017, GZ. BMVIT-631.540/0826-III/FBW/2016; der Spruch lautete jeweils:

"Sie sind und waren zum ua Zeitpunkt Geschäftsführer der XXXX, somit deren außenvertretungsbefugtes Organ und gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und haben daher dafür einzustehen, dass von Ihrem Unternehmen aus am 03.11.2016, 15:32 Uhr eine E-Mail (Absenderadresse XXXX), somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für die Dienstleistungen Ihres Unternehmens (Dachrinnenreinigung) an den Empfänger XXXX (XXXX) gesendet wurde, ohne dass dieser Ihnen oder Ihrem Unternehmen vorher eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt hat.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt: § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003, BGBl I 70/2003 idF BGBl I 6/2016 iVm § 9 Abs. 1 VStG.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt: Geldstrafe von 300,-- Euro falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 idoaF.

Die XXXX, haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängte Strafe und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 30,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens (als Kosten sind vorzuschreiben 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch 10 Euro). Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 330,-- Euro."

5. In ihrer Begründung führte die belangte Behörde zusammengefasst Folgendes aus: Eine Einwilligung des Empfängers zum Erhalt der inkriminierten E-Mail sei nicht vorgelegen. Auch eine Vertragsbeziehung bzw. eine bestehende Geschäfts- oder Kundenbeziehung seien nicht vorgelegen, weil der Empfänger die angebotene Dienstleistung nicht in Anspruch genommen habe und es somit zu keinem Vertragsabschluss gekommen sei.

6. Gegen diese Straferkenntnisse erhoben die Beschwerdeführer mit gemeinsamem Schriftsatz vom 30.05.2017 fristgerecht die gegenständlichen Beschwerden, mit denen sie die Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machten und ausführten, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Beurteilung, wonach es (um von einer Kundenbeziehung sprechen zu können) bezüglich einer Ware oder Dienstleistung zu einem Vertragsabschluss gekommen sein müsse, unrichtig sei. Dies deshalb, weil der Empfänger das Angebot des Unternehmens der Beschwerdeführer bis dato weder angenommen noch abgelehnt habe. Hätte der Empfänger das Angebot vom 24.09.2013 endgültig abgelehnt, wären dessen Daten aus der Kundendatenbank gelöscht worden. Nach Ansicht der Beschwerdeführer habe daher im Zeitpunkt der Übermittlung der inkriminierten elektronischen Post eine Kundenbeziehung zwischen dem Empfänger und dem Unternehmen der Beschwerdeführer bestanden.

Die Beschwerdeführer stellten die Anträge, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen sowie die angefochtenen Straferkenntnisse aufzuheben, in eventu zu beheben und die gegen die Beschwerdeführer eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, sowie in eventu die verhängten Geld- und Ersatzfreiheitstrafen zu mildern.

7. Mit Beschwerdevorlage vom 23.06.2017 übermittelte die belangte Behörde dem Bundesverwaltungsgericht den vorliegenden Verwaltungsakt.

8. Mit Schriftsatz vom 27.06.2017 des Bundesverwaltungsgerichts wurde die Beschwerde an die belangte Gesellschaft als weitere Verfahrenspartei übermittelt und ihr die Möglichkeit zur diesbezüglichen Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eingeräumt. Binnen offener Frist langte keine Stellungnahme der belangten Gesellschaft ein.

9. Nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch das Bundesverwaltungsgericht teilten die Beschwerdeführer mit Schreiben der Beschwerdeführer vom 13.09.2017 mit, "ausdrücklich auf die Durchführung einer Verhandlung" zu verzichten, "zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten" ließe; mit E-Mail der belangten Behörde vom 27.09.2017 erklärte diese ebenfalls ausdrücklich den Verzicht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die Verhandlung wurde daraufhin abberaumt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Beschwerdeführer waren im Tatzeitpunkt Geschäftsführer der belangten Gesellschaft. Es bestehen hinsichtlich der Beschwerdeführer keine Strafvormerkungen in Bezug auf § 107 Abs. 2 und Abs. 5 TKG 2003.

2. Mit E-Mail vom 17.09.2013 bestätigte XXXX auf Nachfrage der XXXX, dass diese auf die E-Mail-Adresse XXXX von XXXX ein Angebot übermitteln dürfe. Die XXXX übermittelte mit E-Mail vom 24.09.2013 ein Angebot für die "Winterbetreuung". Dieses Angebot wurde weder angenommen noch abgelehnt. Eine weitere Korrespondenz zwischen XXXX und der XXXX hat bis zum tatgegenständlichen E-Mail vom 03.11.2016 nicht stattgefunden.

3. Am 03.11.2016 wurde ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX, die der XXXXzuzurechnen ist, an die E-Mail-Adresse XXXX, die XXXX zuzurechnen ist, das verfahrensgegenständliche E-Mail zugesendet.

Das E-Mail lautete:

"Sehr geehrter Herr XXXX,

haben Sie gewusst, dass Dachrinnen einmal jährlich gereinigt werden müssen? Aufgrund von Verschmutzungen durch Laub, Geäst oder Tiere können in der Dachrinne Verstopfungen entstehen. Diese Verstopfungen führen zu einem Stau des Wassers. Bei kalten Temperaturen kann dadurch die Regenrinne bersten oder überlaufendes Wasser zur Schimmelbildung führen. Im Winter besteht zudem die Gefahr der Eiszapfenbildung. Lassen Sie es nicht soweit kommen! Vermeiden Sie ganz einfach teure Wasserschäden, indem die XXXX Experten für Sie die jährlich empfohlene Kontrolle und Reinigung übernehmen:

· Reinigung aller Regenrinnen inkl. Laub- und Sinkkörben

· Kontrolle aller Regenabfallrohre auf Durchgang

· Sichtkontrolle der Dachhaut, Schneefangrechen und Kaminköpfe

Bei Fragen oder für ein unverbindliches Offert steht Ihnen Herr XXXX gerne telefonisch unter XXXX oder per E-Mail unter XXXX zur Verfügung.

Mit besten Grüßen

Ihr XXXX-Team

PS: Auf Wunsch reinigen wir auch Rigole von Terrassen, Gehwegen oder Garagenabfahrten.

* Preis netto, inkl. Wegzeit & Entsorgung des Abfalls.

Wenn Sie zukünftig keine Informationen mehr von uns erhalten möchten klicken Sie bitte einfach hier.

In der E-Mail befanden sich auch Bilder - eines davon mit der Beschriftung "Professionelle Dachrinnenreinigung. Jetzt ab 250 €".

4. Am 05.12.2016 erstattete XXXX wegen des E-Mails vom 03.11.2016 Anzeige bei der belangten Behörde wegen der Zusendung "unerwünschter Werbe-Emails".

2. Beweiswürdigung:

1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern ergeben sich hinsichtlich ihrer Tätigkeit als handelsrechtliche Geschäftsführer der belangten Gesellschaft zum Tatzeitpunkt aus dem offenen Firmenbuch und hinsichtlich des Nichtvorhandenseins von Vorstrafen aus dem Verwaltungsakt.

2. Die Feststellungen zum Ausmaß der Korrespondenz zwischen XXXX (XXXX) sowie der XXXX ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt sowie dem Beschwerdevorbringen (vgl. Beschwerde, Seite 2: "[...] da der Anzeiger, [...] das Angebot des Unternehmens der Beschuldigten bis dato weder angenommen, noch abgelehnt hat" sowie "Tatsache ist, dass der Anzeiger, Herr XXXX erstmalig und aus eigenem Antrieb an das Unternehmen der Beschuldigten [...] herangetreten ist und sich nach Übermittlung des entsprechenden Angebotes nicht mehr beim Unternehmen des Beschuldigten gemeldet hat."). Die Zurechnung der E-Mail-Adressen XXXX an XXXX und XXXX an die belangte Gesellschaft ergibt sich aus der im Akt befindlichen Korrespondenz und ist unbestritten.

3. Im Verwaltungsakt befindet sich ein E-Mail, das am 03.11.2016 von

XXXX an XXXX gesendet wurde. Das E-Mail informiert über die Wichtigkeit von Dachrinnenreinigungen und enthält das entsprechende Angebotspaket der XXXX dazu sowie Kontaktdaten zur Einholung eines unverbindlichen Offerts. Die Beschwerdeführer haben in ihrer Beschwerde nicht bestritten, sondern sogar zugestanden, das "inkriminierte" E-Mail übermittelt zu haben.

4. Die Erstattung einer Anzeige durch XXXX ergibt sich aus einer im Verwaltungsakt befindlichen E-Mail an die belangte Behörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Das TKG 2003 enthält keine Anordnung einer Senatszuständigkeit bei Beschwerden gegen Bescheide der Fernmeldebüros. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

3.2. Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.3. Die im vorliegenden Fall relevanten Regelungen des Telekommunikationsgesetzes 2003 (TKG 2003), StF: BGBl. I Nr. 70/2003, lauten auszugsweise wie folgt:

3.3.1. § 107 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 102/2011 lautet - soweit entscheidungsrelevant - wie folgt:

"Unerbetene Nachrichten

§ 107. (1) [...]

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

1. die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2. [...]

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 133/2005)

[...]"

3.3.2. § 109 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 134/2015 lautet auszugsweise:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. [...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

[...]

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

[...]"

3.4. Zur Qualifikation des gegenständlichen E-Mails als "Direktwerbung"

Der Begriff "Direktwerbung" ist zwar weder im TKG 2003 noch in der Richtlinie 2002/58/EG (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) definiert. Für die Qualifikation der "Direktwerbung" können jedoch die Definitionen der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung herangezogen werden, wonach "jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern," Werbung ist sowie der Richtlinie 2000/31/EG (E-Commerce-Richtlinie) bzw. des ECG, wonach kommerzielle Kommunikation "Werbung und andere Formen der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen oder des Erscheinungsbildes eines Unternehmens dienen" ist. Daraus folgt ein sehr weiter Begriff der "Werbung" (Mosing/Otto, Spamming neu!, MuR 2003, 269f).

In den Gesetzesmaterialien zum TKG 2003 (ErlRV 128 BlgNR 22. GP 20) wird zum Begriff der Direktwerbung in § 107 Abs. 2 TKG 2003 festgehalten, dass dieser "im Sinne dieser Bestimmung [...] im Lichte der Erfahrungen und Bedürfnisse der Praxis zu sehen und daher weit zu interpretieren [ist]. Er erfasst jeden Inhalt, der für ein bestimmtes Produkt, aber auch für eine bestimmte Idee einschließlich bestimmter politischer Anliegen wirbt oder dafür Argumente liefert."

An diese Ausführungen anschließend haben der Oberste Gerichtshof und - ihm folgend - der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass der Begriff der Direktwerbung weit auszulegen ist und darunter auch "jede Maßnahme [fällt], die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann [...]. Dabei hindert die Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht [...]" (vgl. OGH 30.09.2009, 7 Ob 168/09w mwN, VwGH 19.12.2013, Zl. 2011/03/0198).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich auf Basis der zum gegenständlichen E-Mail getroffenen Feststellungen Folgendes:

Im E-Mail wird XXXX darauf aufmerksam gemacht, dass Dachrinnen jährlich zu reinigen sind; darin werden auch die "Gefahren" aufgezeigt, die bestehen, wenn keine Reinigung erfolgt. Empfohlen wird, diesen Gefahren durch Beauftragung der "XXXX Experten" zu begegnen. Sodann wird der Empfänger direkt darauf angesprochen, sich für ein "unverbindliches Offert" an die belangte Gesellschaft zu wenden; ihm werden dazu eine Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse für die Kontaktaufnahme zur Verfügung gestellt. Das E-Mail weist den Empfänger auf mögliche Gefahren hin, weckt also ein Bedürfnis, und enthält Argumente, die den Empfänger dazu bringen sollen, eine von der belangten Gesellschaft angebotene Leistung in Anspruch zu nehmen; darin liegt auch ein Hinweis auf die Möglichkeit, wie das aufgezeigte Bedürfnis (Verhinderung von Schäden durch Reinigung von Dachrinnen) durch die Beauftragung der belangten Gesellschaft befriedigt werden kann.

Im Sinne der oben zitierten Judikatur handelt es sich beim gegenständlichen E-Mail daher um Direktwerbung gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 TKG. Die Gestaltung als "Newsletter" oder "Informationsmail" kann dabei die Qualifikation als Werbung nicht hindern.

3.5. Zum Fehlen einer Einwilligung in die Versendung von Direktwerbung

Gemäß § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 darf elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung nur an Empfänger versendet werden, die dazu vorher eine Einwilligung erteilt haben. Eine eigenständige Definition der Einwilligung oder Zustimmung fehlt im TKG 2003. Gemäß § 92 Abs. 1 S 2 TKG 2003 sind, soweit das TKG nicht anderes bestimmt, auf die im TKG 2003 geregelten Sachverhalte die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (DSG 2000) anzuwenden. § 4 Z 14 DSG 2000 definiert die Zustimmung (Einwilligung) als die gültige, insbesondere ohne Zwang abgegebene Willenserklärung des Betroffenen, dass er in Kenntnis der Sachlage für den konkreten Fall in die Verwendung seiner Daten einwilligt. Für § 107 TKG 2003 bedeutet dies, dass eine Einwilligung dann vorliegt, wenn entweder eine ausdrückliche Willenserklärung oder eine konkludente Willenserklärung gegeben ist, wobei es bei Letzterer darauf ankommt, ob ein bestimmtes Verhalten unzweifelhaft als Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Werbezwecken verstanden werden kann oder eben nicht. Nur dann, wenn dies eindeutig und unzweifelhaft ist, kann vom Vorliegen einer konkludenten Einwilligung ausgegangen werden (Riesz in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG 2003 [2016] § 107 Rz 43ff). Entsprechend diesen Anforderungen ist auch nach der Judikatur des OGH eine Zustimmung bzw. Einwilligung nur dann wirksam, wenn der Betroffenen im Zeitpunkt der Abgabe seiner Willenserklärung weiß, von welchen Personen/Unternehmen er im Wege bestimmt angeführter Kommunikationsmittel Werbung zu erwarten hat und welche Produkte dabei beworben werden (vgl. OGH 20.03.2007, 4 Ob 221/06p; 19.03. 2013, 4 Ob 13/3K). In diesem Sinn kann auch eine bloße Einwilligung zum Erhalt eines einmaligen Rückrufs zu einer Produktinformation nicht zum generellen Erhalt von Werbung führen, wenn die zu bewerbende Person nicht einmal weiß, von welchem bzw. welchen Unternehmen sie künftig Werbung erhalten kann (vgl. BVwG 24.02.2016, W120 2014995-1; W120 2014756-1).

Umgelegt auf den konkret zu beurteilenden Sachverhalt bedeutet dies, dass XXXX, um eine rechtswirksame Einwilligung abgeben haben zu können, wissen musste, von welchem Unternehmen er Werbung mittels E-Mail zu erwarten habe und welche Produkte dabei beworben würden.

Aus der E-Mail von XXXX an XXXX vom 17.09.2013, geht hervor, dass dieser lediglich zustimmt, dass das von ihm zuvor angefragte Angebot der XXXX zur Winterräumung an die E-Mail-Adresse XXXX geschickt werde. Darin liegt jedoch keine generelle Zustimmung zum Erhalt von sonstigen E-Mails der XXXX. Auch ist darin keine Einwilligung zum Erhalt von Direktwerbung durch die belangte Gesellschaft zu erkennen.

Eine Einwilligung des Empfängers gemäß § 107 Abs. 2 TKG 2003 zum Erhalt von E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung der XXXX lag sohin nicht vor.

3.6. Ausnahme von der Notwendigkeit einer vorhergehenden Zustimmung

Eine Zustimmung ist nach § 107 Abs. 3 TKG 2003 nur dann nicht nötig, wenn die in Z 1 bis 4 genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Gemäß Z 1 ist für eine zustimmungslose Versendung elektronischer Post zu Werbezwecken zunächst erforderlich, dass der Absender die elektronischen Kontaktinformationen im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat. Gemäß Z 2 darf weiters die elektronische Direktwerbung nur für ähnliche, eigene Produkte und Dienstleistungen erfolgen. Nach Z 3 muss zudem der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten, die Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen. Z 4 verlangt als weitere Voraussetzung, dass der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

Diese Voraussetzungen werden nicht erfüllt:

Die Beschwerdeführer machen geltend, dass im gegenständlichen Fall eine Einwilligung bzw. Zustimmung zum Empfang der E-Mail nicht notwendig gewesen sei, da der Absender die Kontaktinformation im Zusammenhang mit dem Verkauf bzw. einer Dienstleistung erhalten habe und die Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Dienstleistungen erfolge. Nach Ansicht der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt der Übermittlung der E-Mail eine Kundenbeziehung zwischen dem Empfänger und dem Unternehmen der Beschwerdeführer bestanden. Zudem sei dem Empfänger auch ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt worden, durch einfaches "Anklicken" dem Unternehmen der Beschwerdeführer mitzuteilen, dass seine Kontaktinformationen nicht mehr genutzt werden sollen.

Dem ist Folgendes zu entgegnen: Die Ausnahmeregelung des § 107 Abs. 3 TKG 2003, auf die sich die Beschwerdeführer berufen, ist im Sinne der Intention des § 107 TKG 2003 eng auszulegen (vgl. Riesz, in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG 2003 [2016] § 107 Rz 106). Nach Abs. 3 soll es im Rahmen von bestehenden Kundenbeziehungen vertretbar sein, die Nutzung elektronischer Kontaktinformationen zuzulassen, damit eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen angeboten werden können (vgl. Erwägungsgrund 41 der Datenschutz-Richtlinie für elektronische Kommunikation, RL 2002/58/EG). § 107 Abs. 3 Z 1 TKG 2003 stellt zwar nicht explizit auf das Bestehen einer Kundenbeziehung ab, dies ist aber infolge ErwGr 41 der RL 2002/58/EG geboten bzw. indiziert die Diktion "...im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung..." diese Interpretation. Für die Anwendung der Z 1 und der Annahme einer bestehenden Kundenbeziehung ist es jedoch nicht zwangsläufig erforderlich, dass es zu einem Vertragsabschluss kommt, sodass auch Fälle, in denen Kontaktinformationen auch ohne den Abschluss eines Vertragsverhältnisses erlangt werden (Zusenden von Informationen für einen allfälligen späteren Vertragsschluss, sprich Kauf- oder Dienstleistungsvertrag), davon erfasst sein können (vgl. Riesz, in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG 2003 [2016] § 107 Rz 107). Eine bestehende Kundenbeziehung kann jedoch auch durch Kündigung beendet werden und in weiterer Folge die Stützung auf Z 1 und damit Abs. 3 ausschließen (vgl. Riesz, in Riesz/Schilchegger [Hrsg], TKG 2003 [2016] § 107 Rz 107).

Im vorliegenden Fall forderte der Empfänger im September 2013 das Unternehmen der Beschwerdeführer per E-Mail unverbindlich zur Abgabe eines Angebots auf. Mit E-Mail vom 24.09.2013 übermittelte das belangte Unternehmen ein Angebot. Es ist daher so, dass das belangte Unternehmen im Zusammenhang mit dem (möglichen) Verkauf seiner Leistungen an die Kontaktadresse des Empfängers gelangt ist. In weiterer Folge hat der Empfänger das Angebot des belangten Unternehmens unbestrittenermaßen nicht angenommen. Seit der Angebotslegung im September 2013 sind bis zur Übermittlung des tatgegenständlichen E-Mails vom 03.11.2016 über drei Jahre vergangen. Vor diesem Hintergrund kann nicht mehr von einer bestehenden Kundenbeziehung ausgegangen werden: § 862 ABGB sieht vor, dass ein Angebot unter Abwesenden (d.h. so wie hier, das Angebot für Winterdienst per E-Mail) innerhalb einer Frist angenommen werden muss, innerhalb derer der Offerent unter der Voraussetzung, dass sein Offert rechtzeitig angekommen ist, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf, widrigenfalls das Offert erloschen ist. In der unterbliebenen Antwort des Empfängers liegt - nach Verstreichen einer angemessenen Zeit, die im Wege der E-Mail-Korrespondenz nicht mehr als einige Tage bis wenige Wochen betragen kann und die nach dem Verstreichen mehrerer Monate jedenfalls überschritten worden ist - ein Abbruch der Vertragsverhandlungen und damit ein Ende der Kundenbeziehung. Somit ist der belangten Behörde im Ergebnis darin zuzustimmen, dass in der vorliegenden Konstellation lediglich ein Vertragsabschluss eine bestehende Kundenbeziehung bewirkt haben könnte. Da zum Tatzeitpunkt im November 2016 zwischen dem belangten Unternehmen und dem Empfänger keine Kundenbeziehung bestanden hat, ist eine Berufung auf § 107 Abs. 3 Z 1 TKG 2003 somit nicht möglich.

Die Anwendung des § 107 Abs. 3 Z 2 TKG 2003 setzt voraus, dass eine (weitere) Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt. Das ist hier jedoch nicht der Fall:

Das ursprüngliche Angebot bezog sich auf "Winterbetreuung"; das inkriminierte E-Mail hingegen bezog sich auf die jahreszeitenunabhängige Dachrinnenreinigung. Damit wurde ein anderer Tätigkeitskreis angeboten, womit nicht von einer "ähnlichen" Dienstleistung gesprochen werden kann und § 107 Abs. 3 Z 2 TKG 2003 nicht erfüllt ist. Auch § 107 Abs. 3 Z 3 TKG 2003 wurde nicht erfüllt, weil der Empfänger nicht schon bei der Datenerhebung im Zuge der Vertragsanbahnung "klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat", weitere Zusendungen abzulehnen.

Das Fehlen auch nur einer Voraussetzung des § 107 Abs. 3 Z 1 bis Z 4 TKG 2003 führt bereits dazu, dass die Ausnahmebestimmung des Abs. 3 auf den fraglichen Sachverhalt nicht anzuwenden ist. Die Voraussetzungen zur Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 107 Abs. 3 TKG 2003 liegen im vorliegenden Fall, mangels Erfüllung zumindest eines der darin genannten Kriterien, somit jedenfalls nicht vor.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall das objektive Tatbild des § 107 Abs. 2 Z 1 iVm TKG 2003 erfüllt ist und die Ausnahmebestimmung des § 107 Abs. 3 TKG 2003 nicht auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist.

Die Beschwerdeführer trifft an dieser Verwaltungsübertretung auch ein Verschulden:

Bei der im Beschwerdefall vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 107 TKG 2003 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welches aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. u.a. VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066).

Bei einem Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (zu § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 vgl. VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u. a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen und insbesondere ein Kontrollsystem eingeführt habe, welche im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (vgl. VwGH 20.02.2017, Ra 2017/02/0022).

So ist es an den Beschwerdeführern gelegen, alles zu ihrer Entlastung Dienende vorzubringen, z.B. durch Darlegung eines Kontrollsystems in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften des TKG, um zu beweisen, dass sie an der Übertretung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 28.03.2014, 2014/02/0004; 24.05.2012, 2010/03/0056).

Die Beschwerdeführer haben aber nichts vorgebracht, was die Vermutung eines Verschuldens entkräften könnte. Auch haben die Beschwerdeführer das Vorliegen eines Maßnahmen- und Kontrollsystems zur Überprüfung des Vorliegens der entsprechenden Einwilligung beim Versand des verfahrensgegenständlichen E-Mails nicht einmal behauptet. Damit haben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer nicht dargelegt, dass im Tatzeitpunkt sämtliche notwendige Maßnahmen getroffen worden sind, die aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift des § 107 TKG 2003 hätten erwarten ließen.

Die Beschwerdeführer haben damit nicht glaubhaft gemacht, sie würde an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffen. Die Beschwerdeführer trifft sohin ein Verschulden in Form des fahrlässigen Verhaltens.

3.7. Die Beschwerdeführer beantragen in ihren Beschwerden die Aufhebung der Straferkenntnisse, in eventu deren Behebung sowie die Einstellung der Verfahren; weiters in eventu wurde beantragt, die Strafhöhe zu reduzieren.

3.7.1. Zur beantragten Aufhebung des Straferkenntnisses und der Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 VStG

§ 45 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013 lautet - soweit relevant - auszugsweise:

"§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

[...]

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

[...]

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten."

Die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - müssen kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167). Von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0015; 5. Mai 2014, Ro 2014/03/0052).

Die Beschwerdeführer haben das Bestehen eines Kontrollsystems nicht behauptet und auch sonst nichts vorgebracht, was ein Verschulden der Beschwerdeführer als so gering erscheinen lässt, dass davon gesprochen werden könnte, dass das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre.

Es weist auch nichts darauf hin, dass sich die den Beschwerdeführern vorgeworfene Verwaltungsübertretung von der Mehrzahl der bestraften Übertretungen der verfahrensgegenständlichen Bestimmung des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 wesentlich - etwa durch einen besonders geringen Unrechts- oder Schuldgehalt - unterscheidet. Auch aus diesem Gesichtspunkt ist das Vorliegen eines "geringen Verschuldens" der Beschwerdeführer zu verneinen.

Die Bedeutung des durch § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 geschützten Rechtsguts der Privatsphäre (VwGH 19.12.2013, 2011/03/0198) kann keinesfalls als gering betrachtet werden, weil ihr schon im Hinblick auf die Datenschutzrichtlinie ein erheblicher Stellenwert beizumessen ist (VwGH 19.12.2013, 2012/03/0052). Diese Wertigkeit findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 Geldstrafen von bis zu 37.000,-- Euro vorsieht (vgl. zur Wertigkeit eines Rechtsguts im Hinblick auf die Strafhöhe VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167).

Abgesehen davon kann im Beschwerdefall auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts der Privatsphäre bloß gering gewesen wäre. Der Empfänger XXXX fühlte sich durch die Zusendung der E-Mail-Nachricht offensichtlich belästigt und entschloss sich zu einer Anzeige gegen das belangte Unternehmen. Darüber hinaus belastet die Zusendung derartiger E-Mail-Nachrichten durch Zeitbeanspruchung und Datenmenge den Empfänger und dessen Endgeräte ebenso wie das gesamte Netzwerk der Kommunikationsnetze.

Somit fehlt es an den in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens, wobei darauf hinzuweisen ist, dass bereits das Nichterfüllen einer der darin genannten Voraussetzungen eine Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ausschließt. Eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens oder die bloße Erteilung einer Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG kommen sohin nicht in Frage.

3.7.2. In Bezug auf die Strafbemessung ist Folgendes zu erwägen:

§ 19 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. Nr. 33/2013, lautet:

"Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Hinsichtlich Milderungs- und Erschwerungsgründe verweist § 19 Abs. 2 VStG auf die §§ 32 ff StGB, die unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sinngemäß anzuwenden sind. Die Aufzählung im StGB ist jedoch lediglich demonstrativ. Eine abschließende Auflistung der Erschwerungs- und Milderungsgründe gibt es demzufolge nicht. Gemäß § 34 StGB kommen etwa folgende Milderungsgründe in Betracht: bisheriger ordentlicher Lebenswandel, Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen, aus Furcht oder Gehorsam, reumütiges Geständnis, unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens aus einem nicht vom Täter zu vertretenden Grund, ein die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließender Rauschzustand. Jedenfalls von Amts wegen zu berücksichtigen ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unbescholtenheit des Täters (vgl. Weilguni, in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 Anm 10 und 14 mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 23.02.1994, 93/09/0383, in Bezug auf die Strafzumessung Folgendes aus:

"Zwar ist die Behörde nicht verpflichtet ohne entsprechendes Parteienvorbringen, Ermittlungen über das allfällige Vorliegen jedes nur denkmöglichen Milderungsgrundes anzustellen. Sie ist auch nicht verpflichtet, die für die Strafbemessung angestellten Erwägungen mit dem Beschuldigten zu erörtern, solange dieser nicht diesbezüglich konkrete Behauptungen aufgestellt oder Beweise angeboten hat (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 1970, Zl. 1769/69)."

Dass die objektiven und die subjektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG von der belangten Behörde bei der Strafbemessung nicht entsprechend berücksichtigt worden wären, wird in der Beschwerde nicht vorgebracht.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer fand bei der Bemessung der Strafe im Verfahren vor der belangten Behörde ausreichende Berücksichtigung. Weitere Milderungsgründe wurden von Seiten der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, und deren Vorliegen war für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht erkennbar. Wie oben dargelegt, sind das Ausmaß des Verschuldens der Beschwerdeführer sowie die Bedeutung des verwaltungsstrafrechtlich geschützten Rechtsguts im vorliegenden Fall auch keinesfalls als nur gering anzusehen. Ferner ist gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 23.02.1994, 93/09/0383) die Behörde auch nicht verpflichtet, jeden erdenklichen Milderungsgrund mit dem Beschuldigten zu erörtern.

Zudem berücksichtigte die belangte Behörde die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beschwerdeführer, zu denen diese keine Angaben gemacht haben, in ausreichender Weise dadurch, als von durchschnittlichen finanziellen Verhältnissen ausgegangen worden ist. Die Beschwerdeführer traten diesen Erwägungen der belangten Behörde in ihren Beschwerden auch nicht entgegen.

Hinweise, dass von der belangten Behörde auf das Ausmaß des Verschuldens der Beschwerdeführer nicht ausreichend Bedacht genommen worden sei, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Zudem wäre von der belangten Behörde auch bei einem allfällig vorliegenden geringen Verschulden mit einem nicht einmal zu 1 % ausgeschöpften Strafrahmen ausreichend Rücksicht genommen worden.

Die verhängte Geldstrafe ist daher (auch aus den Gründen der General- und Spezialprävention und unter Berücksichtigung eines bis zu 37.000,-- Euro reichenden Strafrahmens) im vorliegenden Fall tat- und schuldangemessen.

3.8. Die Beschwerden waren aus den dargestellten Gründen als unbegründet abzuweisen.

3.9. Gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG konnte von einer Verhandlung abgesehen werden, weil lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde (§ 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG) sowie die in den angefochtenen Straferkenntnissen eine 500,-- Euro nicht übersteigende Gelstrafe verhängt wurde (§ 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG) und die Parteien ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben. Die vorliegende Rechtsfrage ist nicht derart komplex, dass es erforderlich gewesen wäre, diese im Rahmen einer Verhandlung mündlich zu erörtern.

3.10. Die Entscheidungen über den Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erfolgte gemäß § 52 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG; der Haftungssauspruch gegenüber der belangten Gesellschaft gemäß § 38 VwGVG iVm § 9 Abs. 7 VStG (Spruchpunkte II. bis V.).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Die Gesetzeslage ist im entscheidungsrelevanten Zusammenhang klar und eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgt der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Belästigung, Direktwerbung, Einwilligung des Empfängers, Ermahnung,
Fahrlässigkeit, Geldstrafe, geringfügiges Verschulden,
Glaubhaftmachung, Kontrollsystem, Kostenbeitrag, Kumulierung,
mündliche Verhandlung, Solidarhaftung, Strafbemessung,
Unbescholtenheit, Ungehorsamsdelikt, Verschulden,
Verwaltungsübertretung, vorherige Einwilligung, Werbemail, Werbung,
Willenserklärung, Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W271.2162426.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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