TE Bvwg Erkenntnis 2017/10/17 W131 2164413-1

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Veröffentlicht am 17.10.2017
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Entscheidungsdatum

17.10.2017

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W131 2164413-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter über die Beschwerde des minderjährigen XXXX, geb. XXXX

StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2017, Zl. XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 iVm § 34 Abs 2 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Für den Beschwerdeführer (= Bf) wurde gemäß angefochtenem Bescheid im Mai 2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.06.2017, Zl 1116069700 - 160790769, wurde der Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen.

3. In einem dagegen eingelangten Rechtsmittel wird für die Bf nunmehr der Asylstatus angestrebt.

4. Dem Vater des minderjährigen ledigen Bf wurde mittlerweile mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (= BVwG) zur GZ W131 2164414-1/5E gemäß § 34 Abs 4 und Abs 5 AsylG der Asylstatus, abgeleitet von seiner minderjährigen Tochter, das ist gleichzeitig die Halbschwester des Bf, zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der minderjährige, ledige Bf, vertreten durch seinen Vater XXXX oder durch seine Mutter XXXX, ist afghanischer Staatsangehöriger. Frau XXXX ist die in Afghanistan angetraute Zweitfrau des Vaters des Bf, wobei - dies rechtlich vorwegnehmend - entsprechend der parlamentarischen Anfragebeantwortung des BMJ vom 04.04.2016 zu 7991/J (XXV.GP) der Bf als ehelich im Verhältnis zum Vater zu beurteilen ist, was (international - privatrechtlich) über § 10 BFA - VG zur Vertretungsbefugnis auch des Kindesvaters führt. .

Mit Erkenntnis des BVwG zur GZ W131 2164414-1/5E wurde der Beschwerde des Vaters des Bf stattgegeben und ihm der Status der Asylberechtigten nach § 3 Abs 1 AsylG iVm § 34 AsylG zuerkannt. Im Falle des Vaters des Bf ist kein Verfahren der Aberkennung dieses Status anhängig. Es ist nicht ersichtlich, dass dem Bf die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit seinem Vater in einem anderen Staat möglich wäre. Der Bf wurde bislang nicht straffällig bzw ist noch strafunmündig.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verfahrensakt des Bf und jenem des Vaters des Bf, aus dem Verfahrensakt der Halbschwester des Bf XXXX, bzw aus dem der Mutter des Bf XXXX. Insb die geschilderten Verwandtschaftsverhältnisse entsprechen den bescheidmäßigen Beurteilungen der belangten Behörde.

Soweit die Behörde auf der Bescheidseite 12 davon spricht, dass der Bf die Tochter von Eltern wäre, setzt sich die Behörde damit in Widerspruch zu ihrer eigenen Bescheidseite 1 und zu der im Akt erliegenden Geburtsurkunde, worin – passend zum Vornamen Ibrahim – jeweils ein männlicher Beschwerdeführer individualisiert wird.

Das BVwG geht insoweit vom männlichen Geschlecht des Bf und damit von dessen Sohneseigenschaft im Verhältnis zu XXXX und XXXX aus.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG hatte das BVwG mangels gesetzlicher Sondervorschriften gegenständlich in Einzelrichterbesetzung zu entscheiden und dabei abseits von Sonderverfahrensvor-schriften gegenständlich verfahrensrechtlich das VwGVG und subsidiär das AVG anzuwenden. Sonderverfahrensvorschriften sind dabei gegenständlich insb im BFA-VG und in § 34 AsylG enthalten.

Zu A)

Dem Vater des Bf wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts zur GZ W131 2164414-1/5E abgeleitet gemäß § 34 Asylgesetz von dessen minderjähriger Tochter Sahra Asyl zuerkannt. Es liegt auch bezüglich des Vaters des Bf keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.

Bei dem Bf handelt es sich unstrittig um den minderjährigen ledigen Sohn von XXXX, weshalb dieser als dessen Familienangehöriger im Sinne des § 2 Abs 1 Z 22 AsylG zu betrachten ist.

Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 Asylgesetz hat das Bundesverwaltungsgericht auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist,

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7 AsylG 2005).

Aus § 34 Abs 6 Z 2 Asylgesetz ergibt sich dabei, dass dem minderjährigen ledigen Kind eines Asylberechtigten gleichfalls Asyl zuzuerkennen ist, auch wenn der insoweit relevante Asylberechtigte seinerseits selbst abgeleitetes Asyl gemäß § 34 AsylG zuerkannt erhalten hat.

Im vorliegenden Fall wurde dem Vater des Bf gemäß §§ 3 Abs 1 AsylG und 34 Abs 4 und Abs 5 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt und gemäß § 3 Abs 5 AsylG festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Der minderjährige ledige Bf ist nicht straffällig geworden bzw noch strafunmündig. Es hat sich kein Hinweis darauf ergeben, dass die Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat möglich wäre. Gegen den Vater des Bf ist auch kein Asylaberkennungsverfahren anhängig.

Dem Bf ist nach § 34 Abs 4, 5 und 6 Z 2 AsylG der gleiche Schutzumfang wie seinem Vater, dh der Status des Asylberechtigten nach § 3 Abs 1 AsylG, zuzuerkennen, ohne dass allfällige eigene Fluchtgründe zu beurteilen waren (vgl. dazu auch Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 [2006], 499).

Der Beschwerde war somit stattzugeben und dem Bf gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass der Bf damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor (zur unproblematischen Anwendung des § 34 AsylG 2005 auch im Zusammenhang mit dem Begriff des Familienangehörigen gemäß § 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005 im Familienverfahren siehe etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.06.2007, Zl. 2007/20/0281; vom 09.04.2008, Zl. 2008/19/0205; vom 25.11.02009, Zl. 2007/01/1153; vom 24.03.2011, Zl. 2008/23/1338, sowie vom 06.09.2012, Zl. 2010/18/0398).

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W131.2164413.1.00

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2017
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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