Entscheidungsdatum
18.10.2017Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W182 2173133-1/2Z
W182 2173134-1/2Z
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, und 2.) XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, beide vertreten durch XXXX , gegen die Spruchpunkte II. – IV. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2017, Zln. 1052313404 – 150196269/BMI-BFA_OOE_RD (ad 1.) sowie 1052313306 – 150196255/BMI-BFA_OOE_RD (ad 2.) beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF) stellten am 21.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich der am 22.02.2015 durchgeführten Erstbefragung sowie der am 28.08.2017 abgehaltenen Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) brachten die BF im Wesentlichen vor, als Viehzüchter nach der Tötung ihres Sohnes von Mitarbeitern eines chinesischen Goldabbauunternehmens entführt, von ihrem Wohnsitz bzw. Weideflächen vertrieben und bedroht worden zu sein, wobei ihre "Familienjurte" zerstört worden sei. Ihnen sei angedroht worden, dass sie umgebracht werden, wenn sie sich an die Polizei wenden. Die BF machten zudem unter Vorlage von Befunden diverse Erkrankungen geltend, wobei die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) u.a. an einer chronischen Hepatitis B und C leidet, aufgrund von Knie-Infektionen wiederholt operiert wurde und aufgrund eines chronischen Schmerzsyndroms an den Rollstuhl gebunden ist. Die BF würden keine Familienangehörigen im Herkunftsland mehr haben.
Mit den Bescheiden des Bundesamtes wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG 2005 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig sei (Spruchpunkt III). Gleichzeitig wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag der BF auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.).
Das Bundesamt führte begründend im Wesentlichen aus, dass für die BF keine (asylrelevante) Gefährdungssituation im Herkunftsland bestehe bzw. die Angaben der BF zu ihren Fluchtgründen nicht verfahrens- bzw. asylrelevant seien, da sich ihre diesbezüglichen Angaben auf mutmaßliche Vorgänge in ihrer Heimat beziehen würden und sie es verabsäumt hätten, die von ihnen angegebenen Straftaten bei der mongolischen Polizei anzuzeigen, wobei im Herkunftsstaat ein funktionierendes Exekutiv- und Justizsystem bestehe. Eine darüber hinausgehende, hinreichend stringente Auseinandersetzung mit der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens ist der Beweiswürdigung nicht zu entnehmen. Zur BF1 wurde zudem u.a. ausgeführt, dass es sich bei ihr um eine selbsterhaltungsfähige Person handle, die parallel zu einer etwaig notwendigen Schmerzbehandlung eine berufliche Tätigkeit als Hirte annehmen könne, wobei es ihr des Weiteren frei stehe, die Unterstützung von staatlicher und nicht-staatlicher Stelle in Anspruch zu nehmen. Zur Situation im Herkunftsland wurden standardisierte, allgemeine Feststellungen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Mongolei, Gesamtaktualisierung 13.01.2017) getroffen. In Spruchpunkt IV. wurde die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung damit begründet, dass die BF aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen und bei einer Rückkehr in ihren Heimatstaat keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung gegeben sei.
Die gegenständlichen Beschwerden, die am 29.09.2015 beim Bundesamt eingebracht wurden, richten sich gegen die Spruchpunkte II. - IV. der oben im Spruch genannten Bescheide. In der Beschwerde wurde das Vorbringen der BF wiederholt und insbesondere auf die Mittellosigkeit, das hohen Alter, das Fehlen eines familiären Netzwerkes sowie die "schwerwiegenden Erkrankungen" der BF1, die aufgrund ihrer Knieerkrankung nur mittels Rollstuhl mobil sei, wobei eine Knieoperation mit prothetischem Ersatz indiziert sei, verwiesen und die Gefahr einer ausweglosen Lage für die BF im Sinne einer unmenschlichen Behandlung nach Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr ins Herkunftsland behauptet.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Die BF machen ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 EMRK) geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinsichtlich der behaupteten individuellen Situation der BF im Herkunftsland in Zusammenschau mit der im Bescheid vorgenommenen Beweiswürdigung und den getroffenen Länderfeststellungen nicht in ausreichender Weise geklärt erscheint.
Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:W182.2173134.1.00Zuletzt aktualisiert am
30.10.2017