Entscheidungsdatum
18.10.2017Norm
BBG §40Spruch
I404 2169194-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Vorsitzende sowie und den Richter Mag. Gerhard AUER sowie den fachkundigen Laienrichter Johann PHILIPP als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geb. am XXXX, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol, vom 12.07.2017 betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses nach nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. Mit formularmäßigem Vordruck, beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (in der Folge: belangte Behörde), eingelangt am 28.06.2017, beantragte XXXX (in der Folge: Beschwerdeführerin) die Ausstellung eines Behindertenpasses.
2. In der Folge wurde von der belangten Behörde ein Gutachten von Dr. M F, einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde, vom 06.07.2017 eingeholt, in welchem folgende Funktionseinschränkung festgestellt wurde:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden
Pos. Nr
GdB %
1
Zöliakie Zöliakie, Erstdiagnose serologisch und bioptisch 2003, mit Dermatitis herpetiformis Duhring. Unter glutenfreier Diät war die Patientin laut letztem vorliegendem klinischen Befund vom 18.09.2012 völlig beschwerdefrei. Die Diät wird laut Laborbefund vom 27.05.2015 auch weiterhin streng eingehalten. Außer der Diät sind keine weiteren therapeutischen Maßnahmen nötig und die Erkrankung ist auf hohem Niveau stabil. Unter Diät kommt es zu einer völligen Normalisierung der Darmschleimhaut und auch des Hautbildes (klinisch ist letzteres dokumentiert), sodass durch die Zöliakie keinerlei funktionelle Einschränkungen bedingt werden. Daher RS im unteren Bereich.
09.03.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H.
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Da durch die Zöliakie keinerlei funktionelle Einschränkungen bedingt werden und außer der Einhaltung der Diät keine weiteren therapeutischen Maßnahmen nötig sind und die Erkrankung auf hohem Niveau stabil ist, erfolgt die Einschätzung nach RSP 09.03.01 aktuell mit einem RS von 20 % (im FLAG Gutachten vom 18.09.2012 mit 30 %).
3. Mit Bescheid vom 12.07.2017 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ab. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten zur Feststellung des Grades der Behinderung eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten betrage der Grad der Behinderung 20 %. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden.
4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin rechtzeitig und zulässig das Rechtsmittel einer Beschwerde. Begründend führte der Beschwerdeführerin aus, dass im Jahr 2002 bei ihr das Vorliegen einer Zöliakie und einer Dermatitis Herpetiformis Duhring diagnositiziert worden sei. Da es Jahre benötigt habe, zu dieser Diagnose zu kommen, sei die Familienbeihilfe auch noch nachträglich bis in das Jahr 2000 erhöht zugestanden worden. Bis zum 18. Lebensjahr sei ihre Erkrankung mit einer 50-prozentigen Behinderung bewertet worden. Der zuständige Sachverständige habe ihren Behinderungsgrad bei der Untersuchung am 18.09.2012 mit 30 % ab dem 18. Lebensjahr eingestuft. Ihr Gesundheitszustand habe sich seit Bestehen der Krankheit keinesfalls verbessert. Dass serologisch keine Gliadinantikörper und Transglutminase nachgewiesen werden können, sei dem strikten Befolgen der Ernährungsvorschriften einer glutenfreien Ernährung zuzuschreiben. Da sich ihres Erachtens der Sachverhalt in keiner Weise verändert habe, sei ihr die nunmehrige Veränderung des Prozentsatzes nicht nachvollziehbar.
5. Mit Schreiben vom 29.08.2017 legte die belangte die Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1. Am 28.06.2017 brachte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.
1.2. Die Beschwerdeführerin leidet an Zöliakie mit Beschwerdefreiheit bei glutenfreier Ernährung sowie ohne der Notwendigkeit weiterer therapeutischer Maßnahmen, daher mit einem Grad der Behinderung von 20 % laut Pos. Nr. 09.03.01.
1.3. Bei der Beschwerdeführerin liegt daher ein Grad der Behinderung von 20 % vor.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen bezüglich des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.2. Die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen sowie der festgestellte Gesamtgrad der Behinderung basieren auf dem Sachverständigengutachten von Dr. M F vom 06.07.2017.
Ein Gutachten ist auf seine Vollständigkeit (also, ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten sind nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.
Im vorliegenden Verfahren wurde das Sachverständigengutachten vom 06.07.2017 als vollständig und schlüssig beurteilt.
Die getroffenen Einschätzungen entsprechen der festgestellten Funktionseinschränkung nach der Einschätzungsverordnung. Die Gutachterin ist auf die Art des Leidens und dessen Ausmaß ausreichend eingegangen.
Begründend für den herangezogenen Grad der Behinderung von 20 % gemäß der Positionsnummer 09.03.01 führt die Gutachterin insbesondere aus, dass die Beschwerdeführerin unter glutenfreier Ernährung völlig beschwerdefrei ist und es unter Einhaltung der Diät zu einer völligen Normalisierung der Darmschleimhaut und auch des Hautbildes kommt, sodass durch die Zöliakie keinerlei funktionelle Einschränkungen bedingt werden.
Darüber hinaus führt die Gutachterin schlüssig aus, dass außer der Einhaltung einer Diät keine weiteren therapeutischen Maßnahmen notwendig sind und die Erkrankung auf hohem Niveau stabil ist. Gegenteiliges hat die Beschwerdeführerin auch nicht behauptet.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass ihr vor dem 18. Lebensjahr ein Grad der Behinderung von 50 % zugesprochen worden sei, ist anzumerken, dass aufgrund des Erreichens des 18. Lebensjahr nunmehr eine andere Richtsatzposition nach der Einschätzungsverordnung heranzuziehen ist.
Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde sind den von der Sachverständigen getroffenen Feststellungen entgegengetreten, weshalb das Gericht die im Gutachten getroffenen Feststellungen ohne weitere Ermittlungen dem Sachverhalt zugrunde gelegt hat.
2.3. Gemäß § 24 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergleichbaren Regelung des § 67d AVG (vgl. VwGH vom 24.4.2003, 2002/07/0076) wird die Durchführung der Verhandlung damit ins pflichtgemäße Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die Wendung "wenn es dies für erforderlich hält" schon iSd rechtsstaatlichen Prinzips nach objektiven Kriterien zu interpretieren sein wird (vgl. VwGH vom 20.12.2005, 2005/05/0017). In diesem Sinne ist eine Verhandlung als erforderlich anzusehen, wenn es nach Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 Abs. 2 GRC geboten ist, wobei gemäß Rechtsprechung des VfGH der Umfang der Garantien und des Schutzes der Bestimmungen ident sind.
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über die Ausstellung eines Behindertenpasses sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten von Dr. M F herangezogen. Wie bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Der Beschwerde wurden keine Beweismittel beigelegt, welche mit der gutachterlichen Beurteilung der Funktionseinschränkungen nicht in Einklang stehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und unbestritten.
Im Hinblick auf obige Überlegungen sah der erkennende Senat daher unter Beachtung der Wahrung der Verfahrensökonomie und -effizienz von einer mündlichen Verhandlung ab, zumal auch eine weitere Klärung der Rechtssache hierdurch nicht erwartbar war.
3. Rechtliche Beurteilung:
§§ 6 und 7 Abs. 1 BVwGG lauten wie folgt:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Senat
§ 7. (1) Die Senate bestehen aus einem Mitglied als Vorsitzendem und zwei weiteren Mitgliedern als Beisitzern. Für jeden Senat sind mindestens ein Stellvertreter des Vorsitzenden und mindestens zwei Ersatzmitglieder (Ersatzbeisitzer) zu bestimmen.
§ 45 Abs. 3 und 4 Bundesbehindertengesetz (BBG) lautet wie folgt:
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
Über die vorliegende Beschwerde war daher durch einen Senat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und einem fachkundigen Laienrichter, zu entscheiden.
Die §§ 1, 17, 28 Abs. 1 und 2 und 58 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG) BGBl I 2013/33 in der geltenden Fassung lauten wie folgt:
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
§ 58. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
(2) Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt.
3.2. Zu Spruchpunkt A) –Abweisung der Beschwerde
3.2.1. Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des BBG lauten wie folgt:
BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 43 (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen.
(2) Der Besitzer des Behindertenpasses ist verpflichtet, dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen binnen vier Wochen jede Änderung anzuzeigen, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, und über Aufforderung dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen den Behindertenpaß vorzulegen.
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (EVO) in der geltenden Fassung, lauten wie folgt:
Gesamtgrad der Behinderung
§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.
(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.
Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.
(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn
-
sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,
-
zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.
(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine.
Grundlage der Einschätzung
§ 4. (1) Die Grundlage für die Einschätzung des Grades der Behinderung bildet die Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen im körperlichen, geistigen, psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung in Form eines ärztlichen Sachverständigengutachtens. Erforderlichenfalls sind Experten aus anderen Fachbereichen - beispielsweise Psychologen - zur ganzheitlichen Beurteilung heran zu ziehen.
(2) Das Gutachten hat neben den persönlichen Daten die Anamnese, den Untersuchungsbefund, die Diagnosen, die Einschätzung des Grades der Behinderung, eine Begründung für die Einschätzung des Grades der Behinderung innerhalb eines Rahmensatzes sowie die Erstellung des Gesamtgrades der Behinderung und dessen Begründung zu enthalten.
Die maßgeblichen Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung lauten wie folgt:
09.03. Stoffwechselstörung
09.03.01
Stoffwechselstörungen leichten Grades
10-40 %
Wenn therapeutische Maßnahmen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen gewährleisten. Je umfassender die Therapiemaßnahmen desto höher die Einschätzung.
10-20 %:
Ausschließlich diätetische Maßnahmen ermöglichen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen. Die Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich. Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.
30-40 %:
Zusätzliche therapeutische Maßnahmen sind notwendig, um die Körperfunktionen aufrecht zu halten. Die Erkrankung ist weitgehend stabil. Arbeits- und Alltagsleben ist weitgehend ungehindert möglich. Freizeitgestaltung ist nicht oder wenig eingeschränkt.
09.03.02
Stoffwechselstörungen leichten Grades bis zum vollendeten 18. Lebensjahr
50 %
3.2.2. Dem vom Bundesverwaltungsgericht als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei gewerteten Sachverständigengutachten vom Dr. M F folgend, beträgt der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin nunmehr 20 %.
Die funktionelle Einschränkung wurde von der Gutachterin unter die Positionsnummer 09.03.01 mit einem Grad der Behinderung von 20 % eingestuft. Die Anlage zur Einschätzungsverordnung sieht bei dieser Positionsnummer einen Grad der Behinderung zwischen 10 und 40 % vor. Die Gutachterin führt begründend für die Heranziehung eines Grades der Behinderung von 20 % insbesondere aus, dass diätetische Maßnahmen die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen ermöglichen und die Erkrankung auf hohem Niveau stabil ist. Diese Einordnung entspricht den Voraussetzungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung.
Bei der Beschwerdeführerin liegt daher kein Grad der Behinderung von mindestens 50 v.H. vor. Im gegenständlichen Fall liegen somit die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 BBG zur Ausstellung eines Behindertenpasses nicht vor, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.
3.3 Zu Spruchpunkt B) – Unzulässigkeit der Revision
§ 25a Abs. 1 VwGG lautet wie folgt:
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2017:I404.2169194.1.00Zuletzt aktualisiert am
25.10.2017