Index
L8000 RaumordnungNorm
B-VG Art89, Art135 Abs4, Art139 Abs3, Art140 Abs3Leitsatz
Abgehen von der bisherigen Judikatur zur Frage der Anwendung nicht gehörig kundgemachter Verordnungen durch Gerichte im Hinblick auf die Einführung des Systems der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit reformatorischer Entscheidungsbefugnis; gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen bzw verfassungswidrig kundgemachte Gesetze bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof für jedermann verbindlich; Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Willendorf hinsichtlich der Rückwidmung eines Grundstücks in Grünland mangels Vornahme einer die Interessen des bisherigen Baulandeigentümers mitberücksichtigenden Interessenabwägung und mangels Auswahl des Grundstücks zur Rückwidmung nach sachlichen KriterienSpruch
I. Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Willendorf in der Fassung der Verordnung des Gemeinderates vom 7. Dezember 2012, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 7. bis 22. Jänner 2013, wird, soweit er für das Grundstück 914/20, KG Willendorf, die Widmung "Grünland Land- und Forstwirtschaft" festlegt, als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Niederösterreichische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren
1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E1201/2015 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
Die im Anlassfall beschwerdeführende Gesellschaft beantragte gemäß §11 NÖ Bauordnung 1996 (im Folgenden: NÖ BauO 1996), das in ihrem Eigentum stehende Grundstück 914/20, KG Willendorf, zum Bauplatz zu erklären. Der Bürgermeister der Gemeinde Willendorf, der Gemeindevorstand und das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich wiesen den Antrag (bzw. die erhobenen Rechtsmittel) mit der Begründung ab, dass gemäß §11 NÖ BauO 1996 nur ein Grundstück im Bauland zum Bauplatz erklärt werden könne, für das Grundstück 914/20 im Flächenwidmungsplan aber die Widmung "Grünland Land- und Forstwirtschaft" festgelegt sei.
2. Bei der Behandlung einer gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans der Gemeinde Willendorf entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 12. Dezember 2016 beschlossen, diese Verordnung, soweit diese für das Grundstück 914/20 die Widmung "Grünland Land- und Forstwirtschaft" festlegt, von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.
3. Die Niederösterreichische Landesregierung legte die bezughabenden Akten-(teile) vor und erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken entgegentritt und beantragt, den in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplan nicht als gesetzwidrig aufzuheben. Ebenso gab die verordnungserlassende Behörde, der Gemeinderat von Willendorf, eine Äußerung ab; die Verordnungsakten hatte der Gemeinderat bereits im Anlassverfahren übermittelt. Die im Anlassfall beschwerdeführende Gesellschaft replizierte auf die Äußerungen der Niederösterreichischen Landesregierung und des Gemeinderats.
4. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes und die Länder – mit Ausnahme Burgenlands und Wiens – kamen der Einladung nach, sich insbesondere zur Frage der (Nicht-)Anwendung nicht gehörig kundgemachter Verordnungen im gerichtlichen Verfahren (s.u. Pkt. IV.2.) zu äußern.
II. Rechtslage
1. §16 Abs4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 (im Folgenden: NÖ ROG 1976) idF LGBl 8000-13 lautete:
"(4) Zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung sowie zur Sanierung und/oder Sicherung von Altlasten bzw. Verdachtsflächen kann das Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, wenn zugleich im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für deren Freigabe festgelegt werden. Als derartige Voraussetzungen kommen die Bebauung von Baulandflächen mit gleicher Widmungsart zu einem bestimmten Prozentsatz, die Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen sowie von Lärmschutzbauten und dergleichen in Betracht. Eine fehlende Standorteignung gemäß §15 Abs3 kann – ausgenommen Altlasten und Verdachtsflächen – durch Freigabevoraussetzungen nicht ersetzt werden.
Die Freigabe erfolgt durch Verordnung des Gemeinderates nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl 8200. Die Freigabe von Teilen einer Aufschließungszone ist zulässig, wenn die jeweils festgelegten Freigabevoraussetzungen erfüllt sind, der Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert bleibt."
2. §16a NÖ ROG 1976 idF LGBl 8000-13 lautete:
"Befristetes Bauland, Vertragsraumordnung
§16a. (1) Bei der Neuwidmung von Bauland darf die Gemeinde eine Befristung von 5 Jahren festlegen. Diese ist im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen. Die Gemeinde kann für unbebaute Grundstücke nach Ablauf der Frist innerhalb eines Jahres die Widmung ändern, wobei ein allfälliger Entschädigungsanspruch gemäß §24 nicht entsteht.
(2) Aus Anlaß der Widmung von Bauland darf die Gemeinde mit Grundeigentümern Verträge abschließen, durch die sich die Grundeigentümer bzw. diese für ihre Rechtsnachfolger verpflichten, ihre Grundstücke innerhalb einer bestimmten Frist zu bebauen bzw. über Vermittlung der Gemeinde einer Bebauung zuzuführen."
3. §22 Abs1 NÖ ROG 1976 idF LGBl 8000-23, die zum Zeitpunkt der Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung gegolten hat (vgl. VfSlg 14.135/1995), lautete:
"(1) Ein örtliches Raumordnungsprogramm darf nur abgeändert werden:
1. wegen eines rechtswirksamen Raumordnungsprogrammes des Landes oder anderer rechtswirksamer überörtlicher Planungen,
2. wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen,
3. wegen Löschung des Vorbehaltes,
4. wenn sich aus Anlaß der Erlassung oder Abänderung des Bebauungsplanes eine Unschärfe des örtlichen Raumordnungsprogrammes zeigt, die klargestellt werden muß,
5. wenn dies zur Verwirklichung der Ziele des Entwicklungskonzeptes dient,
6. wenn im Einvernehmen mit dem Grundeigentümer Bauland in Grünland umgewidmet werden soll, wobei die geschlossene Siedlungsentwicklung nicht beeinträchtigt und die Ausnützung günstiger Lagevorteile nicht behindert wird."
4. §11 NÖ BauO 1996 idF LGBl 8200-22 lautete (auszugsweise):
"Bauplatz, Bauverbot
§11. (1) Bauplatz ist ein Grundstück im Bauland, das
1. hiezu erklärt wurde oder
2.-4. [...]
(2) Auf Antrag des Eigentümers ist ein Grundstück im Bauland zum Bauplatz zu erklären, wenn es
1.-2. [...]
3. nicht in einer Aufschließungszone (§75) liegt, und wenn
4.-5. [...]
[...]
(3)-(6) [...]"
5. §75 NÖ BauO 1996 in der Stammfassung LGBl 8200-0 lautete:
"Freigabe von Aufschließungszonen
§75. (1) Aufschließungszonen sind im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Bereiche des Baulandes zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung.
(2) Der Zeitpunkt der Freigabe einer Aufschließungszone ist mit Verordnung des Gemeinderates zu bestimmen. Er darf nicht vor Eintritt der im örtlichen Raumordnungsprogramm hiefür festgelegten Voraussetzungen liegen.
Eine Freigabe von Teilen darf dann erfolgen, wenn
? für diese Teile die festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind,
? für die Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und
? die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert ist.
Ist für eine Aufschließungszone im Flächenwidmungsplan keine Verkehrserschließung festgelegt oder soll die festgelegte verändert werden, darf die Freigabe erst bei Sicherstellung einer Verkehrserschließung im Sinne des §71 erfolgen. Ein Verfahren nach §21 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl 8000, ist hiefür nicht erforderlich."
III. Widmungsgeschehen
1. Das Örtliche Raumordnungsprogramm der Gemeinde Willendorf stammt aus dem Jahr 1994. Das Grundstück 914/20, KG Willendorf, war damals noch Teil des mehrere Hektar großen Grundstücks 914/1. Dieses stand im Eigentum der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlassverfahrens und hatte die Widmung "Grünland Landwirtschaft". Die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlassverfahrens kam mit der Gemeinde überein, dieses Grundstück als Bauland zu entwickeln.
2. Zu diesem Zweck schloss die Gemeinde Willendorf mit der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlassverfahrens auf der Grundlage eines von der Niederösterreichischen Landesregierung zur Verfügung gestellten Vertragsformulars einen sogenannten "Baulandmobilisierungsvertrag" gemäß §16a NÖ ROG 1976 ab. Dieser stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Gemeinde Willendorf das Grundstück nach näheren Kriterien als Bauland widmet, wobei die Bebauung zeitlich gegliedert in zwei Aufschließungszonen erfolgen sollte. Die beschwerdeführende Gesellschaft des Anlassverfahrens verpflichtete sich unter anderem dazu, "unmittelbar nach Rechtskraft der Baulandwidmung und Freigabe der jeweiligen Aufschließungszone das dann im Bauland gelegene Grundstück in einzelne ca. 600 – 1200 m² große Bauplätze zu teilen" und die neu geschaffenen Bauplätze innerhalb von 10 Jahren einer baulichen Nutzung zuzuführen bzw. den Käufern der Bauplätze diese Bauverpflichtung zu übertragen.
3. Der Gemeinderat genehmigte den Vertrag in seiner Sitzung am 31. Juli 2003. In dieser Sitzung beschloss der Gemeinderat auch die Umwidmung eines ca. 2,5 ha großen Teils des Grundstücks 914/1 in Bauland, konkret in eine "Bauland Wohngebiet Aufschließungszone 4" und eine "Bauland Wohngebiet Aufschließungszone 5". Die entsprechende Verordnung des Gemeinderats (im Folgenden: Verordnung 2003) wurde am 26. September 2003 an der Amtstafel angeschlagen und am 6. Oktober 2003 von dieser abgenommen.
4. In den Jahren 2004 und 2005 wurde das Grundstück 914/1 in einen Teil mit der (gleichbleibenden) Nummer 914/1 und 19 Grundstücke mit den (neuen) Nummern 914/6 bis 914/24 geteilt. Die Grundstücke 914/6 bis 914/15 sowie 914/21 lagen zur Gänze in der Aufschließungszone 4. Das Grundstück 914/24 deckte den Großteil der Aufschließungszone 5 ab. Die Grundstücke 914/16 bis 914/20 sowie zwei Aufschließungsstraßen 914/22 und 914/23 erstreckten sich jeweils in beide Aufschließungszonen. Mit Bescheid vom 14. Jänner 2005 wurde die Anzeige dieser Grundstücksteilung gemäß §10 NÖ BauO 1996 bestätigt und der Bürgermeister der Gemeinde Willendorf erklärte eines der neuen Grundstücke (914/6) zum Bauplatz.
5. Mit Beschluss vom 15. Juni 2009 verordnete der Gemeinderat den Teilbebauungsplan "Hohe Wand Straße I" für die Grundstücke 914/6 bis 914/23, also auch für das Grundstück 914/20 (Bauklasse I, wahlweise offene oder gekuppelte Bebauungsweise, 25 % Bebauungsdichte).
6. Am 5. September 2011 beschloss der Gemeinderat im Rahmen einer Änderung des Örtlichen Raumordnungsprogramms die Rückwidmung der Grundstücke 914/17 bis 914/20, 914/22 (tlw.) und 914/24 (tlw.) von "Bauland - Wohngebiet - Aufschließungszone" in "Grünland Land- und Forstwirtschaft" (im Folgenden: Verordnung 2011).
7. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein gerichtliches Verfahren zwischen der Gemeinde und der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlassverfahrens im Gang, und zwar klagte die Gemeinde auf Einhaltung von Verpflichtungen aus dem Baulandmobilisierungsvertrag (insbesondere im Zusammenhang mit darin vereinbarten Vorkaufsrechten der Gemeinde) und auf eine ebenfalls im Baulandmobilisierungsvertrag vorgesehene Konventionalstrafe.
Die Klage der Gemeinde wurde letztlich mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 24. Mai 2012, 15 R 89/12m, abgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien kam zum Ergebnis, dass die Verordnung über die Baulandwidmung 2003 nicht gesetzmäßig kundgemacht worden sei, weswegen sie keine Rechtswirkungen entfalte. Daher sei die aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden des "Baulandmobilisierungsvertrags" noch nicht erfüllt und folglich seien daraus keine Verpflichtungen der beschwerdeführenden Gesellschaft des Anlassverfahrens entstanden. Im Wesentlichen begründete das Oberlandesgericht Wien dies folgendermaßen:
"Unbekämpft steht fest, dass die Verordnung am 1.9.2003 von der NÖ Landesregierung genehmigt, am 26.9.2003 (Freitag) im Rahmen der Kundmachung [wohl an der Amtstafel der klagenden Gemeinde] angeschlagen und am 6.10.2003 abgenommen wurde. Die zweiwöchige Frist nach §59 Abs1 3. Satz NÖ Gemeindeverordnung endete daher mit Ablauf des Freitag, 10.10.2003 (§32 AVG). Durch die Dauer des Anschlags nur bis Montag, 6.10.2003 wurde daher das Erfordernis einer zweiwöchigen Kundmachungsfrist iSd §59 Abs1 NÖ Gemeindeordnung 1973 nicht erfüllt. Von einer bloß kurzfristigen, nicht ins Gewicht fallenden Abweichung (vgl VfGH 16.12.1978, VfSlg 8463: 1-2 Stunden) kann nicht gesprochen werden. Die Verordnung ist daher mit Gesetzwidrigkeit belastet und der Aufhebung im Verordnungsprüfungsverfahren (Art139 B-VG) oder im Wege des §88 NÖ Gemeindeverordnung ausgesetzt (vgl etwa VfGH 30.11.2007 V54/07 mwN). Die Verordnung kann damit keine Rechtswirkungen entfalten (vgl nur VwGH 2002/02/0097), sodass gegebenenfalls auf Grundlage dieser Verordnung erlassene Bescheide – insbesondere Baubewilligungen für von der Beklagten zu verkaufende Grundstücke – ohne Rechtsgrundlage wären. So wären Dritte (Grundstücksnachbarn) durch Baubescheide in Anwendung der gesetzwidrigen Änderung des Flächenwidmungsplans in ihren Rechten verletzt, was zur Aufhebung eines Baubewilligungsbescheides im Verwaltungsweg führen müsste (vgl VwGH 2007/05/0043 ua).
Eine rechtsgültige Umwidmung für das Grundstück Nr 914/1 in Bauland-Wohngebiet bzw Verkehrsfläche wurde damit – bisher – nicht vorgenommen, sodass die aufschiebende Bedingung für die Rechtswirksamkeit des Baulandmo-bilisierungsvertrages gemäß dessen Punkt X. nicht eingetreten ist. Dem darauf gestützten Begehren der Klägerin ist damit die Grundlage entzogen."
8. Am 7. Dezember 2012 beschloss der Gemeinderat eine neuerliche Änderung des Örtlichen Raumordnungsprogramms (im Folgenden: Verordnung 2012). Dabei ging er – auf Basis der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien und einer dazu eingeholten Rechtsauskunft der Niederösterreichischen Landesregierung – davon aus, dass die von der Baulandwidmung durch die Verordnung 2003 erfassten Flächen wegen Unwirksamkeit der Verordnung nach wie vor als "Grünland Landwirtschaft" gewidmet seien. Offensichtlich wurde auch die Änderung des Örtlichen Raumordnungsprogramms durch die Verordnung 2011 (mit der Teile des Baulandes in Grünland rückgewidmet wurden) – der Rechtsauskunft der Niederösterreichischen Landesregierung folgend – als rechtlich unwirksam gewertet.
Mit dieser Verordnung 2012 wurde das mit den Verordnungen 2003 und 2011 beabsichtigte Widmungsgeschehen gleichsam wiederholt, indem sie die gesamte von der Verordnung 2003 erfasste Grundfläche (neu) widmete, die 2011 als Grünland gewidmeten Flächen als Grünland, die übrigen entsprechend der Verordnung 2003 als Bauland. Demzufolge blieb das Grundstück 914/20 weiter als Grünland gewidmet.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Verfahrens
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnungsbestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. Zur Interpretation des Art89 B-VG
Im Hinblick auf die gesetzwidrige Kundmachung der Verordnung 2003 stellt sich dem Verfassungsgerichtshof zunächst die Frage der Interpretation des Art89 B-VG, und zwar inwieweit fehlerhaft kundgemachte Verordnungen durch Gerichte einerseits und Verwaltungsbehörden (auch in ihrer Funktion als Verordnungsgeber, vgl. Pkt. III.8.) andererseits anzuwenden sind.
2.1. Im Prüfungsbeschluss führt der Verfassungsgerichtshof zu dieser Frage aus:
"2. Um zu beurteilen, ob es im vorliegenden Fall überhaupt zu einer Rückwidmung im Sinne dieser Judikatur gekommen ist, wird zunächst zu prüfen sein, ob zum Zeitpunkt der Grünlandwidmung 2011 bzw. 2012 eine rechtswirksame Baulandwidmung bestand, ob also die Verordnung 2003 Rechtswirkungen entfaltet.
2.1. Die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien, die Verordnung 2003 als unwirksam zu betrachten, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (und des Obersten Gerichtshofes, vgl. zB 29.4.1998, 9 ObA 77/98h). Gemäß Art89 Abs1 B-VG steht die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen den ordentlichen Gerichten nicht zu. Daraus folgt, dass nur gehörig kundgemachte Verordnungen vor den ordentlichen Gerichten anzuwenden sind (vgl. zuletzt VfSlg 19.999/2015 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes); Gerichte – mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes (vgl. Art139 Abs3 B-VG) – haben daher davon auszugehen, 'dass nicht gehörig kundgemachte Verordnungen keinerlei Rechtswirkung entfalten, und dass diese sohin von den Gerichten auch ohne Anfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof von vorneherein nicht anzuwenden sind'. Dies gilt allerdings nur für Gerichte auf Grund der Anordnung des Art89 B-VG, Normunterworfene einschließlich Verwaltungsbehörden haben die Verordnung anzuwenden. Liegt ein als Verordnung erkennbar (wenn auch nicht gesetzmäßig) kundgemachter Verwaltungsakt vor, 'hat sich die belangte Behörde nicht mit der Frage der Gesetzmäßigkeit – auch nicht hinsichtlich seiner Erzeugung – auseinanderzusetzen' (VwGH 8.9.1995, 95/02/0194).
Dies ergibt sich aus Art139 Abs3 Z3 B-VG (bzw. aus den entsprechenden Vorgängerbestimmungen), wonach der Verfassungsgerichtshof eine ganze Verordnung unter anderem dann als gesetzwidrig aufzuheben hat, wenn sie in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde; dies setzt ihre Geltung voraus.
2.2. Aus dieser Judikatur dürfte folgen, dass ungeachtet ihrer fehlerhaften Kundmachung die Verordnung 2003 über die Baulandwidmung Rechtswirkungen entfaltet hat, welche nur in gerichtlichen Verfahren (mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes) unbeachtlich sind.
Im Folgenden geht der Verfassungsgerichtshof daher vorläufig davon aus, dass es mit der Verordnung 2011 zu einer Rückwidmung im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes gekommen ist, die mit der Verordnung 2012 beibehalten wurde.
2.3. Im Verordnungsprüfungsverfahren wird allerdings zu beurteilen sein, ob der Verfassungsgerichtshof angesichts des vorliegenden Falles und der mittlerweile eingetretenen Fortentwicklung der Rechtslage – so käme es angesichts der Einrichtung der Verwaltungsgerichte I. Instanz mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51, in jedem Fall zu einer unterschiedlich anzuwendenden Rechtslage zwischen der Verwaltungsbehörde und dem im Instanzenzug angerufenen Verwaltungsgericht – seine Rechtsprechung aufrecht halten kann, wonach jeglicher Kundmachungsmangel einer Verordnung gemäß Art89 Abs1 B-VG deren Unanwendbarkeit im gerichtlichen Verfahren bewirkt, und zwar ohne die Möglichkeit einer Anfechtung gemäß Art139 Abs1 Z1 B-VG (vgl. zur Kritik in der Literatur: Ringhofer, Prüfung und Anfechtung von Gesetzen und Verordnungen durch die Gerichte, in: Verfassung, Verwaltung, Gerichtsbarkeit, 1977, 100; im Grundsätzlichen – für Verordnungen – folgend Aichlreiter, Österreichisches Verordnungsrecht, 1988, 157 ff.; aus jüngerer Zeit s. Klaushofer, Gehörig kundgemacht?, ÖJZ2000, 161; Hattenberger, Zur Grenzziehung zwischen Verordnung und Nicht-Verordnung, ZfV 2001, 546; Wiederin, Über das elektronische Bundesgesetzblatt und die Folgen von Kundmachungsfehlern, FS Wimmer, 2008, 711; Kneihs, Kundmachung, Geltung, Fehlerkalkül, 2011, 16 ff.)."
2.2. Die gegenwärtigen Fassungen des Art89 B-VG und der Art139 Abs3 B-VG bzw. 140 Abs3 B-VG gehen im Wesentlichen auf die B-VG-Novelle 1975, BGBl 302, zurück. Seit dieser Novelle hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg 14.457/1996 mwH, 14.525/1996, zuletzt 19.999/2015), auch gestützt auf entsprechende Literatur [vgl. insbesondere Walter, Die Neuregelung der Verordnungs- und Gesetzesprüfung, in: Mayer ua. (Hrsg.), Neuerungen im Verfassungsrecht, 1976, 79 ff., 84; Morscher, JBl 1977, 662 (Erkenntnisbesprechung); Pichler, Wer hat die Kundmachung von Verordnungen zu prüfen?, JBl 1978, 561 ff.], die Auffassung vertreten, der Begriff "gehörig kundgemacht" in Art89 Abs1 B-VG sei gleichzusetzen mit den Begriffen einer gesetzmäßigen Kundmachung von Verordnungen (also einer nicht in "gesetzwidriger Weise kundgemachten Verordnung" iSd Art139 Abs3 B-VG) oder einer verfassungsmäßigen Kundmachung von Gesetzen (also eines nicht "in verfassungswidriger Weise kundgemachten Gesetzes" iSd Art140 Abs3 B-VG).
Diese Rechtsprechung hatte die im Prüfungsbeschluss zusammengefasste Folge, dass Gerichte (iSd Art89 bzw. 135 Abs4 B-VG) jede mit einem Kundmachungsmangel im Sinne der die Kundmachung regelnden generellen Normen belastete Norm nicht anzuwenden, also unbeachtlich zu lassen hatten, während sie für jedermann einschließlich die Verwaltungsbehörden verbindlich war und im Falle der Prüfung einer solch fehlerhaft kundgemachten generellen Norm sie durch den Verfassungsgerichtshof anzuwenden und gegebenenfalls wegen ihrer gesetz- oder verfassungswidrigen Kundmachung gemäß Art139 bzw. 140 B-VG (gegebenenfalls zur Gänze, Art139 Abs3 Z3, Art140 Abs3 B-VG) aufzuheben war.
Ausgehend von den Umständen des Einzelfalles und der Tatsache, dass diese Rechtsprechung zur Kundmachung seit langem umstritten ist, wird in der Folge geprüft, ob gewichtige Argumente bestehen, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
2.3. Der Verfassungsgerichtshof hat im vorliegenden Prüfungsverfahren daher das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst sowie die Verfassungsdienste sämtlicher Länder eingeladen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
2.4. Zunächst sei betont, dass – entgegen der Auffassung der Niederösterreichischen Landesregierung – entsprechend der insofern übereinstimmenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes und der ordentlichen Gerichte gemäß Art89 B-VG (bzw. für die Verwaltungsgerichte und den Verwaltungsgerichtshof Art135 Abs4 B-VG) nur Gerichte nicht gehörig kundgemachte generelle Normen unangewendet zu lassen haben, sämtliche Verwaltungsbehörden sie aber jedenfalls anzuwenden haben, und zwar auch – wie im vorliegenden Fall, vgl. Pkt. III.8. – der Gemeinderat bei der Erlassung von Verordnungen.
2.5.1. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst betont in seiner Stellungnahme vor allem, dass sich durch die Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl I 51, am normativen Gehalt des Art89 B-VG und jener Vorschriften des B-VG, die den Art89 B-VG jeweils (zunächst) für den Verwaltungsgerichtshof und nunmehr auch für die Verwaltungsgerichte (Art135 Abs4 B-VG) für verbindlich erklären, nichts geändert habe. (Wenn im Folgenden Art89 B-VG genannt wird, ist jeweils der Verweis des Art135 Abs4 B-VG für die Verwaltungsgerichte einschließlich des Verwaltungsgerichtshofes mitgemeint.)
Der Verfassungsgerichtshof teilt diese Auffassung; er meint nicht, dass die im Zuge der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 geschaffenen Vorschriften des B-VG als solche etwas am normativen Gehalt des Art89 B-VG in der hier interessierenden Frage geändert hätten. Seine Ausführungen im Prüfungsbeschluss sind vielmehr so zu verstehen, dass er die Frage aufwirft, ob das System der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit mit grundsätzlich reformatorischer Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichts erster Instanz Anlass für den Verfassungsgerichtshof sein sollte, seine Judikatur zu Art89 B-VG zu überdenken.
2.5.2. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst und etliche Stellungnahmen der Verfassungsdienste der Länder führen als weiteres Argument aus, dass die Problematik dieser "gespaltenen" Anwendbarkeit zwischen (Verwaltungs)Gerichten einerseits und Verwaltungsbehörden andererseits durch die Einrichtung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit nichts qualitativ Neues sei, sondern sich die Problematik nur quantitativ verschärft habe; das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst weist auf die Fälle der "sukzessiven Kompetenz", der Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern, des Asylgerichtshofs und des Bundesvergabeamts hin, bei denen die genau gleiche Problematik bereits bestanden habe.
Der Verfassungsgerichtshof sieht diese Kontinuität der Problemstellung, er übersieht dabei auch nicht, dass er nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 in VfSlg 19.999/2015 seine Rechtsprechung zunächst beibehalten hat. Der vorliegende Fall zeigt aber die Problematik dieser Rechtsprechung deutlich: In ein und derselben Rechtssache müssen (ordentliche) Gerichte eine fehlerhaft kundgemachte Verordnung unbeachtet lassen (was entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits ist), gleichzeitig haben aber die Verwaltungsbehörden und letztlich der Verfassungsgerichtshof sie als geltend anzuwenden, wenn auch für den Verfassungsgerichtshof mit der Konsequenz, sie aufzuheben. Diese Problematik der "gespaltenen" Anwendbarkeit stellt sich nun in jeder Verwaltungsrechtssache, bei der nach der (grundsätzlich einzigen) Verwaltungsinstanz der Rechtsschutzweg beschritten wird.
2.6.1. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes betont dazu, dass "immer schon gute Gründe gegen die 'Gehorsamsthese' – also gegen die Annahme einer für Verwaltungsbehörden und Gerichte unterschiedlichen Bindung an nicht gehörig kundgemachte Verordnungen – gesprochen" hätten, und verweist dazu auf die Literatur, die auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss angeführt hat.
2.6.2. Der Verfassungsdienst des Landes Kärnten stellt eine Analyse aller gegen die herrschende Interpretation des Art89 B-VG angeführter Argumente an und kommt zusammenfassend zum Ergebnis:
"Die Nichtanwendung einer Verordnung wegen nicht gehöriger Kundmachung kann im System der Verwaltungsgerichtsbarkeit die – nach dem Rechtsstaatsprinzips sowie nach Art47 GRC (Recht auf wirksamen Rechtsbehelf) gebotene – Effizienz des Rechtsschutzes beeinträchtigen, indem der Rechtsschutzsuchende dem Risiko eines Wechsels der maßgeblichen Rechtslage unterliegt."
Er führt dazu näher aus:
"Auf Grund der Annahme, dass im Fall nicht gehörig kundgemachter Verordnungen die Anfechtungspflicht nach Art89 Abs2 B-VG und das Antragsrecht gemäß Art139 Abs1 Z1 B-VG nicht zum Tragen kommen, fällt die auf diesem Weg sonst erzielbare Bereinigungsfunktion des Verfassungsgerichtshofes weg. Dieses Ergebnis steht wohl in einem Spannungsverhältnis zum rechtsstaatlichen Baugesetz der Bundesverfassung, wonach nur solche Akte staatlicher Organe in ihrer rechtlichen Existenz als dauernd gesichert erscheinen, die in Übereinstimmung mit den sie bedingenden Akten höherer Stufen erlassen wurden (siehe insbesondere VfSlg 8279/1978 und 11.196/1986). Eine baugesetzkonforme Interpretation würde daher nahelegen, den verfassungsrechtlichen Rechtsschutzauftrag des Verfassungsgerichtshofes, der nach Art139 B-VG mit dem Monopol der Verordnungskontrolle ausgestattet ist (siehe etwa VfSlg 12.157/1998 und 18.221/2007), nicht unnötig dadurch zu beschränken, dass eine sich gegenseitig ausschließende Konkurrenz der inzidentalen Geltungsprüfung der Gerichte einerseits und des verfassungsgerichtlichen Verordnungsprüfungsmonopols andererseits angenommen wird. [...]"
2.6.3. Der Verfassungsdienst des Landes Oberösterreich gibt die in der Literatur geäußerte Kritik an der herrschenden Interpretation des Art89 B-VG wieder und meint, dass die "Konzentration der Normenkontrolle auch insofern beim Verfassungsgerichtshof verbunden mit der Verpflichtung der Gerichte, eine Verordnungsprüfung zu beantragen, wenn sie Bedenken gegen die Gesetzeskonformität einer Verordnung haben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen inhaltlichen Fehler, einen Verfahrensfehler oder einen Kundmachungsfehler handelt, […] aus diesen [auch in der Literatur genannten] Gründen unseres Erachtens der herrschenden Auffassung vorzuziehen" wäre.
2.6.4. Der Verfassungsdienst des Landes Salzburg kommt am Ende seiner Stellungnahme, die die Auswirkungen dieser Rechtsprechung zu Art 89 B-VG analysiert, zusammenfassend zum Ergebnis:
"In Beantwortung der vom Verfassungsgerichtshof aufgeworfenen Frage nach der Anwendung bzw Nichtanwendung von nicht gehörig kundgemachten Verordnungen im gerichtlichen Verfahren wird zusammenfassend die Ansicht vertreten, dass die Gerichte nur jene Verordnungen nicht anzuwenden haben, denen es selbst an einem Mindestmaß an Publizität fehlt. Bei allen anderen Mängeln, auch bei jenen hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Kundmachung, soll nach Abs2 ein Antrag auf Aufhebung an den Verfassungsgerichtshof gestellt werden. Diese Interpretation kann mit dem Wortlaut der Norm in Einklang gebracht werden, entspricht ihrem historischen Zweck und dient letztlich der Gewährleistung der Rechtssicherheit."
2.6.5. Der Verfassungsdienst des Landes Steiermark schließt sich insbesondere den Argumenten von Wiederin an und meint:
"Die von ihm vorgebrachten Argumente gegen die Beibehaltung der Gleichsetzungs- und Gehorsamsthese vermögen zu überzeugen, da sie im Ergebnis die Zentralisierung der Normenkontrolle beim Verfassungsgerichtshof sichern, zu größerer Rechtssicherheit und zur Rechtsbereinigung beitragen."
2.6.6. Der Verfassungsdienst des Landes Tirol meint, dass "die Problematik des gespaltenen Fehlerkalküls bei nicht gehörig kundgemachten Verordnungen auf der Ebene unterhalb der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, [die früher] lediglich vor bestimmten Rechtsschutzinstanzen, namentlich den UVS, dem Asylgerichtshof und dem Bundesvergabeamt," aufgetreten sei, "sich aufgrund der mit der durchgängigen Einrichtung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz einhergehenden grundlegenden Systemänderung, die zudem auch die Öffnung des Art94 Abs2 B-VG in Richtung einer direkten Kontrolle verwaltungsbehördlicher Entscheidungen durch die ordentlichen Gerichte mit sich gebracht hat, nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ in einem Ausmaß verändert" habe, "das – in diesem neuen Rechtsschutzsystem – tatsächlich ein anderes Verständnis des Art89 B-VG als bisher angezeigt scheinen lässt." Besonders ins Gewicht falle dabei, dass nach dem vom Bundesverfassungsgesetzgeber verwirklichten Konzept der Verwaltungsgerichtsbarkeit die mit voller Rechts- und Tatsachenkognition ausgestatteten Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen immer und im Übrigen ganz überwiegend meritorisch ("in der Sache selbst"; vgl. Art130 Abs4 B-VG) entscheiden würden. Die Stellungnahme fasst zusammen:
"Aus allen diesen Gründen sollte daher die bisherige Auslegung des Art89 Abs1 B-VG durch den VfGH überdacht und im Interesse einer in jedweder Hinsicht kohärenten Ausgestaltung des durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 eingeführten Systems des durchgängig judiziellen Rechtsschutzes gegen individuell-konkrete Verwaltungsakte modifiziert werden."
2.6.7. Die Vorarlberger Landesregierung führt in ihrer Stellungnahme aus:
"Ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung […] brächte in mehrerlei Hinsicht Rechtssicherheit mit sich: Zum einen wäre durch das – insofern vervollständigte Normenprüfungsmonopol des VfGH ausgeschlossen, dass eine Verordnung von einem oder mehreren Gerichten einmal als gehörig und einmal als nicht gehörig kundgemacht beurteilt wird (s. etwa Aichlreiter, aaO, 172); zum anderen würde durch die Aufhebung der Verordnung durch den VfGH im Fall der nicht gehörigen Kundmachung die Rechtslage bereinigt. Durch diese Bereinigung würde die für die Verwaltungsbehörden unbefriedigende Situation vermieden, dass sie mitunter kundgemachte Verordnungen, die von Gerichten (seien es Verwaltungsgerichte oder ordentliche Gerichte) als nicht gehörig kundgemacht beurteilt wurden, wieder und wieder (bis zu ihrer Aufhebung oder Abänderung durch den Verordnungsgeber) anzuwenden haben."
2.7. Die Literatur hat sich von Anfang an auch kritisch mit der Gleichsetzung des Begriffs "gehöriger Kundmachung" in Art89 B-VG und den aus Art139 Abs3 bzw. Art140 Abs3 B-VG folgenden Begriffen der gesetzmäßigen bzw. verfassungsmäßigen Kundmachung beschäftigt [vgl. die Nachweise bei Stöger in: Korinek/Holoubek ua. (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art89 B-VG, Rz 29, bei FN 118].
2.7.1. Bereits kurz nach Schaffung des Art89 B-VG in der im Wesentlichen heutigen Form und der Aufnahme der vorhin erwähnten Begriffe in Art139 Abs3 und Art140 Abs3 B-VG durch die B-VG-Novelle 1975 hat Ringhofer (aaO) aus der unterschiedlichen Textierung des Art89 B-VG einerseits und der Art139 Abs3 und Art140 Abs3 B-VG andererseits, aus welch letzteren (erstmals) ausdrücklich eine Pflicht des Verfassungsgerichtshofes, auch fehlerhaft kundgemachte generelle Normen zu prüfen, zu schließen war, und darauf aufgebauten systematischen Überlegungen gefolgert, "daß 'gehörige' Kundmachung nicht dasselbe, sondern gewissermaßen weniger ist als 'rechtmäßige' Kundmachung, sodaß auch eine rechtswidrige Kundmachung sehr wohl gehörige Kundmachung im Sinne des Art89 Abs1 B-VG sein kann". Er folgert: "als gehörige Kundmachung ist ausnahmslos jede Publikation zu respektieren, die diesen Namen verdient, die als Kundmachung nicht irgendeiner Enuntiation, sondern als Kundmachung eines Gesetzes, einer Verordnung oder eines Staatsvertrages erkennbar ist" (Ringhofer, aa0, 104). Für die Anfechtungsverpflichtung der Gerichte gemäß Art89 B-VG bedeutet das ihm folgend: "Das Gericht darf das als Norm Kundgemachte grundsätzlich nicht ignorieren, es muß vielmehr seine Bedenken als Prüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof artikulieren. Einer solchen Antragstellung bedarf es nur dann nicht, wenn das, was nach seinem Selbstverständnis als Gesetz, als Verordnung oder als Staatsvertrag vollzogen werden will, als Gesetz, Verordnung oder Staatsvertrag gar nicht mehr erkennbar ist, weil es den in jeweils ranghöheren Normen festgelegten Erzeugungsbedingungen dermaßen zuwiderläuft, daß die Abweichung von den Rechtserzeugungsnormen offen zutage liegt und schwerer ins Gewicht fällt, als etwa noch vorhandene Reste von Übereinstimmung." (Ringhofer, aa0, 105 f.).
2.7.2. Aichlreiter griff die Gedankenführung Ringhofers im Zusammenhang mit der Analyse der Voraussetzungen der "gehörigen Kundmachung" von Verordnungen auf und kam zum Ergebnis, dass Ringhofer sich "auf der Ebene der gängigen Argumentation zu Gravität und Evidenz als Nichtigkeitsgrenzen" bewege (Aichlreiter, aa0, 180 ff.). Er schließt: "Die im vorangegangenen ausführlich dargelegten Unstimmigkeiten und Brüche im dogmatischen System können durch die Ablehnung der Gleichsetzung der gehörigen mit einer rechtmäßigen Kundmachung vermieden werden. Wägt man daher beide Lösungsvorschlage gegeneinander ab, so spricht mehr dafür, die gehörige Kundmachung im Sinne des Art89 Abs1 B-VG als Nichtigkeitsgrenze für alle Normadressaten behördlicher oder nicht-behördlicher Art mit dem gleichen Maßstab anzunehmen und sie von der rechtswidrigen Kundmachung, die die Geltung einer Enuntiation als VO für sich allein noch nicht in Frage stellt, abzugrenzen: Der Kontrollbegriff der VO ist (auch) aus der Perspektive der gehörigen Kundmachung für alle Staatsorgane wie auch die Betroffenen gleich ausgeformt." Vgl. aus jüngerer Zeit: Klaushofer, Gehörig kundgemacht?, ÖJZ2000, 161; Hattenberger, Zur Grenzziehung zwischen Verordnung und Nicht-Verordnung, ZfV 2001, 546; Wiederin, Über das elektronische Bundesgesetzblatt und die Folgen von Kundmachungsfehlern, FS Wimmer, 2008, 711; Kneihs, Kundmachung, Geltung, Fehlerkalkül, 2011, 16 ff.; zu Einzelheiten der Entwicklung der Argumentation in der Literatur Stöger in: Korinek/Holoubek ua. (Hrsg.), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art89 B-VG.
2.8. Der Verfassungsgerichtshof geht aus folgenden Gründen von seiner bisherigen Rechtsprechung zu Art89 B-VG und Art139 Abs3 bzw. Art140 Abs3 B-VG ab:
2.8.1. Grundsätzlich deuten schon die unterschiedlichen Begriffe "gehörige Kundmachung" in Art89 B-VG, der die Möglichkeit einer "nicht gehörigen" Kundmachung in sich schließt, und die davon verschiedenen Formulierungen der "Kundmachung in gesetzwidriger Weise" in Art139 Abs3 B-VG und der "Kundmachung in verfassungswidriger Weise" in Art140 Abs3 B-VG darauf hin, dass es sich hiebei um jeweils Verschiedenes handelt.
2.8.2. Die sprachliche Divergenz besteht freilich bereits seit der B-VG-Novelle 1975, doch sah sich der Verfassungsgerichtshof veranlasst, trotz der neuen Fassung der Bestimmungen vor dem Hintergrund ihrer Entstehung in seiner Rechtsprechung Kontinuität zu wahren und so seine Rechtsprechung zu gehörig kundgemachten Gesetzen (die vor der genannten Novelle allein in Art89 Abs1 B-VG ausdrücklich genannt waren; vgl. VfSlg 2750/1954) auf jene der neu in Art89 Abs1 B-VG aufgenommenen Verordnungen (und sonstigen generellen Normen) zu übertragen. Dafür sprach schon der Gedanke der einheitlichen Interpretation des B-VG insofern, als so den neuen Art139 Abs3 und Art140 Abs3 B-VG ein gleicher Inhalt beigelegt werden konnte, wie ihn die Judikatur im Zusammenhang mit der Kundmachung genereller Normen auf Grund von Art89 Abs1 und 2 B-VG alter Fassung entwickelt hatte (der Verfassungsgerichtshof hatte im Allgemeinen gemäß Art89 Abs2 B-VG auch die rechtmäßige Kundmachung von Verordnungen auf Grund von Art89 Abs1 B-VG aF – anders als die von Gesetzen – geprüft und sie bei Vorliegen eines Fehlers als gesetzwidrig aufgehoben, vgl. zB VfSlg 3662/1959 mwH und – bereits nach der B-VG-Novelle 1975 – VfSlg 8228/1977).
2.8.3. Das in den Art89, 139, 139a, 140 und 140a B-VG grundgelegte System der Verfassungsgerichtsbarkeit beruht auf dem Grundgedanken, dass eine einzige Instanz, eben der Verfassungsgerichtshof, über die Rechtmäßigkeit auf Grund der österreichischen Verfassung erzeugter genereller, allgemein verbindlicher Normen zu entscheiden hat, sei es über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen (und diesen gleichzuhaltenden Rechtsnormen), sei es über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen (und wieder auch diesen gleichzuhaltenden Normen). Damit wird ein – die österreichische Verfassungsordnung geradezu prägendes – Element der Rechtssicherheit etabliert: Für niemanden soll die Verbindlichkeit solcher genereller Normen in Frage stehen, solange deren Rechtswidrigkeit nicht in einem förmlichen Verfahren durch den Verfassungsgerichtshof festgestellt wird; das Ergebnis dieser Prüfung wird in gleicher Weise wie die als rechtswidrig befundene generelle Norm kundgemacht.
Es wäre daher eine Durchbrechung dieses Grundsatzes der Verfassung, wenn fehlerhafte Kundmachungen genereller Normen, soweit sie von Gerichten anzuwenden sind, vom System der verfassungsgerichtlichen Kontrolle ausgenommen wären. Auch für solche Normen dient es der Rechtssicherheit und Einheitlichkeit der Rechtsordnung, wenn durch den Verfassungsgerichtshof für jedermann und für alle in gleicher Weise festgestellt wird, ob eine allgemein verbindliche generelle Norm vorliegt und auf welchem Weg Zweifel über das Bestehen solcher Normen in rechtlich verbindlicher Form zu klären sind.
2.8.4. Auch wenn es zutreffend ist, worauf unter anderem die Bundesregierung hinweist, dass bereits in der Vergangenheit in einzelnen Fällen die gleiche Problematik und damit die gleiche Beeinträchtigung der Rechtssicherheit und des einheitlichen Rechtsschutzes bestanden haben, darf nicht übersehen werden, dass es sich hiebei – abgesehen vom Verwaltungsstrafrecht – um vergleichsweise eingeschränkte Rechtsgebiete der Verwaltung handelte.
Nunmehr besteht aber auf Grund des mit der B-VG-Novelle 2012 eingeführten Systems der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit grundsätzlich reformatorischer Entscheidungsbefugnis (Art130 Abs4 B-VG) diese Problematik in jeder Verwaltungssache. Die grundsätzlich als einzige Verwaltungsinstanz entscheidende Verwaltungsbehörde hat im Falle fehlerhaft kundgemachter genereller Normen eine andere Rechtslage anzuwenden als das im Rechtsschutzweg angerufene Verwaltungsgericht: Ist die Verwaltungsbehörde gemäß Art18 B-VG gerade im Interesse der Rechtmäßigkeit der Verwaltung (und vor dem Hintergrund der Art139 und 140 B-VG) gehalten, die fehlerhaft kundgemachte generelle Norm anzuwenden, ist die nächste im Rechtsschutzweg angerufene Instanz, nämlich das Verwaltungsgericht, nach der bestehenden Rechtsprechung zu Art89 B-VG gehalten, diese generelle Rechtsnorm außer Acht zu lassen und dementsprechend (regelmäßig in der Sache selbst) zu einer anderen Entscheidung zu kommen.
2.9. Der Verfassungsgerichtshof vertritt daher die Auffassung, dass auch Gerichte gesetzwidrig kundgemachte Verordnungen gemäß Art139 B-VG bzw. verfassungswidrig kundgemachte Gesetze gemäß Art140 B-VG (bzw. die diesen jeweils gemäß Art139a und Art140a B-VG gleichgestellten generellen Normen) anzuwenden haben und diese, wenn sie Bedenken gegen ihre rechtmäßige Kundmachung haben, vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten haben. Bis zur Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof sind sie für jedermann verbindlich.
2.10.1. Eine "gehörig kundgemachte" generelle Norm, also eine für einen unbestimmten, externen Adressatenkreis verbindliche Anordnung von Staatsorganen, die vom Gericht gemäß Art89 B-VG anzuwenden ist, liegt somit dann vor, wenn eine solche Norm ausreichend allgemein kundgemacht wurde, wenn auch nicht in der rechtlich vorgesehenen Weise. Dies bedeutet, dass jeglicher Akt von staatlichen Organen, der einen normativen Inhalt für einen unbestimmten Adressatenkreis aufweist und – in einer zumindest den Adressaten zugänglichen Form – allgemein kundgemacht worden ist, als generelle Norm anzuwenden und gegebenenfalls von den Gerichten gemäß Art139 ff. B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof anzufechten ist.
2.10.2. Der Verfassungsgerichtshof weist in diesem Zusammenhang für den Fall der Anfechtung von Verordnungen gemäß Art139 B-VG auf seine Rechtsprechung zu den Mindestvoraussetzungen für die Existenz von Rechtsverordnungen hin: Rechtsverordnungen müssen, um rechtliche Existenz zu erlangen, jedenfalls ein Mindestmaß an Publizität erlangen. Ein solches liegt nicht vor, wenn eine generell-abstrakte Enuntiation einer Behörde nicht ein Mindestmaß an Publizität erreicht, welche sicherstellt, dass sie in die Rechtsordnung Eingang findet (vgl. zB VfSlg 12.382/1990, 16.875/2003, 19.058/2010, 19.072/2010, 19.230/2010 uva.).
2.10.3. Der Vollständigkeit halber weist der Verfassungsgerichtshof zuletzt für den Fall der Anfechtung von Gesetzen gemäß Art140 B-VG auf seine Rechtsprechung zu nicht ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen hin (vgl. VfSlg 16.152/2001, 16.848/2003 und die darin zitierte Vorjudikatur).
2.11. Für den vorliegenden Fall folgt aus dem Gesagten, dass trotz ihrer fehlerhaften Kundmachung die Verordnung 2003 mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist. Folglich musste der Gemeinderat ab diesem Zeitpunkt von der durch die Verordnung 2003 festgelegten Widmung ausgehen, mit der Verordnung 2011 ist es also zu einer (gegenüber der mit der Verordnung 2003 herbeigeführten Widmung) Rückwidmung des Grundstücks 914/20 gekommen, die dann mit der Verordnung 2012 beibehalten wurde.
3. Zur Gesetzmäßigkeit der geprüften Verordnung
Die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes konnten im Verordnungsprüfungsverfahren nicht zerstreut werden:
3.1. Unter vorläufiger Annahme der nunmehr in Pkt. 2. festgestellten Anwendbarkeit der Verordnungen 2003 und 2011 legte der Verfassungsgerichtshof seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:
"3. Gemäß §22 Abs1 NÖ ROG 1976 darf ein örtliches Raumordnungsprogramm – dieses hat gemäß §13 Abs2 leg.cit. insbesondere auch einen Flächenwidmungsplan zu enthalten – nur geändert werden, wenn einer der in §22 Abs1 Z1 bis 6 leg.cit. genannten Änderungsanlässe vorliegt. In Betracht dürfte vorliegendenfalls lediglich der Änderungsgrund der Z2 des §22 Abs1 leg.cit. kommen, die Abänderung 'wegen wesentlicher Änderung der Grundlagen'.
3.1. Die Grünlandwidmung der Grundfläche wurde durch die Verordnung 2011 (wieder) herbeigeführt; im Erläuterungsbericht zur Verordnung heißt es dazu:
'Änderungsanlass
[...]
Aufgrund verschiedenster Faktoren wie einer Parzellierung, die nicht mit den rechtskräftigen Widmungsgrenzen übereinstimmt, rechtlicher Ungereimtheiten bezüglich der abgeschlossenen Baulandmobilisierungsverträge, die nicht an die Käufer weitergegeben wurden sowie mangelnder Nachfrage (innerhalb von 8 Jahren wurden lediglich 3 von 16 Grundstücke verkauft) erscheint eine massive Änderung der Grundlagen, die zu besagter Umwidmung im Jahre 2003 führten und somit ein Änderungsanlass für eine widmungsmäßige Bereinigung und Neustrukturierung des Bereiches gegeben welche auch im öffentlichen Interesse gelegen ist.'
3.2. Der Gemeinderat scheint die hier genannte 'massive Änderung der Grundlagen, die zu besagter Umwidmung im Jahr 2003 führten' zum Anlass der Abänderung genommen zu haben. Die dazu aufgezählten 'Faktoren' dürften aber – auch in ihrer Gesamtheit – keine Umstände bilden, die §22 Abs1 Z2 NÖ ROG 1976 als 'wesentliche Änderung der Grundlagen' (der bestehenden Planung) umschreibt:
Raumordnung ist die 'planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen anderseits' (VfSlg 2674/1954). Grundlagen iSd §22 Abs1 NÖ ROG 1976 scheinen Grundlagen für diese Gesamtgestaltung zu sein. Eine von den Widmungsgrenzen abweichende Parzellierung, rechtliche Ungereimtheiten bei der Umsetzung eines Baulandmobilisierungsvertrags und die mangelnde Nachfrage nach Grundstücken scheinen aber Probleme bei der Umsetzung eines (Aufschließungs-)Projektes, nicht aber Vorkommnisse zu sein, die die Planungsgrundlagen ändern könnten. Hinzu kommt, dass die Baubehörde gemäß §10 Abs5 NÖ BauO 1996 die Möglichkeit gehabt hätte, die Änderung der Grundstücksgrenzen zu untersagen, dass zur Durchsetzung von Verpflichtungen aus einem Baulandmobilisierungsvertrag grundsätzlich die Zivilgerichte zuständig sind und dass gemäß §16a NÖ ROG 1976 idF LGBl 8000-13 der Verordnungsgeber schon zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung 2003 die Möglichkeit gehabt hätte, bei der Neuwidmung von Bauland eine Frist von 5 Jahren festzulegen, nach deren Ablauf die Gemeinde für unbebaute Grundstücke die Widmung ändern hätte können. Es dürfte also dem Verordnungsgeber auch ein raumordnungsrechtliches Instrument zur Verfügung gestanden sein, die beabsichtigte Nutzung der einzelnen Grundstücke abzusichern.
3.3. Es scheint sich daher zusammengefasst aus dem Erläuterungsbericht zur Verordnung 2011 kein gesetzlicher Grund für eine Änderung des Flächenwidmungsplanes im Sinne des §22 Abs1 NÖ ROG 1976 ableiten zu lassen. Die Verordnung 2011 dürfte schon allein aus diesem Grund gesetzwidrig sein, wodurch auch die Verordnung 2012 mit Gesetzwidrigkeit belastet würde (vgl. VfSlg 15.949/2000).
4. Es scheint die Rückwidmung des Grundstücks 914/20 von 'Bauland - Wohngebiet - Aufschließungszone' in 'Grünland - Land- und Forstwirtschaft' durch die Verordnung 2011 aber auch deswegen gesetzwidrig zu sein, weil sie ohne ausreichender Erforschung der Planungsgrundlagen und einer nachvollziehbaren Interessensabwägung erfolgte:
4.1. Im Erläuterungsbericht 2011 wird dazu Folgendes ausgeführt:
[...]
4.2. In dieser Erläuterung werden zwar die geographischen Gegebenheiten und sowohl der raumordnungsrechtliche Ist-Zustand als auch die geplanten Widmungsänderungen dargestellt; nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind aber Raumordnungspläne im Einzelnen daraufhin zu prüfen, ob die Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers in ausreichendem Maße erkennbar sind (VfSlg 8280/1978).
Zunächst scheint nicht erkennbar, worin sich das Grundstück 914/20 hinsichtlich der für die Bebaubarkeit maßgebenden Faktoren von unmittelbar in der Nähe befindlichen Grundstücken unterscheidet, die als Bauland gewidmet blieben. Es scheint wegen seiner Lage und seiner infrastrukturellen Aufschließung für eine Baulandwidmung sogar besonders geeignet gewesen zu sein. Die beschwerdeführende Gesellschaft bringt weiters vor, sie habe im Vertrauen auf den Bestand der Widmung Investitionen getätigt (sie nennt einen Betrag von 1,5 Millionen Euro für den durch die Rückwidmung entstandenen Schaden).
Das Vertrauen in die verbindliche Festlegung der Baulandwidmung dürfte insbesondere durch die von der Baubehörde nicht untersagte Parzellierung im Jahr 2004, durch die Erklärung des Grundstücks 914/6 zum Bauplatz im Jahr 2005 und insbesondere durch die Erlassung eines Teilbebauungplans noch im Jahr 2009 weiter verfestigt worden sein (s. Pkt. III. 4. und 5.). Eine Abwägung des Interesses an der Bestandskraft der Widmung – unter besonderer Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses der beschwerdeführenden Gesellschaft an der Beibehaltung der Baulandwidmung – mit dem öffentlichen Interesse an der Änderung scheint nicht vorgenommen worden zu sein, jedenfalls wurde sie nach den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Akten nicht dokumentiert.
5. Die Verordnung 2012 behielt die durch die Verordnung 2011 herbeigeführte Widmung bei. Zu deren Vorbereitung wurde nach den vorgelegten Akten eine Aktualisierung und Abänderung der Grundlagenforschung und des Siedlungsleitbildes ausgearbeitet, schließlich wurde rechtlich gesehen das gesamte Widmungsgebiet neu gewidmet. Allerdings dürfte dies nichts daran ändern, dass die Beibehaltung der Rückwidmung gesetzwidrig blieb: Auf das Grundstück 914/20 wird in keiner Weise ausdrücklich Bezug genommen. Konkret Bezug genommen (in Gestalt einer taxativen Aufzählung) wird nur auf die als Bauland zu widmenden Grundstücke, Kriterien für die Grünland-Widmung konkreter Grundstücke in vergleichbarer Lage scheinen sich nicht zu finden. Damit dürfte die für eine Rückwidmung erforderliche – auf das konkrete Grundstück bezogene (vgl. VfSlg 17.571/2005) – Interessenabwägung sich auch aus der Grundlagenforschung für die Verordnung 2012 nicht ergeben.
Die Beibehaltung der mit der Verordnung 2011 vorgenommenen Grünland-Widmung durch die Verordnung 2012 scheint daher diese mit Gesetzwidrigkeit belastet zu haben (vgl. VfSlg 15.949/2000)."
3.2. Die Niederösterreichische Landesregierung hält diesen Bedenken in ihrer Äußerung (im Kapitel "Zu den rechtlichen Fragestellungen:") entgegen, dass sehr wohl eine Interessenabwägung vorgenommen worden sei. Sie meint auch – unter Verweis auf VfSlg 12.555/1990 –, dass "selbst dann, wenn kein in §22 Abs1 NÖ ROG angeführter Änderungsgrund vorgelegen sein sollte, eine Neuerlassung der Verordnung" als Korrektur der gesetzwidrigen Verordnung notwendig gewesen sei.
Zur Interessenabwägung führt sie Folgendes aus:
"Wie bereits oben ausgeführt, wurde durch die Rückwid