TE Vfgh Beschluss 2017/9/22 E2097/2017

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Veröffentlicht am 22.09.2017
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Index

L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Wr KAG 1987 §5 Abs8

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde der Ärztekammer für Wien gegen die Feststellung des Bedarfs an der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums mangels Legitimation; Parteistellung gesetzlich in eingeschränkter Form zuerkannt, jedoch keine Einräumung subjektiver Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.1.    Mit Bescheid vom 20. Juni 2016 stellte der Magistrat der Stadt Wien (auf Antrag der mitbeteiligten Parteien) fest, dass am Standort Brünner Straße 68-70, 1210 Wien, gemäß §5 Abs1 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987, LGBl für Wien 23/1987, Bedarf an der Errichtung eines Ambulatoriums für Augen- und Laserchirurgie bestehe.

1.2.    Gegen diesen Bescheid erhob die Ärztekammer für Wien Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Mit Erkenntnis vom 2. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht diese Beschwerde als unbegründet ab.

1.3.    Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit sowie in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze (§3a Abs1 letzter Satz des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes – KAKuG; §5 Abs1 des Wiener Krankenanstaltengesetzes 1987 – Wr. KAG 1987) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

2.       Die Beschwerde ist nicht zulässig:

2.1.    §3a Abs1 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes – KAKuG, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl 1/1957 idF BGBl I 26/2017, lautet:

"Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien

§3a. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern §42d nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehene Anzahl von Ärzten bzw. Zahnärzten) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3 ist zulässig."

2.2.    Zur Einrichtung von selbständigen Ambulatorien bestimmt §5 Wr. KAG 1987, LGBl für Wien 23/1987 idgF, Folgendes:

"Errichtung von selbständigen Ambulatorien

§5

(1) Selbständige Ambulatorien bedürfen sowohl zu ihrer Errichtung wie auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehener Anzahl und vorgesehenes Beschäftigungsausmaß von Ärztinnen und Ärzten bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzten unter Angabe der Berufsberechtigung und vorgesehener Anzahl von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3 ist zulässig.

(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere

1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und

b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit

eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der für die Anstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachgewiesen sind,

3. das für die Unterbringung der Anstalt geplante oder bereits vorhandene Gebäude den hinsichtlich der Aufführung oder Verwendung solcher Gebäude vorgesehenen bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entspricht und

4. gegen die Bewerberin oder den Bewerber keine Bedenken bestehen.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. örtliche Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur, Besiedlungsdichte),

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patientinnen und Patienten,

4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter gemäß Z3 und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.

(4) Die Landesregierung hat von einer Prüfung nach Abs2 Z1 in Verbindung mit Abs3 abzusehen, wenn nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im selbständigen Ambulatorium ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Die betroffenen Sozialversicherungsträger und die Ärztekammer für Wien sind zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, zu hören.

(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme der Wiener Gesundheitsplattform zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs3 einzuholen.

(6) Die Vorlage von Unterlagen zum Nachweis der Voraussetzungen nach Abs2 Z2 bis 4 ist nicht erforderlich, wenn eine gesonderte Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen nach Abs3 beantragt wird.

(7) In der Errichtungsbewilligung sind – ausgenommen im Fall des Abs4 – im Rahmen des Antrags jedenfalls das Leistungsvolumen, das Leistungsspektrum und bedarfsgerechte Öffnungszeiten (Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten und von Sams-, Sonn- und Feiertagen) sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten und – soweit sinnvoll – die Verpflichtung zur Durchführung von Hausbesuchen durch Auflagen festzulegen.

(8) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums – ausgenommen im Fall des Abs4 – haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Wien bzw. bei selbständigen Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer, hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des §8 AVG und können Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien und gegebenenfalls Revision an den Verwaltungsgerichtshof erheben. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3.

(9) Die Errichtungsbewilligung für ein selbständiges Ambulatorium, dessen Rechtsträger ein Krankenversicherungsträger ist, ist zu erteilen, wenn ein Einvernehmen zwischen dem Krankenversicherungsträger und der Ärztekammer für Wien bzw. der Österreichischen Zahnärztekammer oder zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Österreichischen Ärztekammer bzw. der Österreichischen Zahnärztekammer vorliegt (§339 ASVG). Liegt kein Einvernehmen vor, ist die Bewilligung zur Errichtung zu erteilen, wenn durch die Landesregierung festgestellt wurde, dass eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann. Der erste und zweite Satz gelten auch dann, wenn der Krankenversicherungsträger Dritte mit dem Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums betraut."

3.       Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

3.1.    Zur Erhebung einer solchen Beschwerde ist nur berechtigt, wer durch die angefochtene Entscheidung in irgendeinem subjektiven Recht verletzt worden sein kann (zB VfSlg 11.764/1988 mwN). Die Einräumung eines Beschwerderechts an den Verfassungsgerichtshof ohne Vorliegen dieser Voraussetzung bedürfte (anders als nach Art133 Abs5 B-VG im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren) einer verfassungsgesetzlichen Grundlage (vgl. zur insoweit gleichartigen Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform VfSlg 17.220/2004).

3.2.    Die Bestimmung des §5 Abs8 Wr. KAG 1987 räumt der beschwerdeführenden Partei "hinsichtlich des Bedarfes" Parteistellung "im Sinne des §8 AVG" und darüber hinaus die Möglichkeit der Beschwerdeerhebung an das Verwaltungsgericht Wien und gegebenenfalls der Revision an den Verwaltungsgerichtshof ein. Daraus geht zwar hervor, dass der Gesetzgeber der beschwerdeführenden Partei die Wahrung bestimmter Interessen im Bewilligungsverfahren überantwortet und ihr zu diesem Zweck Parteistellung eingeräumt hat; gerade der Umstand, dass ihr der Gesetzgeber Parteistellung nur in dieser eingeschränkten Form zuerkannt hat, welche die Geltendmachung subjektiver Rechte gerade nicht voraussetzt, zeigt aber, dass ihr eigene subjektive Rechte im vorliegenden Zusammenhang nicht verliehen sind. Das Bestehen solcher Rechte wäre aber Voraussetzung der Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG; die Stellung einer Amts- oder Formalpartei genügt hiefür nicht (vgl. dazu neuerlich VfSlg 17.220/2004 und 17.587/2005 mwH).

3.3.    Die Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG mangels Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Krankenanstalten, Bedarfsprüfung, Parteistellung, Rechte subjektive, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:E2097.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2017
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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