TE Vfgh Beschluss 2017/9/22 E2415/2017

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Veröffentlicht am 22.09.2017
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Index

L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
Sbg KAG 2000 §12c

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger gegen die Feststellung des Bedarfs an der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums mangels Legitimation; Parteistellung gesetzlich in eingeschränkter Form zuerkannt, jedoch keine Einräumung subjektiver Rechte

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1.1.    Mit Bescheid vom 18. März 2016 stellte der Magistrat der Stadt Wien auf Antrag der mitbeteiligten Partei fest, dass am Standort Zell am See gemäß §12e Salzburger Krankenanstaltengesetz 2000, LGBl für Salzburg 24/2000 idgF, Bedarf an 13 näher bezeichneten ambulanten Therapieplätzen für physikalische Medizin und ambulante Rehabilitation bestehe.

1.2.    Gegen diesen Bescheid erhob der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger Beschwerde an das Verwaltungsgericht Salzburg. Mit Erkenntnis vom 23. Mai 2017 wies das Verwaltungsgericht diese Beschwerde als unbegründet ab.

1.3.    Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.

2.       Die Beschwerde ist nicht zulässig:

2.1.    §3a Abs1 des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes – KAKuG, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl 1/1957 idF BGBl I 26/2017, lautet:

"Zulassungsverfahren für selbstständige Ambulatorien

§3a. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern §42d nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehene Anzahl von Ärzten bzw. Zahnärzten) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs3 ist zulässig."

2.2.    Zur Einrichtung von selbständigen Ambulatorien bestimmen die §§12a, 12c und 12e Sbg. KAG 2000, LGBl für Salzburg 24/2000, in der jeweils maßgeblichen Fassung, Folgendes:

"Errichtung und Betrieb selbstständiger Ambulatorien

Sachliche Voraussetzungen

§12a

(1) Die Bewilligung zur Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums (§2 Abs1 Z5) darf nur erteilt werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

a) Durch das selbstständige Ambulatorium muss nach dem beabsichtigten Anstaltszweck und Leistungsangebot eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes im Einzugsgebiet erreicht werden (Abs2 und 3), soweit nicht Abs4 Anwendung findet.

b) Der Bewerber muss das Eigentum oder ein sonstiges Recht an der für die Krankenanstalt in Aussicht genommenen Betriebsanlage nachweisen, das ihm die zweckentsprechende Benützung der Betriebsanlage gestattet.

c) Das für die Unterbringung der Krankenanstalt vorgesehene Gebäude muss den bau-, feuer- und gesundheitspolizeilichen Vorschriften entsprechen und nach seiner Lage und Beschaffenheit für die Art der vorgesehenen Krankenanstalt geeignet sein.

(2) Die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes ist unter Bedachtnahme auf das bereits bestehende Versorgungsangebot

1. öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen einschließlich der Ambulanzen dieser Krankenanstalten,

2. kasseneigener Einrichtungen und

3. niedergelassener Ärzte, Gruppenpraxen und selbstständiger Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbstständigen Zahnambulatorien der niedergelassene Zahnärzte, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,

unter den Gesichtspunkten der Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und der Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit zu beurteilen.

(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:

1. die örtlichen Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur und Besiedlungsdichte);

2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen;

3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbietern die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patienten;

4. die durchschnittliche Belastung zu berücksichtigender bestehender Leistungsanbieter und

5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw Zahnmedizin.

(4) Die Prüfung der wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes hat zu entfallen, wenn nach dem beabsichtigten Leistungsangebot in der Krankenanstalt ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen erbracht werden sollen. Zur Frage, ob es sich beim Leistungsangebot um ausschließlich sozialversicherungsrechtlich nicht erstattungsfähige Leistungen handelt, sind die Salzburger Gebietskrankenkasse und der Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger zu hören.

(5) Bei der Errichtung von selbstständigen Ambulatorien (§2 Abs1 Z5), die ganz oder teilweise der Forschung und Lehre einer Medizinischen Universität dienen, sind die Erfordernisse der medizinischen Forschung und Lehre zu berücksichtigen."

[...]

"Parteien im Verfahren, Einholung von Stellungnahmen

§12c

(1) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums haben neben dem Antragsteller folgende Körperschaften hinsichtlich der nach §12a Abs1 lita zu prüfenden wesentlichen Verbesserung des Versorgungsangebotes Parteistellung (§8 AVG) und das Recht der Beschwerde gemäß Art132 Abs5 B-VG sowie das Recht der Revision gemäß Art133 Abs8 B-VG:

1. die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten;

2. der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger;

3. die Ärztekammer für Salzburg;

4. bei selbstständigen Zahnambulatorien auch die Österreichische Zahnärztekammer.

(2) Im Bewilligungsverfahren ist auf Kosten des Antragstellers ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstitutes zum Vorliegen der Kriterien gemäß §12a Abs1 lita und eine begründete Stellungnahme der Gesundheitsplattform (§§22 ff SAGES-Gesetz) zum Vorliegen dieser Kriterien einzuholen.

Vorabfeststellung der wesentlichen Verbesserung des

Versorgungsangebotes

§12e

(1) Auf Antrag kann die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes durch das selbstständige Ambulatorium vor der Beantragung der Errichtungsbewilligung festgestellt werden. Der Antrag hat die im §12b Z1 und 2 vorgesehenen Angaben zu enthalten. Für die Parteistellung gilt §12c Abs1 sinngemäß.

(2) Im Bescheid ist bei Vorliegen der Voraussetzungen die wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebotes durch das selbstständige Ambulatorium, befristet für die Dauer von höchstens drei Monaten, festzustellen. Wird innerhalb dieser Frist ein Antrag auf Errichtung eines selbstständigen Ambulatoriums samt den erforderlichen ergänzenden Unterlagen (§12b Z3 und 4) gestellt, ist im Errichtungsbewilligungsverfahren das Vorliegen dieser Voraussetzung nicht neuerlich zu prüfen."

3.       Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

3.1.    Zur Erhebung einer solchen Beschwerde ist nur berechtigt, wer durch die angefochtene Entscheidung in irgendeinem subjektiven Recht verletzt worden sein kann (zB VfSlg 11.764/1988 mwN). Die Einräumung eines Beschwerderechts an den Verfassungsgerichtshof ohne Vorliegen dieser Voraussetzung bedürfte (anders als nach Art133 Abs5 B-VG im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren) einer verfassungsgesetzlichen Grundlage (vgl. zur insofern gleichartigen Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform VfSlg 17.220/2004).

3.2.    Die Bestimmung des §12c Sbg. KAG 2000 räumt der beschwerdeführenden Partei "hinsichtlich des Bedarfes" Parteistellung "im Sinne des §8 AVG" und das Recht der Beschwerde gemäß Art132 Abs5 B-VG an das Verwaltungsgericht sowie das Recht der Revision gemäß Art133 Abs8 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof ein. Daraus geht zwar hervor, dass der Gesetzgeber der beschwerdeführenden Partei die Wahrung bestimmter Interessen im Bewilligungsverfahren überantwortet und ihr zu diesem Zweck Parteistellung eingeräumt hat; gerade der Umstand, dass ihr der Gesetzgeber Parteistellung nur in dieser eingeschränkten Form zuerkannt hat, welche die Geltendmachung subjektiver Rechte gerade nicht voraussetzt, zeigt aber, dass ihr eigene subjektive Rechte im vorliegenden Zusammenhang nicht verliehen sind. Das Bestehen solcher Rechte wäre aber Voraussetzung der Beschwerdelegitimation nach Art144 B-VG; die Stellung einer Amts- oder Formalpartei genügt hiefür nicht (vgl. dazu neuerlich VfSlg 17.220/2004 und 17.587/2005 mwH).

4.       Die Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG mangels Legitimation zurückzuweisen.

5.       Damit erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Krankenanstalten, Bedarfsprüfung, Parteistellung, Rechte subjektive, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:E2415.2017

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2017
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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