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L4000 Anstandsverletzung, Bettelei, Ehrenkränkung, LärmerregungNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Bludenzer Bettelverbotsverordnung betreffend ein Verbot auch des stillen Bettelns in der Innenstadt von Bludenz mangels eines Nachweises der Erforderlichkeit des flächenmäßig nicht differenzierenden und zeitlich unbeschränkten VerbotesRechtssatz
Zurückweisung der (Haupt-)Anträge des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg auf Aufhebung des §1 der Verordnung der Stadtvertretung Bludenz vom 19.11.2015 betr ein örtliches Bettelverbot (in der Folge: Bludenzer BettelverbotsV) als zu eng gefasst im Hinblick auf den untrennbaren Zusammenhang des §2 (Verweis auf die landesgesetzliche Strafbestimmung) und §3 (Inkrafttreten der Verordnung) mit dem in §1 enthaltenen Verbot.
Zulässigkeit der Eventualanträge auf Aufhebung der Bludenzer BettelverbotsV zur Gänze.
Die Bludenzer BettelverbotsV untersagt ein nicht nach §7 Abs1 Vlbg Landes-SicherheitsG verbotenes Betteln an öffentlichen Orten, die in einem Übersichtsplan, der Teil der Verordnung ist, flächenmäßig rot ausgewiesen sind. Die Verbotszone erfasst iW die Bludenzer Altstadt, die Innenstadt und erstreckt sich südöstlich bis zur Kirche Heiliges Kreuz in der St. Peter-Straße und südwestlich bis zum Bludenzer Bahnhof; sie gilt zeitlich unbeschränkt.
Es mag zwar zutreffen, dass auf Grund der örtlichen Verhältnisse an manchen Orten und zu manchen Zeiten in der Stadt Bludenz die Benützung des öffentlichen Raumes im Sinne des §7 Abs3 Vlbg Landes-SicherheitsG auch durch "stille" Bettler erschwert wird. Die Bludenzer BettelverbotsV verbietet "stilles" Betteln jedoch nicht nur an bestimmten Orten oder zu bestimmten Zeiten, sondern flächenmäßig ohne jegliche Differenzierung und zeitlich unbeschränkt. Wie das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg zutreffend ausführt, vermögen die von der Stadtvertretung Bludenz vorgebrachten Argumente ein derart umfassendes Bettelverbot nicht zu begründen (vgl VfGH 28.06.2017, V27/2017, und VfGH 14.03.2017, V23/2016).
Aufhebung der Bludenzer BettelverbotsV mangels Nachweises der Erforderlichkeit gemäß §7 Abs3 Vlbg Landes-SicherheitsG.
Ausspruch betr die Ausdehnung der Anlassfallwirkung gem Art139 Abs6 zweiter Satz B-VG, dass die aufgehobene Verordnung nicht mehr anzuwenden ist.
(E457/2017, E v 22.09.2017, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Bettelverbot, Sicherheitspolizei örtliche, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Aufhebung WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2017:V58.2017Zuletzt aktualisiert am
06.12.2017