RS Vfgh 2017/9/27 V29/2017 ua (V29-40/2017-15)

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Veröffentlicht am 27.09.2017
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Index

L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs3 Z3
Stmk RaumOG 1974 §21, §22, §23, §26c
Stmk RaumOG 2010 §21, §26, §28, §29, §30
Örtliches Entwicklungskonzept der Gemeinde Proleb, 2. Änderung vom 15.12.2009 - ÖEK-Änderung 3.02
Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 der Gemeinde Proleb vom 15.12.2009
VollwertigkeitsV 2013 der Gemeinde Proleb vom 02.10.2013, Teilaufhebung eines Aufschließungsgebietes für Reines Wohngebiet

Leitsatz

Aufhebung von Änderungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Proleb wegen gesetzwidriger Kundmachung; rechtswidrige Abweichung des kundgemachten Planes der ÖEK-Änderung bzw der kundgemachten Fassung der Flächenwidmungsplanänderung vom Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Verordnung; Aufhebung auch einer darauf beruhenden Verordnung über die Feststellung der Vollwertigkeit von Bauland

Rechtssatz

Aufhebung der ÖEK-Änderung 3.02 der Gemeinde Proleb vom 15.12.2009.

Weist ein kundgemachter Plan im Vergleich zu der dem Beschluss des Gemeinderats zugrunde liegenden Fassung des Plans im Interesse seiner besseren Verständlichkeit zeichnerische Ergänzungen auf und wird mit diesen "Korrekturen" keine inhaltliche Änderung der normativen Aussagen des Plans vorgenommen, liegt keine rechtswidrige Abweichung des kundgemachten Plans vom Inhalt der vom Gemeinderat beschlossenen Verordnung vor. Dies trifft auf die Abweichungen in der SOLL-Darstellung der kundgemachten Fassung der ÖEK-Änderung 3.02 aber nicht zu. Mit dem Wegfall des Schriftzuges "Örtlicher Siedlungsschwerpunkt 'Köllach-Au'" wurde nicht bloß eine zeichnerische Ergänzung im Interesse der besseren Verständlichkeit vorgenommen, sondern dadurch ergibt sich eine inhaltliche Änderung, deren mögliche Irrelevanz sich erst auf Grund einer Interpretation auf Basis des §21 Abs2 Stmk RaumOG 2010 (bzw §21 Abs6 Stmk RaumOG 1974) erschließt. Für die Interpretation des ÖEK (in der beschlossenen Fassung) ist nämlich auch diese Festlegung einzubeziehen, zumal sie offenkundig in einem Spannungsverhältnis zu den verbalen Festlegungen steht; dass dies angesichts der Gesetzeslage zu dem Ergebnis führen kann, dass die verbale Festlegung und nicht die planliche Darstellung gilt, vermag an deren normativem Charakter nichts zu ändern. In einem solchen Fall liegt also ein Publikationsmangel vor, der der Berichtigung nicht zugänglich ist (vgl VfSlg 16852/2003).

Der Wegfall des Schriftzuges "Örtlicher Siedlungsschwerpunkt 'Köllach-Au'" ist ein Kundmachungsmangel, der den ganzen räumlichen Geltungsbereich der in Prüfung gezogenen ÖEK-Änderung 3.02 betrifft. Die ÖEK-Änderung 3.02 ist daher zur Gänze aufzuheben.

Aufhebung der Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 vom 15.12.2009, soweit sie die Baugrundstücke des Anlassverfahrens betrifft.

Die Baugrundstücke sind nur in der kundgemachten "redaktionell geänderten" Fassung der Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 - sowohl im Text der Verordnung als auch in der planlichen SOLL-Darstellung - als Teil eines "Aufschließungsgebiets" und als "Vorbehaltsfläche für den förderbaren Wohnbau" ausgewiesen.

Mit der Aufhebung der Vollwertigkeitsverordnung 2007 (Aufhebung der Verordnung vom 02.04.2007 über die Zuordnung des Aufschließungsgebietes der Kategorie 'Dorfgebiet' zum Bauland mit Erk VfSlg 19006/2010) wurde zwar die Vollwertigkeit des Baulandes beseitigt und es mag mit der Aufhebung des Teilbebauungsplanes "Silberseeweg II" auch eine notwendige Voraussetzung für die Vollwertigkeit weggefallen sein. Es wurde aber damit nicht automatisch der Widmungszustand vor der Aufhebung der Vollwertigkeitsverordnung 2007 wiederhergestellt und ist die Baulandart "Aufschließungsgebiet" nicht wieder in Kraft getreten. Es wäre daher für die (neuerliche) Festlegung dieser Baulandart ein als Verordnung kundzumachender Beschluss des Gemeinderates erforderlich gewesen (§23 Stmk RaumOG 1974 bzw §29 Stmk RaumOG 2010). Ein solcher Beschluss wurde aber nicht gefasst.

Die vorläufige Annahme des VfGH, dass die kundgemachte Fassung der Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 in rechtswidriger Weise inhaltlich von der am 15.12.2009 beschlossenen Fassung der Verordnung abweicht, hat sich bestätigt.

Die Abweichungen in der IST-Darstellung der kundgemachten Fassung der Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 haben den durch Beschluss der Gemeindevertretung ausgedrückten Willen des Normsetzers nicht verändert. Gleiches gilt auch für die weiteren Bedenken, nämlich das Bedenken der Umwidmung der Grundstücke 132 und 137, welche nur in der kundgemachten Fassung im Wortlaut ausgewiesen wurde, sowie das der Ankündigung privatwirtschaftlicher "Maßnahmen zur aktiven Bodenpolitik" nur im Erläuterungsbericht zur kundgemachten Fassung. Die festgestellten inhaltlichen Abweichungen ergeben sich damit ausschließlich aus den - im Anlassfall präjudiziellen - Bestimmungen, die die Baugrundstücke des Anlassverfahrens betreffen. In diesem Sonderfall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die ganze Flächenwidmungsplan-Änderung 3.06 in gesetzwidriger Weise kundgemacht wurde.

Aufhebung der Vollwertigkeitsverordnung 2013.

Die Gesetzwidrigkeit der Ausweisung von Bauland als Aufschließungsgebiet hat auch die Gesetzwidrigkeit der nachfolgenden Feststellung der Vollwertigkeit der Baulandes zur Folge. Die Vollwertigkeitsverordnung 2013 - sie betrifft ausschließlich die Baugrundstücke 129/3, 130/3, 138/5 und 138/6, KG Köllach - ist daher zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

(Anlassfall E820/2016 ua, E v 27.09.2017, Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Verordnung Kundmachung, VfGH / Aufhebung Wirkung, VfGH / Verwerfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:V29.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2019
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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