TE Vfgh Erkenntnis 2017/9/28 E692/2017

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art10 ff, Art18 Abs1, Art116 Abs1, Art118 Abs2, Abs3, Art119a Abs9
BVG-Unterbringung, BGBl I 120/2015 Art3 Abs1, Abs8

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung der Beschwerde der Stadt Wels gegen einen Bescheid des Innenministers in Ausübung des Durchgriffsrechts für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden mangels Parteistellung einer Gemeinde nach dem BVG-Unterbringung; keine Gesamtänderung der Bundesverfassung

Spruch

I. Die beschwerdeführende Gemeinde ist durch den angefochtenen Beschluss weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

II. Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2016 verfügte der Bundesminister für Inneres gemäß Art3 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl I 120/2015, ("BVG Unterbringung") – ohne vorheriges Verfahren – die Nutzung und den Umbau einer näher bezeichneten, im Gebiet der beschwerdeführenden Gemeinde situierten Liegenschaft zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Personen. Begründend führte der Bundesminister für Inneres hiezu aus, dass gemäß der Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung des Bedarfs an der Bereithaltung von Plätzen zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden durch die Bundesregierung ein entsprechender Bedarf bestehe, das betreffende Bundesland die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden im September 2016 nicht im erforderlichen Ausmaß geleistet habe und in der beschwerdeführenden Gemeinde weniger hilfs- und schutzbedürftige Fremde untergebracht würden als dies dem Gemeinde- und Bezirkswert entspräche. Demnach lägen die Voraussetzungen der Art2 Abs1 sowie Art3 Abs2 Z1 und 2 BVG Unterbringung vor.

2. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde der einschreitenden Gemeinde gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Inneres mangels Parteistellung zurück. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht hiezu – zusammengefasst – aus, gemäß Art3 Abs8 BVG Unterbringung seien auf diesen Artikel gestützte Bescheide nur gegenüber dem Grundstückseigentümer zu erlassen. Dies könne entweder der Bund selbst sein oder derjenige, der dem Bund das Grundstück zivilrechtlich zur Verfügung stelle. Wie sich aus dem mit dem Bund abgeschlossenen Mietvertrag ergebe, sei die beschwerdeführende Gemeinde nicht Grundstückseigentümerin. Weder aus Art3 Abs1 letzter Satz BVG Unterbringung, der die verpflichtende Mitteilung des Vorhabens an den Bürgermeister der betroffenen Gemeinde vorsehe, noch aus sonstigen Vorschriften des BVG Unterbringung sei ein subjektiv-öffentliches Recht der Gemeinde ableitbar. Auch lasse sich eine Parteistellung nicht mit Art116 Abs1 B-VG begründen, zumal Art3 Abs1 und 6 BVG Unterbringung eine punktuelle Durchbrechung der Gemeindeautonomie und eine Kompetenzverschiebung zugunsten des Bundes darstelle, gegen die auf Grund der verfassungsrechtlichen Absicherung keine Bedenken bestünden. Da der Bund eine bislang der Gemeinde zukommende Zuständigkeit auf Grund des Art3 Abs1 und 6 BVG Unterbringung nun selbst wahrnehme, finde durch die Bescheiderlassung kein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde statt und komme es zu keiner Verletzung in deren subjektiv-öffentlichen Rechten.

3. In ihrer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde rügt die beschwerdeführende Gemeinde eine Verletzung in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung gemäß Art116 Abs1 und Art118 Abs2 und 3 B-VG sowie eine Verletzung in Rechten wegen Anwendung des als verfassungswidrig (baugesetzwidrig) erachteten BVG Unterbringung. Hiezu führt die beschwerdeführende Gemeinde aus, das BVG Unterbringung verstoße gegen das föderalistische Prinzip, zumal es die erfassten Unterbringungseinrichtungen von allen landesrechtlich angeordneten Bewilligungspflichten und sonstigen Ingerenzen freistelle und damit in erheblicher Weise in die Kompetenzen der Länder eingreife. Auch beschneide das BVG Unterbringung in massiver Weise die Kompetenzen der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich gemäß Art118 Abs2 und 3 B-VG, womit ein Verstoß gegen die ein Strukturprinzip der Bundesverfassung darstellende Gemeindeautonomie verbunden sei. Ebenso sei ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip zu konstatieren. Im Normalfall seien nämlich für die vom BVG Unterbringung erfassten Einrichtungen zahlreiche Genehmigungserfordernisse zu beachten, welche den Nachbarn und anderen betroffenen Kreisen vielfältige Rechtsschutzmöglichkeiten eröffneten. Dieses fein ziselierte Rechtsschutzsystem der Bundesverfassung werde durch das BVG Unterbringung zielgerichtet suspendiert. Schließlich konfligiere das BVG Unterbringung auch mit dem Gleichbehandlungs- und Sachlichkeitsgebot, zumal es zwei Klassen von Nachbarn schaffe, solche im Allgemeinen, die ihre durch die gesamte Rechtsordnung gewährleisteten subjektiven Rechte in Anspruch nehmen könnten, und solche von Unterbringungseinrichtungen iSd BVG Unterbringung, die rechtsschutzlos gestellt würden. Zu diesen grundlegenden, strukturellen Problemen des gesamten BVG Unterbringung kämen verschiedene Detailprobleme hinzu: So sei das Abstellen auf "Grundstücke" in Art3 Abs3 BVG Unterbringung als Anknüpfungspunkt für die 450-Personen-Grenze ungeeignet, weil die liegenschaftsrechtliche Kategorie des Grundstückes auch sehr kleine Grundstücke erfasse bzw. größere Grundstücke einfach in mehrere kleine aufgeteilt werden könnten. Es fehlten auch Sanktionen bei Missachtung der 450-Personen-Grenze, womit sich die Regelung insgesamt als unsachlich darstelle. Ferner sei unklar, ob die Kriterien nach Art3 Abs2, 3 und 4 BVG Unterbringung Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die in Art3 Abs1 und 6 BVG Unterbringung vorgesehenen Bescheide seien oder ob es sich hiebei um zusätzlich einzuhaltende (im Übrigen sanktionslose) Vorgaben handle. In gleicher Weise lasse Art3 Abs5 BVG Unterbringung nicht erkennen, was zu geschehen habe, wenn die Bezirksverwaltungsbehörde jene Stellungnahme, an welche der endgültige Bescheid des Bundesministers für Inneres anknüpfe, nicht abgebe. Auch lasse Art3 BVG Unterbringung die Rechtsposition der Nachbarn im Unklaren. Diese seien zwar keine förmlichen Adressaten des Bescheides, könnten aber im Hinblick auf Art3 Abs6 letzter Satz BVG Unterbringung möglicherweise Beschwerde erheben. Nicht nur in diesem Fall, sondern auch dann, wenn nur der vorläufige Bescheid des Bundesministers für Inneres ergehe, gegen den die Beschwerde ausdrücklich ausgeschlossen sei, bleibe die Stellung der Nachbarn im Unklaren. In all diesen Punkten weiche das BVG Unterbringung vom Determinierungsgebot des Art18 B-VG ab. Darüber hinaus enthalte das BVG Unterbringung keine Einschränkung der Verfügungsbefugnis des Bundesministers für Inneres in dem Sinn, dass Schutzbedürftige nur bis zum Gemeinderichtwert untergebracht werden dürften. Art3 Abs4 BVG Unterbringung eröffne die Möglichkeit, die Unterbringung auch in Gemeinden zu verfügen, welche den Richtwert erfüllten. Diese Regelungsansätze erschienen unsachlich. Im Übrigen sei zu beachten, dass das BVG Unterbringung als zeitlich befristetes Sonder- und Ausnahmegesetz eng auszulegen und in diesem Sinn auf die Schaffung von Wohn- und Schlafraum sowie der zugehörigen Sanitäranlagen beschränkt sei. Die Einrichtung von Amtsräumen für Behörden und ihre Hilfsorgane, von Gesundheitseinrichtungen sowie von Räumen für die Abwicklung des behördlichen Dienstbetriebes sei nicht Gegenstand des BVG Unterbringung. Im Hinblick auf diese Einrichtungen bleibe es bei den allgemeinen Genehmigungserfordernissen und Zuständigkeiten der einschlägigen Verwaltungsvorschriften. Schließlich erweise sich der angefochtene Beschluss auch aus dem Grund als rechtswidrig, dass die von Art3 Abs2 BVG Unterbringung vorgesehene Vorabmitteilung des Bescheides an die betroffene Gemeinde unterblieben sei.

4. Der Bundesminister für Inneres erstattete folgende Äußerung zu den in der Beschwerde vorgebrachten Bedenken (ohne die Hervorhebungen im Original):

"1. Zum Nichtvorliegen der notwendigen Prozessvoraussetzungen – mangelnde Beschwerdelegitimation:

Gemäß Art144 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes, soweit der Beschwerdeführer durch das Erkenntnis in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrages), eines verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden (Art144 Abs4 B-VG).

Dazu ist auszuführen, dass eine derartige Rechtsverletzung in der Sphäre der Beschwerdeführerin jedenfalls nicht eingetreten ist, wie das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 27.01.2017 (S. 6 unten sowie S. 7 oben) hinsichtlich dem ho. erlassenen Durchgriffsrechtsbescheid auch richtig erkannt hat.

Hierzu ist weiters darauf hinzuweisen, dass nach dem offenkundigen Willen des Verfassungsgesetzgebers allein der Grundstückseigentümer Partei eines Durchgriffsrechtsverfahrens sein soll. Eine ausdrückliche Bestimmung, wonach der Gemeinde bzw. Nachbarn eine allfällige Partei- oder Beteiligtenstellung zukommen soll, hat der Verfassungsgesetzgeber wohl bewusst nicht getroffen. Dies gilt gleichermaßen für das Verfahren zur Erlassung eines Bescheides gemäß Art3 Abs1 und Abs6 wie auch im konzentrierten Verfahren gemäß Art3 Abs5 leg. cit.

Aus diesem Grund sind sowohl Bescheide gemäß Art3 Abs1 als auch Art3 Abs6 leg. cit. allein gegenüber dem Grundstückseigentümer zu erlassen und kommt nur diesem Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zu. Der Gemeinde bzw. Nachbarn und anderen Betroffenen kommen im Durchgriffsrechtsverfahren jedoch keinerlei Rechte zu.

Selbst der nunmehr in dieser Angelegenheit befasste Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 08.03.2016 zu GZ E 2310/2015-21 betreffend die erhobene Beschwerde der Gemeinde Ossiach bereits zu Bedenken gegeben, ob eine Gemeinde, in deren Gemeindegebiet sich das betroffene Grundstück befindet, überhaupt subjektiv-öffentliche Rechte aus dem gegenständlichen Bundesverfassungsgesetz ableiten kann. Auch in diesem Fall hat das Bundesverwaltungsgericht, welches im Anschluss mit dem gleichgelagerten Beschwerdeverfahren befasst worden ist, festgehalten, dass betroffene Gemeinden weder aus dem gegenständlichen Bundesverfassungsgesetz noch aus anderen Rechtsgrundlagen subjektiv-öffentliche Rechte ableiten können, weshalb diesen keine Parteistellung zukommt (BVwG 27.01.2017, W183 2141636-1/4E).

Diese Rechtsansicht wird auch seitens der belangten Behörde vertreten. Ein rechtswidriger Eingriff in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde scheidet jedenfalls aus (näheres hierzu unter Punkt 3.) und erfolgt auch sonst kein rechtswidriger Eingriff in einfachgesetzlich bzw. verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte der Beschwerdeführerin, weshalb kein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist.

Daher wird die gegenständliche Beschwerde schon allein aufgrund der mangelnden Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin zurückzuweisen sein.

2. Zum Sachverhalt

Einleitend ist festzuhalten, dass der massive Zustrom an hilfs- und schutzbedürftigen Fremden im Jahr 2015 sowohl den Bund als auch die Länder an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht hat. Einerseits bestand die dringende Notwendigkeit zur Schaffung weiterer Unterbringungsmöglichkeiten, andererseits hinderten zahlreiche rechtliche Bestimmungen eine rasche Umsetzung.

Um diese außerordentliche Situation bewältigen zu können, wurde das Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden geschaffen, welches mit BGBl I Nr 120/2015 vom 28.09.2015 ordnungsgemäß kundgemacht und am 01.10.2015 in Kraft getreten ist. Weiters wurde die Verordnung gemäß Art2 Abs2 leg. cit. über die Feststellung des Bedarfs an der Bereithaltung von Plätzen zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden durch die Gemeinden im BGBl II Nr 290/2015 vom 30.09.2015 ordnungsgemäß kundgemacht und ist diese Verordnung ebenso mit 01.10.2015 in Kraft getreten.

In diesem Zusammenhang bleibt anzumerken, dass die mit dem gegenständlichen Sonderverfassungsgesetz notwendig verbundenen punktuellen Durchbrechungen der bundes- und rechtsstaatlichen Verfassungsbestimmungen dadurch sachlich gerechtfertigt sind, um die gegenwärtige Ausnahmesituation bestmöglich bewältigen zu können und dem Bund die Möglichkeit zu bieten, möglichst rasch und unbürokratisch neue Unterbringungsmöglichkeiten für hilfs- und schutzbedürftige Fremde zu schaffen. Dabei findet das gegenständliche Verfassungsgesetz vor allem in seinem Zweck, dem Schutz höherwertiger Rechtsgüter – nämlich Leib und Leben hilfs- und schutzbedürftiger Fremder – zu dienen, seine sachliche Rechtfertigung.

Im Hinblick auf dieses Bundesverfassungsgesetz wurde am 21. Oktober 2016 der Bescheid der belangten Behörde gemäß Art3 Abs1 leg. cit. (GZ: BMI-LR1000/0145-III/A/2016) gegenüber der Grundstückseigentümerin, der ***** ** ** *********** **** (FN *******), als alleinige Verfahrenspartei erlassen. Damit wurde entsprechend dem Spruch des Bescheides die Nutzung und der Umbau der Liegenschaft, bestehend aus EZ 1082 (mit Ausnahme der GST-NR 2008/1 und 2008/17), EZ 1083, EZ 1085, EZ 1980, EZ 1998, KG 51424 Wels, mit der Liegenschaftsadresse Linzer Straße 89, 4600 Wels, zur Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Personen vorläufig angeordnet.

In diesem Zusammenhang ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass jedenfalls sämtliche Voraussetzungen des gegenständlichen Bundesverfassungsgesetzes zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorgelegen haben (vgl. Art3 Abs2 leg. cit, siehe Beilage ./1, Seite 3f). Insbesondere haben sowohl das Bundesland Oberösterreich als auch die Gemeinde und Statutarstadt Wels die maßgeblichen Unterbringungsquoten zum jeweils relevanten Zeitpunkt nicht erfüllt.

Weiters ist zu erwähnen, dass die gegenständliche Liegenschaft mit Mietvertrag vom 12.10.2016 seitens des Bundes angemietet worden ist, weshalb die Liegenschaft dem Bund in Entsprechung der Voraussetzung des Art3 Abs1 1. Satz leg. cit. zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung jedenfalls zur Verfügung gestanden hat (siehe Beilage ./3).

Zur näheren Information darf mitgeteilt werden, dass zunächst die Umsetzung der erforderlichen Adaptierungsmaßnahmen erfolgen wird, wobei insbesondere auch jene Maßnahmen zu ergreifen sein werden, die gemäß Art3 Abs6 1. Satz leg. cit im Hinblick auf den Verwendungszweck und die voraussichtliche Nutzungsdauer die erforderliche Festigkeit, Brandschutz, Hygiene, Nutzungssicherheit und Umweltverträglichkeit im unerlässlichen Ausmaß gewährleisten. Diese Maßnahmen werden jedenfalls mit dem Folgebescheid über die endgültige Nutzung der Liegenschaft festzulegen sein (Art3 Abs6 leg. cit). Die Inbetriebnahme ist umgehend nach Fertigstellung der erforderlichen Adaptierungsarbeiten geplant, wobei vor Beginn der Belegung jedenfalls die gesetzlich vorgesehene Verständigung des Bürgermeisters erfolgen wird (Art3 Abs1 letzter Satz leg. cit.).

In diesem Zusammenhang bleibt letztlich ferner zu betonen, dass mit der Stadt Wels auch im Vorfeld an dieses Vorhaben bereits umfangreiche Korrespondenz geführt worden ist, zumal die belangte Behörde fortwährend um eine gemeinschaftliche und einvernehmliche Abwicklung bestrebt war und ist. Im Zuge dieser Korrespondenz wurde stets die beabsichtigte Vorgangsweise erläutert und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des gegenständlichen Bundesverfassungsgesetzes versichert. Auch nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides wurde die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens gegenüber der Beschwerdeführerin hinlänglich zum Ausdruck gebracht.

3. Zu den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Beschwerdegründen:

Der verfahrensgegenständliche Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes wird seitens der Beschwerdeführerin in seiner Gesamtheit – sowohl aus verfahrensrechtlichen als auch materiell-rechtlichen Gründen – bekämpft. Weiters bringt die Beschwerdeführerin vor, dass der Beschluss zur Gänze mit Verfassungswidrigkeit belastet wäre, zumal das zugrundeliegende Bundesverfassungsgesetz Nr 120/2015 gegen Grundprinzipien der österreichischen Bundesverfassung verstoße (siehe Seite 8 der Beschwerde unten).

Dem ist von Seiten der belangten Behörde jedoch folgendes zu entgegnen:

Zunächst ist anzumerken, dass mit dem Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden (BGBl I Nr 120/2015) für die Geltungsdauer vom 01.10.2015 bis 31.12.2018 ein Sonderverfassungsgesetz geschaffen wurde, um im Zuge der gegenwärtigen Flüchtlingskrise die Grundlage für eine menschenwürdige, gleichmäßige, gerechte und solidarische Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden zu schaffen.

Um die Umsetzung dieses Ziels in ausreichendem Ausmaß gewährleisten zu können, kann die Nutzung von Bauwerken bzw. die Aufstellung beweglicher Wohneinheiten zur Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten für hilfs- und schutzbedürftige Fremde gemäß der Intention des Verfassungsgesetzgebers unter Außerachtlassung der einschlägigen bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen der Länder genehmigt werden, was eine punktuelle Durchbrechung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung zur Folge hat. Dies bewirkt ferner, dass den Gemeinden ebenso keine Zuständigkeit in Bezug auf die unter dem Titel des Durchgriffsrechts zu schaffenden Quartiere zukommt, was ebenso eine punktuelle Durchbrechung des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde darstellt. Diese Beschränkungen sind jedoch unter dem Gesichtspunkt, möglichst rasch und unbürokratisch menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten für hilfs- und schutzbedürftige Fremde zu schaffen, um der ansonsten drohenden Obdachlosigkeit entgegenzuwirken sowie einen nationalen Notstand zu vermeiden, jedenfalls sachlich gerechtfertigt.

Entgegen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin erfolgt durch den angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes und dem zugrundeliegenden Bescheid der belangten Behörde jedenfalls kein rechtswidriger Eingriff in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Zudem bleibt zu beachten, dass es sich beim eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde um kein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht im Sinne eines Grundrechts bzw. eines subjektiven öffentlichen Rechts handelt. Zwar ist der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde im Verfassungsrecht verankert; das Durchgriffsrecht des Bundes stellt jedoch ebenso Verfassungsrecht dar und ist daher neben bzw. gleichwertig zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu betrachten. Außerdem stellt das Durchgriffsrecht auch kein subjektives öffentliches Recht im Sinne eines Rechts, welches dem Einzelnen gegenüber dem Staat im Verfassungsrang eingeräumt wird, dar.

Das Durchgriffsrecht richtet sich jedenfalls nicht gegen die Gemeinde direkt, sondern ist allein der Grundstückseigentümer Bescheidadressat gemäß Art3 Abs8 leg. cit. In der gegenwärtigen Ausnahmesituation erscheint auch die Intention des Bundesverfassungsgesetzgebers durchaus sachlich gerechtfertigt, die Nutzung bzw. den Umbau von Bauwerken oder die Aufstellung von beweglichen Wohneinheiten auf Grundstücken, die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen, auch ohne vorheriges Verfahren zu ermöglichen.

Zur Verfassungsmäßigkeit des gegenständlichen Bundesverfassungsgesetzes bleibt auf die weiteren Ausführungen zu Punkt 3.1. zu verweisen.

Hinsichtlich der avisierten Einrichtung einer Registrierungsstelle für Asylangelegenheiten irrt die Beschwerdeführerin in der Annahme, wonach die belangte Behörde hierdurch die ihr durch das Durchgriffsrecht eingeräumte gesetzliche Ermächtigung verletze.

Insbesondere verkennt die Beschwerdeführerin, dass die Schaffung von Unterbringungsplätzen für hilfs- und schutzbedürftige Fremde notwendigerweise auch die Schaffung von sonstigen Räumlichkeiten, beispielsweise für das eingesetzte Personal, erfordert. Es ist somit vollkommen lebensnah und nachvollziehbar, dass bei der Einrichtung von Unterbringungsmöglichkeiten – neben Schlaf- und Sanitärräumen – zum Zwecke eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes auch weitere Räume geschaffen werden müssen.

Im Übrigen bleibt auf die Ausführungen zu Punkt 3.2. zu verweisen.

In Bezug auf die seitens der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit des Inhalts des gegenständlichen Beschlusses bleibt jedenfalls zu entgegnen, dass das Bundesverwaltungsgericht vollkommen zutreffend und im Einklang mit der seitens der belangten Behörde geäußerten Rechtsansicht die Beschwerde in erster Instanz rechtmäßig zurückgewiesen hat. Dies zum einen, da die Anwendung des Durchgriffsrechts im gegenständlichen Fall ausschließlich aufgrund des Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen erfolgt ist und sämtliche gesetzliche Vorgaben seitens der belangten Behörde eingehalten worden sind und auch weiterhin eingehalten werden und zum anderen, da der Beschwerdeführerin keine Parteistellung im Durchgriffsrechtsverfahren zukommt. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Beschwerdegründe liegen jedenfalls nicht vor.

3.1. Zum Nichtvorliegen der behaupteten Baugesetzwidrigkeit des gegenständlichen Verfassungsgesetzes:

Die Beschwerdeführerin stellt zur Begründung ihres Beschwerdevorbringens die Behauptung auf, wonach das Bundesverfassungsgesetz über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden (BGBl I Nr 120/2015) im Widerspruch mit den leitenden Prinzipien der österreichischen Bundesverfassung stünde (siehe Seite 9 bis 12 der Beschwerde).

Diese sogenannten 'Baugesetze der Verfassung' sind von derart elementarer Bedeutung, dass sie einem höheren Schutz gegen Abänderung unterliegen. Eine Abänderung oder Beseitigung eines oder mehrerer dieser Prinzipien würde zudem eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellen und wäre nur nach Durchführung einer Volksabstimmung zulässig (vgl. Art44 Abs3 B-VG). Eine Aufhebung oder wesentliche Änderung eines Grundprinzips, ohne dass diese durch eine Volksabstimmung gedeckt wäre, würde zur Verfassungswidrigkeit der entsprechenden verfassungsrechtlichen Regelung führen (vgl. Berka, Verfassungsrecht4, Rz 1080).

In diesem Zusammenhang bleibt jedenfalls darauf hinzuweisen, dass nicht jede Verfassungsänderung, welche ein Verfassungsprinzip tangiert, auch eine Gesamtänderung der Bundesverfassung zur Folge hat. Vielmehr liegt eine solche Gesamtänderung nach herrschender Ansicht nur vor, wenn es sich um wesentliche Modifikationen der zu einem Grundprinzip zusammengefassten Normen handelt (vgl. Berka, Verfassungsrecht4, Rz 119). An dieser Stelle ist zu betonen, dass bisher erst ein einziges Mal – und zwar im Fall des Beitritts Österreichs zu Europäischen Union – eine derartige Gesamtänderung der Bundesverfassung vorgelegen hat, welche einer Volksabstimmung unterzogen werden musste.

Auch im Rahmen der nachträglichen Normenkontrolle durch den Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 B-VG ist eine Aufhebung einer Verfassungsbestimmung infolge Verfassungswidrigkeit erst ein einziges Mal erfolgt (vgl. Vfslg. 16.327/2001). In diesem Fall sah die aufgehobene Verfassungsbestimmung des §126a BVergG vor, dass alle zu einem bestimmten Zeitpunkt in Geltung stehenden landesgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Organisation und Zuständigkeit von Organen, denen die Vergabekontrolle obliegt, als nicht bundesverfassungswidrig gelten sollten.

Nach Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes stellte diese Freizeichnung landesgesetzlicher Bestimmungen unter anderem einen Verstoß gegen die staatsorganisatorischen Vorschriften der Bundesverfassung wie auch derjenigen Vorschriften, die das Rechtsstaatsgebot konkretisieren sollen, dar. Zudem hätte die Anwendung dieser verfassungswidrigen Bestimmung auch einen Verstoß gegen einzelne Grundrechte, wie beispielsweise das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, den Gleichheitsgrundsatz und sogar das Ausschalten der Schranke des Art44 Abs3 B-VG zur Folge.

Die Bestimmung des §126a BVergG hätte somit die Geltung der Bundesverfassung ohne jede Einschränkung in Bezug auf landesgesetzliche Bestimmungen beseitigt und somit die Baugesetze der Bundesverfassung nicht bloß berührt, sondern hätten die Baugesetze einen schwerwiegenden Eingriff, der sie gänzlich beseitigt, erfahren. Im Ergebnis hätte die Anwendung dieser Bestimmung somit eine unzulässige Verfassungssuspendierung zur Folge gehabt, weshalb diese vom Verfassungsgerichtshof als Verfassungswidrig aufgehoben worden ist (vgl. Vfslg. 16.327/2001).

Ein derart massiver Eingriff in die leitenden Prinzipien der Verfassung, welcher eine Suspendierung der maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverfassungsgesetzes – wenn auch nur in einem Teilbereich – darstellt, ist im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht erfolgt, sondern bleiben die Baugesetze durch das gegenständliche Bundesverfassungsgesetz vollumfänglich erhalten. In diesem Zusammenhang bleibt insbesondere darauf zu verweisen, dass die grundlegende Zuständigkeit der Länder – vor allem im Hinblick auf deren Kompetenz im konzentrierten Verfahren gemäß Art3 Abs5 leg. cit – ihre Berücksichtigung findet. Zudem ist im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip darauf hinzuweisen, dass der Verfahrenspartei durch die gegen den endgültigen Nutzungsbescheid gemäß Art3 Abs6 leg. cit. eingeräumte Beschwerdemöglichkeit jedenfalls ein ausreichender Rechtsschutz gewährleistet wird.

Aufgrund des Umstandes, dass durch die Schaffung des gegenständlichen Bundesverfassungsgesetzes keine wesentliche Änderung eines Grundprinzips der Bundesverfassung vorgenommen wurde, ist im parlamentarischen Verfahren auch von der Durchführung einer Volksabstimmung Abstand genommen worden.

Der Vorhalt der Beschwerdeführerin, wonach das Bundesverfassungsgesetz BGBl I Nr 120/2015 in unzulässiger Weise in die Grundprinzipien der Verfassung eingreifen würde, ist daher ausdrücklich zurückzuweisen, zumal die tragenden Grundprinzipien durch das gegenständliche Bundesverfassungsgesetz weder beseitigt noch dadurch wesentlich modifiziert werden.

Den einzelnen von der Beschwerdeführerin behaupteten Verstößen (siehe Seite 9 bis 12 der Beschwerde) ist seitens der belangten Behörde daher folgendes entgegenzuhalten:

– Zum behaupteten Verstoß gegen das föderalistische Prinzip bzw. die Gemeindeautonomie:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass das Durchgriffsrecht jedenfalls nur dann zur Anwendung kommt, wenn die notwendigen Voraussetzungen für die Nutzung von Grundstücken gemäß Art3 Abs2 leg. cit. vorliegen. Daher kommt es insbesondere nur dann zum Einsatz, wenn die betreffenden Länder bzw. Gemeinden ihrer Verpflichtung, ausreichend Unterbringungsmöglichkeiten für hilfs- und schutzbedürftige Fremde bereitzuhalten, nicht im erforderlichen Ausmaß nachgekommen sind (vgl. Beilage ./2).

Es zählt dabei zum Wesen des Durchgriffsrechts, dass damit die Nutzung bzw. der Umbau von Liegenschaften zum Zwecke der Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden ohne vorheriges Verfahren bescheidmäßig angeordnet wird (vgl. Art3 Abs1 1. Satz leg. cit.). Der Verfassungsgesetzgeber hat hier eine Beschwerdemöglichkeit von Ländern, Gemeinden etc. offenbar bewusst ausgeschlossen, umso die Zielsetzung dieses Bundesverfassungsgesetzes, nämlich die Schaffung von ausreichenden Unterbringungsmöglichkeiten für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, möglichst rasch und unbürokratisch umsetzen zu können.

Die dadurch resultierenden punktuellen Durchbrechungen von bundesstaatlichen und auch rechtsstaatlichen Verfassungsprinzipien sind zur Bewältigung der gegenwärtigen Krise jedenfalls erforderlich und verstoßen nicht gegen das Bundesstaats- bzw. Rechtsstaatsprinzip (vgl. Stolzlechner/Stoll [2016]: Zur ersatzweisen Unterbringung und Aufteilung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder durch den Bund. In: Baurechtliche Blätter 19, 77 [2016]).

Zudem sieht Art3 Abs5 leg. cit. ohnehin vor, dass die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde im Anschluss in einem konzentrierten Verfahren zu prüfen hat, ob die konkrete Nutzung den bundes- und landesrechtlichen Vorschriften – mit Ausnahme des Bau- und Raumordnungsrechts – auch tatsächlich entspricht. Dadurch bleibt die Einbindung der Länder bei der Anwendung des Durchgriffsrechts gewahrt.

– Zum behaupteten Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip:

Zunächst ist mitzuteilen, dass das gegenständliche Verfassungsgesetz als sachlich, örtlich und zeitlich begrenztes Notstandsrecht zur Bewältigung der gegenwärtigen Flüchtlingskrise zu qualifizieren ist. Die damit einhergehenden punktuellen Durchbrechungen des Rechtsstaatsprinzips erfolgen dabei nicht bloß aus nebensächlichen Erwägungen heraus, sondern dienen dem primären Zweck, eine menschenwürdige Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden zu gewährleisten und der Gefahr von Massenobdachlosigkeit und eines damit einhergehenden gesellschaftlichen Notstandes entgegenzuwirken, wodurch sich auch deren sachliche Rechtfertigung ableiten lässt. Eine Verletzung des Rechtsstaatsgebots liegt jedenfalls nicht vor (vgl. Stolzlechner/Stoll [2016]: Zur ersatzweisen Unterbringung und Aufteilung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder durch den Bund. In: Baurechtliche Blätter 19, 79 [2016]).

Zum rechtsstaatlichen Prinzip ist weiters auszuführen, dass der herrschenden Lehre zufolge nicht eindeutig geklärt ist, welche Rechtsstaatsgebote zum Verfassungskern iSd Art44 Abs3 B-VG gehören und welche lediglich einfaches Verfassungsrecht darstellen und somit auch unter Umständen durchbrochen werden können (vgl. Berka, Verfassungsrecht4, Rz 186).

So ist darauf hinzuweisen, dass durch die Bescheiderlassung und den damit einhergehenden Ersatz der nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen keine Suspendierung von Verfassungsprinzipien erfolgt, sondern – wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt – allenfalls die betroffenen Anlagenvorschriften von Bund und Ländern betroffen sind. Eine ganzheitliche Suspendierung des Rechtsstaatsgebotes liegt schon allein deshalb nicht vor, zumal dem betroffenen Eigentümer nach wie vor ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten offen stehen.

In diesem Zusammenhang bleibt festzuhalten, dass gegen einen Bescheid, der eine vorläufige Anordnung iSd Art3 Abs1 leg. cit. trifft, zwar eine Beschwerde nicht zulässig ist und dem vom Bescheid betroffenen Grundstückseigentümer somit keine Beschwerdemöglichkeit beim Bundesverwaltungsgericht zur Verfügung steht. Dies ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten jedoch unbeachtlich, zumal die endgültige Anordnung gemäß Art3 Abs6 leg. cit. jedenfalls mittels Einlegung eines Rechtsmittels bekämpfbar ist. Weiters bleibt darauf hinzuweisen, dass dem vom Bescheid betroffenen Grundstückseigentümer – abgesehen von seiner Beschwerdemöglichkeit gegen den Folgebescheid – auch die Verfolgung sämtlicher zivilrechtlicher Ansprüche gegenüber den Bund offen steht (vgl. Stolzlechner/Stoll [2016]: Zur ersatzweisen Unterbringung und Aufteilung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder durch den Bund. In: Baurechtliche Blätter 19, 85 [2016]).

Da durch die Erlassung eines Durchgriffsrechtsbescheides kein unmittelbarer Eingriff in die Rechte von Nachbarn udgl. erfolgt, sind auch allfällige Rechtsschutzmöglichkeiten nicht vorgesehen.

– Zum behaupteten Verstoß gegen das Gleichbehandlungs- und Sachlichkeitsgebot:

Auch in diesem Punkt ist der von der Beschwerdeführerin behauptete Verstoß zurückzuweisen. Insbesondere bleibt wiederholt darauf hinzuweisen, dass die Bewältigung der gegenwärtigen Flüchtlingskrise mitunter die Beschränkung verfassungsmäßiger Garantien erfordert, weshalb die Bestimmungen des Durchgriffsrechts als sachlich, örtlich und zeitlich beschränktes Notstandrecht jedenfalls ihre sachliche Rechtfertigung erfahren.

So erfordert auch der Gleichheitsgrundsatz, dass rechtliche Differenzierungen von gleichen Tatsachen nur dann vorzunehmen sind, wenn sie sachlich gerechtfertigt werden können. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Differenzierung von Nachbarrechten findet innerhalb des Durchgriffsrechtsverfahrens jedoch tatsächlich nicht statt. Da durch die Bescheiderlassung kein direkter Eingriff in die Rechte von Nachbarn erfolgt – der Bescheid betrifft allein die Anordnung der vorläufigen bzw. endgültigen Nutzung der Liegenschaft – werden auch nur dem Liegenschaftseigentümer als direkt betroffene und einzige Verfahrenspartei Verfahrensrechte eingeräumt.

– Zu den sonstigen rechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin:

Die von der Beschwerdeführerin geäußerten Bedenken gegen den Begriff 'Grundstücke' in Bezug auf Art3 Abs3 leg. cit. als Anknüpfungspunkt für die 450-Personen-Grenze sind unberechtigt, zumal auf die jeweiligen räumlichen und örtlichen Verhältnisse jedenfalls Bedacht genommen wird und die Festsetzung der tatsächlichen Belagszahl einzelfallbezogen und unter Berücksichtigung sämtlicher Faktoren erfolgt.

Dies führt auch zum nächsten Kritikpunkt der Beschwerdeführerin: hierzu ist auszuführen, dass die Kriterien gemäß Art3 Abs2 bis 4 leg. cit. Voraussetzungen für die Anwendung des Durchgriffsrechts darstellen. Im gegenständlichen Fall sind diese allesamt erfüllt. Ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot liegt jedenfalls nicht vor, zumal das staatliche Handeln aufgrund der vorliegenden Bestimmungen ausreichend und konkret vorgegeben wird.

Im Hinblick auf die Art3 Abs5 leg. cit. ist zu betonen, dass die Abgabe einer Stellungnahme durch die zuständige Bezirksverwaltung jedenfalls im eigenen Interesse der Behörde gelegen sein sollte. Informativ darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass die Abgabe einer Stellungnahme gemäß Art3 Abs5 leg. cit. auch in den sonstigen Anwendungsfällen des Durchgriffsrechts bislang immer erfolgt ist, selbst wenn die Behörde der Ansicht war, dass keine weiteren Maßnahmen erforderlich sind.

Gemäß Art3 Abs3 leg. cit. ist die belangte Behörde berechtigt, auf der gegenständlichen Liegenschaft hilfs- und schutzbedürftige Fremde bis zu einer Höchstzahl von 450 Personen unterzubringen; dies unabhängig vom Gemeinderichtwert von 1,5 %. Der Gemeinderichtwert ist lediglich bei der Auswahl des konkreten Standortes von Relevanz und bildet jedenfalls keine normative Schranke bei der Belegung. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz liegt in Bezug auf Art3 Abs4 leg. cit. ebenso nicht vor, da diese Ausnahmebestimmungen nur in den genannten, sachlich gerechtfertigten Fällen zum Tragen kommt.

Richtig ist, dass Nachbarn keine Verfahrensparteien sind, sondern durch die angeordnete Nutzung nur der Eigentümer der konkreten Liegenschaft in Anspruch genommen wird. Ansonsten beziehen sich die Ausführen der Beschwerdeführerin auf reine Spekulationen.

Auch die seitens der Beschwerdeführerin angestellten Schlussfolgerungen gehen nicht ins Treffen:

Wie bereits ausgeführt (siehe Seiten 8 und 9) ist das von der Beschwerdeführerin angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 16.327/2001) betreffend die Erklärung einer Verfassungsbestimmung als verfassungswidrig mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar.

Im Falle des aufgehobenen §126a BVergG wurde durch die zu weit gefasste Wortwahl im Gesetzestext die Entscheidungskompetenz des Verfassungsgerichtshofs schlechthin ausgeschaltet und dadurch Baugesetze in ihrem Kern verletzt, ohne das zuvor eine Volksabstimmung stattgefunden hat.

Das gegenständliche Bundesverfassungsgesetz hat jedoch keinen derart gravierenden Eingriff in die Grundprinzipien der Verfassung zur Folge. Insbesondere findet dieses als sachlich, örtlich und zeitlich beschränkte Notstandsrecht seine sachliche Rechtfertigung, wobei das Gesetz selbst vorsieht, wann, unter welchen Voraussetzungen, zu welchem Zweck und in welchem Ausmaß es zur Anwendung kommt.

Außerdem bleibt anzumerken, dass entgegen der seitens der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht die bloße Vollziehung des geltenden Rechts nichts am Quartiernotstand geändert hätte, sondern vielmehr ein aktives Handeln erforderlich war. Die aktuelle Flüchtlingskrise ist nicht zuletzt auf gesamtpolitische Entscheidungen in Europa zurückzuführen, nicht jedoch auf das Handeln der innerstaatlichen politischen Entscheidungsträger. Es war daher notwendig, ein BVG zu schaffen, dass es ermöglicht, möglichst rasch und unbürokratisch dringend benötigte Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen. Die Bewältigung dieser Aufgabe stellt ein Staatsziel dar, welches durch das Durchgriffs-BVG im Verfassungsrang verankert ist (vgl. Berka, Verfassungsrecht4, Rz 203 ff). Ein Verstoß gegen leitende Prinzipien der österreichischen Bundesverfassung liegt dadurch jedenfalls nicht vor.

Abschließend bleibt somit festzuhalten, dass das gegenständliche Bundesverfassungsgesetz im Einklang mit den leitenden Grundprinzipien der Österreichischen Bundesverfassung steht, weshalb die Anregung der Beschwerdeführerin, wonach der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen die Prüfung und Aufhebung dieses Bundesverfassungsgesetzes veranlassen möge (siehe Seite 16 der Beschwerde), jedenfalls zu verwerfen sein wird.

3.2. Zur behaupteten Unzulässigkeit der Schaffung einer Registrierungsstelle für Asylangelegenheiten im Rahmen des Durchgriffsrechts:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde entsprechend ihren Ausführungen im Rahmen der Bescheidbegründung (siehe Beilage ./1, Seite 3 unten) die Einrichtung einer Registrierungsstelle für Asylangelegenheiten auf der gegenständlichen Liegenschaft beabsichtigt.

Dazu ist vorweg darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde entgegen der seitens der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht jedenfalls nicht die Schaffung von Einrichtungen anstrebt, die mit dem verfassungsrechtlich festgelegten Zwecken des Durchgriffsrechts nicht vereinbar wären.

Vielmehr dient die Einrichtung dieser Registrierungsstelle der bestehenden Verpflichtung der belangten Behörde, auch jenen Fremden entsprechende Unterbringung und Versorgung zu leisten, die sich noch im Vorfeld des Zulassungsverfahrens befinden, und zwar während der Dauer und zum Zwecke der vorangehenden exekutiven Tätigkeit. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nach den einschlägigen (gemeinschafts)rechtlichen Grundlagen der Anspruch auf Unterbringung und Versorgung mit der Asylantragsstellung beginnt.

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass der gesetzlich festgelegte und in den Gesetzesmaterialien definierte Zweck des Bundesverfassungsgesetzes über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden (BGBl I Nr 120/2015) – im Einklang mit der seitens der Beschwerdeführerin vertretenen Rechtsansicht – zwar primär der Schaffung von Unterbringungsplätzen dient. Dem hingegen ist gesetzlich jedoch nicht ausdrücklich vorgesehen, dass die Unterbringung der hilfs- und schutzbedürftigen Fremden ausschließlich in einer Grundversorgungsstelle – und nicht auch in einer sonstigen Einrichtung des Bundes – erfolgen soll. Weiters ist dem gegenständlichen Bundesverfassungsgesetz nicht explizit zu entnehmen, dass die Unterbringung ausschließlich im Rahmen der Gewährung der Grundversorgung durch die dafür zuständige Abteilung des Bundesministeriums für Inneres zu erfolgen hat.

Daher wird seitens der belangten Behörde die Rechtsansicht vertreten, wonach jede beabsichtigte Nutzung der Liegenschaft, die ebenso der Zielsetzung des Durchgriffsrechts nach einer menschenwürdigen, gleichmäßigen, gerechten und solidarischen Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden gemäß Art1 leg. cit. dient, vom Anwendungsbereich des Durchgriffsrechts gedeckt und daher zulässig ist, wodurch die diesbezügliche Zuständigkeit der örtlichen Baubehörde aufgehoben wird.

Zur konkreten Ausgestaltung der avisierten Einrichtung einer Registrierungsstelle für Asylangelegenheiten ist mitzuteilen, dass diese ebenso der Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden dient, und zwar für die max. 48-stündige Dauer der erforderlichen exekutiven Tätigkeiten nach der Asylantragstellung bzw. dem Aufgriff der Fremden, wie beispielsweise die Durchführung der Erstbefragung sowie der erkennungsdienstlichen Behandlung. Diese Form der Unterbringung ist jedenfalls mit der Zielsetzung des Durchgriffsrechts im Einklang stehend anzusehen, zumal diese der anschließenden Unterbringung in einer anderen Grundversorgungseinrichtung weitgehend gleichzusetzen ist.

In diesem Zusammenhang ist weiters auszuführen, dass sich die gemäß Art1 Abs1 leg. cit. festgelegte Zielgruppe (Asylwerber, Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht abschiebbare Personen) jedenfalls mit der innerhalb der Registrierungsstelle unterzubringenden Personengruppe deckt, zumal ausschließlich Asylwerberinnen und Asylwerber in der Registrierungsstelle untergebracht werden.

Zudem ist anzumerken, dass die geplante Registrierungsstelle mit der ebenso im Rahmen des Durchgriffsrechts zu errichtenden Betreuungsstelle des Bundes nicht zuletzt aus verwaltungsökonomischen Gründen in räumlicher Hinsicht verbunden und in die bestehende Infrastruktur eingegliedert wird. Hier ist insbesondere auf die Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu verweisen.

Da die Einrichtung der gegenständlichen Grundversorgungsstelle sowie der Registrierungsstelle somit eine Einheit bilden und den gemeinsamen Zweck der menschenwürdigen Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden dienen, ist das gesamte Vorhaben als vom Anwendungsbereich des Durchgriffsrechts gedeckt zu betrachten. Daher sind sämtliche entgegenstehende bundes- und landesrechtliche Vorschriften gemäß Art3. Abs1 leg. cit. als unbeachtlich anzusehen und ersetzt der gegenständliche Bescheid die vorgesehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen.

Da der Bescheid der belangten Behörde auch diesbezüglich im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen steht, ist dem angefochtenen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes anzulasten.

3.3. Zur behaupteten sonstigen Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Bescheides:

In Bezug auf diesen Vorhalt der Beschwerdeführerin ist auszuführen, dass der Bürgermeister der Stadt Wels, Herr *** ******* ****, in seiner Eigenschaft als Bürgermeister und Leiter der Bezirksverwaltungsbehörde am 20.10.2016 vom Abteilungsleiter der ho. zuständigen Abteilung III/9 (Grundversorgung und Bundesbetreuung), Herrn ** ** **** ****** ******, ***, über den bevorstehenden Erlass des gegenständlichen Durchgriffsrechtsbescheides informiert worden ist (siehe Beilage ./4). Demnach ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach eine Mitteilung gemäß Art3 Abs1 leg. cit. unterblieben sei, als reine Schutzbehauptung zu werten, um eine mögliche Rechtswidrigkeit im Vorgehen der belangten Behörde zu konstruieren.

Durch die erfolgte Verständigung des Bürgermeisters und Leiters der Bezirksverwaltungsbehörde der Statutarstadt Wels, Herrn *** ****** ****, am 20.10.2016 wurde der Verfahrensbestimmung des Art3 Abs1 letzter Satz leg. cit. jedenfalls ausreichend Rechnung getragen. Der belangten Behörde ist somit jedenfalls kein rechtswidriges Verhalten vorwerfbar.

In diesem Zusammenhang bleibt weiters darauf hinzuweisen, dass ein einzuhaltender zeitlicher Mindestabstand zwischen dem Zeitpunkt der Mitteilung im Sinne des Art3 Abs1 leg. cit. und der Erlassung des vorläufigen Bescheides gesetzlich nicht vorgesehen ist, weshalb sich die Beschwerdeführerin auch nicht auf eine allenfalls verspätete Informationsbekanntgabe berufen kann (vgl. Stolzlechner/Stoll [2016]: Zur ersatzweisen Unterbringung und Aufteilung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder durch den Bund. In: Baurechtliche Blätter 19, 85 [2016]).

Die Behauptung der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift ist daher ausdrücklich zurückzuweisen. Auch liegt diesbezüglich keine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes vor."

5. Die beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt.

II.      Rechtslage

Art1 bis 5 des Bundesverfassungsgesetzes über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl I 120/2015, lauten:

"Ziel

Artikel 1. (1) Dieses Bundesverfassungsgesetz dient der menschenwürdigen, gleichmäßigen, gerechten und solidarischen Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden (Asylwerbern, Asylberechtigten im Sinne des Art2 Abs1 Z6 Grundversorgungsvereinbarung – Art15a B-VG, BGBl I Nr 80/2004, in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes geltenden Fassung, subsidiär Schutzberechtigten, Vertriebenen und anderen aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbaren Menschen) im Bundesgebiet. Die Unterbringung umfasst jedenfalls angemessenen Wohnraum, einen Schlafplatz und ausreichende Sanitäranlagen und darf weder gesundheits- noch umweltgefährdend sein.

(2) Bei der Unterbringung sollen sich Bund, Länder und Gemeinden – sofern diese die Unterbringung nicht selbst besorgen – nach Möglichkeit gemeinnütziger humanitärer oder kirchlicher Einrichtungen oder Institutionen der freien Wohlfahrtspflege bedienen.

Bereithaltung von Plätzen zur Unterbringung durch die Gemeinde

Artikel 2. (1) Jede Gemeinde hat im Bedarfsfall die erforderliche Anzahl von Plätzen für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden bereitzuhalten. Die Zahl soll 1,5% der Wohnbevölkerung betragen (Gemeinderichtwert). Hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die in Einrichtungen des Bundes oder der Länder untergebracht sind oder versorgt werden, sind in diese Zahl einzurechnen.

(2) Die Bundesregierung hat das Vorliegen des Bedarfs durch Verordnung festzustellen. Die Bundesregierung kann durch Verordnung einen höheren Gemeinderichtwert bestimmen, wenn die Zahl der unterzubringenden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden die Zahl der im Bundesgebiet bereitzuhaltenden Plätze voraussichtlich übersteigt, sowie einen geringeren Gemeinderichtwert bestimmen, wenn die Zahl der unterzubringenden hilfs- und schutzbedürftigen Fremden die Zahl der im Bundesgebiet bereitzuhaltenden Plätze voraussichtlich unterschreitet; vor Erlassung einer solchen Verordnung hat der Bund den Ländern sowie dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Bezirksrichtwert (Art3 Abs2 Z2) entspricht dem Gemeinderichtwert.

(3) Zur gemeinsamen Erfüllung der Verpflichtung gemäß Abs1 bzw. Abs2 können Gemeinden desselben politischen Bezirks Vereinbarungen über die Unterbringung und Aufteilung der hilfs- und schutzbedürftigen Fremden treffen.

Nutzung von Grundstücken, die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen

Artikel 3. (1) Der Bundesminister für Inneres kann die Nutzung und den Umbau von bestehenden Bauwerken oder die Aufstellung beweglicher Wohneinheiten auf Grundstücken, die im Eigentum des Bundes oder diesem zur Verfügung stehen, ohne vorheriges Verfahren mit Bescheid vorläufig anordnen, wenn dem überwiegende Interessen der Sicherheit, der Gesundheit und des Umweltschutzes nicht entgegenstehen. Dieser Bescheid ersetzt die nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen. Gegen diesen Bescheid ist eine Beschwerde nicht zulässig. Vor Erlassung des Bescheides und mindestens eine Woche vor Beginn der Unterbringung hat der Bundesminister für Inneres dem Bürgermeister der betroffenen Gemeinde und der Bezirksverwaltungsbehörde dieses Vorhaben mitzuteilen.

(2) Voraussetzung für eine Nutzung von Grundstücken gemäß Abs1 ist, dass

1. das betroffene Land die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden im Vormonat nicht im Ausmaß des Verhältnisses durchschnittlich geleistet hat, das in Art1 Abs4 der Grundversorgungsvereinbarung – Art15a B-VG, BGBl I Nr 80/2004, in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesverfassungsgesetzes geltenden Fassung, festgelegt ist und

2. im betroffenen politischen Bezirk weniger hilfs- und schutzbedürftige Fremde untergebracht sind, als auf Grund des Bezirksrichtwertes unterzubringen wären.

Unterbringungen, die die Voraussetzungen gemäß Art1 Abs1 nicht erfüllen oder nicht winterfest sind, werden hierbei nicht angerechnet.

 

(3) Auf einem solchen Grundstück dürfen nicht mehr als 450 hilfs- und schutzbedürftige Fremde untergebracht werden.

(4) Es sind Grundstücke in Gemeinden zu nutzen, die den Gemeinderichtwert nicht erfüllen. Stehen gleichwertige Grundstücke in mehreren in Betracht kommenden Gemeinden zur Verfügung, sind vorrangig Grundstücke in Gemeinden zu nutzen, deren Einwohnerzahl 2 000 übersteigt. Von diesen Voraussetzungen kann abgewichen werden, wenn sich im politischen Bezirk ein gleichwertiges Grundstück befindet, dessen Nutzung den in Art1 genannten Zielen besser entspricht.

(5) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat von Amts wegen in einem konzentrierten Verfahren zu prüfen, ob die Nutzung den bundes- und landesrechtlichen Vorschriften – mit Ausnahme des Bau- und Raumordnungsrechts, wohl aber hinsichtlich der Bestimmungen betreffend den Brandschutz –– entspricht. Sind Festigkeit, Brandschutz, Hygiene, Nutzungssicherheit und Umweltverträglichkeit nicht im erforderlichen Ausmaß gewährleistet, hat die Bezirksverwaltungsbehörde dies dem Bundesminister für Inneres in einer Stellungnahme mitzuteilen. In dieser Stellungnahme sind auch die zum Schutz dieser Rechtsgüter erforderlichen Maßnahmen zu benennen.

(6) Nach Einlangen der Stellungnahme gemäß Abs5 hat der Bundesminister für Inneres jene Maßnahmen zu ergreifen, die – im Hinblick auf den Verwendungszweck und die voraussichtliche Nutzungsdauer – Festigkeit, Brandschutz, Hygiene, Nutzungssicherheit und Umweltverträglichkeit im unerlässlichen Ausmaß gewährleisten, und diese Maßnahmen mit dem Bescheid über die Nutzung des Grundstücks festzulegen. Abweichungen von der Stellungnahme gemäß Abs5 sind zu begründen. Dieser Bescheid ersetzt den Bescheid gemäß Abs1 sowie die nach bundes- und landesrechtlichen Vorschriften vorgesehenen Bewilligungen, Genehmigungen oder Anzeigen. Die Beschwerde gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn auf Grund der Nutzung des Grundstückes eine Gefahr für Leben und Gesundheit Dritter droht.

(7) Fallen die Voraussetzungen gemäß Abs2 weg und ist ein Bedarf nach Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder auf den betreffenden Grundstücken nicht absehbar, sind Bescheide gemäß Abs1 bzw. Abs6 zu widerrufen.

(8) Bescheide auf Grund dieses Artikels sind gegenüber dem Grundstückseigentümer zu erlassen. Ihre Zustellung hat durch Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde oder durch Kundmachung auf dem Grundstück zu erfolgen.

(9) Rechtsgeschäfte über die Zurverfügungstellung von Grundstücken und Bauwerken bedürfen keiner Bewilligung, Genehmigung oder Anzeige nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften, soweit sie Zwecken gemäß Abs1 dienen und dies vom Bundesminister für Inneres schriftlich bestätigt wird. Die vor einer vorübergehenden Nutzung zur Unterbringung bestehende Verwendungsart der Grundstücke bleibt dadurch unberührt.

Kostenersatz für die Unterbringung hilfs- und schutzbedürftiger Fremder

Artikel 4. Der Kostenhöchstsatz gemäß Art9 Z1 der Grundversorgungsvereinbarung gemäß Art15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern sowie einer entsprechenden Nachfolgebestimmung hat ab 1. Oktober 2015 mindestens € 20,50 und ab 1. Jänner 2016 mindestens € 21,-- zu betragen.

Vollziehung

Artikel 5. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut."

III.    Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist nicht begründet.

1.       Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes geht das Bundesverwaltungsgericht zu Recht davon aus, dass der beschwerdeführenden Gemeinde keine Parteistellung in einem Verfahren nach Art3 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Unterbringung und Aufteilung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden, BGBl I 120/2015, ("BVG Unterbringung"), zukommt: Sowohl der Systematik als auch dem Zweck des BVG Unterbringung zufolge soll alleine der betroffene Grundstückseigentümer als Partei an einem derartigen Verfahren teilnehmen. Dies geht nicht zuletzt aus Art3 Abs8 BVG Unterbringung hervor, wonach die Bescheide in Ausübung des Durchgriffsrechtes nur gegenüber dem Grundstückseigentümer zu erlassen sind (vgl. auch die Materialien IA 1295/A 25. GP, 4).

Hiebei lässt sich eine Parteistellung der Gemeinde auch nicht aus deren Selbstverwaltungsrecht ableiten: Der Bundesminister für Inneres wird im Verfahren nach Art3 Abs1 BVG Unterbringung nicht als Aufsichtsbehörde gegenüber der Gemeinde tätig – was einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht bewirken könnte –, sondern nimmt bloß eine

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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