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82/04 Apotheken, ArzneimittelNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Erweiterung des bei der Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke festgesetzten Standortes und Abweisung der Einwendungen der Beschwerdeführerin infolge gänzlicher Nichtanwendung der negativen Bedarfsregelung weiterhin zu versorgender Personen wegen Widerspruchs zum Unionsrecht und der dadurch bewirkten Inländerdiskriminierung; inländerdiskriminierende Wirkung auf Grund des öffentlichen Interesses an der Sicherung einer ausreichenden flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln vorübergehend sachlich gerechtfertigtSpruch
I. Die beschwerdeführende Partei ist durch das angefochtene Erkenntnis im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art2 StGG und Art7 B-VG verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesministerin für Gesundheit und Frauen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren
1. Mit dem im zweiten Rechtsgang erlassenen Bescheid vom 8. Oktober 2014 bewilligte der Bezirkshauptmann von Linz-Land die Erweiterung des mit Bescheid vom 24. April 2001 genehmigten Standortes der "Barbara Apotheke" (ohne gleichzeitige Betriebsstättenverlegung) in "UNO-Shopping", 4060 Leonding, Im Bäckerfeld 1, und setzte den künftigen Standort der genannten Apotheke fest. Unter einem wies der Bezirkshauptmann von Linz-Land unter anderem die Einwendungen der (vor dem Verfassungsgerichtshof) beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land begründete seine Entscheidung im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Bezirkshauptmann sei dazu verpflichtet, ein Bedarfsprüfungsverfahren unter Annahme der Beibehaltung der bisherigen Betriebsstätte durchzuführen, weil er auf Grund der Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheides durch das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Juli 2012 an die darin geäußerte Rechtsansicht gemäß §66 Abs2 AVG gebunden sei. Das Vorhandensein von Ärzten in der Gemeinde des Standortes sei aktenkundig. Die Entfernung zu den bestehenden, nächstgelegenen Apotheken betrage nachweislich mehr als 500 m. In der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte befinde sich keine ärztliche Hausapotheke, weshalb bezüglich des Bedarfs nur mehr zu prüfen sei, ob sich die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden, bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen infolge der Neuerrichtung verringere und weniger als 5.500 betragen werde.
Trotz mehrmaliger Aufforderung und Urgenz seitens des Bezirkshauptmannes von Linz-Land sei das gemäß §10 Abs7 ApothekenG einzuholende Bedarfsgutachten der Österreichischen Apothekerkammer nicht erstellt worden. In mehrmaligen Gesprächen habe die Österreichische Apothekerkammer sinngemäß bekräftigt, dass der Bedarf bei gleichbleibender Betriebsstätte jedenfalls positiv sein müsse, weil sonst ursprünglich keine Konzession erteilt werden hätte dürfen. Seitens des Bezirkshauptmannes von Linz-Land sei bei der Stadtgemeinde Leonding erhoben worden, dass in jenem Gebiet, auf das sich die Bedarfsprüfung zum Zeitpunkt der Erlassung des Konzessionsbescheides bezog, seither hinsichtlich der Einwohner- und Beschäftigtenzahl eine äußerst positive Entwicklung stattgefunden habe. Durch die Errichtung von zahlreichen Wohn- und Geschäftsgebäuden in den letzten 20 Jahren sei die Zahl der weiterhin zu versorgenden Personen stark angestiegen. Davon seien insbesondere die Stadtteile Haag, St. Isidor und Hart betroffen, die auch das Hauptversorgungsgebiet der nächstgelegenen öffentlichen Apotheken darstellten. Auf Grund dieser äußerst positiven Entwicklung könne angenommen werden, dass die Anzahl der zu versorgenden Personen im Versorgungsgebiet der umliegenden öffentlichen Apotheken stark angestiegen sei und dementsprechend die Bedarfsbefunde im Vergleich zum Zeitpunkt der Konzessionserteilung kein negatives Ergebnis gebracht hätten. Aus diesem Grund sei ein positives Bedarfsergebnis anzunehmen. Die Einsprüche mehrerer Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken, unter anderem auch der Einspruch der vor dem Verfassungsgerichtshof beschwerdeführenden Partei seien als unbegründet abzuweisen gewesen.
Zur Frage der Anwendbarkeit des Bedarfskriteriums gemäß §10 Abs2 Z3 ApothekenG wies der Bezirkshauptmann von Linz-Land auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 13. Februar 2014, Rs. C-367/12, Sokoll-Seebacher I, hin, wonach das in §10 Abs2 Z3 ApothekenG normierte Bedarfskriterium der 5.500 weiterhin zu versorgenden Personen nur dann unionsrechtswidrig sei, wenn diese starre Grenze eine Berücksichtigung besonderer Fälle nicht zulasse. Im Ergebnis habe der Gerichtshof der Europäischen Union ausgesprochen, dass eine Unterschreitung dieser gesetzlich normierten starren Grenze im ländlichen Bereich in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen möglich sein müsse. In ländlichen Gebieten sei die Erreichung dieser Mindestzahl auf Grund der Streuung der Bevölkerung sehr oft gar nicht möglich. Dies bedeute aber, dass das Bedarfskriterium des §10 Abs2 Z3 ApothekenG weiterhin anzuwenden sei. Es handle sich bei der Stadtgemeinde Leonding bzw. dem beantragten Standortgebiet nicht um einen "ländlichen Raum" im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union und dem damit verfolgten Zweck. In städtischen Gebieten sei somit die starre Grenze der 5.500 weiterhin zu versorgenden Personen anzuwenden, weil auf Grund der bereits bestehenden öffentlichen Apotheken in diesem Gebiet die dort lebende Bevölkerung keine unzumutbar langen Strecken zurücklegen müsse, um ihren Arzneimittelbedarf zu decken. Diese Ansicht entspreche auch der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.3.2014, 2013/10/0209; 25.4.2014, 2013/10/0022).
2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich ("Landesverwaltungsgericht Oberösterreich") unter anderem die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vor dem Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 8. Oktober 2014 mit der Maßgabe ab, "dass die zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Apotheke der [m]itbeteiligten Partei und der Betriebsstätte einer der nächstgelegenen öffentlichen Apotheken nach §10 Abs2 Z2 ApG bestehende Entfernung mindestens 500 Meter betragen muss".
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich begründete seine Entscheidung – nach ausführlicher Darstellung der vorgängigen Behörden- und Verwaltungsgerichtsverfahren und mehrerer Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union – im Wesentlichen folgendermaßen:
Der Gerichtshof der Europäischen Union habe im Beschluss vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, im Ergebnis festgestellt, dass die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. September 2015, Ro 2014/10/0081, mit welchem das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. Mai 2014, LVwG-050013/5/Gf/UD/Eg, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben worden war, vertretene Rechtsmeinung dem Unionsrecht widerspreche. Aus diesem Grunde komme die in §63 Abs1 VwGG normierte Bindungswirkung an die Rechtsauffassung auch in sachlich und rechtlich gleichgelagerten Fällen (wie etwa dem Beschwerdefall) nicht zum Tragen.
In inhaltlicher Hinsicht sei zu beachten, dass nach dem Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, das in §10 Abs2 Z3 iVm §10 Abs4 ApothekenG festgelegte Kriterium einer starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" – zumal auch die jüngst erfolgte Einfügung eines Abs6a in §10 ApothekenG durch die Novelle BGBl I 30/2016 infolge seines explizit eingeschränkten Abstellens auf "ländliche und abgelegene Regionen" keine Unionsrechtskonformität der Bedarfsregelung bewirke – bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke allgemein in keiner konkret zu prüfenden Situation Anwendung finden dürfe.
Da gemäß §46 Abs5 ApothekenG über einen Antrag auf Erweiterung des bei Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke festgesetzten Standortes das für die Konzessionserteilung nach §10 ApothekenG vorgesehene Verfahren durchzuführen sei, müsse die Bedarfsregelung gemäß §10 Abs2 Z3 ApothekenG (es besteht kein Bedarf, wenn "die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird") wegen ihrer Unionsrechtswidrigkeit unangewendet bleiben.
Aus dem Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, ergebe sich, dass nach der Konzeption des §10 ApothekenG das Vorliegen eines Bedarfes als prinzipiell gegeben anzunehmen sei, es sei denn, dass dieser Vermutung mindestens einer der in dieser Regelung genannten konkreten Umstände entgegenstehe (siehe auch EuGH 13.2.2014, Rs. C-367/12, Sokoll-Seebacher I. Demgemäß sei gleichsam eine "Negativprüfung" vorzunehmen, sodass ein Bedarf als jedenfalls gegeben zu erachten und damit die Anforderung des §10 Abs1 Z2 ApothekenG bereits dann als erfüllt anzusehen sei, wenn (nur mehr) weder der Ausschlussgrund des §10 Abs2 Z1 ApothekenG noch jener des §10 Abs2 Z2 ApothekenG vorliege.
Diesbezüglich habe bereits der Bezirkshauptmann von Linz-Land im angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2014 festgestellt, dass weder die Entfernung zu den nächstgelegenen öffentlichen Apotheken weniger als 500 m betrage noch sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befinde. Dies sei während des gesamten Verfahrens unbestritten geblieben.
Da sohin weder der Ausschlussgrund des §10 Abs2 Z1 ApothekenG noch jener des §10 Abs2 Z2 ApothekenG vorliege und somit sowohl die Voraussetzung des §10 Abs1 Z1 ApothekenG als auch jene des §10 Abs1 Z2 ApothekenG erfüllt sei, komme der mitbeteiligten Partei im Ergebnis gemäß §46 Abs5 ApothekenG ein subjektiv öffentliches Recht auf Erweiterung ihres Standortes zu.
Es lasse sich auch nicht einwenden, dass das Unionsrecht mangels "Auslandsbezugs" nicht zum Tragen komme: Der Gerichtshof der Europäischen Union habe etwa schon in seinem Urteil vom 19. Juli 2012, Rs. C-470/11, Garkalns, betont, dass das Unionsrecht auch für rein innerstaatliche Konstellationen, die außerhalb des Anwendungsbereiches der Grundfreiheiten bzw. der GRC lägen, insbesondere dann maßgeblich sei, wenn das nationale Recht vorschreibe, dass einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zukommen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage kraft Unionsrechts zustünden. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass Art7 Abs1 erster Satz B-VG den verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz für sämtliche österreichische Staatsbürger normiere. Daraus leite der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein Inländerdiskriminierungsverbot ab (vgl. VfSlg 19.529/2011).
Um also eine darin bestehende Inländerdiskriminierung, dass ein Ausländer in einer vergleichbaren Situation besser gestellt wäre, weil für diesen §10 Abs2 Z3 ApothekenG direkt anwendbar sei, hintanzuhalten, gebiete eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung, sie auch bei Sachverhalten ohne "Auslandsbezug" unionsrechtskonform auszulegen, d.h. deren unionsrechtswidrigen Inhalt nicht anzuwenden.
Aus all diesen Überlegungen seien die vorliegenden Beschwerden, darunter die Beschwerde der im verfassungsgerichtlichen Verfahren beschwerdeführenden Partei, gemäß §28 Abs2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass durch den neuen Standort die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der Apotheke der mitbeteiligten Partei und der Betriebsstätte einer der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheken gemäß §10 Abs2 Z2 ApothekenG mindestens 500 m betragen muss.
3. In der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof macht die beschwerdeführende Gesellschaft, die Inhaberin einer (im Hinblick auf die Apotheke, deren Standorterweiterung Verfahrensgegenstand ist) umliegenden, bestehenden öffentlichen Apotheke ist, zunächst eine Verletzung von Art6 EMRK geltend. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe im Verfahren keine Gelegenheit gehabt, auf den Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, verfahrensrechtlich zu reagieren. Dies sei umso beachtlicher, als dieses Verfahren nicht das nationale Ausgangsverfahren für den Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016 gewesen sei. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe die mittlerweile in Kraft getretene Bestimmung des §10 Abs6a ApothekenG idF BGBl I 30/2016 nicht in seine Überprüfung miteinbezogen bzw. miteinbeziehen können. Darüber hinaus bedeute der Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016 keinesfalls zwingend, dass es im österreichischen Apothekenkonzessionsverfahren keine Bedarfsprüfung mehr geben könne. Die maßgeblichen Bestimmungen des Apothekengesetzes seien vielmehr unionsrechtskonform auszulegen und anzuwenden. Beispielsweise ergebe sich aus dem Erlass der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen vom 7. Juli 2016, BMGF-92300/0023-II/A/4/2016, eine mögliche unionsrechtskonforme Interpretation des österreichischen Apothekengesetzes. Demnach seien die genannten Bedarfsprüfungsregelungen unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass in jedem Einzelfall zu prüfen sei, ob Umstände vorlägen, die im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung eine Unterschreitung der Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen gebiete. Es erscheine daher unionsrechtskonform, zunächst ein Bedarfsprüfungsgutachten nach den bisherigen Regeln einzuholen. Sinke das Versorgungspotential bei bestehenden Apotheken nicht unter 5.500 zu versorgende Personen, sei die beantragte Konzession zu erteilen. Sinke bei einer bestehenden Apotheke das Versorgungspotential unter die Grenze von 5.500, sei im Einzelfall zu prüfen, ob eine Unterschreitung dieser Grenze im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung geboten sei. Damit sei die vom Gerichtshof der Europäischen Union für unionsrechtswidrig angesehene starre Grenze von 5.500 relativiert und im Einzelfall eine flexible Lösung möglich, die den Vorgaben des Gerichtshofes der Europäischen Union im Hinblick auf Art49 AEUV entspreche. Wendete man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, sei der Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, keine taugliche Grundlage für eine positive Entscheidung im gegenständlichen Standorterweiterungsverfahren.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übersehe auch, dass es nicht um die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke gehe, sondern um die Veränderung des Standorts einer bereits bestehenden Apotheke. Hiefür habe der Verwaltungsgerichtshof klare Regelungen entwickelt. Daran vermöge auch der Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, nichts zu ändern. Insbesondere müsse in einem Antrag auf Standortveränderung/Standorterweiterung die in Aussicht genommene neue Betriebsstätte bekannt gegeben werden. Dies habe die beteiligte Partei unterlassen und schon aus diesem Grund sei – unabhängig von den hier aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragen – das Ansuchen der beteiligten Partei abzuweisen gewesen. Die Bekanntgabe der neuen Betriebsstätte sei deshalb erforderlich, um eine Bedarfsprüfung/Existenzgefährdungsprüfung der bestehenden Apotheken durchführen zu können. Das Einzugsgebiet der in Betracht kommenden Apotheke befinde sich im städtischen Gebiet. Die Versorgungssicherheit der im Versorgungsgebiet wohnhaften Personen sei umfassend und ausreichend gewährleistet. Die fußläufigen Entfernungen zu einer Apotheke seien gering, öffentliche Verkehrsmittel seien im ausreichenden Maß vorhanden. Wende man die vom Gerichtshof der Europäischen Union aufgestellten Grundsätze auf diesen Fall an, sei eine ausnahmsweise Unterschreitung der 5.500-Personengrenze unter Berücksichtigung besonderer Umstände keinesfalls geboten. Auch bei unionsrechtskonformer Auslegung unter Einbeziehung des Beschlusses des Europäischen Gerichtshofes vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, hätte daher der Antrag der beteiligten Partei als unbegründet abgewiesen werden müssen. Da die beschwerdeführende Partei keine Gelegenheit gehabt habe, all diese Aspekte im Rahmen eines Parteiengehörs vorzubringen, liege eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK vor.
Die Vorgangsweise des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, ohne mündliche Verhandlung und ohne jedwedes Parteiengehör der beteiligten Verfahrensparteien eine Entscheidung zu treffen, sei auch als Willkür und damit als Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz nach Art7 B-VG anzusehen. Unter Zugrundelegung der erwähnten unionsrechtskonformen Interpretation des Apothekenkonzessionsrechtes seien umfassende Sachverhaltsermittlungen notwendig gewesen, um eine taugliche Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich habe daher den Sachverhalt in wesentlichen Punkten unzureichend ermittelt und ganz wesentliche Entscheidungsgrundlagen nicht erhoben.
Darüber hinaus verletze die willkürliche Vorgangsweise des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich die beschwerdeführende Partei in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG bzw. Art1 1. ZPEMRK sowie auf Erwerbsfreiheit gemäß Art6 StGG.
4. Die belangte Verwaltungsbehörde legte die Verwaltungsakten vor und sah von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Gerichtsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher der Rüge der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts gemäß Art6 EMRK entgegengetreten wird. Eine Verletzung des Art6 EMRK scheide aus, weil das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Gefolge des Beschlusses des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, reine Rechtsfragen zu beantworten gehabt habe. Im Übrigen verwies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Wesentlichen auf die Ausführungen in seinem Erkenntnis.
6. Die beteiligte Partei brachte einen Schriftsatz beim Verfassungsgerichtshof ein, in welchem der Beschwerde (im Wesentlichen mit den im angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich dargelegten Gründen) entgegengetreten wird.
7. Die beschwerdeführende Partei brachte einen weiteren Schriftsatz ein, in welchem sie auf das in einem Parallelverfahren ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2017, Ra 2016/10/0141, und die dortigen Ausführungen verweist. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei vor dem Hintergrund der Änderung des §10 Abs6a ApothekenG durch die Novelle BGBl I 103/2016 ergangen. Die Überlegungen des Verwaltungsgerichtshofes im genannten Erkenntnis müssten auch im Beschwerdefall angewendet werden.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich geltenden Bestimmungen des Gesetzes vom 18. Dezember 1906, betreffend die Regelung des Apothekenwesens (Apothekengesetz), RGBl. 5/1907, idF BGBl I 30/2016, lauten:
"Zweiter Titel.
Konzessionierte Apotheken.
§9.
Konzession.
Der Betrieb einer öffentlichen Apotheke, welche nicht auf einem Realrechte beruht (radizierte, verkäufliche Apotheken), ist nur auf Grund einer besonderen behördlichen Bewilligung (Konzession) zulässig.
Im Konzessionsbescheid ist als Standort der Apotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen. Bei Apotheken, welche schon früher betrieben worden sind, ist der bisherige Standort aufrecht zu erhalten. Die Konzession hat nur für den Standort Geltung.
Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung
§10. (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1. sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach §342 Abs1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder
2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder
3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird.
(3) Ein Bedarf gemäß Abs2 Z1 besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke
1. eine ärztliche Hausapotheke und
2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Abs2 Z1 entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach §342 Abs1 ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.
(3a) In einem Zeitraum, während dessen ein Gesamtvertrag gemäß §341 ASVG nicht besteht, besteht ein Bedarf gemäß Abs2 Z1 dann nicht, wenn in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke weniger als zwei Ärzte für Allgemeinmedizin zum Zeitpunkt der Antragstellung ihren ständigen Berufssitz haben und sich dort eine ärztliche Hausapotheke befindet.
(3b) Bei der Prüfung gemäß Abs2 Z1 sind bloß vorübergehende Vertragsstellen, die einmalig und auf höchstens 3 Jahre befristet sind, nicht zu berücksichtigen.
(4) Zu versorgende Personen gemäß Abs2 Z3 sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs4 weniger als 5 500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigten.
(6) Die Entfernung gemäß Abs2 Z2 darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.
(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs2 Z3 ist zu unterschreiten, wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist.
(7) Zur Frage des Bedarfes an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen. Soweit gemäß §29 Abs3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.
(8) Als bestehende Apotheken im Sinne des Abs2 Z2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung BGBl I Nr 53/1998 rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.
[…]
Verlegung
§14. (1) Die Verlegung einer Apotheke innerhalb des festgesetzten Standortes (§9 Abs2) bedarf der Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.
(2) Die Verlegung einer öffentlichen Apotheke an einen anderen Standort ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bewilligen, wenn die Voraussetzungen des §10 zutreffen und überdies von dem neuen Standort aus der Bedarf des Gebietes besser befriedigt werden kann.
[…]
Gesuch um die Konzession zum Betriebe einer öffentlichen Apotheke.
§46.
[…]
(5) Über einen Antrag auf Erweiterung des bei Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß §9 Abs2 festgesetzten Standortes oder um nachträgliche Festsetzung des Standortes, wenn dieser bei Erteilung der Konzession nicht gemäß §9 Abs2 bestimmt wurde, ist das für die Konzessionserteilung vorgesehene Verfahren durchzuführen.
[…]"
2. Die Bestimmung des Abs6a in §10 ApothekenG wurde durch die Novelle BGBl I 103/2016 neu gefasst:
"(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs2 Z3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist."
3. Die Materialien (IA 1863/A BlgNR 25. GP, 2) erläutern diese Bestimmung folgendermaßen:
"Begründung
Der vorliegende Antrag enthält folgende Punkte:
[…]
Infolge des EuGH-Urteils vom 13. Februar 2014, C-367/12 'Sokoll-Seebacher', war durch die Apothekengesetz-Novelle BGBl I Nr 30/2016 in §10 ein neuer Abs6a eingefügt worden. Demnach ist die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß §10 Abs2 Z3 zu unterschreiten, wenn es 'in ländlichen und abgelegenen Regionen' auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist.
Nun ist der EuGH in seinem Beschluss vom 30. Juni 2016, C-634/15 'Sokoll-Seebacher II – Naderhirn', zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Novelle nicht ausreicht und die Anwendung einer 'starren Grenze' der Zahl der von den umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken 'weiterhin zu versorgenden Personen' bei der Bedarfsprüfung für eine neue öffentliche Apotheke weiterhin in Widerspruch zu Art49 AEUV steht. Dies deshalb, weil diese starre Grenze die kohärente und systematische Erreichung des mit der Bedarfsprüfung angestrebten Hauptziels – nämlich eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln – nicht gewährleistet. Die zuständigen nationalen Behörden haben auch nach der Novelle BGBl I 30/2016 keine hinreichende Möglichkeit, von dieser Grenze abzuweichen, um örtliche Besonderheiten, d.h. im Endeffekt Besonderheiten der verschiedenen konkreten Situationen, wobei jede einzelne zu prüfen ist, zu berücksichtigen (EuGH 13. Februar 2014, C-367/12 Sokoll-Seebacher, Rn. 51; EuGH 30. Juni 2016, C-634/15 Sokoll-Seebacher II – Naderhirn, Rn. 34). Durch die Bezugnahme auf ländliche und abgelegene Regionen sowie auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Urteil vom 13. Februar 2014 wollte der EuGH die Tragweite seiner Beurteilung der Kohärenz nicht auf diese Art von Regionen und auf diese Kategorie von Personen begrenzen (EuGH 30. Juni 2016, C-634/15, Rn. 32).
Im Hinblick auf den Beschluss des EuGH vom 30. Juni 2016 ist die im bisher geltenden §10 Abs6a vorgenommene Einschränkung dieser Bestimmung auf ländliche und abgelegene Regionen unionsrechtswidrig.
In Umsetzung der EuGH-Entscheidungen wird §10 Abs6a nunmehr dahin geändert, dass es der Behörde ganz generell möglich ist, das in §10 Abs2 Z3 normierte Mindestversorgungspotential von 5.500 von der bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgenden Personen zu unterschreiten, wenn aufgrund besonderer örtlicher Verhältnisse die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung geboten ist. Es ist demnach von der Behörde im Einzelfall zu prüfen, ob besondere örtliche Verhältnisse vorliegen, die ein Unterschreiten der Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen rechtfertigen.
Im Lichte der zitierten Entscheidungen des EuGH vom 13. Februar 2014 und vom 30. Juni 2016 ist vor allem zu prüfen, ob der Wohnbevölkerung im Versorgungsgebiet der beantragten neuen Apotheke die Dienstleistungen einer Apotheke in einer vernünftigen Erreichbarkeit zur Verfügung stehen und daher ein angemessener Zugang zu Apothekendienstleistungen sichergestellt ist.
Besondere örtliche Verhältnisse können beispielsweise in ländlichen und abgelegenen Regionen außerhalb der Versorgungsgebiete bestehender Apotheken, insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, vorliegen (EuGH 13. Februar 2014, C-367/12, Rn. 50), wobei der Europäische Gerichtshof diese beiden Fallgruppen ausdrücklich nur exemplarisch anführt (vgl. EuGH 30. Juni 2016, C-634/15, Rn. 32). Bei der Beurteilung des Vorliegens besonderer örtlicher Verhältnisse, die eine Anwendung des §10 Abs6a rechtfertigen, ist neben der Versorgung durch bestehende öffentliche Apotheken auch das Versorgungsangebot durch Filialapotheken und ärztliche Hausapotheken zu berücksichtigen.
Besondere örtliche Verhältnisse können aber beispielsweise auch dann vorliegen, wenn die neu zu errichtende öffentliche Apotheke in einem sich nachhaltig und stetig entwickelnden Siedlungsgebiet liegt, sich im näheren Umkreis größere medizinische Einrichtungen oder ein Krankenhaus mit mehreren Anstaltsambulatorien befinden, oder wenn es um die Versorgung an bedeutenden und stark frequentierten Verkehrsknotenpunkten, wie etwa an Flughäfen oder Hauptbahnhöfen geht.
Indikator für die Notwendigkeit einer verbesserten Arzneimittelversorgung der Bevölkerung ist insbesondere eine sonst nicht ausreichend rasche oder unzumutbare Erreichbarkeit unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten und Verkehrsverhältnisse, die einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung entgegenstehen.
Um der Rechtsprechung des EuGH zu entsprechen, hat die Behörde jedenfalls in jedem einzelnen Fall zu prüfen, ob allenfalls besondere örtliche Verhältnisse im oben genannten Sinn vorliegen und ihre Entscheidung entsprechend zu begründen. Dazu ist festzuhalten, dass die angeführten Beispiele nur als solche zu verstehen sind, und die notwendige Einzelfallprüfung der besonderen örtlichen Verhältnisse auch andere Besonderheiten ergeben kann. Dabei können auch Überlegungen zu einer Abwägung zwischen dem Ausmaß des Vorteils einer neuen Apotheke und den aus der Neuerrichtung resultierenden Nachteilen für die Bevölkerung in den Versorgungsgebieten der bestehenden Apotheken eine Rolle spielen. Im Lichte der Rechtsprechung des EuGH geht es nämlich immer um eine Verbesserung der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, wovon nicht gesprochen werden kann, wenn infolge der Neuerrichtung die von einer bestehenden Apotheke aus zu versorgende Personenzahl so erheblich reduziert wird, dass ein wirtschaftlicher Weiterbestand nicht möglich ist und bisher gut versorgte Personen ihren Zugang zur Arzneimittelversorgung verlieren."
III. Erwägungen
Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn das Verwaltungsgericht der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat.
Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass das Verwaltungsgericht diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn das Verwaltungsgericht Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
2. Ein solches willkürliches Verhalten des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich liegt hier vor:
Gemäß §46 Abs5 ApothekenG ist bei einem Antrag auf Erweiterung des bei der Erteilung der Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke gemäß §9 Abs2 leg.cit. festgesetzten Standortes das für die Konzessionserteilung vorgesehene Verfahren durchzuführen. Die sachlichen Voraussetzungen der Konzessionserteilung sind in §10 ApothekenG festgelegt.
Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die (positive) Voraussetzung des §10 Abs1 Z1 ApothekenG erfüllt ist, weil in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat. Es geht im Beschwerdefall im Wesentlichen um die Frage, ob und gegebenenfalls wie der Bedarf gemäß §10 Abs1 Z2 iVm §10 Abs2 Z3 ApothekenG zu ermitteln ist (es besteht im Beschwerdefall kein Zweifel, dass die "negativen" Bedarfsprüfungstatbestände des §10 Abs2 Z1 und 2 ApothekenG nicht erfüllt werden). Gemäß dem hier somit im Beschwerdeverfahren vor allem bedeutsamen §10 Abs2 Z3 ApothekenG besteht ein Bedarf nicht, wenn "die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5 500 betragen wird".
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führt im angefochtenen Erkenntnis aus, dass §10 Abs2 Z3 ApothekenG im Beschwerdefall aus unionsrechtlichen Gründen nicht angewendet werden dürfe. Dabei verweist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juli 2012, Rs. C-470/11, Garkalns, Rz 20, wonach – so die Interpretation dieses Urteils durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich – das Unionsrecht auch für rein innerstaatliche Konstellationen, die außerhalb des Anwendungsbereiches der Grundfreiheiten bzw. der GRC lägen, insbesondere dann maßgeblich sei, wenn das nationale Recht vorschreibe, dass einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zukommen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates in der gleichen Lage kraft Unionsrechts zustünden. Der Verfassungsgerichtshof leite in ständiger Rechtsprechung ein Inländerdiskriminierungsverbot ab (vgl. VfSlg 19.529/2011). Um also eine Inländerdiskriminierung, die darin bestehe, dass ein Ausländer in einer vergleichbaren Situation dadurch besser gestellt wäre, indem für diesen §10 Abs2 Z3 ApothekenG "direkt unanwendbar" sei, hintanzuhalten, gebiete eine verfassungskonforme Interpretation dieser Bestimmung, sie auch bei Sachverhalten ohne Auslandsbezug unionsrechtskonform auszulegen, d.h. deren unionsrechtswidrigen Inhalt nicht anzuwenden. Aus diesen Überlegungen sei daher die Bestimmung des §10 Abs2 Z3 ApothekenG nicht anzuwenden. Ergänzend führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus, dass auch die Bestimmung des §10 Abs6a ApothekenG idF BGBl I 30/2016 den unionsrechtswidrigen Zustand auf Grund des eingeschränkten Anwendungsbereiches auf "ländliche und abgelegene Regionen" nicht beseitigen könne.
3. Angesichts der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich hat der Verfassungsgerichtshof zunächst zu untersuchen, ob bei Vorliegen eines Unionsrechtsbezugs die (negative) Bedarfsregelung des §10 Abs1 Z2 iVm §10 Abs2 Z3 ApothekenG gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht, insbesondere gegen Art49 AEUV, verstößt und daher §10 Abs2 Z3 ApothekenG unangewendet bleiben müsse. Erst wenn dies bejaht werden kann, stellt sich die Frage einer möglichen Inländerdiskriminierung.
3.1. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in dem – auch vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich angeführten – Urteil vom 13. Februar 2014, Rs. C-367/12, Sokoll-Seebacher I, im Hinblick auf die (negative) Bedarfsregelung des §10 Abs1 Z2 iVm §10 Abs2 Z3 ApothekenG ausgesprochen, dass "Art49 AEUV, insbesondere das Gebot der Kohärenz bei der Verfolgung des angestrebten Ziels, […] dahin auszulegen [ist], dass er einer mitgliedstaatlichen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, die als essenzielles Kriterium bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine starre Grenze von 'weiterhin zu versorgenden Personen' festlegt, entgegensteht, weil die zuständigen nationalen Behörden keine Möglichkeit haben, von dieser Grenze abzuweichen, um örtliche Besonderheiten zu berücksichtigen". Der Gerichtshof der Europäischen Union führte in der Begründung dieses Urteils unter anderem aus, dass "[i]n ländlichen und abgelegenen Regionen, in die nur wenige 'einfluten', […] die Gefahr [besteht], dass die Zahl der 'weiterhin zu versorgenden Personen' nicht die zwingend vorgeschriebene Grenze erreicht und damit der Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke als unzureichend angesehen wird. Daraus folgt, dass bei der Anwendung des Kriteriums der Zahl der 'weiterhin zu versorgenden Personen' die Gefahr besteht, dass für bestimmte Personen, die in ländlichen und abgelegenen Regionen außerhalb der Versorgungsgebiete bestehender Apotheken wohnen, insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, kein gleicher und angemessener Zugang zu Apothekendienstleistungen sichergestellt ist."
Als Reaktion auf dieses Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 13. Februar 2014, Rs. C-367/12, Sokoll-Seebacher I, fügte der nationale Gesetzgeber mit der Novelle BGBl I 30/2016 den Abs6a in §10 ApothekenG ein, wonach "[d]ie Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs2 Z3 [...] zu unterschreiten [ist], wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist".
3.2. Im Beschluss vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, nahm der Gerichtshof der Europäischen Union eine authentische Interpretation des Urteils vom 13. Februar 2014, Rs. C-367/12, Sokoll-Seebacher I, vor. Demnach sei das genannte Urteil vom 13. Februar 2014 "so zu verstehen, dass das in der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung festgelegte Kriterium einer starren Grenze der Zahl der 'weiterhin zu versorgenden Personen' bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke allgemein in keiner konkreten Situation, die einer Prüfung unterzogen wird, Anwendung finden darf". Der Widerspruch zu Art49 AEUV liege im Wesentlichen deswegen vor, weil die zuständigen nationalen Behörden keine Möglichkeit haben, von der starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke abzuweichen, "um örtliche Besonderheiten, d.h. im Endeffekt Besonderheiten der verschiedenen konkreten Situationen, wobei jede einzelne zu prüfen ist, zu berücksichtigen".
3.3. Der Verfassungsgerichtshof stimmt grundsätzlich der Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zu, dass die Bestimmungen des §10 Abs2 Z3 iVm Abs6a ApothekenG idF BGBl I 30/2016 – ausgehend vom Beschluss des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/16, Sokoll-Seebacher II, – im Widerspruch zu Art49 AEUV stehen, weil diese nationalen Bestimmungen eine Unterschreitung der "weiterhin zu versorgenden Personen" gemäß §10 Abs2 Z3 ApothekenG nur dann ermöglichen, "wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung […] dringend erforderlich ist".
Dies führt allerdings – gäbe es im Beschwerdesachverhalt einen Unionsrechtsbezug – nicht notwendigerweise dazu, dass die (negative) Bedarfsregelung des §10 Abs2 Z3 iVm Abs6a ApothekenG idF BGBl I 30/2016 zur Gänze unangewendet zu bleiben hat. Auf Grund des Anwendungsvorrangs des Art49 AEUV muss §10 Abs2 Z3 iVm Abs6a ApothekenG idF BGBl I 30/2016 vielmehr so angewendet werden, dass nicht nur bei besonderen örtlichen Verhältnissen in ländlichen und abgelegenen Regionen, sondern in jedem Fall die örtlichen Besonderheiten zu prüfen sind. Eben dies hat aber das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Beschwerdefall unterlassen, indem es die Bedarfsregelung des §10 Abs2 Z3 ApothekenG zur Gänze unangewendet ließ.
3.4. Der Verfassungsgerichtshof kann aber dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch nicht insoweit folgen, als bei dem rein inländischen Beschwerdesachverhalt zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich verpönten Inländerdiskriminierung §10 Abs2 Z3 (iVm Abs6a) ApothekenG idF BGBl I 30/2016 unangewendet bleiben sollte. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich begründet diese "verfassungskonforme Auslegung" des §10 Abs2 Z3 (iVm Abs6a) ApothekenG idF BGBl I 30/2016 mit einem Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juli 2012, Rs. C-470/11, Garkalns.
Entgegen den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im angefochtenen Erkenntnis kann aus diesem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union nichts für den Standpunkt des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gewonnen werden. Der Gerichtshof der Europäischen Union führte nämlich im zitierten Urteil lediglich aus, dass bei einem reinen Inlandssachverhalt die Antwort des Gerichtshofes der Europäischen Union dem vorlegenden Gericht auch unter derartigen Umständen von Nutzen sein könne, "insbesondere dann, wenn sein nationales Recht vorschreiben sollte, dass einem inländischen Staatsangehörigen die gleichen Rechte zustehen, die einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats in der gleichen Lage Kraft Unionsrechts zustünden (vgl. in diesem Sinne Urteil Blanco Pérez und Chao Gomez, Randnr. 39 und Urteil vom 10. Mai 2012, Duomo Gpa, C-357/10 – C-359/10, Randnr. 28)".
Aus dem Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 19. Juli 2012, Rs. C-470/11, Garkalns, kann mitnichten gefolgert werden, das Unionsrecht gebiete, bei einem reinen Inlandssachverhalt infolge einer möglichen (verfassungswidrigen) Inländerdiskriminierung Bestimmungen des nationalen Rechtes unangewendet zu lassen. Ausgehend vom Verständnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, dass §10 Abs2 Z3 ApothekenG verfassungswidrig sei, wäre das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vielmehr gemäß Art89 Abs2 iVm Art135 Abs4 B-VG gehalten gewesen, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag nach Art140 Abs1 Z1 lita B-VG auf Aufhebung des §10 Abs2 Z3 ApothekenG wegen Verfassungswidrigkeit zu stellen. Eben dies hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich allerdings nicht getan.
3.5. Der Verfassungsgerichtshof sieht keinen Anlass, die Bestimmung des §10 Abs2 Z3 ApothekenG (iVm Abs6a) ApothekenG idF BGBl I 30/2016 von Amts wegen in Prüfung zu ziehen.
Der Verfassungsgerichtshof muss aus folgenden Gründen nicht näher untersuchen, ob die Bestimmung des §10 Abs2 Z3 (iVm Abs6a) ApothekenG idF BGBl I 30/2016 tatsächlich eine diskriminierende Wirkung für inländische Staatsangehörige hat, weil eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen bereits aus folgendem Grund ausscheidet:
Im Gefolge des Beschlusses des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/14, Sokoll-Seebacher II, fasste der Gesetzgeber mit der Novelle BGBl I 103/2016 die Bestimmung des §10 Abs6a ApothekenG neu. Demnach ist die Zahl der weiterhin zu versorgenden Personen gemäß §10 Abs2 Z3 ApothekenG zu unterschreiten, "wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist".
Aus den Materialien (IA 1863/A BlgNR 25. GP, 2) zur Neufassung des §10 Abs6a ApothekenG durch die Novelle BGBl I 103/2016 wird deutlich, dass die Behörde auf Grund der neu gefassten Bestimmung des §10 Abs6a ApothekenG – gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union – "in jedem einzelnen Fall zu prüfen" hat, ob besondere örtliche Verhältnisse vorliegen und dementsprechend ein Unterschreiten der Grenze von 5.500 zu versorgenden Personen erforderlich ist. Der Verfassungsgerichtshof geht – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 29.3.2017, Ra 2016/10/0141) – davon aus, dass durch die Neufassung des §10 Abs6a ApothekenG nunmehr eine ausreichende gesetzliche Grundlage dafür geschaffen wurde, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union geforderte Flexibilität bei der Bedarfsprüfung zu gewährleisten. Die Neufassung des §10 Abs6a ApothekenG erfolgte durch die Novelle BGBl I 103/2016 und trat am 7. Dezember 2016, sohin innerhalb von sechs Monaten nach Verkündung des Beschlusses des Gerichtshofes der Europäischen Union vom 30. Juni 2016, Rs. C-634/15, Sokoll-Seebacher II, in Kraft.
Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg 19.529/2011) kann selbst ein sich zwischen Verkündung eines Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Union und dem Zeitpunkt der Neuregelung durch den Gesetzgeber ergebender Zeitraum von rund sechzehn Monaten, während dessen das Gesetz eine diskriminierende Wirkung gegenüber Sachverhalten ohne Unionsrechtsbezug entfalten konnte, angesichts eines erheblichen öffentlichen Interesses – etwa an der medizinischen Versorgung – als angemessen erachtet werden, sodass die aus (allein) unionsrechtlicher Ursache entstandene "inländerdiskriminierende" Wirkung einer Norm im Interesse eines geordneten Gesetzgebungsprozesses vorübergehend, nämlich für die Dauer einer für die Neuregelung erforderlichen Übergangszeit sachlich zu rechtfertigen und daher hinzunehmen ist.
Diese Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis VfSlg 19.529/2011