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L70308 Buchmacher Totalisateur Wetten Vorarlberg;Norm
B-VG Art133 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des W in G, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 13. März 2017, Zl. LVwG-1-468/R7-2015-7, betreffend Übertretung des Vorarlberger Wettengesetzes (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: BH Bregenz), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Zur Vorgeschichte in dieser Rechtssache wird auf das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 2017, Zl. Ra 2016/02/0015-6, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 20. November 2015 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hat, weil das Verwaltungsgericht dem Straferkenntnis der BH Bregenz vom 15. Juni 2015 folgend als Tatort nicht den Sitz jener Behörde, die den Bewilligungsbescheid erlassen und bei der die entsprechende Anzeige zu erstatten gewesen wäre (Vorarlberger Landesregierung), sondern den Sitz der C GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Revisionswerber ist, angenommen hat.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 13. März 2017 hat das Verwaltungsgericht das bei ihm angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch als Tatort der Sitz des Amtes der Vorarlberger Landesregierung in Bregenz angeführt wird.
3 Nach der Begründung sei der Revisionswerber Geschäftsführer jener C GmbH, der gemäß dem Gesetz über den Abschluss und die Vermittlung von Wetten sowie die Vermittlung von Wettkunden (Wettengesetz) die Bewilligung zur Ausübung der Tätigkeit eines Wettunternehmers ohne Wettterminals an bestimmten Betriebsstätten im Land Vorarlberg bis zum 31. Oktober 2015 unter Auflagen erteilt wurde. Gemäß Auflage I.3. sei der Wechsel oder die Hinzunahme eines Geschäftsführers der Behörde unverzüglich anzuzeigen. Seit dem 25. August 2014 vertrete neben dem Revisionswerber ein weiterer Geschäftsführer die C GmbH und sei im Firmenbuch eingetragen. Mit Schreiben der C GmbH vom 9. Februar 2015 sei der Behörde der weitere Geschäftsführer mitgeteilt worden.
4 In rechtlicher Hinsicht vertrat das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass der Revisionswerber der Behörde den weiteren Geschäftsführer nicht unverzüglich mitgeteilt habe, weshalb gegen die angeführte Auflage verstoßen worden sei. Der vom Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vertretenen Auffassung folgend handle es sich um ein Dauerdelikt, das bis zur Anzeige vom 8. Februar 2015 angedauert habe. Tatzeitbeginn sei ab Eintragung des weiteren Geschäftsführers im Firmenbuch am 25. August 2014 gewesen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
6 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
7 Der Revisionswerber macht in der Zulässigkeitsbegründung in erster Linie geltend, durch den Austausch des Tatortes sei Verfolgungsverjährung eingetreten, weil dem Revisionswerber der nunmehr mit dem angefochtenen Erkenntnis ausgetauschte Tatort vorher nicht vorgehalten worden sei.
8 Nach § 44a Z 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten.
9 Nach der Rechtsprechung kommt es zur Erfüllung dieses Erfordernisses darauf an, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass dieser in die Lage versetzt ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtschutzüberlegungen zu messendes sein. Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat lediglich insoweit unverwechselbar konkretisiert sein muss, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa VwGH vom 8. Oktober 2014, Ro 2014/10/0106, mwN).
10 Verfolgungshandlung ist zufolge § 32 Abs. 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Strafverfügung u. dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
11 Im Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Oktober 2012 über die Erteilung einer Wettbewilligung an die C GmbH heißt es in der Auflage I.3., dass die Hinzunahme eines Geschäftsführers der Behörde unverzüglich zu melden ist.
12 Nach der Aktenlage wurde die C GmbH mit Schreiben der Vorarlberger Landesregierung vom 16. Jänner 2015 aufgefordert, wegen der Eintragung des weiteren Geschäftsführers "die erforderlichen Erklärungen gegenüber der Behörde nachzuholen und insbesondere...Unterlagen umgehend vorzulegen". Mit Schreiben der C GmbH vom 9. Februar 2015 wurden der Vorarlberger Landesregierung entsprechende Unterlagen übermittelt und Erklärungen abgegeben.
13 Aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles ist es nicht zweifelhaft, dass für den Revisionswerber als Beschuldigten die ihm vorgeworfene Tat von Anfang an ausreichend konkretisiert war, zumal sowohl aus dem Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. Oktober 2012 als auch aus dem Schreiben der Vorarlberger Landesregierung vom 16. Jänner 2015 deutlich hervorging, an wen die Anzeige über die Hinzunahme eines weiteren Geschäftsführers zu richten ist. Dem hat die C GmbH mit ihrer Anzeige vom 9. Februar 2015 auch entsprochen. Die Nennung des Sitzes der C GmbH als Tatort ab der Strafverfügung vom 1. April 2014 hat den Revisionswerber daher in seinen Verteidigungsrechten nicht eingeschränkt und auch keine Gefahr einer Doppelbestrafung begründet. Lag aber im Revisionsfall innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine alle wesentlichen der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung vor, durfte das Verwaltungsgericht auch außerhalb der Verjährungsfrist den Spruch wie hier anpassen.
14 Das vom Revisionswerber angenommene Abweichen des Verwaltungsgerichtes von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher nicht vor.
15 Inwieweit der vorliegende Sachverhalt mit jenen in den hg. Erkenntnissen vom 25. Februar 1993, 92/04/0164, und vom 27. März 1990, 89/04/0119, jeweils einen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid betreffend, vergleichbar ist und deshalb von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wurde, wird in der Revision nicht näher dargelegt, weshalb auf die Behauptung der Unbestimmtheit der Bescheidauflage nicht einzugehen war.
16 Weiter sieht der Revisionswerber unter Hinweis auf VwGH vom 27. Juni 2007, 2005/03/0231, ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weil das Verwaltungsgericht durch Übernahme des Spruches des Straferkenntnisses § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz nicht in der zur Tatzeit in Kraft gewesenen Fassung LGBl. Nr. 44/2013, sondern in der bereits außer Kraft gewesenen Fassung LGBl. Nr. 9/2012 zitiert hat.
17 Dabei übersieht der Revisionswerber, dass nach der Rechtsprechung § 44a lit. b (nunmehr Z 2) VStG nur die Zitierung der Verwaltungsvorschrift verlangt, gegen die mit der Tat verstoßen wurde. Nach dem Wortlaut des § 44a VStG kommt es weder bei der Umschreibung der Tat nach lit. a (nunmehr Z 1) noch bei der Zitierung der Verwaltungsvorschrift nach lit. b (nunmehr Z 2) auf jene Vorschrift an, die einen Verstoß gegen die Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt. Der Anordnung des § 44 a lit. b (nunmehr Z 2) VStG wird daher durch die Anführung derjenigen Norm im Spruch als verletzte Verwaltungsvorschrift entsprochen, unter die die Tat nach § 44a lit. a (nunmehr Z 1) leg. cit. zu subsumieren ist, ohne dass es der Zitierung der Vorschrift, die einen Verstoß gegen die Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt, bedurfte (vgl. VwGH vom 14. Dezember 1988, 88/03/0111).
Im Revisionsfall wurde durch die Tat die im Spruch zitierte Bescheidauflage I.3 iVm § 3 Abs. 6 Wettengesetz übertreten, während § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz jene Vorschrift darstellt, die einen Verstoß gegen die Gebotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt. Da es deren Zitierung nach der dargestellten Judikatur gar nicht bedarf, stellt die Wiedergabe einer unrichtigen Fassung dieser Norm kein Abweichen von der Rechtsprechung dar. Zudem käme man im Revisionsfall bei Anwendung sowohl der einen als auch der anderen Fassung von § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz aus folgenden Gründen zum selben Ergebnis:
18 § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz in der vom Verwaltungsgericht zitierten Fassung LGBl. Nr. 9/2012 lautet:
"Eine Übertretung begeht, wer... b) den im Bewilligungsbescheid festgelegten Bedingungen zuwiderhandelt oder die Auflagen nicht erfüllt oder entgegen § 7a Abs. 1 oder einer auf § 7a Abs. 2 beruhenden Verordnung ein Wettterminal aufstellt oder betreibt".
19 § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz in der Fassung LGBl. Nr. 44/2013, die am 1. Jänner 2014 in Kraft getreten ist, lautet:
"Eine Übertretung begeht, wer... b) den in der
Bewilligung festgelegten Bedingungen zuwiderhandelt oder die Auflagen nicht erfüllt oder entgegen § 7a Abs. 1 oder einer auf § 7a Abs. 2 beruhenden Verordnung ein Wettterminal aufstellt oder betreibt".
20 In den Beilagen zur Novelle LGBl. Nr. 44/2013 (Landesverwaltungsgericht-Anpassungsgesetz, 64. Beilage im Jahre 2013 zu den Sitzungsberichten des XXIX. Vorarlberger Landtages) heißt es zu § 15 Abs. 1 lit. b Wettengesetz:
"Verschiedentlich wird in Landesgesetzen auf rechtskräftige Bescheide, die Verletzung von Bescheidauflagen etc. als Tatbestandsvoraussetzung für weitere Rechtsfolgen abgestellt. Vor dem Hintergrund, dass das Landesverwaltungsgericht über die Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde in der Sache - und im Gegensatz zum Unabhängigen Verwaltungssenat nicht in Bescheidform, sondern - in Form von Erkenntnissen entscheidet, kann allerdings nicht (mehr) an das Vorliegen eines Bescheides angeknüpft werden. Dieser Umstand soll dadurch berücksichtigt werden, dass nunmehr Formulierungen (wie etwa ‚Entscheidung', ‚Bewilligung' oder ‚Genehmigung') verwendet werden sollen, die sowohl verwaltungsbehördliche Bescheide als auch Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes erfassen (s....§ 15 Abs. 1 des Wettengesetzes u.v.m.)."
21 Da somit jene Vorschrift, die einen Verstoß gegen die Gebotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt, durch die Novelle inhaltlich vollkommen unverändert geblieben ist, konnte der Revisionswerber auch dadurch in seinen Rechten nicht verletzt sein.
22 Zur Frage der Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Sinne des § 1 Abs. 2 VStG im Zusammenhang mit der vorliegenden Befristung des Bewilligungsbescheides mit 31. Dezember 2015 ist der Revisionswerber auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen (vgl. etwa VwGH vom 13. September 2016, Ra 2016/03/0083) und auf den Umstand, dass für den Revisionswerber ohnehin keine günstigere Rechtslage vorläge, weil die Übertretung von Bescheidauflagen nach dem Wettengesetz weiterhin nach denselben Bestimmungen eine Verwaltungsübertretung begründet.
23 Unmissverständlich geht aus dem angefochtenen Erkenntnis gemeinsam mit dem Spruch des Straferkenntnisses vom 15. Juni 2015 ein Tatzeitraum vom 25. August 2014 bis zum 8. Februar 2015 hervor, weshalb auch in diesem Punkt keine grundsätzliche Rechtsfrage zu sehen ist.
24 Der Revisionswerber hat während des gesamten Verfahrens und auch nicht in der Revision behauptet, er bzw. die C GmbH habe das im Bewilligungsbescheid eingeräumte Recht nicht ausgeübt, solches ergibt sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Das Verwaltungsgericht war daher nicht gehalten, Feststellungen darüber zu treffen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem vom Revisionswerber dazu zitierten Erkenntnis vom 5. September 2001, 99/04/0123, in dem die dort belangte Behörde rechtsirrig davon ausging, dass eine Bescheidauflage auch ohne Inbetriebnahme zu erfüllen sei; zudem war dort auch dem Akteninhalt zu entnehmen, dass von der eingeräumten Bewilligung kein Gebrauch gemacht worden ist.
25 Vermisst der Revisionswerber entscheidungswesentliche Feststellungen, ist er auf Punkt 5. des angefochtenen Erkenntnisses zu verweisen, hinsichtlich der angeblich fehlenden Strafnorm auf den Spruch und die Wiedergabe des Straferkenntnisses der BH Bregenz vom 15. Juni 2015 in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses. Dort finden sich alle relevanten Strafbestimmungen.
26 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
27 Die Entscheidung über den Aufwandersatz erfolgte gemäß §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2013.
Wien, am 25. September 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017020101.L00Im RIS seit
12.10.2017Zuletzt aktualisiert am
19.10.2017