TE Vwgh Beschluss 2017/9/26 Ra 2017/05/0228

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.2017
beobachten
merken

Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;
L82109 Kleingarten Wien;
L82259 Garagen Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

BauO Wr §60 Abs1 litb;
B-VG Art133 Abs4;
GaragenG Wr 2008 §2 Abs3;
GaragenG Wr 2008 §2;
KlGG Wr 1996 §1 Abs2;
KlGG Wr 1996 §7 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision des Dipl.-Ing. G S in W, vertreten durch Mag. Michael Hudec, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Zedlitzgasse 1/17, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Juni 2017, Zl. VGW- 211/005/2454/2017/VOR-4, betreffend einen Bauauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 18. Oktober 2016 wurde dem Revisionswerber als Eigentümer eines näher bezeichneten Grundstückes, das im hiefür maßgeblichen Flächenwidmungsplan als "Grünland - Erholungsgebiet - Kleingartengebiet für ganzjähriges Wohnen" gewidmet ist und einen Kleingarten im Sinne des Wiener Kleingartengesetzes 1996 - WKlG 1996 (im Folgenden: WKlG) darstellt, gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) aufgetragen, das Einstellen von Kraftfahrzeugen auf diesem Kleingartengrundstück zu unterlassen.

2 Die vom Revisionswerber dagegen erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) führte dazu (u.a.) aus, dass die Behörde - ergänzend zu den im Jahr 2016 an Ort und Stelle durchgeführten Verhandlungen - auch mehrere Erhebungen vor Ort durchgeführt und die Abstellung eines Kraftfahrzeuges auf der gegenständlichen Liegenschaft am 5. Februar 2016, am 4. März 2016 und am 8. April 2016 mittels Aktenvermerk und teilweise mit Fotos dokumentiert habe.

II.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

6 Nach ständiger hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen. Ferner liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, wenn die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig ist, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist (vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 13. Dezember 2016, Ra 2016/05/0076, mwN).

7 Die Revision bringt in ihrer Zulässigkeitsbegründung im Wesentlichen vor, es liege, soweit ersichtlich, keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur "Frage der Bewilligungspflicht/Bewilligungsfreiheit (gemäß Wr. Garagengesetz) eines ‚schlichten' (nicht aus einem Bauwerk/baul. Anlage bestehenden) Stellplatzes in Gemeinschaftsanlagen einer Kleingartenanlage" vor. Das vom Verwaltungsgericht zitierte hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2009, Zl. 2008/05/0020, aus dem sich eine Bewilligungspflicht des Stellplatzes ergeben solle, betreffe einen anderen Sachverhalt, nämlich eine asphaltierte und durch Pflasterung bebaute Abstellfläche für 16 Pkw, welche also gerade in einer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 lit b BO erfüllenden Art errichtet worden seien. Dass - und vor allem weshalb - der vom Revisionswerber benutzte Stellplatz jedoch ebenfalls in einer die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 lit b BO erfüllenden Art errichtet worden sei, sei bisher nicht festgestellt worden, und mit der Art und Weise der "Errichtung" des Stellplatzes habe sich bisher weder die Behörde noch das Verwaltungsgericht befasst. Vorliegend gehe es vielmehr um die Frage, ob eine schlichte (nicht asphaltierte, nicht gepflasterte oder sonst wie "bebaute"), also durch eine nach der BO bewilligungsfreie Ausführung geschaffene Fläche - ein Stellplatz also, welcher unter die in § 62a BO aufgezählten Tatbestände zu subsumieren sei - infolge der Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 1 Z 2 Wiener Garagengesetz 2008 - WGarG 2008 (im Folgenden: WGarG) bewilligungsfrei zu bleiben habe oder nicht.

8 Ferner sei vom Verwaltungsgericht der Wortlaut des § 7 Abs. 3 WKlG ("dürfen in Gemeinschaftsanlagen errichtet ... auf anderen Flächen im Kleingarten bewilligt ...") übersehen worden. Wenn nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen sei, ob eine Gemeinschaftsanlage vorliege, und dies Sache eines Bewilligungsverfahrens sein solle, dann stelle sich die Frage, in welchem Bewilligungsverfahren dies überhaupt geprüft werden könne oder solle, wenn nach § 7 Abs. 3 WKlG nur Stellplätze auf anderen Flächen (als Gemeinschaftsanlagen) auf Antrag des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) vom Bauschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung mit Bescheid bewilligt werden könnten.

9 Dazu ist Folgendes auszuführen:

10 In Anbetracht der eingangs genannten Flächenwidmung des Grundstückes des Revisionswerbers findet auf diese Grundfläche das WKlG, LGBl. Nr. 57/1996, idF der Bauordnungsnovelle 2014, LGBl. Nr. 25, Anwendung (§ 1 Abs. 1 leg. cit.).

11 Gemäß § 1 Abs. 2 WKlG gilt, soweit dieses Gesetz nicht anderes bestimmt, (subsidiär) die BO.

12 Nach der hg. Judikatur ist im Geltungsbereich des WKlG auch das WGarG anzuwenden (vgl. das zwar zur Rechtslage vor dem WGarG ergangene, jedoch angesichts der im Wesentlichen insoweit unveränderten Rechtslage auch hier maßgebliche Erkenntnis vom 4. September 2001, Zl. 2001/05/0168, und das bereits genannte Erkenntnis, Zl. 2008/05/0020; weiters auch Moritz, BauO Wien5 Anm zu § 1 Abs. 2 KleingartenG).

13 § 7 Abs. 3 WKlG regelt die Errichtung von Stellplätzen im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"(3) Stellplätze dürfen nur in Gemeinschaftsanlagen errichtet werden. Auf anderen Flächen können Stellplätze auf Antrag des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) vom Bauausschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung mit Bescheid bewilligt werden, wenn für den Nutzungsberechtigten des Kleingartens auf Grund seiner persönlichen Verhältnisse, insbesondere einer Behinderung, das Erreichen des Kleingartens nicht anders zumutbar ist. ..."

14 Im WKlG findet sich keine Begriffsbestimmung hinsichtlich des Begriffes "Stellplatz", sodass insoweit das WGarG, LGBl. Nr. 34/2009, in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 26/2014 heranzuziehen ist.

15 § 2 WGarG lautet auszugsweise:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Unter dem Einstellen von Kraftfahrzeugen im Sinne dieses Gesetzes wird jedes Abstellen betriebsbereiter Kraftfahrzeuge auf anderen als öffentlichen Verkehrsflächen über die zum Aus- und Einsteigen oder zum Be- und Entladen erforderliche Zeit hinaus verstanden. ...

(2) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind Stellplätze und überdachte Stellplätze, Parkdecks, Garagen sowie Garagengebäude.

(3) Stellplatz heißt jene Fläche, die dem Abstellen des einzelnen Kraftfahrzeuges dient.

..."

16 Diese Gesetzesbestimmung stellt somit nach ihrem eindeutigen Wortlaut für die Beurteilung, ob es sich bei einer Fläche um einen Stellplatz handelt, nicht darauf ab, ob diese Fläche (auch) baulich befestigt ist oder eine bauliche Anlage darstellt. Wesentlich ist nach § 2 Abs. 3 WGarG allein, ob eine Fläche dem Abstellen des einzelnen Kraftfahrzeuges dient. Da nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis im Kleingarten des Revisionswerbers - was von der Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung insoweit nicht in Abrede gestellt wurde - wiederholt ein Kraftfahrzeug abgestellt wurde, begegnet die rechtliche Beurteilung dieser Abstellfläche als Stellplatz im Sinne des § 7 Abs. 3 WKlG durch das Verwaltungsgericht keinen Bedenken. Entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung kommt es hiebei auf die "Art und Weise der Errichtung des Stellplatzes" nicht an.

17 Nach § 7 Abs. 3 WKlG dürfen Stellplätze grundsätzlich nur in Gemeinschaftsanlagen errichtet werden und können auf anderen Flächen Stellplätze auf Antrag des Grundeigentümers (aller Miteigentümer) vom Bauschuss der örtlich zuständigen Bezirksvertretung mit Bescheid bewilligt werden, wenn die im zweiten Satz dieser Bestimmung normierten Voraussetzungen erfüllt sind. Dass es sich bei dem hier gegenständlichen Grundstück um eine Gemeinschaftsfläche im Sinne des § 2 Abs. 3 WKlG, die für die Errichtung einer Gemeinschaftsanlage im Sinne des § 2 Abs. 4 leg. cit. bestimmt sei, handle, ergibt sich aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht und wird von der Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung auch nicht behauptet. Nach den vom Verwaltungsgericht in diesem Erkenntnis getroffenen Ausführungen liegt eine Ausnahmebewilligung (Bewilligung im Sinne des § 7 Abs. 3 zweiter Satz WKlG) für einen Stellplatz im gegenständlichen Kleingarten nicht vor, was vom Revisionswerber nicht in Abrede gestellt wird. Bei einer solchen Bewilligung handelt es sich im Übrigen um keine Baubewilligung nach der BO, sodass bereits deshalb der von der Revision in der Zulässigkeitsbegründung angesprochenen Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 60 Abs. 1 lit. b BO erfüllt sind, keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt. Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund von Beschwerden gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht berufen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 23. Mai 2017, Ra 2017/05/0062, mwN).

18 In Anbetracht der Regelung des § 7 Abs. 3 WKlG gelangt auch die in der Revision ins Treffen geführte "Ausnahmebestimmung" des § 3 Abs. 1 Z 2 WGarG nicht zur Anwendung.

19 Da somit der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt hat, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 26. September 2017

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050228.L00

Im RIS seit

26.10.2017

Zuletzt aktualisiert am

16.11.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten