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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/05/0222 Ra 2017/05/0223 Ra 2017/05/0227 Ra 2017/05/0225 Ra 2017/05/0226 Ra 2017/05/0224Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revisionen der revisionswerbenden Parteien 1. Dr. K G, 2. Dr. M G, 3. Dipl.- Ing. T P, 4. Mag. M A, 5. Mag. M F und 6. Dr. U S, alle in W, sowie 7. U S in B, alle vertreten durch Prager & Partner Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Seilergasse 9, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. Mai 2017, Zlen. VGW-111/078/7909/2015-90 und VGW-111/V/078/8000 bis 8006/2015, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien wurden die Beschwerden der Revisionswerber gegen die Bescheide des Magistrates der Stadt Wien vom 24. Oktober 2011, mit welchen der mitbeteiligten Partei unter anderem die Baubewilligungen für die Errichtung eines zweigeschossigen Wohngebäudes für neun Wohnungen mit zwei ausgebauten Dachgeschossen und einer Tiefgarage mit zehn Stellplätzen (Bauplatz A) sowie für die Errichtung eines zweigeschossigen Wohngebäudes für neun Wohnungen mit zwei ausgebauten Dachgeschossen und einer Tiefgarage mit acht Stellplätzen (Bauplatz B) auf jeweils näher bezeichneten Liegenschaften in Wien erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Der in der Zulässigkeitsbegründung behauptete Verstoß gegen die in § 63 VwGG angeordnete Bindungswirkung durch das Verwaltungsgericht liegt nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem im gegenständlichen Verfahren ergangenen Vorerkenntnis vom 23. Juni 2015, Zl. 2012/05/0203, ausgesprochen, dass eine Auseinandersetzung mit der von den Revisionswerbern aufgeworfenen Frage, warum die Bergauffahrt auf Grund der von ihnen vorgetragenen Argumente nicht zu einem höheren Schallleistungspegel führe als die Bergabfahrt, erforderlich sei. Der lärmtechnische Amtssachverständige hat sich in seinen Gutachten vom 11. April 2016 und vom 6. Dezember 2016, welche in der am 18. Jänner 2017 durchgeführten mündlichen Verhandlung erörtert und dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegt wurden, mit dieser Frage eingehend auseinandergesetzt. Das Verwaltungsgericht hat damit der im oben genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 2015 enthaltenen Anordnung entsprochen. Mit ihrem sich auf eine Verletzung der Bindungswirkung beziehenden Vorbringen zeigen die Revisionswerber somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.
6 Weiters trifft das Vorbringen der Revisionswerber, wonach keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vorliege, ob im Beweisverfahren vor dem Verwaltungsgericht im Wege des § 17 VwGVG die Anwendung des Grundsatzes der materiellen Wahrheit und der Offizialmaxime angeordnet werde, nicht zu (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Februar 2015, Zlen. Ra 2014/09/0007, u. a., sowie vom 27. Juni 2017, Zl. Ra 2016/18/0277, wonach die genannten Grundsätze auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten gelten).
7 Zudem muss bei Verfahrensmängeln, wie den von den Revisionswerbern geltend gemachten, in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden. Das heißt, dass der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 1. Juni 2017, Ra 2017/06/0094, mwN). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Revision nicht, weil sie nicht ansatzweise aufzeigt, welche Ergebnisse bei der Durchführung der von ihr geforderten Ermittlungen zu erwarten gewesen wären bzw. welche Feststellungen hätten getroffen werden müssen.
8 Den Revisionswerber gelingt es auch nicht eine Unschlüssigkeit des Sachverständigengutachtens aufzuzeigen. Soweit sie sich in diesem Zusammenhang auf Denk- und Naturgesetze sowie auf die Erfahrungen des täglichen Lebens berufen, übersehen sie, dass der lärmtechnische Amtssachverständige mit ausführlicher Begründung dargelegt hat, dass die höheren Werte für die Bergabfahrt durch einen rein rechnerischen Vorgang bedingt sind und sich aus unterschiedlichen Korrekturwerten für die im Revisionsfall gegebene Rampenneigung von 16,5% ergeben. Während nämlich bei der Bergauffahrt sowohl bei einer Rampenneigung von 13% als auch bei einer solchen ab 15% laut RVS ein Korrekturwert von 3 dB heranzuziehen sei und sich somit insofern an den der Parkplatzlärmstudie entnommenen Werten, welchen eine Rampenneigung von 13% zugrunde liege, nichts ändere, sei bei der Bergabfahrt bei einer Rampenneigung von 13% ein Korrekturwert von 1 dB und bei einer Rampenneigung ab 15% ein solcher von 3 dB heranzuziehen, sodass der sich aus der Parkplatzlärmstudie ergebende Wert um 2 dB zu erhöhen gewesen sei. Ferner ist der lärmtechnische Amtssachverständige in seinen Gutachten auf die von den Revisionswerbern aufgeworfene Frage der Anwendbarkeit der von ihm herangezogenen Regelwerke eingegangen und das Verwaltungsgericht hat sich in diesem Zusammenhang auch mit dem von den Revisionswerbern vorgelegten Gutachten des Ing. F auseinandergesetzt.
9 Im Übrigen wird bemerkt, dass die Revisionswerber selbst nicht behaupten, dass der für die Bergauffahrt angenommene Schallleistungspegel zu niedrig angesetzt worden sei, wobei sie durch einen - ihrer These folgend, wonach der Schallleistungspegel für die Bergabfahrt jedenfalls unter jenem für die Bergauffahrt liegen müsse - dann allenfalls zu hoch angesetzten Schallleistungspegel für die Bergabfahrt nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten verletzt sein können.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 26. September 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017050221.L00Im RIS seit
26.10.2017Zuletzt aktualisiert am
16.11.2017