Index
L78104 Starkstromwege Oberösterreich;Norm
B-VG Art130 Abs5;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/04/0068 Ra 2017/04/0070 Ra 2017/04/0069Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Mayr und Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revisionen jeweils 1. des F D und 2. der C D, beide in W und beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen die beiden Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 28. Februar 2017, 1) Zlen. LVwG- 850690/15/RK/PW - 850691/2 (protokolliert zu hg. Ra 2017/04/0067 und 0068) sowie 2) Zlen. LVwG-850692/14/RK/PW - 850693/2 (protokolliert zu hg. Ra 2017/04/0069 und 0070), betreffend Enteignung nach dem Oö. Starkstromwegegesetz 1970 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: L GmbH, vertreten durch Beurle/Oberndorfer/Mitterlehner Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 9), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
1 1. Mit dem - in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung (belangte Behörde) vom 19. Dezember 2014 wurde der L GmbH (mitbeteiligte Partei) gemäß den §§ 3 und 7 des Oö. Starkstromwegegesetzes 1970 (im Folgenden: Oö. StWG 1970) die elektrizitätsrechtliche Bau- und Betriebsbewilligung betreffend (insbesondere) eine näher bezeichnete 110 kV-Freileitung sowie den Neubau eines Umspannwerks unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt. Die Einwendungen (unter anderem) der revisionswerbenden Parteien, über deren Grundstücke die genehmigte Freileitungstrasse führen sollte, wurden abgewiesen.
2 2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. August 2016 wurden der mitbeteiligten Partei über ihren Antrag vom 21. September 2015 gemäß den §§ 17 ff Oö. StWG 1970 zur Sicherung der Errichtung, des dauernden Bestandes, des Betriebes und der Instandhaltung der mit Bescheid vom 19. Dezember 2014 genehmigten elektrischen Leitungsanlage zu Lasten von vier - im Eigentum der revisionswerbenden Parteien stehenden, genau bezeichneten - Grundstücken im Enteignungsweg näher umschriebene Dienstbarkeiten eingeräumt (Spruchpunkt I). Unter einem wurde gemäß § 19 Oö. StWG 1970 eine Gesamtentschädigung in der Höhe von EUR 7.779,98 festgesetzt (Spruchpunkt II).
3 Nach den Ausführungen der belangten Behörde seien zuvor unternommene Versuche zur Erzielung einer gütlichen Einigung gescheitert. Zur Erforderlichkeit der Einräumung einer Dienstbarkeit und zum Ausmaß der beanspruchten Fläche verwies die belangte Behörde auf das eingeholte Gutachten des elektrotechnischen Sachverständigen. Hinsichtlich der Festsetzung der Entschädigung stützte sie sich auf das Gutachten des beigezogenen Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung. Der Rechtsmittelbelehrung war zu entnehmen, dass gegen Spruchpunkt I Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben bzw. hinsichtlich Spruchpunkt II die Feststellung des Entschädigungsbetrages beim zuständigen Landesgericht begehrt werden könne.
4 Mit dem (soweit für die vorliegenden Revisionsverfahren von Relevanz: im Wesentlichen inhaltsgleichen) Bescheid der belangten Behörde vom 19. August 2016 wurden der mitbeteiligten Partei (ebenso über ihren Antrag vom 21. September 2015) gemäß den §§ 17 ff Oö. StWG 1970 zur Sicherung der Errichtung, des dauernden Bestandes, des Betriebes und der Instandhaltung der mit Bescheid vom 19. Dezember 2014 genehmigten elektrischen Leitungsanlage zu Lasten von drei - im Miteigentum unter anderem der revisionswerbenden Parteien stehenden, genau bezeichneten - Grundstücken im Enteignungsweg näher umschriebene Dienstbarkeiten eingeräumt (Spruchpunkt I). Unter einem wurde gemäß § 19 Oö. StWG 1970 eine Gesamtentschädigung in der Höhe von EUR 5.095,62 festgesetzt (Spruchpunkt II). Die Rechtsmittelbelehrung glich derjenigen im Bescheid vom 12. August 2016.
5 Gegen beide Bescheide erhoben die revisionswerbenden Parteien jeweils Beschwerde.
6 3. Mit den beiden angefochtenen Erkenntnissen jeweils vom 28. Februar 2017 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich diese Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für unzulässig.
7 Das Verwaltungsgericht hielt in seinen rechtlichen Erwägungen zunächst fest, dass die hier gegenständliche Ausführung der Leitungsanlage als Freileitung sowie die konkrete Leitungstrasse angesichts der vorliegenden starkstromwegerechtlichen Bewilligung nicht mehr zur Diskussion stehe. Der Argumentation der revisionswerbenden Parteien mit einer "nicht näher dargestellten Kabelvariante" komme somit keine Relevanz zu. Das Beschwerdevorbringen der revisionswerbenden Parteien betreffend die vom Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung herangezogenen Methoden bzw. dessen "Nichtberücksichtigung" von Vermögensnachteilen wertete das Verwaltungsgericht als gegen die festgesetzte Höhe der Entschädigung gerichtet. Diese könne jedoch auf Grund der gegebenen sukzessiven Kompetenz "im Verwaltungswege nicht mehr" angefochten werden.
8 Zur (zumindest indirekt) bestrittenen Erforderlichkeit der Einräumung von Dienstbarkeiten verwies das Verwaltungsgericht auf das Gutachten des elektrotechnischen Amtssachverständigen. Dieser habe ausgeführt, dass der dauernde Bestand der elektrischen 110 kV-Freileitungsanlage eine Enteignung erfordere, weil bei einem Wegfall eines bloßen Leitungsrechts gemäß den §§ 11 ff Oö. StWG 1970 (durch das die Grundbenützung nur unwesentlich behindert werden dürfe und das wieder entzogen werden könne) die leitungsbautechnischen Aufwendungen für eine Abänderung von der bewilligten Leitungsanlage zu Mehrkosten, einer höheren Grundbeanspruchung und "ungünstigen elektrotechnischen Momenten" führen würden. Der dauernde Bestand der gegenständlichen elektrischen Leistungsanlage erfordere daher im Hinblick auf die unverhältnismäßigen Kosten (ihrer Verlegung) eine Enteignung.
9 4. Gegen diese beiden Erkenntnisse erhoben die revisionswerbenden Parteien jeweils eine (im Wesentlichen gleichlautende) außerordentliche Revision, die vom Verwaltungsgerichtshof auf Grund des sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbunden worden sind.
10 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG vom Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 6. Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, das Verwaltungsgericht sei von (näher bezeichneter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es seiner Entscheidung ein extrem mangelhaftes Gutachten des Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung zugrunde gelegt habe. Diesem Gutachten müsse nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden.
14 Im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung werden aber weder konkret bezogen auf den vorliegenden Fall noch fachlich fundiert Umstände vorgebracht, die geeignet wären, die Schlüssigkeit des Gutachtens in Zweifel zu ziehen; das Vorbringen bleibt insoweit unsubstanziiert (vgl. diesbezüglich die hg. Beschlüsse vom 11. November 2015, Ra 2015/04/0089, und vom 22. Februar 2017, Ra 2016/10/0124). Auch wird nicht aufgezeigt, dass die Würdigung dieses Gutachtens durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (siehe zur Würdigung eines Gutachtens als Beweiswürdigung und zum Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Zusammenhang damit den hg. Beschluss vom 4. Juli 2016, Ra 2016/04/0057, mwN).
15 Vor allem aber ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht das Beschwerdevorbringen der revisionswerbenden Parteien betreffend das Gutachten des Sachverständigen für Liegenschaftsbewertung als gegen die Festsetzung der Höhe der Entschädigung und somit gegen Spruchpunkt II gerichtet angesehen hat und - ausgehend davon - darauf nicht weiter eingegangen ist. Nach der - im Zuge der Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit unverändert gebliebenen - Regelung des § 19 Abs. 1 lit. c Oö. StWG 1970 kann binnen drei Monaten ab Erlassung des die Entschädigung bestimmenden Bescheides die Feststellung des Entschädigungsbetrages beim zuständigen Landesgericht beantragt werden. Eine (parallele) Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung darüber ist ausgeschlossen (siehe Art. 130 Abs. 5 B-VG; vgl. grundsätzlich dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Juni 2017, E 404/2017, Pkt. 2.7.3, sowie Öhlinger, Die Verwaltungsgerichte im System der österreichischen Bundesverfassung, in Fischer/Pabel/Raschauer (Hrsg.), Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit, 37 (59 f); zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte siehe die - zu inhaltlich vergleichbaren starkstromwegerechtlichen Normen ergangenen - hg. Erkenntnisse vom 29. Jänner 2013, 2011/05/0163 bis 0172, vom 6. September 2011, 2008/05/0016, und vom 31. August 1999, 99/05/0075).
16 7. Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Ermittlungsverfahren nicht ergänzt bzw. habe seiner Entscheidung unschlüssige und unvollständige Feststellungen der belangten Behörde zugrunde gelegt.
Die Zulässigkeit einer Revision auf der Grundlage eines behaupteten Verfahrensmangels setzt aber voraus, dass die Revision von der Lösung der geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser geeignet sein muss, im Fall eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbenden Parteien günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen. Diese Relevanz ist bereits in der Zulassungsbegründung darzulegen (siehe etwa den hg. Beschluss vom 29. Juni 2017, Ra 2017/21/0099, mwN). Mit den allgemein gehaltenen Ausführungen zur behaupteten Verletzung von Ermittlungspflichten wird diesem Erfordernis vorliegend nicht Genüge getan.
17 8. Wenn die revisionswerbenden Parteien schließlich monieren, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen zur fehlenden Erforderlichkeit der Enteignung auseinandergesetzt, ist dem Folgendes entgegenzuhalten: Das Verwaltungsgericht hat zunächst zutreffend darauf verwiesen, dass im Verfahren über eine Enteignung nach den §§ 17 ff Oö. StWG 1970 die Notwendigkeit der Leitungsanlage bzw. der konkrete Trassenverlauf nicht mehr gegenständlich sind (siehe das hg. Erkenntnis vom 19. September 2000, 2000/05/0179, sowie das bereits zitierte Erkenntnis 2008/05/0016). Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht - gestützt auf das Gutachten des elektrotechnischen Sachverständigen - zum Ergebnis gelangte, der dauernde Bestand der gegenständlichen 110 kV-Freileitung erfordere mit Rücksicht auf die unverhältnismäßigen Kosten ihrer Verlegung eine Enteignung bzw. könne mit bloßen Leitungsrechten nach den §§ 11 ff Oö. StWG 1970 nicht das Auslangen gefunden werden (vgl. auch diesbezüglich das - zu einer 20 kV-Leitung ergangene - bereits zitierte Erkenntnis 2011/05/0163 bis 0172). Hinsichtlich der auch in diesem Zusammenhang geltend gemachten Mangelhaftigkeit des (zugrunde liegenden) Gutachtens wird auf die unter Pkt. 6 erfolgten Ausführungen verwiesen. Auch dem elektrotechnischen Gutachten sind die revisionswerbenden Parteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
18 Soweit die Revision auf die Ausführungen in den Revisionsgründen verweist, ist darauf hinzuweisen, dass ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision nicht genügt, um dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, Rechnung zu tragen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 27. Juni 2017, Ra 2017/10/0020, mwN).
19 9. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
20 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 21 Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 26. September 2017
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017040067.L00Im RIS seit
19.10.2017Zuletzt aktualisiert am
16.11.2017