Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichischer Rechtsanwaltsverein (Wirtschaftliche Organisation der Rechtsanwälte Österreichs), *****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Bundesinnung Bau, *****, vertreten durch Dr. Sascha Daniel Salomonowitz M.B.L.-HSG, LL.M. und Dr. Michael Horak, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 11. Juli 2017, GZ 133 R 30/17k-16, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die klagende Partei ist eine Unternehmervereinigung von Rechtsanwälten, zu deren satzungsgemäßem Aufgabengebiet auch die Führung von Wettbewerbsprozessen zählt.
Die beklagte Körperschaft öffentlichen Rechts ist die gesetzliche Interessensvertretung der Baumeister. Sie ist Inhaberin der folgenden Verbandsmarke AM 1538/2014, Registernummer 280340 des Patentamts:
Diese Marke wird mit Zustimmung der beklagten Partei zur Bewerbung von Ausbildungskursen verwendet. Weiters erteilt die beklagte Partei einzelnen Mitgliedern die Berechtigung, diese Marke zu führen, wenn diese einen Kurs belegt haben, der unter anderem 32 Stunden Rechtsvorträge enthält.
Vor dem Patentamt ist ein Verfahren zur Löschung der Marke anhängig.
Mit dem angefochtenen Urteil erkannte das Berufungsgericht die beklagte Partei für schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, eine Marke mit der Wortkombination „Bauanwalt“, insbesondere die oben abgebildete Verbandsmarke zu verwenden oder Dritten zu gestatten, sie zu verwenden, insbesondere nach Absolvierung von Kursen zum „Bauanwalt“, und eine allenfalls schon erteilte Bewilligung zu widerrufen.
Im drittinstanzlichen Verfahren ist nur mehr strittig, ob durch die Verwendung der Marke eine Irreführung nach § 2 UWG vorliegt. Dazu zeigt die beklagte Partei in ihrer außerordentlichen Revision keine erheblichen Rechtsfragen auf.
Rechtliche Beurteilung
1. Auch der Gebrauch einer registrierten Marke kann im Einzelfall beim Publikum unrichtige Vorstellungen erwecken und damit gegen § 2 UWG verstoßen (RIS-Justiz RS0078181).
2. Wie die angesprochenen Kreise eine Angabe oder Werbeaussage verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel ebenso wenig eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0107771; RS0043000; RS0053112) wie die Frage, ob eine andere Beurteilung vertretbar ist (RIS-Justiz RS0107768).
3. Bei der Rechtsansicht des Berufungsgerichts handelt es sich jedenfalls nicht um eine krasse Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS-Justiz RS0107771; RS0043000 [T7]). Die angefochtene Entscheidung hält sich vielmehr im Rahmen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu § 2 UWG. Danach müssen Angaben, die sich auf Eigenschaften eines Unternehmens oder eines Unternehmensinhabers beziehen oder Schlüsse darauf zulassen, mit der Wirklichkeit übereinstimmen (RIS-Justiz RS0117607 [T1]).
4. Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, der durchschnittliche Konsument vermute wegen der Bezeichnung „Bauanwalt“ eine Vertretungsbefugnis, die über jene des Baumeisters hinausgehe, ist jedenfalls vertretbar und bedarf keiner Korrektur (vgl auch 4 Ob 135/10x, Bau & Recht GmbH), zumal die gedankliche Verbindung zu einer rechtsberatenden und vertretenden Tätigkeit durch die Verwendung zweier Paragraphenzeichen verstärkt wird. Schon wegen dieser stark vom Einzelfall geprägten Umstände (vgl 4 Ob 134/15, Augenklinik mwN) bedarf die Ansicht, dass die Bezeichnung „§ BAUANWALT §“ irreführend sein kann, keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.
5. Das Berufungsgericht stützte das Unterlassungsgebot auf Irreführung und nicht etwa auf Verletzung eines Sonderrechtsschutzes. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann daher nicht mit dem Hinweis begründet werden, dass die Bezeichnung „Anwalt“ im Gegensatz zur Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ gesetzlich nicht geschützt sei.
Schlagworte
Bauanwalt,1 Generalabonnement,6.1 gewerblicher RechtsschutzTextnummer
E119574European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00181.17X.0926.000Im RIS seit
20.10.2017Zuletzt aktualisiert am
18.04.2018