Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Rassi sowie die fachkundigen Laienrichter Hofrat DI Josef Huber und DI Bernhard Henhapel als weitere Richter in der Patentrechtssache der klagenden Partei Ing. H***** K*****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. S***** und 2. K***** A*****, beide *****, Schweiz, vertreten durch Heinke Skribe + Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Zahlung (Stufenklage) (Gesamtstreitwert 34.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 28. Juni 2017, GZ 133 R 39/17h-33, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger ist Inhaber des rechtsbeständigen Patents AT 506.670 mit Priorität vom 21. 4. 2008 und mit der Bezeichnung WÄRMEKABINE, das eine Wärmekabine mit einer einen Flüssigkeitsnebel erzeugenden Zerstäubungseinrichtung (sog Solevernebler) schützt. Er wirft den beklagten Parteien ua vor, dieses Patent verletzt zu haben und begehrt ua, ihnen zu untersagen, in Österreich patentverletzende Produkte, insbesondere einen näher beschriebenen Solevernebler für unter anderem eine Wärmekabine in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen.
Die beklagten Parteien bestritten im erstinstanzlichen Verfahren einen Patenteingriff, weil der Solevernebler alleine nicht unter das Klagspatent falle. Der Solevernebler als vermeintlicher Verletzungsgegenstand werde nicht durch das Klagspatent geschützt, weil dieser alleine von den Merkmalen der geschützten Erfindung keinen relevanten Gebrauch mache. Beim Patent gehe es um das Anbringen und Positionieren des Verneblers innerhalb der Wärmekabine.
In der letzten Tagsatzung boten die Beklagten dem Kläger einen Unterlassungsvergleich an, den dieser mangels Anbots von Kostenersatz ablehnte.
Das Erstgericht gab dem auf eine Verletzung des Patents gestützten Unterlassungsbegehren und dem im Rahmen einer Stufenklage erhobenen Begehren auf Rechnungslegung mit Teilurteil statt. Es wies das auf Besitz des Verletzungsgegenstands gestützte Mehrbegehren ebenso rechtskräftig ab wie ein weiteres auf UWG gestütztes Unterlassungsbegehren. Auch die Entscheidung über die Rechnungslegung erwuchs in Rechtskraft.
Das Unterlassungsgebot stützte das Erstgericht auf § 22 Abs 3 PatG und bejahte eine mittelbare Patentverletzung, zumal die wesentlichen Merkmale der Erfindung am Vernebler selbst angeordnet seien. Eine unmittelbare Verletzung finde statt, wenn der Vernebler an der Kabinendecke oder an einer Wandkonsole einer Wärmekabine montiert werde, wofür der Solevernebler sicherlich geeignet oder gar ausgelegt sei. Es sei evident, dass die beklagten Parteien von der Eignung zur patentgemäßen Nutzung des Solevernebler wussten.
Die dagegen erhobene Berufung der beklagten Parteien enthält keine Ausführungen zur Verletzungshandlung bzw zum Umfang des klägerischen Patentrechts, sondern beschränkt sich mit Hinweis auf den angebotenen Vergleich ausschließlich auf den Einwand der fehlenden Wiederholungsgefahr.
Das Berufungsgericht bejahte ungeachtet des angebotenen Unterlassungsvergleichs die Wiederholungs-gefahr und bestätigte das Unterlassungsgebot. Die Wiederholungsgefahr sei nicht weggefallen, weil die vergleichsweise angebotene Unterlassungserklärung unzureichend gewesen sei. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass das Vergleichsanbot der beklagten Parteien nicht alles umfasst habe, was der Kläger mit seiner Klage erreichen hätte können (bzw erreicht habe).
Rechtliche Beurteilung
In ihrer dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigen die beklagten Parteien keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042818). Das gilt auch für die Frage, ob ein angebotener Unterlassungsvergleich die Wiederholungsgefahr beseitigt (4 Ob 139/16v).
2. Deren Wegfall hängt hier entscheidend von der Auslegung des Vergleichsanbots ab, die aber – wie auch sonst die Auslegung von Willenserklärungen (RIS-Justiz RS0042555) – keine Rechtsfrage bildet, deren Entscheidung zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommen würde (RIS-Justiz RS0113785 [Auslegung eines Vergleichs]), sieht man von krassen Fehlbeurteilungen ab.
3. Die beklagten Parteien berufen sich allerdings gar nicht auf eine unvertretbare Auslegung des Vergleichsanbots, die eine Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung notwendig machen würde. Im Zentrum ihrer Ausführungen in dritter Instanz steht vielmehr der Vorwurf, die klägerischen Patentrechte stützten nur Ansprüche für eine Wärmekabine in Kombination mit einem Solevernebler, nicht aber das begehrte und zugesprochene Unterlassungsgebot.
4. Diesen (vom Erstgericht bereits verneinten) Einwand haben die beklagten Parteien allerdings in der Berufung nicht weiterverfolgt. Vor dem Berufungsgericht beschränkten sich die beklagten Parteien ausschließlich auf den Einwand der fehlenden Wiederholungsgefahr. Sie verwiesen dabei auf den angebotenen Vergleich und brachten vor, dass die klagende Partei durch dessen Annahme all das erhalten hätte, „was sie schlussendlich durch das Teilurteil erhalten hat“; das Teilurteil entspreche inhaltlich „mindestens dem angebotenen Unterlassungsvergleich“. Aufgrund dieser submittierenden Ausführungen blieb im zweitinstanzlichen Verfahren unstrittig, dass der klägerische Unterlassungsanspruch nicht (mehr) von patentrechtlichen (Vor-)Fragen, sondern ausschließlich von der Frage der Wiederholungsgefahr abhängt.
5. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können, wenn eine Rechtsrüge in der Berufung nur zu bestimmten Punkten ausgeführt wurde, andere Punkte in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0043352 [T17, T25, T26, T27, T33]; RS0043338 [T10, T11, T13]; vgl auch RS0034743). In zweiter Instanz fallengelassene Einwände können in dritter Instanz daher nicht mehr geltend gemacht werden und eine Zulässigkeit des drittinstanzlichen Rechtsmittels nicht begründen.
Schlagworte
Gewerblicher Rechtsschutz,Urheberrecht,ZivilverfahrensrechtTextnummer
E119506European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00173.17W.0926.000Im RIS seit
16.10.2017Zuletzt aktualisiert am
16.10.2017