Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei K***** S*****, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die gefährdende Partei M***** S*****, vertreten durch Dr. Manfred Nessmann, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO, über den Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 21. März 2017, GZ 21 R 424/16y-17, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 8. Oktober 2016, GZ 42 C 24/16z-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
In ihrem ursprünglichen Provisorialantrag beantragte die Antragstellerin die Erlassung eines Veräußerungs- und Belastungsverbots hinsichtlich einer im Eigentum des Gegners stehenden Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befand. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, dieser beabsichtige die Liegenschaft zu verkaufen, obwohl er wisse, dass es sich dabei um die Ehewohnung handelt und sie Aufteilungsansprüche habe. Für den Fall der Veräußerung bestehe die Gefahr, dass sie ihre Aufteilungsansprüche nicht mehr oder nur erschwert durchsetzen könne. Das Erstgericht erließ (unbekämpft) die beantragte einstweilige Verfügung. Es führte zur Begründung aus, der Aufteilungsanspruch gemäß §§ 81 ff EheG könne nach § 382 Abs 1 Z 8 lit c EO einstweilig gesichert werden, um eine einseitige Veränderung der Vermögenslage bis zur Durchführung des Aufteilungsverfahrens zu verhindern. Da der Antragsgegner den Verkauf seiner Liegenschaft, die in die Aufteilungsmasse falle, anstrebe und dieser Verkauf die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens erheblich erschweren würde, sei das beantragte Veräußerungs- und Belastungsverbot zu erlassen.
Rund eineinhalb Jahre später brachte die Antragstellerin vor, die Liegenschaft sei inzwischen zwangsversteigert worden, wobei dem Antragsgegner nach der Meistbotsverteilung eine Hyperocha verbleiben werde. Sie beantrage daher die Modifizierung bzw Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der dem Antragsgegner verboten werde, über den ihm zustehenden „Rest der Hyperocha“ zu verfügen. Zur Anspruchsgefährdung verwies sie vorerst auf den „ursprünglichen Antrag“ und den Beschluss über die Erlassung des Veräußerungs- und Belastungsverbots. Darüber hinaus brachte sie vor, der Antragsgegner habe ihr gegenüber mehrfach geäußert, dass sie nichts erhalten werde, weshalb zu besorgen sei, dass er sich mit der Hyperocha absetzen bzw ihre Aufteilungsansprüche nicht ausgleichen werde. Ihr sei auch zur Kenntnis gelangt, dass der Antragsgegner mit dem Geld, sobald er es in Händen habe, sofort „etwas tun werde“, sodass für sie nichts mehr da sein werde. Bescheinigungsmittel für dieses Vorbringen bot sie nicht an.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Die abstrakte Möglichkeit des Eintritts der in § 381 Z 1 und 2 EO bezeichneten Gefahren reiche nicht aus; vielmehr müssten konkrete Umstände vorliegen, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Beeinträchtigung des zu sichernden Anspruchs nach der Lebenserfahrung als wahrscheinlich erkennen lassen. Da im gegenständlichen Fall die versteigerte Liegenschaft bzw der aus der Versteigerung erzielte Erlös in die Aufteilungsmasse falle, sei zu besorgen, dass der Antragsgegner den der Aufteilung zufallenden Betrag im Falle einer Auszahlung des Versteigerungserlöses der Antragstellerin entziehe, sei er doch der Meinung, dass diese keine Ansprüche mehr habe.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Abweisung des Provisorialantrags ab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteige und erklärte den Revisionsrekurs letztlich für zulässig. Für die Sicherungsverfügung nach § 382 Z 8 lit c zweiter Fall EO bedürfe es der Bescheinigung einer konkreten Gefährdung. Weder aus dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt noch aus den Antragsbehauptungen lasse sich aber eine konkrete Gefährdung des Aufteilungsanspruchs ableiten. Dass der Umfang dieses Anspruchs strittig sei, begründe entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht noch keine (ernstliche) Besorgnis einer beabsichtigten Vereitelung oder Erschwerung des Aufteilungsanspruchs und rechtfertige daher die Erlassung der begehrten Sicherungsverfügung nicht. Die Antragstellerin habe in ihrem Antrag zwar behauptet, dass der Antragsgegner bereits mehrfach ihr gegenüber geäußert habe, dass sie nichts erhalten werde, weshalb zu besorgen sei, dass er sich mit der Hyperocha absetzen bzw die Aufteilungsansprüche nicht ausgleichen werde. Sie habe das Risiko der Verbringung der verbleibenden Geldmittel aber weder konkretisiert noch dazu Bescheinigungsmittel angeboten. Da ihr Sicherungsbegehren schon mangels einer konkreten Gefährdung abzuweisen sei, sei es nicht notwendig, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Antragstellerin überhaupt ein Aufteilungsanspruch zukommt. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob bei einem Wechsel des Sicherungsobjekts während aufrechter einstweiliger Verfügung die Erlassung einer weiteren einstweiligen Verfügung einer neuerlichen Gefahrenbescheinigung bedarf, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragstellerin ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
Soweit die Revisionsrekurswerberin die Rechtsauffassung vertritt, die gegenständliche einstweilige Verfügung beziehe sich „gleichsam auf dasselbe Sicherungsobjekt“ wie das bereits in Rechtskraft erwachsene einstweilige Veräußerungs- und Belastungsverbot, weshalb auf eine weitere Gefährdungsbescheinigung verzichtet werden könne, übersieht sie, dass sie in ihrem ersten Provisorialantrag nicht einmal behauptet hat, es bestünde die Gefahr, der Antragsgegner würde nicht nur die Aufteilungsmasse durch Veräußerung der Liegenschaft mit der Ehewohnung verändern, sondern darüber hinaus auch einen verbleibenden Veräußerungserlös der Aufteilung entziehen. Sie hat sich vielmehr allein darauf berufen, dass sie Aufteilungsansprüche „hinsichtlich dieser Liegenschaft“ habe und diese für den Fall der Veräußerung nicht mehr oder nur erschwert durchsetzen könne. Auch das Erstgericht hat bei Erlassung der ersten einstweiligen Verfügung die der Antragstellerin drohende Gefahr nicht etwa in der endgültigen Beseitigung von der Aufteilung unterliegendem Vermögen (einschließlich eines Verkaufserlöses), sondern vielmehr nur darin gesehen, dass der Verkauf der Liegenschaft als Gegenstand der Aufteilungsmasse die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens erheblich erschweren würde. Gegenstand des ersten Provisorialverfahrens war somit ausschließlich die von der Antragstellerin behauptete Gefahr des Verlusts der Nutzungsmöglichkeit der Liegenschaft mit der Ehewohnung, nicht aber jene einer allfälligen Verbringung des Verkaufserlöses durch den Antragsgegner.
Damit geht aber ihre Behauptung in dritter Instanz, es habe auf weitergehende Gefährdungsbescheinigungen verzichtet werden können, da sich aus der „vormals rechtskräftigen“ einstweiligen Verfügung die Gefährdung evident ergebe, ins Leere, war doch die nunmehr behauptete Gefahr einer Verbringung des Verkaufserlöses gar nicht Gegenstand des ersten Provisorialverfahrens. Auch der Hinweis darauf, dass aus der Durchführung des Zwangsversteigerungsverfahrens „die schlechte Bonität“ des Antragsgegners folge, begründet noch keineswegs die konkrete Gefahr (vgl nur RIS-Justiz RS0005175 [T19]; RS0005295; RS0005369 [T1]; RS0005118 [T1, T4, T6]) einer allfällige geldmäßige Aufteilungsansprüche gefährdenden Disposition über die verbleibende Hyperocha, besteht doch nach dem von den Vorinstanzen als bescheinigt angenommenen Sachverhalt kein ausreichender Anlass zur Annahme, der Antragsgegner werde wegen seiner ungünstigen Vermögensverhältnisse den verbleibenden Erlös einem Zugriff der Antragstellerin in einem späteren Aufteilungsverfahren entziehen.
Auf ihre ursprünglichen Behauptungen über Äußerungen des Antragsgegners dahin, dass sie aus dem Erlös nichts erhalten werde bzw dass er sich mit der Hyperocha absetzen könnte, kommt die Revisionsrekurswerberin nicht mehr zurück. Nur der Vollständigkeit halber ist dazu auf das zutreffende Argument des Rekursgerichts zu verweisen, dass sie dazu gar keine Bescheinigungsmittel angeboten hat.
Da die Revisionsrekurswerberin insgesamt nicht darlegen konnte, dass die Entscheidung von der Lösung einer iSd § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhinge, ist ihr Rechtsmittel als nicht zulässig zurückzuweisen.
Textnummer
E119651European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00082.17S.0927.000Im RIS seit
30.10.2017Zuletzt aktualisiert am
25.10.2021