TE OGH 2017/9/28 8Ob100/17i

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Veröffentlicht am 28.09.2017
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätin Mag. Korn und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S* I* S*, geboren am * 2008, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Mutter P* S*, vertreten durch Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in Mistelbach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 25. April 2017, GZ 20 R 69/17p-294, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs richtet sich gegen die Verhängung einer Beugestrafe. Ein solcher Beschluss ist nicht rein vermögensrechtlicher Natur iSd § 62 Abs 4 AußStrG (RIS-Justiz RS0038625 [T5]), die im Rechtsmittel erhobene „Zulassungsvorstellung“ ist daher gegenstandslos.

Der Revisionsrekurs zeigt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf.

         2. Der behauptete Verfahrensmangel, der darin bestehen soll, dass der Mutter keine Stellungnahme zum Vorwurf der Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht bei der Kontaktaufnahme des Kindes mit dem bestellten Kinderbeistand eingeräumt wurde, liegt nicht vor.

Im Außerstreitverfahren sind die Parteien berechtigt, auch noch im Rekurs neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, wenn sie dartun können, dass sie an der Unterlassung der früheren Geltendmachung höchstens eine entschuldbare Fehlleistung trifft (§ 49 AußStrG). Von dieser Möglichkeit hat die Mutter im vorliegenden Fall auch Gebrauch gemacht.

Wegen der Neuerungserlaubnis ist das Rekursgericht auch dann berechtigt, in der Sache zu entscheiden, wenn dem Rekurswerber in erster Instanz kein rechtliches Gehör gewährt wurde, sofern der angefochtene Beschluss – wie hier – selbst aufgrund der Angaben im Rekursverfahren zu bestätigen ist (§ 58 Abs 1 AußStrG; 8 Ob 19/11v).

3. Ob die Voraussetzungen für die Verhängung einer Beugestrafe erfüllt sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet – außer im Fall einer groben Fehlbeurteilung – regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG.

Die Entscheidung des Rekursgerichts ist jedenfalls vertretbar, von einer groben Fehlbeurteilung kann keine Rede sein. Die Rechtsmittelwerberin verkennt vielmehr die Tragweite ihrer Verpflichtung, am Zustandekommen einer Kontaktaufnahme des Kindes mit dem Kinderbeistand mitzuwirken, wenn sie meint, die Entscheidung darüber auf das neunjährige Kind überwälzen zu dürfen.

So wie von der obsorgeberechtigten Mutter die Fähigkeit erwartet werden muss, das Kind zum Besuch der Schule oder des Zahnarztes zu motivieren, hat sie es auch in geeigneter kindgerechter Weise zur Kontaktaufnahme mit dem Kinderbeistand zu bewegen, ohne dabei die unverständlicherweise im Revisionsrekurs angesprochene physische Gewalt anwenden zu müssen. Sollte sie dazu nicht in der Lage sein, bestünden ernste Zweifel an ihrer generellen Erziehungsfähigkeit.

4. Die Anfechtung eines „Punkt 3“ der Rekursentscheidung geht ins Leere, ein solcher Spruchpunkt existiert nicht. Der Revisionsrekurs enthält zu dieser Anfechtungserklärung auch keinerlei Begründung.

Schlagworte

24 Entscheidungen zum Familienrecht, 1 Generalabonnement

Textnummer

E119590

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:E119590

Im RIS seit

23.10.2017

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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