TE Vwgh Erkenntnis 2015/2/26 2012/07/0110

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Veröffentlicht am 26.02.2015
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Index

L82407 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Tirol;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §2 Abs6 Z3;
AWG 2002 §2 Abs6 Z4;
AWG 2002 §24a Abs1;
AWG Tir 2008 §10;
AWG Tir 2008 §20 Abs1 lita;
AWG Tir 2008 §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Beschwerde der I F in I, vertreten durch Dr. Martin Eisenberger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 2. April 2012, Zl. uvs-2011/K7/2795-10, betreffend Übertretung nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) erließ gegen die beschwerdeführende Partei das Straferkenntnis vom 17. Juni 2011 mit folgendem Spruch:

"Es wird Ihnen (beschwerdeführende Partei) als handelsrechtliche Geschäftsführerin und damit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 nach außen hin vertretungsbefugtes und somit verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ der Firma F. GmbH und Co. KG ..., zur Last gelegt, dafür verantwortlich zu sein, dass die vorher genannte Gesellschaft seit ca. zwei Jahren (vor dem 15. 06. 2010), jedenfalls jedoch am 16. 04. 2010, 14. 06. 2010 sowie am 15. 06. 2010, einen Teil des in den Gemeinden des Abfallbeseitigungsverbandes der Region 10 angefallenen Sperrmüll, als Abfallsammlerin (Übernehmer) übernommen und verwertet hat, obwohl es sich bei Sperrmüll um Hausmüll im Sinne des § 2 Abs. 1 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz idF LGBl. Nr. 3/2008 handelt und dieser somit der Abfuhrpflicht nach § 10 dieses Gesetzes unterliegt.

Sie haben es somit zu verantworten, dass dieser der Abfuhrpflicht nach § 10 des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes idF LGBl. Nr. 3/2008 unterliegende Abfall nicht zu der öffentlichen Behandlungsanlage des hiezu festgelegten Einzugsbereiches verbracht wurde.

Gemäß § 6 lit. d iVm § 7 lit. c Ziff. 1 der Abfallwirtschaftskonzept-Verordnung, LGBl. Nr. 1/1993, idF LGBl. Nr. 83/2008, ist für den Einzugsbereich der Gemeinden Leutasch, Reith bei Seefeld, Scharnitz und Seefeld i.T., die Umladestation 'Ochsentanne' auf Gp 2880/152, KG Leutasch, als Deponiestandort festgelegt.

Sie haben dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 (1) Verwaltungsstrafgesetz 1991 BGBl. Nr. 52/1991, idF BGBl. I Nr. 142/2008 iVm § 2 (1) iVm § 5 iVm § 10 (1) iVm § 20 (1) lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 3/2008, iVm § 6 lit. d und § 7 lit. c Ziff. 1 der Verordnung vom 1. Dezember 1992, mit der ein Abfallwirtschaftskonzept erlassen wird, LGBl. Nr. 1/1993, idF LGBl. Nr. 83/2008, begangen."

Gemäß § 20 Abs. 1 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz wurde über die beschwerdeführende Partei eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 5.000,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zehn Tagen verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 2. April 2012 gab die belangte Behörde nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung der Berufung insofern Folge, als der beschwerdeführenden Partei die Tat nicht als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F. GmbH & Co. KG, sondern als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Komplementärgesellschaft F GmbH, welcher die Geschäftsführung und Vertretung der F. GmbH & Co. KG obliege, angelastet wurde. Die ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe wurde von zehn Tagen auf zwei Tage herabgesetzt. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die F. GmbH & Co. KG vom Abfallbeseitigungsverband zu den ihr angelasteten Terminen (nämlich dem 16. April 2010, dem 14. Juni 2010 sowie dem 15. Juni 2010) Abfälle übernommen habe. Die Übernahme dieser Abfälle sei durch Lieferscheine, welche im Akt der BH einlägen, dokumentiert. Dies werde von der beschwerdeführenden Partei auch nicht bestritten.

Bei den Abfällen selbst handle es sich nach den Ergebnissen des durchgeführten Beweisverfahrens unzweifelhaft um Sperrmüll, welcher in den Verbandsgemeinden des Abfallbeseitigungsverbandes angefallen sei. So ergebe sich aus der Einvernahme des Betriebsleiters des Abfallbeseitigungsverbandes F K., dass ein Teil der fraglichen Abfälle von den Gemeinden von der Sperrmüllsammlung gekommen sei und der andere von Privatanlieferungen, also von Hotels, Kleingewerbebetrieben und Baufirmen. In weiterer Folge seien von Mitarbeitern des Abfallbeseitigungsverbandes Teile des Abfalls wie Matratzen, Teppiche, Fernseher oder Toiletten herausgenommen und dem Restmüll zugeordnet worden. Der Rest, der übrig geblieben sei, sei dann an die F. GmbH & Co. KG geliefert worden. Der Zeuge F K. habe ausdrücklich bestätigt, dass nicht Wertstoffe, sondern andere Gegenstände aussortiert worden seien. Der Zeuge habe dabei die Auffassung vertreten, dass besagte Matratzen und Teppiche Müll und keine Wertstoffe gewesen seien. Es sei einzig von den Mitarbeitern des Abfallbeseitigungsverbandes vor Ort entschieden worden, was herausgenommen werde und was nicht.

Der Zeuge F K. habe auch ausgeführt, dass vom Abfallbeseitigungsverband selbst keine Deklaration der Abfälle vorgenommen worden sei. So habe F K. als Betriebsleiter, welcher auch als Einziger für eine allfällige Deklaration der Abfälle in Frage komme, ausgeführt, dass er jedenfalls keine Zuordnung zu Abfallschlüsselnummern vorgenommen habe. Auch habe die Einvernahme von F K. ergeben, dass dieser nicht das erforderliche Wissen habe, korrekte Abfallbezeichnungen und Zuordnungen zu Abfallschlüsselnummern vorzunehmen. Zwar habe der Zeuge bei der Befragung angegeben, dass er grundsätzlich wisse, was Schlüsselnummern seien; ein Wissen welche Schlüsselnummer für welche Abfallart zu verwenden sei, könne bei ihm aber definitiv ausgeschlossen werden.

In Summe bestünden daher keinerlei Zweifel, dass im vorliegenden Fall grundsätzlich von den Gemeinden Sperrmüll gesammelt und dem Abfallbeseitigungsverband übergeben worden sei. Vor der Weitergabe der Abfälle seien dann bestimmte Abfallfraktionen aus diesem Sperrmüll herausgenommen worden, wobei es sich dabei im Wesentlichen um Matratzen und Teppiche gehandelt habe, sohin um Abfälle, welche vom Abfallbeseitigungsverband nicht als "Wertstoffe" betrachtet worden seien.

Vor diesem Hintergrund werde - so führte die belangte Behörde in ihrer Begründung weiter aus - festgestellt, dass die Abfalldeklaration entgegen dem Vorbringen in der Berufung nicht vom Abfallbeseitigungsverband vorgenommen worden sei, sondern von Mitarbeitern der F. GmbH & Co. KG. Dies gelte alleine schon deshalb als erwiesen, weil nach der im Rahmen der durchgeführten Verhandlung erfolgten Einvernahme des Zeugen F K. keinerlei Zweifel daran bestünden, dass dieser Zeuge als dafür in Frage kommender Mitarbeiter des Abfallbeseitigungsverbandes gar nicht über das notwendige Wissen für eine derartige Abfalldeklaration nach Schlüsselnummern verfügt hätte.

Auch gelte das Vorbringen in der Berufung, wonach es sich um Gewerbeabfall der Schlüsselnummer 57118 gehandelt habe, eindeutig als widerlegt. Bei Abfällen der Schlüsselnummer 57118 handle es sich laut der bezughabenden Ö-Norm S 2100 um Kunststoffemballagen und -behältnisse. Dabei handle es sich laut den Ausführungen des abfalltechnischen Amtssachverständigen Mag. M. um im Wesentlichen getrennt zu sammelnde Kunststoffabfälle, die der Verpackungsverordnung unterlägen. Diese Abfälle fielen üblicherweise in privaten Haushalten an und würden dann getrennt zur Kunststoffsammlung gegeben.

Dass es sich bei den vom Abfallbeseitigungsverband an die F. GmbH & Co. KG übergebenen Abfällen um solche Kunststoffemballagen gehandelt habe, sei für den Sachverständigen nicht ersichtlich gewesen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung seien weitere Lichtbilder vorgelegt worden, die Auskunft über die Zusammensetzung der Abfälle, die von der F. GmbH & Co. KG vom Abfallbeseitigungsverband übernommen worden seien, liefern sollten. Diese Abfälle seien vom Amtssachverständigen Mag. M. der Abfallart Sperrmüll zugeordnet worden.

Bei der belangten Behörde bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Ausführungen des Amtssachverständigen. Die Lichtbilder, welche unter der Voraussetzung zur Einstufung der Abfälle herangezogen werden könnten, dass es sich dabei lediglich um eine Momentaufnahme handle, zeigten eine Zusammensetzung der Abfälle, welche nach den Ausführungen des Amtssachverständigen Mag. M. eine Zuordnung zur Abfallart Sperrmüll indiziere. Diese Einstufung decke sich mit den Ausführungen des Zeugen F K. über die Herkunft der Abfälle. Schließlich ergebe sich auch für einen nicht gesondert in abfalltechnischen Belangen geschulten Betrachter der Bilder unzweifelhaft, dass darauf Abfälle erkennbar seien, die üblicherweise in privaten Haushalten anfielen und aufgrund ihrer Größe nicht im Rahmen der üblichen Restmüllsammlung entsorgt werden könnten. Konkret seien darauf etwa ein Lattenrost, ein Campingtisch und Campingstühle, Teppichreste und Teile eines gepolsterten Sitzmöbels sowie unterschiedliche andere Holzabfälle wie Holzlatten und dergleichen erkennbar.

Anhaltspunkte dafür, dass es sich im vorliegenden Fall um Abfälle handeln würde, welche etwa im Rahmen eines betrieblichen Produktionsprozesses angefallen und nach ihrer Art und Zusammensetzung nicht mit Abfällen vergleichbar wären, die in privaten Haushalten üblicherweise anfielen, hätten sich im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise ergeben.

Zusammenfassend hielt die belangte Behörde fest, dass die Abfälle, welche vom Abfallbeseitigungsverband der F. GmbH & Co. KG übergeben worden seien, aus der kommunalen Abfallsammlung stammten. Neben Abfällen aus Privathaushalten seien dabei vergleichbare Abfälle auch aus Gewerbebetrieben übernommen worden. Eine Zuordnung der Abfälle im Hinblick auf die Zusammensetzung und Herkunft habe ergeben, dass diese als Sperrmüll einzustufen seien. Bei den Abfällen selbst seien gewisse Fraktionen herausgenommen worden, welche vom Abfallbeseitigungsverband in weiterer Folge als Restmüll behandelt worden seien. Es seien sohin nicht Abfälle aus dem Sperrmüll herausgenommen und diese sodann als betrieblicher Abfall weitergegeben worden, sondern die nach der Herausnahme von Teppichen, Matratzen und Ähnlichem bereinigten Abfallmengen seien insgesamt vom Abfallbeseitigungsverband an die F. GmbH & Co. KG übergeben worden. Die Zuordnung der Abfälle sei nicht vom Abfallbeseitigungsverband, sondern von Mitarbeitern der F. GmbH & Co. KG getroffen worden.

Die beschwerdeführende Partei bringe vor, dass es sich im vorliegenden Fall um betriebliche Abfälle handle, die nicht dem angeführten Reglement des Tiroler Abfallwirtschaftsgesetzes unterliegen würden. Wie das durchgeführte Beweisverfahren ergeben habe, könne davon allerdings keine Rede sein. So sei im vorliegenden Fall von den Gemeinden des Abfallbeseitigungsverbandes Sperrmüll gesammelt worden. In weiterer Folge seien gewisse Bestandteile aus dem Sperrmüll entfernt und der verbleibende Rest des Sperrmülls von der F. GmbH & Co. KG übernommen worden, welche diesen einer Behandlung in ihrer Betriebsanlage unterzogen habe.

Neben der Einstufung der Abfälle als "Sperrmüll" bestreite die beschwerdeführenden Partei zudem, überhaupt von der Strafdrohung des § 20 Abs. 1

lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz erfasst zu werden. So sei sie nicht Normadressat dieser Bestimmung, da sie nicht als Abfallsammlerin, sondern als Abfallbehandlerin nicht andienungspflichtiger betrieblicher Abfälle einzustufen sei. Diese Begriffe seien nach dem auch für diese Fragen grundsätzlich geltenden Abfallwirtschaftsgesetz 2002 zu definieren. Ein Abfallbehandler könne nicht automatisch als Abfallsammler eingestuft werden, zumal auch der Bundesgesetzgeber hier eine entsprechende Unterscheidung vornehme.

Dem hält die belangte Behörde in der Begründung ihres angefochtenen Bescheides die Formulierung des § 20 Abs. 1 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz entgegen, welcher wörtlich "Abfallsammler (Übernehmer)" als Adressaten bezeichne. Ausschlaggebend dafür, ob jemand von dieser Strafdrohung grundsätzlich erfasst werden könne, sei daher, ob Abfälle von Dritten übernommen würden. Alleine schon nach den Gesetzen der Logik müsse ein Abfallbehandler, der Abfälle, die nicht in seinem Betrieb entstanden seien, zunächst gesammelt haben. Es könne daher keine Rede davon sein, dass ein Abfallbehandler nicht zugleich auch Sammler von Abfällen sein könne. Dies zeige auch ein Blick auf das Verständnis des Abfallrechts des Bundes: Das Abfallwirtschaftsgesetz 2002 definiere in § 2 Abs. 6 Z. 3 den Abfallsammler im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 als "jede Person, die von Dritten erzeugte Abfälle selbst oder durch andere a) abholt, b) entgegen nimmt oder c) über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt". Wie das Beweisverfahren ergeben habe, habe die beschwerdeführende Partei Sperrmüll und damit der Abfuhrpflicht gemäß § 10 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz unterliegende Abfälle in ihrer Anlage übernommen, behandelt und zu anderen Anlagen als der öffentlichen Behandlungsanlage des nach § 5 Abs. 3 Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz festgelegten Einzugsbereiches verbracht. Anders als die beschwerdeführende Partei meine, werde durch diese Bestimmung daher nicht ausschließlich der Abfallbeseitigungsverband gebunden; diese Sichtweise sei weder durch die Formulierung der fraglichen Bestimmung direkt indiziert, noch gebiete eine systematische Betrachtung eine derartige restriktive Interpretation. Allein schon eine am Zweck der Norm orientierte Auslegung gebiete es daher, auch die beschwerdeführende Partei im hier vorliegenden Zusammenhang als Übernehmerin im Sinne der zitierten Bestimmung zu verstehen.

Das Argument, sie könne nicht Normadressatin sein, könne daher nicht mit den hier anzuwendenden Bestimmungen in Einklang gebracht werden. Im Übrigen habe sich im Verfahren ja auch ergeben, dass die Abfälle nach der Behandlung in der Anlage der F. GmbH & Co. KG nicht etwa zur Umladestation Ochsentanne gebracht würden. Insofern seien diese Abfälle nicht nur übernommen, sondern durch die Weitergabe an Dritte auch nicht "angedient" worden. Es bestünden daher keine Zweifel, dass die BH die Übernahme, Behandlung und Weitergabe des Sperrmülls an Dritte zu Recht als Verletzung des § 20 Abs. 1 lit. a Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz qualifiziert habe.

Schließlich handle es sich beim "Andienungszwang" nicht um eine willkürliche Regelung in Verletzung abfallrechtlicher Grundprinzipien, wie dies die beschwerdeführenden Partei implizit vorbringe, sondern um eine Regelung, die durch das öffentliche Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt sei. Auch stünde der landesgesetzlich vorgesehene Andienungszwang nicht im Widerspruch zum Unionsrecht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gelten gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Zu dieser Gegenschrift erstattete die beschwerdeführende Partei eine Replik.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Das Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 3/2008 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung (TAWG) lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Hausmüll sind alle nicht gefährlichen Siedlungsabfälle im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 2 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002.

(2) Sperrmüll ist jener Hausmüll, der wegen seiner Größe oder Form nicht in die für die Sammlung des Hausmülls auf den einzelnen Grundstücken bestimmten Müllbehälter eingebracht werden kann.

(3) Betriebliche Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden Abfälle mit Ausnahme des Hausmülls.

...

§ 5

Abfallwirtschaftskonzept

(1) Die Landesregierung hat für das ganze Land ein Raumordnungsprogramm nach § 7 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2006, LGBl. Nr. 27, in der jeweils geltenden Fassung zu erlassen, in dem die zur Verwirklichung der Grundsätze für die Abfallwirtschaft nach § 4 erforderlichen Maßnahmen festzulegen sind (Abfallwirtschaftskonzept). Soweit einzelne Maßnahmen für das ganze Land oder für Teile des Landes vordringlich sind, können vorläufig nur jene Teile des Abfallwirtschaftskonzeptes erlassen werden, die diese Maßnahmen enthalten.

...

(3) Im Abfallwirtschaftskonzept sind jedenfalls festzulegen:

...

c) die zur geordneten Behandlung oder Verbringung der im Land anfallenden Abfälle, mit Ausnahme jener Abfälle, die nach § 5 Z. 7 der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 49/2004, abgelagert werden dürfen sowie von Abfällen, die getrennt zu sammeln sind, erforderlichen öffentlichen Behandlungsanlagen sowie unter Bedachtnahme auf die Arten und Mengen der anfallenden Abfälle, auf die Anzahl der Einwohner und der Betriebe und auf die verkehrstechnischen Verhältnisse die Standortbereiche und die Einzugsbereiche dieser Anlagen,

§ 10

Allgemeine Pflichten

(1) Unbeschadet der bundesrechtlichen Vorschriften müssen alle Abfälle nach den Bestimmungen dieses Gesetzes und der in seiner Durchführung erlassenen Verordnungen gesammelt und abgeführt werden, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

...

§ 20

Strafbestimmungen

(1) Wer

a) als Abfallsammler (Übernehmer) die der Abfuhrpflicht nach § 10 unterliegenden Abfälle nicht zu der öffentlichen Behandlungsanlage des nach § 5 Abs. 3 festgelegten Einzugsbereiches verbringt oder

..., begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 36.000,- Euro zu bestrafen."

Die Abfallwirtschaftskonzept-Verordnung, LGBl. Nr. 1/1993 in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 83/2008 lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 6

Einzugsbereiche

In Tirol werden folgende Einzugsbereiche für Hausmüll und

betriebliche Abfälle festgelegt:

...

d) Einzugsbereich 4 (Mitte): dieser Einzugsbereich umfasst das Gebiet sämtlicher Gemeinden der Bezirke Innsbruck-Land und Schwaz,

...

§ 7

Standorte für öffentliche Behandlungsanlagen

Als Standorte für Anlagen zur geordneten Behandlung oder Verbringung der im Land anfallenden Abfälle, mit Ausnahme jener Abfälle, die nach § 7 der Deponieverordnung 2008, BGBl. II Nr. 39/2008, abgelagert werden dürfen, sowie von Abfällen, die getrennt zu sammeln sind, werden festgelegt:

...

c) in den Einzugsbereichen 3 und 4

1. das Gst. 2880/152, GB 81118 Leutasch, für die Gemeinden Leutasch, Reith bei Seefeld, Scharnitz und Seefeld in Tirol,

..."

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) in der zum Tatzeitpunkt maßgebenden Fassung sind Siedlungsabfälle Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die aufgrund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind; bei der Zuordnung ist das europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl. Nr. L 194 vom 25. 07. 1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG, ABl. Nr. L 78 vom 26. 03. 1991 S 32 und die Entscheidung 96/350/EG, ABl. Nr. L 135 vom 06. 06. 1996 S 32, zu berücksichtigen.

Nach § 2 Abs. 6 Z. 3 AWG 2002 ist "Abfallsammler" jene Person, die vom Dritten erzeugte Abfälle selbst oder durch andere

a)

abholt,

b)

entgegennimmt oder

c)

über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt.

Gemäß § 2 Abs. 6 Z. 4 AWG 2002 ist "Abfallbehandler" jede Person, die Abfälle verwertet oder beseitigt.

Wie schon vor der belangte Behörde bezweifelt die beschwerdeführende Partei, Normadressat der Strafbestimmung des § 20 Abs. 1 lit. a TAWG zu sein. Faktum sei, dass das von ihr vertretene Unternehmen die Abfälle als Abfallbehandler übernommen habe. Als Abfallbehandler sei das von ihr vertretene Unternehmen weder Normadressat des § 20 Abs. 1 lit. a TAWG noch sei sie dafür verantwortlich, dass Abfälle, die möglicherweise der Andienungspflicht unterlägen, von einem kommunalen Abfallsammler nicht entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des TAWG angedient worden seien. Ein Abfallbehandler könne gemäß den gesetzlichen Bestimmungen niemals im Zuge seiner Behandlertätigkeit gleichzeitig Abfallsammler sein.

Mit diesem Vorbringen ist die beschwerdeführende Partei nicht im Recht. § 20 Abs. 1 lit. a TAWG spricht vom Abfallsammler (Übernehmer) von der Abfuhrpflicht nach § 10 leg. cit. unterliegenden Abfällen. Zutreffend verweist die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf § 2 Abs. 6 Z. 3 AWG 2002. Diese bundesgesetzliche Bestimmung legt auch für den Anwendungsbereich des TAWG verbindlich fest, wer als "Abfallsammler (Übernehmer)" zu gelten hat.

Entscheidend ist demnach, dass als "Abfallsammler" jene Person zu gelten hat, die von Dritten erzeugte Abfälle selbst oder durch andere a) abholt, b) entgegen nimmt oder c) deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt.

Das von der belangten Behörde nicht zu beanstandende Verwaltungsverfahren ergab schlüssig und nachvollziehbar, dass das von der beschwerdeführenden Partei vertretene Unternehmen solche der Abfuhrpflicht nach § 10 TAWG unterliegenden Abfälle im Sinne des § 2 Abs. 6 Z. 3 AWG 2002 entgegen nahm. Damit ist das von der beschwerdeführenden Partei vertretene Unternehmen als Abfallsammler (Übernehmer) im Sinne des § 20 Abs. 1 lit. a TAWG anzusehen. Dass im Unternehmen der beschwerdeführenden Partei nach deren Behauptungen im Anschluss eine Behandlung der Abfälle erfolgte, schließt diese Sammlungstätigkeit nicht aus.

Gegen dieses Ergebnis kann entgegen den Beschwerdeausführungen auch nicht § 24a Abs. 1 AWG 2002 herangezogen werden, wonach derjenige, der "Abfälle sammelt oder

behandelt ... einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann" bedarf.

Die hier vorgenommene Unterscheidung zwischen dem Abfallsammler und Abfallbehandler bedeutet nicht, dass ein Abfallbehandler niemals zugleich auch Abfallsammler sein kann. Folgerichtig verweist die belangte Behörde in ihrem angefochtenen Bescheid ("nach den Gesetzen der Logik"), dass ein Abfallbehandler, der Abfälle, die nicht in seinem Betrieb entstanden sind, zunächst einmal gesammelt haben muss.

Durch die Entgegennahme die der Abfuhrpflicht nach § 10 TAWG unterliegenden Abfälle fungierte das von der beschwerdeführenden Partei vertretene Unternehmen als Abfallsammler (Übernehmer) im Sinne von § 20 Abs. 1 lit. a TAWG, womit die beschwerdeführende Partei zum Normadressat dieser Strafbestimmung wurde.

Die beschwerdeführende Partei meint, dass die in § 10 TAWG normierte Abfuhrpflicht der in § 4 Abs. 1 TAWG festgesetzten Hierarchie der Ziele und Grundsätze dieses Gesetzes widerspreche.

Dem ist entgegenzuhalten, dass § 10 TAWG gerade eine Konkretisierung der in § 4 TAWG verankerten Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft darstellt. Die Verpflichtung zur Ablieferung von Hausmüll kann daher nicht gegen § 4 TAWG verstoßen (vgl. dazu bereits das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0014).

Dass der "Andienungszwang" dem Unionsrecht widersprechen sollte, wird von der Beschwerde lediglich in einer Überschrift behauptet, jedoch nicht näher dargelegt.

Der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegende Abfall war nicht zur Behandlung in der Anlage der beschwerdeführenden Partei bestimmt. Vielmehr war er im Rahmen einer einheitlichen Entsorgung der Abfälle einer anderen Behandlung zugedacht. Durch die Sammlung und Behandlung dieser Abfälle durch das Unternehmen der beschwerdeführenden Partei wurden diese aus dem gesetzlich bestimmten Entsorgungszyklus herausgenommen. Dieser Umstand rechtfertigt die im vorliegenden Verfahren vorgenommene Bestrafung der beschwerdeführenden Partei.

Die belangte Behörde gelangte in einem vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Verfahren zum Ergebnis, dass die vom Unternehmen der beschwerdeführenden Partei gesammelten Abfälle aus der kommunalen Abfallsammlung stammten, die der Abfuhrpflicht nach § 10 TAWG unterlag.

Schließlich bekämpft die beschwerdeführende Partei auch nicht die von der belangten Behörde in einem mängelfrei geführten Verfahren getroffene und sachverständig untermauerte Qualifikation der verfahrensgegenständlichen Abfälle als dem Regime des TAWG unterliegend.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Februar 2015

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:2012070110.X00

Im RIS seit

07.04.2015

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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