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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, Senatspräsident Dr Köhler und Hofrätin Maga Nussbaumer-Hinterauer als Richter bzw Richterin, unter Beiziehung der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde 1. der W Betriebsgesellschaft m.b.H. in S und
2. der W Limited in T, beide vertreten durch Dr Erich Jungwirth, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Trautsongasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Burgenland vom 10. Oktober 2011,
E 018/14/2011.004/005, betreffend Beschlagnahme gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG,
Spruch
1.) den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. und II.2. sowie die Zurückweisung der Berufung der beschwerdeführenden Parteien betreffend die Geräte mit den Nummern 1 und 2 bzw 6 bis 8 wendet, als unzulässig zurückgewiesen,
und
2.) zu Recht erkannt:
Im Übrigen (betreffend die Geräte mit den Nummern 3 bis 5, 9 bis 11 und 12) wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid vom 13. Jänner 2011 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a GSpG die Beschlagnahme einer Reihe von näher bezeichneten Glücksspielgeräten an.
1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde unter Spruchabschnitt II.1. die Berufung der beschwerdeführenden Parteien gegen diesen Bescheid hinsichtlich der Geräte mit den Nummern 1 und 2 sowie 6 bis 8 mangels Parteistellung als unzulässig zurück und hinsichtlich der Geräte mit den Nummern 3 bis 5, 9 bis 11 und 12 gemäß § 66 Abs 4 AVG als unbegründet ab.
Die Spruchabschnitte I. und II.2. betreffen Berufungen anderer Parteien (in Spruchpunkt I. hinsichtlich anderer Geräte, in Spruchpunkt II.2. hinsichtlich derselben Geräte, die im Übrigen in Spruchpunkt II. Gegenstand der Entscheidung waren).
Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Erstbeschwerdeführerin die Eigentümerin der Geräte mit den Nummern 3 bis 5, 9 bis 11 und 12 und die Zweitbeschwerdeführerin Veranstalterin der mit diesen Geräten angebotenen Ausspielungen gewesen sei, sodass die Berufungen der Beschwerdeführerinnen (nur) hinsichtlich dieser Geräte zulässig gewesen seien; im Übrigen (hinsichtlich der Geräte mit den Nummern 1 und 2 sowie 6 bis 8) seien die Beschwerdeführerinnen weder Eigentümer noch Inhaber oder Veranstalter gewesen, sodass die Berufungen insoweit zurückzuweisen gewesen seien.
Begründend stellte die belangte Behörde zunächst die Funktionen der beschlagnahmten Geräte dar. Mit den Geräten seien Walzenspiele, Kartenspiele und Roulette sowie Wetten auf voraufgezeichnete Hunde- und Pferderennen angeboten worden. Bei der Beschreibung der Spiele stellte die belangte Behörde zu den Geräten "1 bis 5 und 9 bis 11" hinsichtlich des Roulettes fest, dass Einsätze von mehr als EUR 10,-- möglich gewesen seien. Eine Zuordnung im Einzelnen, auf welchen Geräten diese Möglichkeit bestanden habe, erfolgte nicht. Ebensowenig wurde eine Feststellung der möglichen Höchsteinsätze bezüglich des Geräts mit der Nummer 12 getroffen.
Nach Darstellung der nach Auffassung der belangten Behörde maßgeblichen Rechtsvorschriften des Glücksspielgesetzes, BGBl Nr 620/1989 (in der Folge: GSpG), ging die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen hinsichtlich der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes ein. Im Zeitpunkt der Beschlagnahme müsse die Eigenschaft als Glücksspielautomat oder sonstiger Eingriffsgegenstand noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen sein. Für die Zulässigkeit der Beschlagnahme genüge der Verdacht, dass eine Norm, deren Übertretung mit Verfall sanktioniert sei, verletzt worden sei. Die belangte Behörde ging dabei detailliert auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage 981 der Beilagen 24. GP zum Bundesgesetz BGBl I Nr 111/2010 ein, in denen klargestellt worden sei, dass "bei Kontrollhandlungen, die (auch) einen Verdacht einer Übertretung des § 168 StGB ergeben, eine allenfalls von den Kontrollorganen vorgenommene vorläufige Sicherstellung der Eingriffsgegenstände gemäß § 53 Abs 2 GSpG mittels Beschlagnahmeverfahren" durch die Behörde beschlossen werden könne.
Bei den angeführten Spielen - so die belangte Behörde weiter -
sei keine gezielte Einflussnahme auf das Zustandekommen des Wettergebnisses möglich gewesen, sondern der Ausgang des Spieles sei ausschließlich vom Zufall abhängig gewesen. Die Hunde- und Pferderenn-Wetten stellten keine Sportwetten dar. Nach Auseinandersetzung mit dem Begriff der Ausspielung schloss die belangte Behörde, dass im Beschwerdefall der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 bzw 6 GSpG bestanden habe. Zu dem Berufungsvorbringen betreffend die fehlende Strafbarkeit auf Grund der EU-Rechtswidrigkeit von Bestimmungen des GSpG wurde mit näherer Begründung ausgeführt, inwiefern die beschränkenden Regelungen des GSpG auch für Wirtschaftsteilnehmer, die in einem Mitgliedstaat niedergelassen sind und dort rechtmäßig Glücksspiele auf elektronischem Weg betreiben, angewendet werden dürften. Die seit dem Urteil des EuGH C-64/08 in der Rechtssache Engelmann geänderte Rechtslage entspreche nunmehr der Rechtsprechung des EuGH, allein der Umstand, dass eine Konzessionsvergabe noch nicht erfolgt sei, mache die Bestimmungen noch nicht unanwendbar im Sinne der genannten Rechtsprechung.
1.3. Gegen diesen Bescheid "seinem gesamten Inhalt nach" richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
1.4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
2.2. Zur (teilweisen) Zurückweisung der Beschwerde:
Die Beschwerde enthält keinerlei Einschränkung der Anfechtungserklärung, sondern bezieht sich ausdrücklich auf den einleitend genannten Bescheid "seinem gesamten Inhalt nach".
Soweit damit auch Bescheidteile angefochten wurden, die sich auf Berufungen anderer Parteien beziehen, war die Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung der beschwerdeführenden Parteien mangels sachlicher Beziehung der beschwerdeführenden Parteien zu den beschlagnahmten Geräten zurückgewiesen wurde, enthält die Beschwerde keinerlei Ausführungen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, inwiefern die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, die beschwerdeführenden Parteien seien hinsichtlich dieser Geräte nicht rechtsmittellegitimiert gewesen, auf dem Boden der in der Beschwerde nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellungen unzutreffend sein sollte (zur Rechtsmittelbefugnis im Beschlagnahmeverfahren vgl zB die hg Erkenntnisse vom 26. Juni 2011, 2011/17/0122, 14. Dezember 2011, 2011/17/0084, und vom 15. März 2013, 2008/17/0186). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesen Erkenntnissen insbesondere ausgesprochen, dass selbst im Fall der Zustellung des Beschlagnahmebescheides an eine von den in § 53 Abs 3 GSpG genannten Personen verschiedene Person dieser nicht die Berufungslegitimation zukomme.
Auch insoweit war daher die Beschwerde gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
2.3. Zur Entscheidung in der Sache:
Soweit die Beschwerde zulässig ist, gleicht der Beschwerdefall vom entscheidungswesentlichen Sachverhalt und von der maßgeblichen Rechtslage her demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2013, 2012/17/0507, entschieden hat, weshalb auf dieses Erkenntnis gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird.
Die belangte Behörde hat nicht näher auf bestimmte Geräte bezogen festgestellt, dass bei den Roulette-Spielen auf den Geräten "1 bis 5 und 9 bis 11" Einsätze von mehr als EUR 10,-- möglich gewesen seien. Eine Feststellung der möglichen Höchsteinsätze bezüglich des Geräts mit der Nummer 12 wurde nicht getroffen. Es fehlen insoweit wesentliche Feststellungen, die im Sinne des genannten Erkenntnisses für die Klärung der Frage, ob die belangte Behörde zu der ausgesprochenen Beschlagnahme zuständig war, erforderlich gewesen wären.
Der angefochtene Bescheid war daher aus den im genannten Erkenntnis näher dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, soweit damit die Berufung der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich der im Bescheid näher genannten Geräte abgewiesen wurde, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war.
2.4. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am 26. Februar 2015
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:2011170316.X00Im RIS seit
08.04.2015Zuletzt aktualisiert am
21.05.2015