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L80007 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Tirol;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Grubner, über die Beschwerde des A in Wien, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 20. Jänner 1999, Zl. Ve1-554-116/1-4, betreffend Feststellung über die weitere Verwendung einer Wohnung als Freizeitwohnsitz gemäß § 16 Abs. 3 Tir. Raumordnungsgesetz 1997 (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Kitzbühel, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 23. August 1994 (eingelangt beim Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 24. August 1994) meldete der Beschwerdeführer die Wohnung Top 2 in einem insgesamt aus 3 Wohnungen bestehenden Gebäude an der näher angeführten Adresse gemäß § 16 Abs. 1 Tir. Raumordnungsgesetz 1994 an. Sein Sohn E. habe zwar in dieser Wohnung seinen ordentlichen Wohnsitz, von der übrigen Familie des Beschwerdeführers werde diese Wohnung aber seit ihrer Kollaudierung als Freizeitwohnsitz genutzt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. November 1996 wurde festgestellt, dass der angeführte Wohnsitz vom Beschwerdeführer nicht weiter als Freizeitwohnsitz verwendet werden dürfe. Das vorliegende Wohnhaus mit drei Wohnungen sei mit Bescheid vom 13. Mai 1986 baurechtlich bewilligt worden. Die Wohnung Top 2 im Erdgeschoß befinde sich im Eigentum des Beschwerdeführers. Aus der Baubewilligung ergebe sich der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz nicht. Nach der Meldebestätigung des Meldeamtes hätten sowohl der Beschwerdeführer als auch B.F. und E.F. diese Wohnung am 1. Jänner 1994 als Hauptwohnsitz bewohnt.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers vom November 1996 wurde mit Schreiben der belangten Behörde vom 5. Juni 1997 unter Verweis auf die 1. Raumordnungsgesetz-Novelle (LGBl. Nr. 28/1997) zum Tir. Raumordnungsgesetz 1997, an die Gemeindebehörden verwiesen. Nach Art. II Abs. 2 dieser Novelle seien anhängige Verfahren nach § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 3 Tir. Raumordnungsgesetz 1997 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fortzusetzen. Auf Grund eines Devolutionsantrages des Beschwerdeführers an den Gemeinderat ging die Zuständigkeit zur Entscheidung vom Stadtrat auf den Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde über, der die Berufung mit Bescheid vom 30. Juli 1998 als unbegründet abwies.
Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass, da sich aus der Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude unstrittig der Verwendungszweck als Freizeitwohnsitz nicht ergebe, für das weitere Verfahren entscheidungswesentlich sei, ob der Wohnsitz am 31. Dezember 1993 als Freizeitwohnsitz verwendet worden sei oder nicht. Die Freizeitwohnsitzeigenschaft sei ausschließlich von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen abhängig. Es reiche daher das Vorliegen einer Anmeldung eines ordentlichen Wohnsitzes nicht aus, um eine Freizeitwohnsitzeigenschaft von vornherein auszuschließen. Aus dem Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Juni 1989 ergebe sich jedoch eindeutig, dass die vorliegende Wohnung zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes des Sohnes des Beschwerdeführers diene. Dies habe der Beschwerdeführer auch in seiner Vorstellung bestätigt. Gemäß der Definition des Freizeitwohnsitzes gemäß § 15 Abs. 1 Tir. Raumordnungsgesetz sei es nicht möglich, dass dieselbe Wohnung gleichzeitig als ordentlicher Wohnsitz bzw. als Freizeitwohnsitz im Sinne dieser Bestimmung verwendet werde.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da der Bürgermeister in erster Instanz gemäß dem Tir. Raumordnungsgesetz 1994 im übertragenen Wirkungsbereich entschieden hat (siehe § 16 i.V.m. § 118 leg. cit.), lag die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung bei der Landesregierung als jener Behörde, die in dem Vollzugsbereich, in dem die erstinstanzliche Entscheidung ergangen ist, als Berufungsbehörde vorgesehen ist. Daran ändert nichts, dass gemäß § 16 i.V.m. § 119 Tir. Raumordnungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 10 i.d.F. LGBl. Nr. 28/1997, die Vollziehung der Feststellung der weiteren Verwendung u.a. einer Wohnung als Freizeitwohnsitz nunmehr in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt. Auch der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Art. II Abs. 2 der Novelle des Tir. Raumordnungsgesetzes 1997, LGBl. Nr. 28, führt zu keinem anderen Ergebnis, weil es sich im vorliegenden Fall nicht um ein im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Novelle anhängiges Verfahren nach § 15 Abs. 3 und § 16 Abs. 3 Tir. Raumordnungsgesetz 1997 handelt, das nach dieser gesetzlichen Anordnung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fortzusetzen ist. Diese Übergangsbestimmung bezieht sich gerade nicht auf Verfahren, die bereits vor dem Inkrafttreten des Tir. Raumordnungsgesetzes 1997 gemäß dem Tir. Raumordnungsgesetz 1994 anhängig waren. Aber selbst wenn man davon ausginge, dass von dieser Bestimmung auch die gemäß Tir. Raumordnungsgesetz 1994 diesbezüglich anhängigen Verfahren erfasst wären, gebietet eine verfassungskonforme Auslegung im Lichte der Regelungen des Art. 119 Abs. 1 und 2 i.V.m. Art. 118 Abs. 4 B-VG, wonach es im Bereich des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde nach dem in erster Instanz zuständigen Bürgermeister einen Instanzzug an die Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde gibt, dass die Anordnung des Art. II Abs. 2 der angeführten Novelle nur für Fälle gilt, in denen der Bürgermeister in erster Instanz noch nicht entschieden hat. Die belangte Behörde hätte daher die Unzuständigkeit des auf Grund des angeführten Devolutionsantrages in zweiter Instanz entscheidenden Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde durch die Aufhebung des Berufungsbescheides wahrzunehmen gehabt. Zur näheren Begründung der aufgezeigten Rechtswidrigkeit kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 98/06/0166, verwiesen werden.
In Bezug auf das fortgesetzte Verfahren wird auf die hg. Judikatur verwiesen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. April 2000, Zl. 98/06/0135, und vom selben Tag, Zl. 98/06/0232), nach der es im Hinblick auf das Kriterium des sich auf Grund der Baubewilligung ergebenden Verwendungszweckes als Freizeitwohnsitz genügt, dass in dem bewilligten Verwendungszweck die Verwendung als Freizeitwohnsitz mitumfasst ist. Auch im Zeitpunkt der Erteilung der vorliegenden Baubewilligung im Jahre 1986 stand eine raumordnungsrechtliche Regelung (§ 16a Tir. Raumordnungsgesetz 1984, LGBl. Nr. 4/1984) in Geltung, die lediglich die Errichtung von mehr als drei Wohnungen in einem Gebäude, die als Aufenthalt während der Ferien, des Urlaubes oder nur zeitweilig als Zweitwohnung benützt werden sollten, verbot, wenn keine entsprechende Widmung vorlag. Auch aus der vorliegenden Baubewilligung aus dem Jahre 1986 ist im Lichte dieser raumordnungsrechtlichen Regelung für die drei Wohnungen in dem verfahrensgegenständlichen Gebäude (u.a. die verfahrensgegenständliche Top 2) zu schließen, dass in dem bewilligten Verwendungszweck als Wohnung auch die Verwendung als Freizeitwohnsitz mitenthalten ist. Es wird somit im fortgesetzten Verfahren davon auszugehen sein, dass sich im Sinne des § 16 Abs. 1 lit. a Tir. Raumordnungsgesetz 1997 i.d.F. der angeführten Novelle der Verwendungszweck der verfahrensgegenständlichen Wohnung als Freizeitwohnsitz auf Grund der Baubewilligung ergibt.
Da die belangte Behörde die aufgezeigte Unzuständigkeit der Berufungsbehörde nicht aufgegriffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 2000
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Änderung der ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999060043.X00Im RIS seit
11.07.2001