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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §212a Abs5 idF 2002/I/097;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag Dr Zehetner, Maga Nussbaumer-Hinterauer und Dr Leonhartsberger sowie Hofrat Mag Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Maga Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des R L in W, vertreten durch MMag Dr Karl-Arthur Arlamovsky, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 31. März 2011, ABK - 49/11, betreffend 1. Festsetzung eines Säumniszuschlages und 2. Zurückweisung einer Berufung,
Spruch
1. in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, als unzulässig zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides richtet, als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit an den Beschwerdeführer "und Miteigentümer" adressiertem Gebührenbescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 12. März 2010 wurden Wasserbezugs- und Abwassergebühren jeweils für den Zeitraum von 16. Dezember 2008 bis 31. Jänner 2010 und Wasserzählergebühren für das 1. Quartal 2009 bis zum 1. Quartal 2010 in der Höhe von insgesamt EUR 745,85 für eine Liegenschaft im dritten Wiener Gemeindebezirk vorgeschrieben. Der Betrag sei bis zum 15. des auf die Zustellung dieses Bescheids folgenden Monats zu zahlen.
Am 17. März 2010 richtete der Beschwerdeführer unter Anführung seiner Kunden- und Rechnungsnummer und der Anschrift der betroffenen Liegenschaft ein Schreiben folgenden Inhalts an den Magistrat der Stadt Wien:
"Neuer Eigentümer - neue Anschrift
Sehr geehrte Damen und Herren!
Mit September 2009 ist ein Eigentümerwechsel des Hauses 1030 Wien, V Gasse, auf Herrn X per Adresse Hausverwaltung ... eingetreten.
Sie werden ersucht, dies künftig bei Ihren Vorschreibungen zu berücksichtigen und auch künftige Bescheide an oben genannte Adresse zuzusenden
Mit freundlichen Grüßen
Beschwerdeführer"
Der Magistrat der Stadt Wien setzte mit Bescheid vom 30. April 2010 gemäß § 217 in Verbindung mit § 217a Bundesabgabenordnung (BAO) wegen der nicht fristgerechten Entrichtung der "Wasser-/Abwassergebühr 04/2010" einen Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 14,91 fest. Dieser Bescheid war an den Beschwerdeführer "und Miteigentümer" adressiert.
Gegen die Festsetzung des Säumniszuschlags erhoben der Beschwerdeführer und dessen Ehefrau am 7. Mai 2010 Berufung und führten in der Begründung aus, es sei bezüglich der betreffenden Liegenschaft ein Eigentümerwechsel eingetreten, sodass die bisherigen Eigentümer als Abgabenschuldner nicht mehr in Betracht kämen. Seit dem Zeitpunkt des Eigentümerüberganges, welcher dem Magistrat zur Kenntnis gebracht worden sei, seien sie weder Wasserabnehmer oder Wasserbezieher auf dieser Liegenschaft und hätten überdies nie eine diese Eigenschaft begründende Anmeldung getätigt. Die Vorschreibung eines Säumniszuschlags sei unzulässig.
Mit Antrag vom 14. Mai 2010 beantragten der Beschwerdeführer und dessen Ehefrau, die Einhebung der Abgabe (samt Säumniszuschlag) bis zur rechtskräftigen Beendigung des Abgabeverfahrens auszusetzen. Der Abgabenbescheid sei mit Berufung vom 17. März 2010, der Bescheid betreffend den Säumniszuschlag mit Berufung vom 7. Mai 2010 bekämpft worden, weil sie nicht Abgabenschuldner und auch nicht Haftpflichtige der betreffenden Abgabe seien.
Mittels an den Beschwerdeführer und Miteigentümer adressierter Berufungsvorentscheidung vom 17. Mai 2010 wies der Magistrat der Stadt Wien die Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid als unbegründet ab. Da die Abgabe nicht fristgerecht entrichtet worden sei, sei ein Säumniszuschlag festzusetzen gewesen. Das Argument des Eigentumswechsels gehe ins Leere, weil die Schlussrechnung gerade wegen des stattgefundenen Verkaufs erfolgt sei.
Den Aussetzungsantrag wies der Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 24. Juni 2010 zurück, weil kein aufrechtes Berufungsverfahren vorliege.
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau beantragten mit Schriftsatz vom 10. Juni 2010, die Berufung gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung des Säumniszuschlags der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vorzulegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen - an den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau adressierten - Bescheid wurde die zuletzt genannte Berufung des Beschwerdeführers unter Präzisierung des Spruches als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und die Berufung der Ehefrau des Beschwerdeführers als nicht zulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.).
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, gemäß § 217 Abs 1 BAO seien Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werde. Gemäß § 217a Z 2 BAO würden Säumniszuschläge im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Die sich aus der Schlussabrechnung ergebenden Gebühren seien mit Bescheid vom 12. März 2010 festgesetzt worden. Auch ein Fälligkeitstag sei genannt worden. Bei festgesetzten Abgaben bestehe die Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung der Abgabe. Die Säumniszuschlagspflicht setze nicht den Bestand einer sachlichen, sondern nur den einer formellen Abgabenschuld voraus. Werde gegen eine vermeintlich unrichtige Abgabenfestsetzung berufen, könne dies mit Rücksicht darauf, dass dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung zukomme, die Säumniszuschlagspflicht nicht verhindern, wenn die Abgabe zum bescheidmäßig vorgesehenen Fälligkeitstag nicht entrichtet werde. Auch eine spätere allfällige Herabsetzung dieser Schuld habe auf den durch Säumnis bewirkten Säumniszuschlag keinen Einfluss. Die nicht zeitgerechte Entrichtung der Abgabe stehe unzweifelhaft fest und werde auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Seine Einwendungen gingen daher ins Leere.
Hinsichtlich der Ehefrau des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe ein Bescheid den Bescheidadressaten deutlich und klar, sohin namentlich, zu bezeichnen. Dies werde bei natürlichen Personen in der Regel durch die Nennung ihres Vor- und Zunamens erfüllt, und zwar entweder im Kopf des Bescheides oder im Spruch beziehungsweise in der Zustellverfügung. Die Bezeichnung weiterer Bescheidadressaten durch den Zusatz "und Miteigentümer" führe zu keiner Wirksamkeit gegenüber den nicht namentlich angeführten Miteigentümern. § 101 BAO sehe lediglich eine Zustellfiktion bei Gesamtschuldnerschaft vor. Die Wirksamkeit solcher Bescheide setze die namentliche Bezeichnung aller Gesamtschuldner als Bescheidadressaten voraus. Der angefochtene Bescheid sei mangels namentlicher Nennung der nunmehrigen Berufungswerberin nicht an diese als Bescheidadressatin gerichtet. Mangels Bescheiderlassung an diese komme der Ehefrau des Beschwerdeführers kein Recht auf Einbringung einer Berufung zu, weshalb die Berufung zurückzuweisen gewesen sei.
Gegen den Bescheid vom 24. Juni 2010, mit welchem der Aussetzungsantrag zurückgewiesen wurde, erhoben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau am 5. Juli 2010 Berufung. Die vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau vom 17. März 2010 gegen den Gebührenbescheid erhobene Berufung sei nach wie vor unerledigt. Es möge stimmen, dass dieser Schriftsatz nicht den Vorschriften der BAO entsprochen habe. Die Bundesabgabenordnung sehe aber lediglich im Falle der Unzulässigkeit und der Verfristung eine Zurückweisung vor (§ 273 Abs 1, 2 BAO). Diese Fälle lägen aber nicht vor. Wenn der Magistrat der Ansicht sei, dass die Berufung nicht formgerecht gewesen oder sonst mangelhaft sei, hätte nach § 85 Abs 2 BAO ein Verbesserungsauftrag erteilt werden müssen. Schon aus diesem Grund erweise sich die Berufung gegen den den Aussetzungsantrag abweisenden Bescheid als berechtigt beziehungsweise der angefochtene Bescheid als rechtsirrig.
Die eigentliche Abgabe sei bereits durch den neuen Eigentümer des Hauses entrichtet und sei der Magistrat vom Eigentümerwechsel mehrfach verständigt worden.
Mittels an den Beschwerdeführer "und Miteigentümer" adressierter Berufungsvorentscheidung vom 4. März 2011 wurde dieser Berufung hinsichtlich des Säumniszuschlages stattgegeben und die Aussetzung der Einhebung für diesen Betrag bewilligt. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Schriftsatz vom 17. März 2010 nicht als Berufung angesehen werde und daher für die Aussetzung der Einhebung der Wasser- und Abwassergebühren die gesetzlichen Voraussetzungen fehlten. Hinsichtlich des Säumniszuschlages sei der Berufung stattzugeben gewesen, da diesbezüglich ein Berufungsverfahren anhängig sei.
Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau beantragten die Vorlage der Berufung an die Abgabenberufungskommission der Stadt Wien hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufungsvorentscheidung, in eventu die Vorlage der gesamten Berufungsvorentscheidung (falls eine Teilvorlage gesetzlich ausgeschlossen sein sollte).
Mit Bescheiden vom 22. März 2011 wurden der Aussetzungsantrag der Ehefrau des Beschwerdeführers und die Berufung der Ehefrau gegen die Zurückweisung des Aussetzungsantrages vom 24. Juni 2010 zurückgewiesen.
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31. März 2011, mit welchem ein Säumniszuschlag in der Höhe von EUR 14,91 festgesetzt und die Berufung der Ehefrau des Beschwerdeführers zurückgewiesen wurde. In ihr werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§§ 212a Abs 1, 2 lit b, 3 und 5, 217 Abs 1, 2, 4, 8 und 10, 217a und 230 Abs 2, 3, 5 und 6 Bundesabgabenordnung (BAO) BGBl Nr 194/1961, § 212a Abs 1, 2 lit b, 3 und § 230 Abs 6 in der Fassung BGBl Nr 312/1987, § 212a Abs 5 und § 230 Abs 5 in der Fassung BGBl I Nr 97/2002, § 217 Abs 1, 2 ,4, 8 und § 230 Abs 2, 3 in der Fassung BGBl I Nr 142/2000, § 217 Abs 10 in der Fassung BGBl I Nr 71/2003 und § 217a in der Fassung BGBl I Nr 20/2009, lauten:
"§ 212a. (1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
(2) Die Aussetzung der Einhebung ist nicht zu bewilligen,
...
b) insoweit mit der Berufung ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder
...
(3) Anträge auf Aussetzung der Einhebung können bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs 1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
....
(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs 1) ergehenden
a)
Berufungsvorentscheidung oder
b)
Berufungsentscheidung oder
c)
anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anläßlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs 2) nicht aus.
Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.
...
2. Säumniszuschläge
§ 217. (1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.
(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
...
(4) Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a)
ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b)
ihre Einbringung gemäß § 230 Abs 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c)
ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.
...
(8) Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß
a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften und
b) für Nachforderungszinsen (§ 205), soweit nachträglich dieselbe Abgabe betreffende Gutschriftszinsen festgesetzt werden.
...
(10) Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Dies gilt für Abgaben, deren Selbstberechnung nach Abgabenvorschriften angeordnet oder gestattet ist, mit der Maßgabe, dass die Summe der Säumniszuschläge für Nachforderungen gleichartiger, jeweils mit einem Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid geltend gemachter Abgaben maßgebend ist.
§ 217a. Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:
...
2. Säumniszuschläge werden im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig,
3. abweichend von § 217 Abs 10 erster Satz sind Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.
2. Hemmung der Einbringung.
§ 230. ...
(2) Während einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist dürfen Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.
(3) Wurde ein Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs 1) vor dem Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist oder während der Dauer eines diese Abgabe betreffenden Zahlungsaufschubes im Sinn des § 212 Abs 2 zweiter Satz eingebracht, so dürfen Einbringungsmaßnahmen bis zur Erledigung des Ansuchens nicht eingeleitet werden; dies gilt nicht, wenn es sich bei der Zahlungsfrist um eine Nachfrist gemäß § 212 Abs 3 erster oder zweiter Satz handelt.
...
(5) Wurden Zahlungserleichterungen bewilligt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen während der Dauer des Zahlungsaufschubes weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Erlischt eine bewilligte Zahlungserleichterung infolge Nichteinhaltung eines Zahlungstermines oder infolge Nichterfüllung einer in den Bewilligungsbescheid aufgenommenen Bedingung (Terminverlust), so sind Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der gesamten vom Terminverlust betroffenen Abgabenschuld zulässig. Ist ein Terminverlust auf andere Gründe als die Nichteinhaltung eines in der Bewilligung von Zahlungserleichterungen vorgesehenen Zahlungstermines zurückzuführen, so darf ein Rückstandsausweis frühestens zwei Wochen nach Verständigung des Abgabepflichtigen vom Eintritt des Terminverlustes ausgestellt werden.
(6) Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212 a Abs 1, 2 lit b und 3 letzter Satz betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.
..."
Gemäß § 79 Abs 11 VwGG idF BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Zu Spruchpunkt II.:
Die Beschwerde richtet sich gegen den gesamten angefochtenen Bescheid, somit auch gegen die Zurückweisung der Berufung der Ehefrau des Beschwerdeführers.
Insoweit mit dem angefochtenen Bescheid über die Berufung der Ehefrau des Beschwerdeführers abgesprochen wurde, mangelt es beim Beschwerdeführer an der für die Beschwerdeerhebung notwendigen Möglichkeit einer Rechtsverletzung. Der Beschwerdeführer zeigt in seiner Beschwerde nicht auf (der Beschwerdeführer erstattete keinerlei Vorbringen zur Zurückweisung der Berufung seiner Ehefrau), dass die Aufhebung des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides geeignet sein könnte, seine Rechtsposition zu verbessern (vgl VwGH vom 24. Februar 2011, 2007/09/0282). Der Beschwerdeführer konnte durch die Zurückweisung der Berufung seiner Ehefrau nicht in seinen Rechten verletzt werden.
Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides richtet, war sie daher mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit des Beschwerdeführers gemäß § 34 Abs 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Zu Spruchpunkt I.:
Der Beschwerdeführer vertritt in seiner Beschwerde die Ansicht, gemäß § 217 BAO habe auch der "nicht rechtzeitig" gestellte Aussetzungsantrag die Folge, dass ein Säumniszuschlag nicht festgesetzt werden dürfe, sofern die Einbringung gemäß § 230 Abs 2 oder 6 BAO gehemmt sei. Aus § 212a Abs 3 BAO ergebe sich, dass Aussetzungsanträge bis zur Entscheidung über die die Abgabe betreffende Berufung gestellt werden könnten. Die Rechtsansicht der belangten Behörde sei schon deswegen verfehlt, weil die frühere Verwaltungsgerichtshofjudikatur im Hinblick auf die Neufassung des § 217 durch BGBl I Nr 2000/142 gegenstandslos erscheine. Über die Berufung gegen die Vorschreibung der Abgabe sei bis zum Beschwerdedatum nicht entschieden worden, es sei auch kein Verbesserungsauftrag erfolgt. Daher sei der Aussetzungsantrag vom 14. Mai 2010 jedenfalls im Sinne des § 217 BAO in Verbindung mit §§ 212a, 230 Abs 3 BAO rechtzeitig, sodass kein Säumniszuschlag festzusetzen gewesen sei.
Gemäß § 217 Abs 1 BAO sind Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Säumniszuschläge sind für Abgabenschuldigkeiten unter anderem insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist (§ 217 Abs 4 lit a BAO) oder ihre Einbringung gemäß § 230 Abs 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist (§ 217 Abs 4 lit b BAO).
Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen gemäß § 230 Abs 6 BAO Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs 1, 2 lit b und 3 letzter Satz BAO betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.
Der - rechtzeitig gestellte - Antrag auf Aussetzung einer Abgabe bewirkt daher gemäß § 217 Abs 4 lit b BAO in Verbindung mit § 230 Abs 6 BAO, dass ein Säumniszuschlag nicht zu entrichten ist.
Durch die in der Beschwerde genannte Novelle BGBl I Nr 142/2000, mit welcher der Säumniszuschlag in § 217 BAO, der an die Stelle der bis zu dieser Novelle geltenden §§ 217 bis 221a BAO getreten ist, geregelt wurde, hat sich für die Beantwortung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsfragen nichts geändert (vgl auch Ritz, BAO4, § 217, Rz 1). Insbesondere erscheint durch diese Novelle die frühere Rechtsprechung nicht - wie in der Beschwerde vertreten - gegenstandslos.
Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl unter anderem VwGH vom 3. September 2013, 2009/17/0148; VwGH vom 27. August 2008, 2008/15/0202, und 18. September 2003, 2002/16/0256, sowie Ritz, BAO4, § 217, Rz 2 ff und Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 217 E 7ff, insbesondere 22 ff).
Im Beschwerdefall wurden dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 12. März 2010 Wasserbezugs-, Abwasser- und Wasserzählergebühren in der Höhe von EUR 745,85 vorgeschrieben. Die Frist zur Entrichtung der Wasserbezugs-, Abwasser- und Wasserzählergebühren endete am 15. des auf die Zustellung des Gebührenbescheids folgenden Monats, somit am 15. April 2010. Der Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages erging am 30. April 2010. Der Aussetzungsantrag betreffend die Einhebung der Wasserbezugs-, Abwasser- und Wasserzählergebühren und des Säumniszuschlags wurde vom Beschwerdeführer am 14. Mai 2010 gestellt, somit zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Fälligkeit der Gebühren bereits eingetreten (15. April 2010) und mit Bescheid vom 30. April 2010 die Entrichtung des Säumniszuschlags bereits vorgeschrieben worden war.
Die mit dem Antrag auf Aussetzung verbundene Wirkung der Hemmung der Einbringung nach § 230 Abs 6 BAO bestand erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung (vgl VwGH vom 6. Juli 2006, 2003/15/0126). Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass durch einen Aussetzungsantrag Rechtsfolgen, die bereits vor Antragstellung durch die nicht zeitgerechte Entrichtung einer Abgabe eingetreten sind, rückgängig gemacht werden sollten. Auch wenn ein im Sinne obiger Ausführungen nicht zeitgerecht gestellter Aussetzungsantrag zur Hemmung der Einbringung führt, bedeutet dies nicht, dass durch Bescheid der bereits festgesetzte Säumniszuschlag durch einen später gestellten Aussetzungsantrag beseitigt würde (vgl ein weiteres Mal VwGH vom 3. September 2013, 2009/17/0148, und 18. September 2003, 2002/16/0256, sowie Ritz, BAO4, § 212a, Rz 21 und Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3, § 212a Anm 72). Noch weniger kann der verspätet gestellte Aussetzungsantrag dazu führen, dass ein Bescheid mit dem zuvor ein Säumniszuschlag festgesetzt worden war, aufzuheben wäre, wie dies dem Beschwerdeführer offensichtlich vorschwebt.
Der in diesem Sinne nicht rechtzeitig gestellte Aussetzungsantrag betreffend den Säumniszuschlag konnte nur bewirken, dass keine Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich des Säumniszuschlags getroffen werden durften (§ 230 Abs 6 BAO). Die Wirkung der Aussetzung der Einhebung des Säumniszuschlags bestand gemäß § 212a Abs 5 erster Satz BAO in Verbindung mit § 230 Abs 2 BAO in einem Zahlungsaufschub, der bewirkte, dass Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden durften (vgl VwGH vom 24. Februar 2011, 2007/15/0115, sowie Ritz, BAO4, § 212a, Rz 25).
Da die Abgaben bis zum Fälligkeitstag nicht entrichtet wurden, die Festsetzung von Säumniszuschlägen, wie bereits ausgeführt, lediglich den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetzt und kein Aussetzungsantrag bis zum Eintritt der Fälligkeit der Wasserbezugs-, Abwasser- und Wasserzählergebühren und vor Erlassung des Bescheids zur Festsetzung des Säumniszuschlages gestellt worden war, hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht als unbegründet abgewiesen und den bekämpften Bescheid bestätigt.
Die Tatsache, dass über die Eingabe vom 17. März 2010, mit welcher der Eigentumsübergang bekannt gegeben wurde, bis zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung nicht entschieden wurde (vgl die Ansicht des Beschwerdeführers, dass es sich dabei um eine Berufung handle), vermag an dem Ergebnis - selbst für den Fall, dass tatsächlich eine Berufung vorliegen sollte - nichts zu ändern. Für den Fall der späteren Herabsetzung hätte gemäß § 217 Abs 8 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, dass im Kaufvertrag über die Liegenschaft vereinbart worden sei, "dass alle bis zum 31. Jänner 2010 einfließenden Entgelte und anderseits anfallenden Lasten den alten Eigentümern" zukämen, wobei es auf den Zeitpunkt der Fälligkeit und nicht etwa auf eine wirtschaftliche Zuordnungsrechnung ankommen sollte, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass diese Vereinbarung Rechtswirkungen nur zwischen den Vertragsparteien entfaltete, nicht hingegen gegenüber den Behörden.
Die Beschwerde war daher aus den dargelegten Erwägungen, soweit sie sich gegen die Festsetzung des Säumniszuschlages richtete, gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 idF BGBl II Nr 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 27. Februar 2015
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2015:2011170103.X00Im RIS seit
01.04.2015Zuletzt aktualisiert am
21.05.2015