TE Vwgh Erkenntnis 2015/3/5 Ra 2014/02/0159

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Veröffentlicht am 05.03.2015
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Index

L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs7;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
GVG Vlbg 2004 §11 Abs2;
GVG Vlbg 2004 §12 Abs6;
GVG Vlbg 2004 §4 Abs1 lita;
GVG Vlbg 2004 §5;
VwGG §42 Abs4;
VwGVG 2014 §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer, Dr. N. Bachler und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas-Hutchinson, über die Revision der Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg in 6901 Bregenz, Josef-Huter-Straße 35, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 14. Oktober 2014, Zl. LVwG-301-012/R14-2014, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (mitbeteiligte Parteien: 1. L in V, vertreten durch die Brandtner & Doshi Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Drevesstraße 6, 2. L in W, vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3, 3. W in V, vertreten durch die tusch.flatz.dejaco.Rechtsanwälte GmbH in 6800 Feldkirch, Mühletorplatz 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben und das angefochtene Erkenntnis dahin abgeändert, dass der Beschwerde des Drittmitbeteiligten Folge gegeben und der Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 28. März 2014, GVLK-40-117/006- 2014, ersatzlos behoben wird.

Begründung

Der Drittmitbeteiligte stellte mit Schriftsatz vom 10. März 2014 an die Gemeinde V das "Grundverkehrs-Ansuchen", den Kauf näher genannter Grundstücke zu genehmigen. Dem Antrag beigeschlossen war eine Kopie des Kaufvertrages zwischen dem Drittmitbeteiligten als Käufer und den Erst- und Zweitmitbeteiligten als Verkäuferinnen vom 10. Dezember 2013 bzw. 14. Februar 2014 bzw. 26. Februar 2014. Im Punkt IX. dieses Kaufvertrages haben die Erst- und Zweitmitbeteiligten als Verkäuferinnen an einem den erworbenen Grundstücken benachbarten Grundstück als dienendem Grundstück dem Drittmitbeteiligten unentgeltlich diverse Dienstbarkeiten eingeräumt. Hinsichtlich des dienenden Grundstückes wurde dem Drittmitbeteiligten von den Erst- und Zweitmitbeteiligten auch ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

Mit Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 28. März 2014 wurde dem Rechtserwerb "gemäß § 6 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 31 des Grundverkehrsgesetzes ... mit Ausnahme jenen Teiles (26 m2) des GSt-Nr. ..., welcher im rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde V als Baufläche - Mischgebiet ausgewiesen ist, versagt". Nach der Begründung seien dem Drittmitbeteiligten durch die zahlreichen völlig ungewöhnlichen Dienstbarkeiten sowie die Einräumung eines Vorkaufsrechtes eine der Stellung eines Eigentümers weitgehend vergleichbare Stellung an dem landwirtschaftlichen Grundstück der Erst- und Zweitmitbeteiligten eingeräumt worden. Daher stelle der gegenständliche Kaufvertrag mit all den eingeräumten Dienstbarkeiten und dem Vorkaufsrecht ein Umgehungsgeschäft dar. Mit diesem Vertrag werde das Ziel verfolgt, dass der Drittmitbeteiligte die völlige Verfügungsgewalt über das landwirtschaftliche Grundstück mit 3.837 m2 erhalte.

Gegen diesen Bescheid erhob der Drittmitbeteiligte Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht und legte im Zuge des Beschwerdeverfahrens mit Schriftsatz vom 25. April 2014 einen "Nachtrag zum Kaufvertrag vom 26.02.2014" vor, in dem der Drittmitbeteiligte erklärte, hiermit auf fünf näher angeführte Dienstbarkeiten zu verzichten, was die Erst- und Zweitmitbeteiligte angenommen haben. In der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2014 gab der Drittmitbeteiligte unter anderem an, es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass die Aufnahme der Dienstbarkeiten in den Kaufvertrag von der erstinstanzlichen Behörde so interpretiert würde, als ob dem Drittmitbeteiligten damit eine eigentümerähnliche oder mit einem Eigentümer vergleichbare Stellung eingeräumt werden sollte. Daher sei auch sofort auf diese Dienstbarkeiten verzichtet worden. Die Dienstbarkeiten würden auf Grund dieser Verzichtserklärung nicht verbüchert werden. Der Verzicht sei ausdrücklich als Nachtrag zum Kaufvertrag betitelt worden, es werde dieser Nachtrag zum Kaufvertrag auch dem Grundbuch vorgelegt werden.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht "der Beschwerde insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Grundverkehrs-Landeskommission zurückverwiesen wird."

Nach der wesentlichen Begründung des Verwaltungsgerichtes liege der von der erstinstanzlichen Behörde angenommene Versagungsgrund eines Umgehungsgeschäftes nicht vor. Die erstinstanzliche Behörde habe bezüglich der Landwirt-Eigenschaft des Drittmitbeteiligten jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen, und es sei auch ein Bekanntmachungsverfahren gemäß § 5 Grundverkehrsgesetz unterlassen worden. Die Durchführung des Bekanntmachungsverfahrens obliege dem Vorsitzenden der Grundverkehrs-Landeskommission, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur Durchführung des Bekanntmachungsverfahrens und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der Grundverkehrs-Landeskommission Vorarlberg wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die mitbeteiligten Parteien haben jeweils Revisionsbeantwortungen erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

Das Verwaltungsgericht hat die Akten des Verfahrens vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die hier wesentlichen Bestimmungen des Vorarlberger Gesetzes über den Verkehr mit Grundstücken, LGBl. Nr. 42/2004 in der Fassung LGBl. 44/2013 (VGVG), lauten:

"§ 4

Genehmigungspflicht

(1) Der Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken bedarf der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er eines der nachstehenden Rechte zum Gegenstand hat:

a) das Eigentum; ...

§ 5

Erwerb durch Nicht-Landwirte, Bekanntmachung

(1) Ein Rechtserwerb an einem landwirtschaftlichen Grundstück mit einem Flächenausmaß von mehr als 0,1 ha ist, sofern der Erwerber nicht Landwirt ist, nach den Abs. 2 und 3 bekannt zu machen. Davor darf er nicht genehmigt werden.

(2) Der Vorsitzende der Grundverkehrs-Landeskommission hat unverzüglich

a) die Bekanntmachung durch die Gemeinde (Abs. 3) zu veranlassen;

b) den Landwirt, der das Grundstück zuletzt bewirtschaftet hat, schriftlich vom Rechtserwerb zu verständigen. ...

§ 11

Behörden

...

(2) Von den Fällen des Abs. 3 und 5 abgesehen, ist die Grundverkehrs-Landeskommission zuständig. ...

§ 12

Grundverkehrs-Ortskommission

...

(6) Die Grundverkehrs-Ortskommission hat zu jedem Antrag auf Genehmigung eines Grundverkehrs gemäß § 4, über welchen sie nicht selbst zu entscheiden hat, eine Äußerung abzugeben. ...

§ 15

Antrag

(1) Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ist schriftlich zu beantragen. Der Antrag hat die Angaben und Unterlagen zu umfassen, die zur Beurteilung erforderlich sind, insbesondere Angaben über den Zweck des Rechtserwerbes sowie eine Ausfertigung der Urkunden, aus welchen sich der Rechtsgrund des Rechtserwerbes ergibt. Im Falle eines Rechtserwerbes an einem landwirtschaftlichen Grundstück im Sinne des § 5 Abs. 5 lit. c bis g ist im Antrag auch nachzuweisen, dass die jeweiligen Voraussetzungen für den Entfall der Bekanntmachung vorliegen.

(2) Der Antrag kann auch schon vor Abschluss des Vertrages, der Rechtsgrund des genehmigungsbedürftigen Rechtserwerbes ist, eingebracht werden. In diesem Fall muss er die wesentlichen Punkte des in Aussicht genommenen Rechtsgeschäftes enthalten und von allen Parteien unterfertigt sein. Besteht der Rechtsgrund in einem Vertrag, so muss innerhalb von drei Monaten nach Vertragsabschluss der Antrag auf Genehmigung eingebracht werden.

(3) Die Anträge auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sind beim Gemeindeamt jener Gemeinde einzubringen, in welcher das betroffene Grundstück liegt. Sie müssen so bald wie möglich, längstens jedoch innerhalb von sechs Wochen der zuständigen Behörde vorgelegt werden. Den Anträgen sind alle Unterlagen anzuschließen, die zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes offenkundig erforderlich sind und vom Gemeindeamt ohne besonderen Aufwand beschafft werden können, sowie - im Falle der Vorlage an die Grundverkehrs-Landeskommission - die Äußerungen der Grundverkehrs-Ortskommission (§ 12 Abs. 6) und des Gemeindevorstandes (§ 17). ...

§ 17

Äußerung des Gemeindevorstandes

Der Gemeindevorstand der Gemeinde, in der das betroffene Grundstück liegt, hat eine Äußerung darüber abzugeben, ob und inwieweit am Rechtserwerb ein öffentliches Interesse gemäß § 8 Abs. 1 lit. c besteht."

Die Grundverkehrsbehörde kann ein Rechtsgeschäft nur zur Gänze genehmigen oder dem Rechtsgeschäft zur Gänze die Genehmigung versagen (vgl. das Erkenntnis vom 27. Jänner 2012, Zl. 2010/02/0096, mwN).

Durch den vorliegend im Beschwerdeverfahren vom Drittmitbeteiligten dem Verwaltungsgericht vorgelegten "Nachtrag zum Kaufvertrag vom 26.02.2014" und den dadurch erfolgten Verzicht des Drittmitbeteiligten auf diverse Dienstbarkeiten erhielt das dem Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu Grunde gelegte Rechtsgeschäft einen anderen Inhalt (zu den essentialia negotii eines Liegenschaftskaufvertrages vgl. etwa das Urteil des OGH vom 28. Oktober 2009, 7 Ob 148/09d). Dadurch erfuhr der verfahrenseinleitende Antrag eine wesentliche Änderung. Der Drittmitbeteiligte gab damit eindeutig zu erkennen, dass er durch die Vertragsänderungen seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag nicht mehr aufrechterhält. Die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags bewirkte den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht wäre somit gehalten gewesen, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. November 2014, Ra 2014/22/0016 und vom 23. Jänner 2014, Zl. 2013/07/0235).

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

Da es zur Fällung einer Sachentscheidung im vorliegenden Fall keiner weiteren Ermittlungen bedurfte, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in der Sache selbst entschieden und der dargestellten Rechtsprechung folgend den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission vom 28. März 2014 ersatzlos behoben.

Wien, am 5. März 2015

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014020159.L00

Im RIS seit

24.03.2015

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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