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L8500 StraßenNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung einer Einreihungsverordnung betr einen nicht über das Grundstück des Antragstellers führenden Weg sowie auf Aufhebung einer Bebauungsplanänderung mangels LegitimationSpruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit seinen auf Art139 Abs1 Z3 B-VG gestützten (Individual-)Anträgen begehrt der Antragsteller,
"1. der VfGH möge die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark) vom 28.07.2014 über die Einreihung und Neuanlage eines öffentlichen Interessentenweges betreffend des Grundstückes Nr 519/8[,] KG 61230 Oisnitz[,] auf deren Gesetzmäßigkeit prüfen bzw. diese in ihrem ganzen Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit aufheben;
2. der VfGH möge die 2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba' des Gemeinderates der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark) vom 17.09.2013 auf deren Gesetzmäßigkeit prüfen bzw. diese in ihrem ganzen Inhalt nach wegen Rechtswidrigkeit aufheben;
3. der VfGH möge die im Bebauungsplan 'Grobbauer-Kauba' in der Fassung 2007 und 2011 fälschlich als 'Notzufahrt' gekennzeichnete Fläche und die als 'Notzufahrt' bezeichnete Fläche aus dem Bebauungsplan 'Grobbauer-Kauba' idF. 2007 und 2011 entfernen;
[…]".
II. Rechtslage
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1964 - LStVG. 1964, LGBl 154 idF LGBl 87/2013, lauten folgendermaßen:
"II. Abschnitt
Einteilung der Straßen
§7
Gattungen von öffentlichen Straßen
(1) Die unter dieses Gesetz fallenden Straßen sind in folgende Gattungen eingereiht:
1.-4. […]
5. Öffentliche Interessentenwege, das sind Straßen für den öffentlichen Verkehr von örtlicher Bedeutung, die überwiegend nur für die Besitzer oder Bewohner einer beschränkten Anzahl von Liegenschaften dienen und als solche erklärt wurden (§8).
(2) ]
§8
Erklärung, Änderung und Endigung
(1)-(2) […]
(3) Die Einreihung, Neuanlage, Verlegung, den Umbau, die Verbreiterung und wesentliche Verbesserung sowie die Auflassung einer Gemeindestraße (§7 Abs1 Z4) sowie eines öffentlichen Interessentenweges (§7 Abs1 Z5) erfolgt durch Verordnung der Gemeinde.
(4)-(5) […]"
2. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark) vom 28. Juli 2014 über die Einreihung und Neuanlage eines öffentlichen Interessentenweges hinsichtlich des Grundstücks Nr 519/8 (in der Folge: Einreihungs-VO) lautet auszugsweise wie folgt:
"Gemäß §8 Abs3 des Steiermärkischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes, LGBl Nr 154/1964, zuletzt in der Fassung LGBl Nr 87/2013[,] wird das im Teilungsausweis GZ1122/08 vom 29.04.2008 […] dargestellte Grundstück Nr 519/8, KG 61230 Oisnitz (Fläche 2.222 m2), als öffentlicher Interessentenweg eingereiht.
Weiters wird gemäß §8 Abs3 des Steiermärkischen Landes-Straßen-verwaltungsgesetzes, LGBl Nr 154/1964 zuletzt in der Fassung LGBl Nr 87/2013[,] die Neuanlage des so eingereihten öffentlichen Interessentenweges Gründstück Nr 519/8, KG 61230 Oisnitz, nach dem Straßenbauplan […] festgelegt."
III. Sachverhalt und Antragsvorbringen
1. Der Antragsteller führt zunächst an, dass er Eigentümer des Grundstücks Nr 505/3, KG Oisnitz, sei, auf dem sich ein von ihm bewohntes Einfamilienhaus befinde. An das Grundstück des Antragstellers grenze das Grundstück Nr 519/8, ebenfalls KG Oisnitz, an, auf dem in der Vergangenheit ohne Bewilligungsverfahren eine Zufahrtsstraße samt Kanalanlage zur Beseitigung von Niederschlagswässern errichtet worden sei. Als Folge der Errichtung dieser baulichen Anlagen seien dem Antragsteller auf seinem Grundstück bereits wiederholt erhebliche Schäden, wie zB Feuchteschäden, entstanden. Mit Bescheid vom 27. August 2013 habe die Gemeinde St. Josef die Entfernung der auf dem Grundstück Nr 519/8 errichteten baulichen Anlagen angeordnet.
2. Nach – von mehreren Miteigentümern des Grundstücks Nr 519/8 gestelltem – Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die "Errichtung einer Erschließungsstraße sowie die Beseitigung von Niederschlagswässern" auf dem Grundstück Nr 519/8 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde St. Josef mit Bescheid vom 10. Juni 2014 die beantragte Bewilligung unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen. Die gegen diesen Bescheid durch den Antragsteller erhobene Berufung wies der Gemeinderat der Gemeinde St. Josef mit Bescheid vom 31. Juli 2014 als unbegründet ab. Der gegen den letztgenannten Bescheid erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Erkenntnis vom 24. November 2014 mit der Begründung Folge, dass der Antrag auf Erteilung der o.a. Baubewilligung von den Bauwerbern zurückgezogen worden und der angefochtene Bescheid daher aufzuheben sei.
3. Der Antragsteller hält fest, dass diese Zurückziehung auf Grund der Erlassung der nunmehr angefochtenen Einreihungs-VO (s. oben unter Pkt. II.2.) erfolgt sei, mit der das Grundstück Nr 519/8 als öffentlicher Interessentenweg eingereiht worden sei. In der Folge wird zur Antragslegitimation Folgendes ausgeführt:
"[Es] handelt es sich bei der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark) vom 28.07.2014 zur Einreihung des Grundstückes Nr 519/8[,] KG 61230 Oisnitz[,] als öffentlicher Interessentenweg um eine Verordnung, die ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung bzw. ohne Erlassung eines Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden ist.
Sohin ist für den Antragsteller der Instanzenweg erschöpft. Es besteht für ihn keine (zumutbare) Möglichkeit über ein gerichtliches Verfahren oder ein Verwaltungsverfahren eine verfassungsgerichtliche Kontrolle dieser Einreihung des Grundstückes Nr 519/8[,] KG 61230 Oisnitz[,] als öffentlicher Interessentenweg sowie der 2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba', welche als diesbezügliche Rechtsgrundlage fungiert, zu erwirken, sodass der vorliegende Individualantrag schon aus diesem Grund zulässig ist.
Hinsichtlich der verfassungsgerichtlichen Kontrolle der 2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba' ist auszuführen, dass sowohl das Grundstück Nr 519/8 als auch das Grundstück Nr 505/3, beide KG 61230 Oisnitz, vom Bebauungsplan 'Grobbauer-Kauba' idF 2007 bzw. 2011 sowie vom derzeit geltenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark) 'mitumfasst' sind, sodass schon hier eine unmittelbare (aktuelle) Betroffenheit des Antragstellers ableitbar ist.
Der Antragsteller fühlt sich auf Grund der Verordnung der verordnungserlassenden Behörde (Antragsgegner), des Gemeinderates der Gemeinde St. Josef (Weststeiermark), vom 28.07.2014 zur Einreihung des Grundstückes Nr 519/8[,] KG 61230 Oisnitz, als auch durch die 2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba' unmittelbar in seinen Rechten verletzt, zumal beide Verordnungen unmittelbar in die Rechtsphäre des Antragstellers (als Adressat) einwirken."
IV. Erwägungen
Die Anträge sind unzulässig.
1. Gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 Z3 B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung – im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
2. Der Antragsteller begehrt zunächst die Aufhebung der oben unter Pkt. II.2. wiedergegebenen Einreihungs-VO.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Judikatur bereits mehrfach dargetan, dass eine Verordnung, mit der ein in der Natur bereits vorhandener und daher benützbarer Weg zur öffentlichen Verkehrsfläche erklärt wird, in die Rechtssphäre des betreffenden Grundeigentümers aktuell und nicht bloß potentiell eingreift; zur Konkretisierung der Wirkung der Verordnung bedarf es keines weiteren behördlichen Aktes (VfSlg 7884/1976, 8156/1977, 8282/1978, 8514/1979, 9375/1982, 10.754/1986, 13.198/1992). Die Einreihung eines solchen, in der Natur bereits bestehenden Weges als öffentlicher Interessentenweg vermag jedoch einen Eingriff in die Rechtssphäre bloß jener Eigentümer von Grundstücken zu bewirken, über deren Grundstücke dieser Weg führt (s. VfSlg 10.989/1986, 12.133/1989, 12.594/1990, 13.198/1992).
Weder aus der Einreihungs-VO (s. oben unter Pkt. II.2.), noch aus dem Antragsvorbringen geht hervor, dass der von dieser erfasste Weg über das im Antrag angeführte Grundstück des Antragstellers Nr 505/3 (oder über ein anderes in seinem Eigentum stehendes Grundstück) führt, weshalb die bekämpfte Verordnung keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers bewirkt. Der Antrag auf Aufhebung der Einreihungs-VO ist daher bereits aus diesem Grund zurückzuweisen.
3. Der Antragsteller begehrt weiters die Aufhebung der "2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba' […] vom 17.09.2013" zur Gänze, somit nicht nur insoweit, als sie sich auf das in seinem Eigentum stehende Grundstück bezieht.
Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sind Antragsteller durch Regelungen eines Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes, die sich nicht auf die in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke beziehen, in ihrer Rechtssphäre nicht betroffen (zu Bebauungsplänen vgl. VfSlg 10.717/1985, 14.084/1995; zu Flächenwidmungsplänen vgl. zB VfSlg 10.793/1986). Nur unter besonderen Umständen könnte aus solchen Regelungen für die Antragsteller eine unmittelbare Betroffenheit entstehen (vgl. VfSlg 10.703/1985), wobei solche Umstände im Antrag nicht dargetan wurden. Der Antrag, die "2. Bebauungsplanänderung 'Grobbauer-Kauba' […] vom 17.09.2013" aufzuheben, ist daher mangels rechtlicher Betroffenheit des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen.
4. Schließlich beantragt der Antragsteller auch, "die im Bebauungsplan 'Grobbauer-Kauba' in der Fassung 2007 und 2011 fälschlich als 'Notzufahrt' gekennzeichnete Fläche und die als 'Notzufahrt' bezeichnete Fläche [aus diesem Bebauungsplan zu] entfernen". Er bekämpft somit den Teilbebauungsplan Grobbauer-Kauba idF 2007 bzw. 2011, der durch die Erlassung der – ebenfalls vom Antragsteller bekämpften (s. oben unter Pkt. I.1. bzw. IV.3.) – zweiten Änderung des Teilbebauungsplans "Grobbauer-Kauba" im Jahr 2013 ersetzt wurde, sodass ausgeschlossen werden kann, dass die erste Verordnung unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers eingreift. Dem Antragsteller fehlt daher die – nicht bloß im Zeitpunkt der Antragstellung, sondern auch in dem der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – erforderliche Legitimation zur Anfechtung (vgl. VfSlg 12.413/1990, 14.712/1996, 14.755/1997, 14.918/1997, 16.968/2003, 18.007/2006).
5. Da die Antragslegitimation des Antragstellers schon aus diesen Gründen nicht gegeben ist, erübrigt sich die Prüfung, ob die Anträge auch aus anderen Gründen unzulässig sind.
V. Ergebnis
1. Die Anträge sind daher als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenverwaltung, Interessentenweg, Einreihungsverordnung, Baurecht, Raumordnung, BebauungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2015:V140.2014Zuletzt aktualisiert am
25.03.2015