TE Vfgh Erkenntnis 2008/12/2 B1371/08

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Veröffentlicht am 02.12.2008
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art83 Abs2
  1. B-VG Art. 83 heute
  2. B-VG Art. 83 gültig ab 01.02.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2019
  3. B-VG Art. 83 gültig von 01.01.2014 bis 31.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 83 gültig von 29.02.1968 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 73/1968
  5. B-VG Art. 83 gültig von 19.12.1945 bis 28.02.1968 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  6. B-VG Art. 83 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Leitsatz

Kein Entzug des gesetzlichen Richters im Disziplinarverfahren gegeneinen Rechtsanwalt wegen eines unzulässigen Erfolgshonorars durchZurückweisung einer Beschwerde gegen eine Verfügung des Präsidentendes Disziplinarrates betreffend die neuerliche Bestellung einesUntersuchungskommissärs; kein gesondertes Rechtsmittel gegen solchebloß prozessleitende Verfügungen

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien ist einrömisch eins. 1.1. Beim Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien ist ein

Verfahren gegen den Beschwerdeführer anhängig. Mit Einleitungsbeschluss vom 26. April 2006 wurde ihm vorgeworfen, er habe mit "Agreement" vom 5. April 2004 für die rechtsfreundliche Vertretung eines Klienten vor dem "Claims Resolution Tribunal" ein unzulässiges Erfolgshonorar vereinbart. Mit Verfügung vom 11. November 2005 wurde das Mitglied des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien Rechtsanwalt Dr. H M als Untersuchungskommissär für dieses Verfahren bestellt.

1.2. Nach der Durchführung einer Disziplinarverhandlung am 27. September 2006 wurde die Rückleitung des Aktes an den Untersuchungskommissär für erforderlich erachtet. Mit Verfügung des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 24. September 2007 wurde Rechtsanwalt Dr. H M neuerlich zum Untersuchungskommissär bestellt. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zur Erstattung einer verantwortlichen Äußerung binnen zwei Wochen aufgefordert.

2. Die gegen die Verfügung des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien vom 24. September 2007 erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom 23. Mai 2008 zurückgewiesen, weil es sich bloß um eine Verfügung prozessleitender Natur handle, die weder mit Beschwerde noch mit einem anderen Rechtsmittel oder Rechtsbehelf bekämpft werden könne.

3. Gegen diesen Beschluss der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor einem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt wird.

4. Die OBDK legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegenden Rechtsvorschriften werden in der Beschwerde nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Beschluss nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

2.1. Der Beschwerdeführer behauptet eine Verletzung in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Die neuerliche Bestellung desselben Untersuchungskommissärs gehe in ihrer Tragweite über eine bloß prozessleitende Verfügung hinaus.

2.2. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Es kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Beschwerde zurückweist, weil sie davon ausgeht, dass die angefochtene Verfügung - die sich auf einem Vordruck mit der Überschrift "Verfügungsbogen" im Akt findet - bloß eine prozessuale Mitteilung des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien darstellt. Derartige Enunziationen, die keine prozessualen Rechtsverhältnisse regeln, sind der Sache nach als bloß prozessleitende Verfügungen zum Gang des Verfahrens zu beurteilen (vgl. VfSlg. 14.507/1996), nicht aber als Entscheidungen, die mit einem gesonderten Rechtsmittel bekämpft werden können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Rechtsanwalt Dr. H M mit der in Rede stehenden Verfügung neuerlich als Untersuchungskommissär bestellt wurde, obwohl seine Bestellung bereits mit Verfügung vom 11. November 2005 erfolgt ist. In die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dabei nicht erkennbar. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Es kann der belangten Behörde aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Beschwerde zurückweist, weil sie davon ausgeht, dass die angefochtene Verfügung - die sich auf einem Vordruck mit der Überschrift "Verfügungsbogen" im Akt findet - bloß eine prozessuale Mitteilung des Präsidenten des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien darstellt. Derartige Enunziationen, die keine prozessualen Rechtsverhältnisse regeln, sind der Sache nach als bloß prozessleitende Verfügungen zum Gang des Verfahrens zu beurteilen vergleiche VfSlg. 14.507/1996), nicht aber als Entscheidungen, die mit einem gesonderten Rechtsmittel bekämpft werden können. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Rechtsanwalt Dr. H M mit der in Rede stehenden Verfügung neuerlich als Untersuchungskommissär bestellt wurde, obwohl seine Bestellung bereits mit Verfügung vom 11. November 2005 erfolgt ist. In die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dabei nicht erkennbar.

Der Beschwerdeführer ist daher nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

Ob der angefochtene Beschluss in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003). Ob der angefochtene Beschluss in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann vergleiche zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Rechtsanwälte, Disziplinarrecht, Behördenzuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1371.2008

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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